TE OGH 1998/5/27 7Ra98/98b

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Veröffentlicht am 27.05.1998
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Kopf

Das Oberlandesgericht Wien hat als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Richter des Oberlandesgerichtes DDr. Huberger als Vorsitzenden, die Richterinnen des Oberlandesgerichtes Dr. Blaszczyk und Dr.Predony sowie die fachkundigen Laienrichter ADir. Peter Brenner (aus dem Kreis der Arbeitgeber) und Alfred Baldia (aus dem Kreis der Arbeitnehmer) in der Arbeitsrechtssache der klagenden Partei A***** W*****, H*****, 3*****, vertreten durch Dr.Gustav Teicht, Dr.Gerhard Jöchl, Rechtsanwälte in 1010 Wien, wider die beklagte Partei Ö*****, 3*****, vertreten durch Dr.Otmar Körner, Sektion Industrie der Wirtschaftskammer Österreich, 1045 Wien, Wiedner Hauptstraße 63, wegen Anfechtung einer vorzeitigen Entlassung, infolge Berufung der klagenden Partei gegen das Urteil des Landesgerichtes St. Pölten als Arbeits- und Sozialgericht vom 13.1.1998,30 Cga 131/97w-5, nach mündlicher Berufungsverhandlung den

Beschluß

gefaßt:

Spruch

Aus Anlaß der Berufung wird das angefochtene Urteil als n i c h t i g a u f g e h o b e n und die Sozialrechtssache an das Erstgericht zur allfälligen ergänzenden Verhandlung und neuerlichen Entscheidung z u r ü c k v e r w i e s e n.

Text

Begründung:

Mit der Klage vom 8.8.1997 hat der seit 4.2.1980 bei der beklagten Partei beschäftigte Kläger seine vorzeitige (,fristlose") Entlassung vom 24.7.1997 mit dem Begehren bekämpft, diese für rechtsunwirksam zu erklären.

Die beklagte Partei beantragte die Klagsabweisung, stellte einen Zwischenantrag auf Feststellung (AS 7 und 9) und wendete im wesentlichen ein, daß der Entlassungsgrund der beharrlichen Pflicht[en]verletzung gemäß § 87 lit f. GewO aF vom Kläger wegen schlampiger Arbeit und Schadenszufügung zu Lasten des Dienstgebers, wobei dieses Verhalten weder disziplinär noch betrieblich zu dulden gewesen wäre, verwirklicht worden sei.Die beklagte Partei beantragte die Klagsabweisung, stellte einen Zwischenantrag auf Feststellung (AS 7 und 9) und wendete im wesentlichen ein, daß der Entlassungsgrund der beharrlichen Pflicht[en]verletzung gemäß Paragraph 87, Litera f, GewO aF vom Kläger wegen schlampiger Arbeit und Schadenszufügung zu Lasten des Dienstgebers, wobei dieses Verhalten weder disziplinär noch betrieblich zu dulden gewesen wäre, verwirklicht worden sei.

Zur mündlichen Streitverhandlung am 15.11.1997 vor dem Erstgericht (ON 4) wurde festgestellt, daß der geladene Laienrichter von der Arbeitnehmerseite der Betriebsratsvorsitzende (frühere Bezeichnung ,Betriebsratsobmann") der beklagten Partei gewesen sei, der von der Ausübung des Richteramtes in dieser Arbeitsrechtssache ausgeschlossen sei, weshalb mit Zustimmung beider qualifiziert vertretener Parteien gemäß § 11 b Abs.1 ASGG die Verhandlung vom Vorsitzenden allein durchgeführt worden ist (Seite 1 des Protokolles = AS 15).Zur mündlichen Streitverhandlung am 15.11.1997 vor dem Erstgericht (ON 4) wurde festgestellt, daß der geladene Laienrichter von der Arbeitnehmerseite der Betriebsratsvorsitzende (frühere Bezeichnung ,Betriebsratsobmann") der beklagten Partei gewesen sei, der von der Ausübung des Richteramtes in dieser Arbeitsrechtssache ausgeschlossen sei, weshalb mit Zustimmung beider qualifiziert vertretener Parteien gemäß Paragraph 11, b Absatz , ASGG die Verhandlung vom Vorsitzenden allein durchgeführt worden ist (Seite 1 des Protokolles = AS 15).

Mit dem nunmehr angefochtenen Urteil vom 13.1.1998, ON 5, hat das Erstgericht durch den Vorsitzenden allein ohne Beiziehung fachkundiger Laienrichter - siehe Seite 1 des Urteils =AS 19- entgegen § 11 b Abs.2 ASGG entschieden und das Klagebegehren abgewiesen. Dies mit der wesentlichen Begründung, daß sich die Klage als unschlüssig erweise, weil der zuständige Betriebsrat gegen die Entlassung des Klägers ausdrücklich Widerspruch erhoben habe, sohin primär zur Anfechtungsklage legitimiert gewesen wäre und diese Klagslegitimation nur dann infolge Untätigkeit des Betriebsrates auf den Kläger persönlich übergegangen wäre, wenn dieser zuvor ein Anfechtungsverlangen an den Betriebsrat gerichtet hätte. Gerade dies habe der Kläger aber nicht behauptet, sodaß das Klagsvorbringen sich als unschlüssig und abweisungsreif erwiesen habe; ein Zwischenantrag auf Feststellung könne gemäß § 236 Abs.1 ZPO nur vom Kläger gestellt werden, sodaß dieser Antrag der beklagten Partei zurückzuweisen gewesen wäre.Mit dem nunmehr angefochtenen Urteil vom 13.1.1998, ON 5, hat das Erstgericht durch den Vorsitzenden allein ohne Beiziehung fachkundiger Laienrichter - siehe Seite 1 des Urteils =AS 19- entgegen Paragraph 11, b Absatz , ASGG entschieden und das Klagebegehren abgewiesen. Dies mit der wesentlichen Begründung, daß sich die Klage als unschlüssig erweise, weil der zuständige Betriebsrat gegen die Entlassung des Klägers ausdrücklich Widerspruch erhoben habe, sohin primär zur Anfechtungsklage legitimiert gewesen wäre und diese Klagslegitimation nur dann infolge Untätigkeit des Betriebsrates auf den Kläger persönlich übergegangen wäre, wenn dieser zuvor ein Anfechtungsverlangen an den Betriebsrat gerichtet hätte. Gerade dies habe der Kläger aber nicht behauptet, sodaß das Klagsvorbringen sich als unschlüssig und abweisungsreif erwiesen habe; ein Zwischenantrag auf Feststellung könne gemäß Paragraph 236, Absatz , ZPO nur vom Kläger gestellt werden, sodaß dieser Antrag der beklagten Partei zurückzuweisen gewesen wäre.

Dieses Urteil bekämpft die klagende Partei mit ihrer fristgerechten Berufung ON 6 wegen Mangelhaftigkeit des Verfahrens, unrichtiger Tatsachenfeststellung und unrichtiger rechtlicher Beurteilung mit dem Begehren, es im klagsstattgebenden Sinn abzuändern, hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.

Rechtliche Beurteilung

Die beklagte Partei beantragt in ihrer Berufungsbeantwortung (ON 7), der Berufung nicht Folge zu geben.

Das Urteil leidet an einer Nichtigkeit, die aus Anlaß der Berufung vom Berufungsgericht- nach Erörterung mit den Parteien - von amtswegen aufzugreifen war. § 11 b Abs. 1 ASGG sieht zwar für den Fall, daß ein fachkundiger Laienrichter zur Verhandlung nicht erschienen ist und innerhalb kurzer Zeit auch kein anderer zur Stelle ist, die Durchführung der mündlichen Streitverhandlung durch den Vorsitzenden allein vor, wenn die qualifiziert vertretenen Parteien ausdrücklich zustimmen. Da die Ausschließungsgründe (§ 20 Z 1 JN) auch für die fachkundigen Laienrichter gelten ( Arb 11.006=EvBl 1992/137) und in jeder Lage des Verfahrens von amtswegen wahrzunehmen sind, lag grundsätzlich analog der Fall vor, daß ,ein fachkundiger Laienrichter nicht erschienen sei" , womit zwar gemäß § 11 b Abs.1 ASGG, abgesehen davon, daß nicht aktenkundig gemacht worden ist, daß innerhalb kurzer Zeit kein anderer fachkundiger Laienrichter zur Stelle sein könnte (z.B. per Taxi, von einem anderen Senat kurzfristig beigezogen), was aber nicht gerügt worden ist, die mündliche Streitverhandlung vom Vorsitzenden allein durchgeführt werden konnte, jedoch jedenfalls die Fällung einer enderledigenden Sachentscheidung dem Senat vorbehalten bleibt (§ 11 b Abs.2 ASGG).Das Urteil leidet an einer Nichtigkeit, die aus Anlaß der Berufung vom Berufungsgericht- nach Erörterung mit den Parteien - von amtswegen aufzugreifen war. Paragraph 11, b Absatz eins, ASGG sieht zwar für den Fall, daß ein fachkundiger Laienrichter zur Verhandlung nicht erschienen ist und innerhalb kurzer Zeit auch kein anderer zur Stelle ist, die Durchführung der mündlichen Streitverhandlung durch den Vorsitzenden allein vor, wenn die qualifiziert vertretenen Parteien ausdrücklich zustimmen. Da die Ausschließungsgründe (Paragraph 20, Ziffer eins, JN) auch für die fachkundigen Laienrichter gelten ( Arb 11.006=EvBl 1992/137) und in jeder Lage des Verfahrens von amtswegen wahrzunehmen sind, lag grundsätzlich analog der Fall vor, daß ,ein fachkundiger Laienrichter nicht erschienen sei" , womit zwar gemäß Paragraph 11, b Absatz , ASGG, abgesehen davon, daß nicht aktenkundig gemacht worden ist, daß innerhalb kurzer Zeit kein anderer fachkundiger Laienrichter zur Stelle sein könnte (z.B. per Taxi, von einem anderen Senat kurzfristig beigezogen), was aber nicht gerügt worden ist, die mündliche Streitverhandlung vom Vorsitzenden allein durchgeführt werden konnte, jedoch jedenfalls die Fällung einer enderledigenden Sachentscheidung dem Senat vorbehalten bleibt (Paragraph 11, b Absatz , ASGG).

Es war daher diesen Nichtigkeit gemäß § 477 Abs.1 Z 2 ZPO von amtswegen anläßlich der zulässigen Berufung der klagenden Partei aufzugreifen und das angefochtene Urteil als nichtig aufzuheben.Es war daher diesen Nichtigkeit gemäß Paragraph 477, Absatz , Ziffer 2, ZPO von amtswegen anläßlich der zulässigen Berufung der klagenden Partei aufzugreifen und das angefochtene Urteil als nichtig aufzuheben.

Auf die weiteren Berufungsgründe war demnach derzeit nicht weiter einzugehen, wobei allerdings feststellungsmäßig darauf Obacht zu nehmen sein wird, daß der Kläger in seiner Klage auf die Nichtvornahme der Anfechtung durch den Betriebsrat hingewiesen hat, sodaß allenfalls auf das zur Selbstanfechtung legitimierende konkludente Verhalten (vgl. § 863 ABGB) einzugehen sein wird (vgl. ARD 4631/36/95), zumal an das Verlangen des Arbeitnehmers hinsichtlich Anfechtung kein formalistischer Maßstab anzulegen ist (vgl. ARD 4695/14/95).Auf die weiteren Berufungsgründe war demnach derzeit nicht weiter einzugehen, wobei allerdings feststellungsmäßig darauf Obacht zu nehmen sein wird, daß der Kläger in seiner Klage auf die Nichtvornahme der Anfechtung durch den Betriebsrat hingewiesen hat, sodaß allenfalls auf das zur Selbstanfechtung legitimierende konkludente Verhalten vergleiche Paragraph 863, ABGB) einzugehen sein wird vergleiche ARD 4631/36/95), zumal an das Verlangen des Arbeitnehmers hinsichtlich Anfechtung kein formalistischer Maßstab anzulegen ist vergleiche ARD 4695/14/95).

Eine Kostenentscheidung hatte nicht zu erfolgen, weil gemäß § 58 Abs.1 ASGG kein Kostenanspruch besteht.Eine Kostenentscheidung hatte nicht zu erfolgen, weil gemäß Paragraph 58, Absatz , ASGG kein Kostenanspruch besteht.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Oberlandesgericht Wien

1016 Wien, Schmerlingplatz 11

Anmerkung

EW00274 07A00988

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OLG0009:1998:0070RA00098.98B.0527.000

Dokumentnummer

JJT_19980527_OLG0009_0070RA00098_98B0000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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