TE OGH 1998/5/19 10ObS164/98k

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Veröffentlicht am 19.05.1998
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Bauer als Vorsitzenden und die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Ehmayr und Dr.Steinbauer sowie die fachkundigen Laienrichter MR Mag.Georg Genser (aus dem Kreis der Arbeitgeber) und Raimund Bröthaler (aus dem Kreis der Arbeitnehmer) als weitere Richter in der Sozialrechtssache der klagenden Partei Grete H*****, Pensionistin, *****, Sanatorium der B*****, vertreten durch ihren Sachwalter Dr.Jörg Hobmeier, Rechtsanwalt in Innsbruck, wider die beklagte Partei Bundespensionsamt, 1033 Wien, Hintere Zollamtsstraße 4, vertreten durch die Finanzprokuratur, wegen Pflegegeldes, infolge Revision und Rekurses der klagenden Partei gegen das Urteil und den Beschluß des Oberlandesgerichtes Innsbruck als Berufungsgerichtes in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 3.Februar 1998, GZ 25 Rs 10/98a-15, womit infolge Berufungen beider Parteien das Urteil des Landesgerichtes Innsbruck als Arbeits- und Sozialgerichtes vom 13. Oktober 1997, GZ 47 Cgs 173/97p-9, zum Teil bestätigt und zum Teil aufgehoben wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt und beschlossen:

Spruch

Der Revision und dem Rekurs wird nicht Folge gegeben.

Die klagende Partei hat die Kosten ihrer Revision selbst zu tragen. Die Kosten des Rekurses sind weitere Verfahrenskosten.

Die beklagte Partei hat die Kosten des Rechtsmittelverfahrens selbst zu tragen.

Text

Entscheidungsgründe:

Rechtliche Beurteilung

Die in der angefochtenen Entscheidung enthaltene rechtliche Beurteilung der Sache ist zutreffend, weshalb darauf verwiesen werden kann (§ 510 Abs 3 zweiter Satz ZPO). Ergänzend ist dem Rechtsmittel der Klägerin folgendes entgegenzuhalten:Die in der angefochtenen Entscheidung enthaltene rechtliche Beurteilung der Sache ist zutreffend, weshalb darauf verwiesen werden kann (Paragraph 510, Absatz 3, zweiter Satz ZPO). Ergänzend ist dem Rechtsmittel der Klägerin folgendes entgegenzuhalten:

Strittig ist zunächst, ob die Voraussetzung "praktische Bewegungsunfähigkeit oder ein gleichzuachtender Zustand" im Sinne des § 4 Abs 2 Stufe 7 BPGG vorliegt. Die Einordnung in Stufe 7 sollte nach der Regierungsvorlage zum BPGG nur bei Vorliegen der vollständigen Bewegungsunfähigkeit zulässig sein (776 BlgNR 18. GP). In den Ausschußberatungen wurde diese Voraussetzung durch den weiteren Begriff "praktische Bewegungsunfähigkeit" ersetzt (908 BlgNR 18. GP). Es muß sich dabei um einen Zustand handeln, der in den funktionellen Auswirkungen einer vollständigen Bewegungsunfähigkeit gleichkommt. Dies ist anzunehmen, wenn zielgerichtete Bewegungen mit funktioneller Umsetzung nicht mehr möglich sind. Pflegegeld der Stufe 7 kommt schließlich auch bei einem der praktischen Bewegungsunfähigkeit gleichzuachtenden Zustand in Betracht: Davon wird man sprechen können, wenn der Pflegebedürftige an sich noch über eine gewisse Mobilität verfügt, diese aber insbesondere aufgrund des Angewiesenseins auf bestimmte lebensnotwendige Hilfsmittel (etwa ein Beatmungsgerät) nicht nützen kann (SSV-NF 10/135 ua; Pfeil, BPGG 98 f; derselbe, Pflegevorsorge in Österreich, 199). Die bisherigen Aussagen zu dieser Frage sind noch dahin zu präzisieren, daß eine praktische Bewegungsunfähigkeit dann vorliegt, wenn einer hievon betroffenen Person keinerlei willentliche Steuerung von Bewegungen, die zu einem bestimmten beabsichtigten Zweck dienen und mit denen dieser Zweck auch erreicht werden kann, mehr möglich wäre (10 ObS 268/97b; 10 ObS 385/97h; 10 ObS 410/97k; 10 ObS 33/98w). Das Berufungsgericht hat zutreffend darauf verwiesen, daß die Klägerin nach den Feststellungen ihre Lage im Bett noch selbst verändern kann, weshalb praktische Bewegungsunfähigkeit im Sinne der obigen Ausführungen nicht vorliegt.Strittig ist zunächst, ob die Voraussetzung "praktische Bewegungsunfähigkeit oder ein gleichzuachtender Zustand" im Sinne des Paragraph 4, Absatz 2, Stufe 7 BPGG vorliegt. Die Einordnung in Stufe 7 sollte nach der Regierungsvorlage zum BPGG nur bei Vorliegen der vollständigen Bewegungsunfähigkeit zulässig sein (776 BlgNR 18. GP). In den Ausschußberatungen wurde diese Voraussetzung durch den weiteren Begriff "praktische Bewegungsunfähigkeit" ersetzt (908 BlgNR 18. GP). Es muß sich dabei um einen Zustand handeln, der in den funktionellen Auswirkungen einer vollständigen Bewegungsunfähigkeit gleichkommt. Dies ist anzunehmen, wenn zielgerichtete Bewegungen mit funktioneller Umsetzung nicht mehr möglich sind. Pflegegeld der Stufe 7 kommt schließlich auch bei einem der praktischen Bewegungsunfähigkeit gleichzuachtenden Zustand in Betracht: Davon wird man sprechen können, wenn der Pflegebedürftige an sich noch über eine gewisse Mobilität verfügt, diese aber insbesondere aufgrund des Angewiesenseins auf bestimmte lebensnotwendige Hilfsmittel (etwa ein Beatmungsgerät) nicht nützen kann (SSV-NF 10/135 ua; Pfeil, BPGG 98 f; derselbe, Pflegevorsorge in Österreich, 199). Die bisherigen Aussagen zu dieser Frage sind noch dahin zu präzisieren, daß eine praktische Bewegungsunfähigkeit dann vorliegt, wenn einer hievon betroffenen Person keinerlei willentliche Steuerung von Bewegungen, die zu einem bestimmten beabsichtigten Zweck dienen und mit denen dieser Zweck auch erreicht werden kann, mehr möglich wäre (10 ObS 268/97b; 10 ObS 385/97h; 10 ObS 410/97k; 10 ObS 33/98w). Das Berufungsgericht hat zutreffend darauf verwiesen, daß die Klägerin nach den Feststellungen ihre Lage im Bett noch selbst verändern kann, weshalb praktische Bewegungsunfähigkeit im Sinne der obigen Ausführungen nicht vorliegt.

Für die Gewährung eines Pflegegeldes in Höhe der Stufe 6 - wiederum zusätzlich zum 180 Stunden im Monatsdurchschnitt übersteigenden zeitlichen Aufwand - eine dauernde Beaufsichtigung des Pflegebedürftigen oder ein gleichzuachtender Pflegeaufwand erforderlich. Die Einordnung in Stufe 6 sollte nach der Regierungsvorlage zum BPGG (776 BlgNR 18. GP) nur bei Vorliegen des Erfordernisses der dauernden Beaufsichtigung zulässig sein. Dieser Tatbestand betrifft in erster Linie Pflegebedürftige mit geistiger oder psychischer Behinderung. Durch die im Ausschuß für Arbeit und Soziales vorgenommene Erweiterung der Anspruchsvoraussetzungen für die Stufe 6 durch die Wortfolge "oder ein gleichzuachtender Pflegeaufwand" soll auch körperlich behinderten Menschen der Zugang zu dieser Stufe ermöglicht werden (908 BlgNR 18. GP, 4). Unter dauernder Beaufsichtigung ist die Notwendigkeit einer weitgehend permanenten Anwesenheit einer Pflegeperson im Wohnbereich bzw in unmittelbarer Nähe des Pflegebedürftigen zu verstehen (Gruber/Pallinger aaO Rz 57; SSV-NF 10/129 ua). Die dauernde Beaufsichtigung eines Pflegebedürftigen wird vor allem dann erforderlich sein, wenn im Einzelfall besonders häufig und/oder besonders dringend (zB wegen sonstiger Selbstgefährdung) ein Bedarf nach fremder Hilfe auftritt; dieser Gesichtspunkt wird auch den Ausschlag für die Einstufung von körperlich Behinderten in Stufe 6 geben müssen, weil dieser Personengruppe ganz offenbar ebenfalls ein Zugang zur zweithöchsten Pflegegeldstufe ermöglicht werden soll (Pfeil, Neuregelung der Pflegevorsorge in Österreich, 198; derselbe, BPGG 98 unter Hinweis auf den oben zitierten Ausschußbericht). Nach den Richtlinien des Hauptverbandes für die einheitliche Anwendung des BPGG nach § 31 Abs 5 Z 23 ASVG, SozSi 1994, 686 - Amtl. Verlautbarung 120/1994, die allerdings nach der wiederholt dargelegten Auffassung des Senates für Gerichte nicht bindend sind (SSV-NF 10/131 ua), wird ein dem Erfordernis dauernder Beaufsichtigung gleichzuachtender Zustand dann angenommen, wenn eine intensive, zeitlich unkoordinierbare Pflegeleistung beim immobilien oder mobilen Pflegebedürftigen zu erbringen ist (§ 17 Abs 2 Z 3 lit b dieser Richtlinien). Da sich diese Umschreibung der Erfordernisse für eine Einstufung in die Stufe 6 im wesentlichen mit der Auffassung des Obersten Gerichtshofes deckt, muß hier zu der Frage der Bindung der Richtlinien für die Gerichte nicht neuerlich Stellung genommen werden (vgl 10 ObS 2468/96f; 10 ObS 86/97p; 10 ObS 101/97v).Für die Gewährung eines Pflegegeldes in Höhe der Stufe 6 - wiederum zusätzlich zum 180 Stunden im Monatsdurchschnitt übersteigenden zeitlichen Aufwand - eine dauernde Beaufsichtigung des Pflegebedürftigen oder ein gleichzuachtender Pflegeaufwand erforderlich. Die Einordnung in Stufe 6 sollte nach der Regierungsvorlage zum BPGG (776 BlgNR 18. GP) nur bei Vorliegen des Erfordernisses der dauernden Beaufsichtigung zulässig sein. Dieser Tatbestand betrifft in erster Linie Pflegebedürftige mit geistiger oder psychischer Behinderung. Durch die im Ausschuß für Arbeit und Soziales vorgenommene Erweiterung der Anspruchsvoraussetzungen für die Stufe 6 durch die Wortfolge "oder ein gleichzuachtender Pflegeaufwand" soll auch körperlich behinderten Menschen der Zugang zu dieser Stufe ermöglicht werden (908 BlgNR 18. GP, 4). Unter dauernder Beaufsichtigung ist die Notwendigkeit einer weitgehend permanenten Anwesenheit einer Pflegeperson im Wohnbereich bzw in unmittelbarer Nähe des Pflegebedürftigen zu verstehen (Gruber/Pallinger aaO Rz 57; SSV-NF 10/129 ua). Die dauernde Beaufsichtigung eines Pflegebedürftigen wird vor allem dann erforderlich sein, wenn im Einzelfall besonders häufig und/oder besonders dringend (zB wegen sonstiger Selbstgefährdung) ein Bedarf nach fremder Hilfe auftritt; dieser Gesichtspunkt wird auch den Ausschlag für die Einstufung von körperlich Behinderten in Stufe 6 geben müssen, weil dieser Personengruppe ganz offenbar ebenfalls ein Zugang zur zweithöchsten Pflegegeldstufe ermöglicht werden soll (Pfeil, Neuregelung der Pflegevorsorge in Österreich, 198; derselbe, BPGG 98 unter Hinweis auf den oben zitierten Ausschußbericht). Nach den Richtlinien des Hauptverbandes für die einheitliche Anwendung des BPGG nach Paragraph 31, Absatz 5, Ziffer 23, ASVG, SozSi 1994, 686 - Amtl. Verlautbarung 120/1994, die allerdings nach der wiederholt dargelegten Auffassung des Senates für Gerichte nicht bindend sind (SSV-NF 10/131 ua), wird ein dem Erfordernis dauernder Beaufsichtigung gleichzuachtender Zustand dann angenommen, wenn eine intensive, zeitlich unkoordinierbare Pflegeleistung beim immobilien oder mobilen Pflegebedürftigen zu erbringen ist (Paragraph 17, Absatz 2, Ziffer 3, Litera b, dieser Richtlinien). Da sich diese Umschreibung der Erfordernisse für eine Einstufung in die Stufe 6 im wesentlichen mit der Auffassung des Obersten Gerichtshofes deckt, muß hier zu der Frage der Bindung der Richtlinien für die Gerichte nicht neuerlich Stellung genommen werden vergleiche 10 ObS 2468/96f; 10 ObS 86/97p; 10 ObS 101/97v).

Wenn das Berufungsgericht, von einer richtigen Rechtsansicht ausgehend, die Ergänzung des Sachverhaltes für erforderlich hält, kann der Oberste Gerichtshof, der keine Tatsacheninstanz ist, dem nicht entgegentreten.

Daher waren der Revision und dem Rekurs der Klägerin ein Erfolg zu versagen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 77 Abs 1 Z 2 lit b ASGG (hinsichtlich der Revision) und § 52 Abs 1 ZPO iVm § 2 Abs 1 ASGG (hinsichtlich des Rekurses). Die beklagte Partei hat als "Versicherungsträger" iSd § 77 Abs 1 Z 1 ASGG die Kosten des Rechtsmittelverfahrens ohne Rücksicht auf dessen Ausgang selbst zu tragen.Die Kostenentscheidung beruht auf Paragraph 77, Absatz eins, Ziffer 2, Litera b, ASGG (hinsichtlich der Revision) und Paragraph 52, Absatz eins, ZPO in Verbindung mit Paragraph 2, Absatz eins, ASGG (hinsichtlich des Rekurses). Die beklagte Partei hat als "Versicherungsträger" iSd Paragraph 77, Absatz eins, Ziffer eins, ASGG die Kosten des Rechtsmittelverfahrens ohne Rücksicht auf dessen Ausgang selbst zu tragen.

Anmerkung

E50485 10C01648

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1998:010OBS00164.98K.0519.000

Dokumentnummer

JJT_19980519_OGH0002_010OBS00164_98K0000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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