Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Mag.Engelmaier als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Kellner, Dr.Schiemer, Dr.Prückner und Dr.Schenk als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Elsa S*****, vertreten durch Dr.Bernhard Krump, Rechtsanwalt in Graz, wider die beklagte Partei Heinrich L*****, vertreten durch Dr.Harald Hohenberg, Rechtsanwalt in Graz, wegen Nichtbestehens von Dienstbarkeiten, aus Anlaß der außerordentlichen Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Graz als Berufungsgerichtes vom 3.Juli 1997, GZ 7 R 60/97p-30, womit infolge Berufung der beklagten Partei das Urteil des Bezirksgerichtes Frohnleiten vom 24.Februar 1997, GZ 2 C 1062/95k-24, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den
Beschluß
gefaßt:
Spruch
Die Akten werden dem Berufungsgericht zur Änderung des Ausspruchs über den Wert des Entscheidungsgegenstandes zurückgestellt.
Text
Begründung:
Mit ihrer Eigentumsfreiheitsklage (§ 523 ABGB) macht die klagende Liegenschaftseigentümerin die Freiheit ihres Eigentums an einem Innenhof von außerbücherlichen Belastungen geltend. Der Innenhof wird im Norden vom einstöckigen Haus des Beklagten, im Süden vom Wohnhaus der Klägerin und im Westen von einem Gebäude begrenzt, das im Eigentum Dritter steht. In den Innenhof gelangt man von Osten her durch eine offene Toreinfahrt. Die Liegenschaft der Klägerin ist zugunsten der Eigentümer der Liegenschaft des Beklagten mit einer bücherlichen Servitut des Gehens, Fahrens und Viehtreibens sowie der Ein- und Ausfahrt belastet.Mit ihrer Eigentumsfreiheitsklage (Paragraph 523, ABGB) macht die klagende Liegenschaftseigentümerin die Freiheit ihres Eigentums an einem Innenhof von außerbücherlichen Belastungen geltend. Der Innenhof wird im Norden vom einstöckigen Haus des Beklagten, im Süden vom Wohnhaus der Klägerin und im Westen von einem Gebäude begrenzt, das im Eigentum Dritter steht. In den Innenhof gelangt man von Osten her durch eine offene Toreinfahrt. Die Liegenschaft der Klägerin ist zugunsten der Eigentümer der Liegenschaft des Beklagten mit einer bücherlichen Servitut des Gehens, Fahrens und Viehtreibens sowie der Ein- und Ausfahrt belastet.
Die Klägerin wendet sich gegen die Anmaßung und Ausübung von über die bücherliche Servitut hinausgehenden Benützungsrechten. Sie begehrt die Feststellung des Nichtbestandes von Servitutsrechten 1. des Parkens mit Fahrzeugen im Innenhof; 2. des Duldens einer im Haus des Beklagten bestehenden Türöffnung; 3. des Fahrens (im Innenhof) mit Fahrzeugen zugunsten der Eigentümer der westlich angrenzenden Liegenschaft (im Eigentum Dritter stehend) und 4. des Gehens und Fahrens zugunsten anderer Personen als der jeweiligen Eigentümer der Liegenschaft des Beklagten. Die Klägerin stellte neben dem Feststellungsbegehren noch weitere Begehren auf Unterlassung der Anmaßung oder Ausübung der vier angeführten Servitutsrechte sowie auf Verpflichtung des Beklagten, die Anmaßung oder Ausübung der Sevitutsrechte durch Dritte zu unterbinden. Die Klägerin stützte ihr Klagebegehren auf den wesentlichen Sachverhalt, daß keine Ersitzung der vom Beklagten angemaßten Rechte stattgefunden habe. Die Klägerin habe mit Ausnahme der bücherlichen Servitut lastenfreies Liegenschaftseigentum erworben. Die Klägerin bewertete jede der vier vom Beklagten angemaßten Dienstbarkeiten mit 25.000 S und das Klagebegehren insgesamt mit 100.000 S (S 5 in ON 1).
Die Vorinstanzen gaben der Klage (nahezu vollständig) statt. Das Berufungsgericht sprach aus, daß der Wert des Entscheidungsgegenstandes insgesamt 50.000 S übersteige und daß die ordentliche Revision nicht zulässig sei.
Mit seiner außerordentlichen Revision beantragt der Beklagte die Abänderung dahin, daß die Klage zur Gänze abgewiesen werde.
Mit der ihr freigestellten Revisionsbeantwortung beantragt die Klägerin, die Revision als unzulässig zurückzuweisen. Sie releviert ua eine absolute Unzulässigkeit der Revision aufgrund des jeweils unter 50.000 S liegenden Streitwerts der "vier voneinander völlig eigenständigen Servitutsanmaßungen". Dazu ist auszuführen:
Das Berufungsgericht hat nur eine Bewertung des Entscheidungsgegenstandes insgesamt vorgenommen, ohne die mit Klagehäufung geltend gemachten Ansprüche einzeln zu bewerten. Die Rechtsmeinung der Klägerin über die Notwendigkeit einer getrennten Bewertung ist zu teilen:
Rechtliche Beurteilung
Bei objektiver Klagehäufung ist bei der Bewertung § 55 JN maßgeblich (§ 500 Abs 3 ZPO). Die Zusammenrechnung mehrerer Ansprüche setzt einen tatsächlichen oder rechtlichen Zusammenhang voraus (§ 55 Abs 1 Z 1 JN). Ein tatsächlicher Zusammenhang liegt vor, wenn alle Ansprüche aus demselben in der Klage behaupteten Sachverhalt abgeleitet werden können und die Behauptung eines ergänzenden Sachverhalts für einen der mehreren Ansprüche nicht erforderlich ist. Ein rechtlicher Zusammenhang ist zu bejahen, wenn die Ansprüche aus demselben Vertrag oder derselben Rechtsnorm abgeleitet werden (Mayr in Rechberger, ZPO Rz 2 zu § 55 JN mwN aus der Judikatur). Eine Zusammenrechnung findet nicht statt, wenn jeder der Ansprüche unabhängig von den anderen besteht, also jeder ein eigenes verfahrensrechtliches Schicksal haben kann (3 Ob 119/97i; SZ 63/188 uva). Entscheidend sind somit der vom Kläger behauptete Sachverhalt und die Rechtsgrundlage der Ansprüche. Wohl hat die Klägerin hier für alle bekämpften Anmaßungs- und Eingriffshandlungen den Rechtsgrund der Eigentumsfreiheit in Anspruch genommen. Dies allein reicht für die Bejahung des erforderlichen Zusammenhangs noch nicht aus. Wie erst jüngst in einem vergleichbaren Fall ausgesprochen wurde (6 Ob 79/98f), liegt dann kein identischer, sondern nur ein gleichartiger Sachverhalt vor, wenn einzelne, voneinander verschiedene und unabhängige, das Eigentumsrecht des Klägers störende Handlungen des Beklagten bezüglich verschiedener körperlicher Teile der Liegenschaft des Klägers behauptet werden. Daß diese in einer physischen Nähe zueinander stehen, reicht noch nicht aus, einen tatsächlichen Zusammenhang im Sinne des § 55 JN bejahen zu können. Der Sachverhalt ist weder bezüglich der Störungshandlungen noch bezüglich des Störungsobjektes (im Sinne der betroffenen physischen Teile) identisch. Auch ein rechtlicher Zusammenhang ist zu verneinen. Wohl ist die Rechtsgrundlage (der Rechtsgrund) in allen Fällen die Freiheit des Eigentums nach § 523 ABGB. Damit allein wird der im § 55 Abs 1 JN geforderte rechtliche Zusammenhang der auf dieselbe Norm gestützten Ansprüche untereinander noch nicht hergestellt. Die behauptete Eigentumsfreiheit von im Tatsachenbereich verschiedenen Belastungen ist auch für den Bereich der anspruchsbegründenden Rechtsnorm nicht als Einheit aufzufassen. Der Kläger stützt sich in Wahrheit mehrmals auf die Freiheit seines Eigentums von verschiedenen Belastungen, macht also denselben Rechtsgrund mehrmals kumulativ geltend, wie dies etwa auch für den Fall eines Exszindierungsklägers zutrifft, der die Aussonderung verschiedener in Exekution gezogener Pfandsachen jeweils auf sein Eigentumsrecht stützt (der Rechtsgrund wäre auch hier jedesmal derselbe), dieses aber noch aus weiteren Sachverhalten ableitet, etwa aus verschiedenen Kaufverträgen. Bei verschiedenen Erwerbsarten sind die einzelnen Exszindierungsansprüche aber nicht zusammenzurechnen (3 Ob 119/97i).Bei objektiver Klagehäufung ist bei der Bewertung Paragraph 55, JN maßgeblich (Paragraph 500, Absatz 3, ZPO). Die Zusammenrechnung mehrerer Ansprüche setzt einen tatsächlichen oder rechtlichen Zusammenhang voraus (Paragraph 55, Absatz eins, Ziffer eins, JN). Ein tatsächlicher Zusammenhang liegt vor, wenn alle Ansprüche aus demselben in der Klage behaupteten Sachverhalt abgeleitet werden können und die Behauptung eines ergänzenden Sachverhalts für einen der mehreren Ansprüche nicht erforderlich ist. Ein rechtlicher Zusammenhang ist zu bejahen, wenn die Ansprüche aus demselben Vertrag oder derselben Rechtsnorm abgeleitet werden (Mayr in Rechberger, ZPO Rz 2 zu Paragraph 55, JN mwN aus der Judikatur). Eine Zusammenrechnung findet nicht statt, wenn jeder der Ansprüche unabhängig von den anderen besteht, also jeder ein eigenes verfahrensrechtliches Schicksal haben kann (3 Ob 119/97i; SZ 63/188 uva). Entscheidend sind somit der vom Kläger behauptete Sachverhalt und die Rechtsgrundlage der Ansprüche. Wohl hat die Klägerin hier für alle bekämpften Anmaßungs- und Eingriffshandlungen den Rechtsgrund der Eigentumsfreiheit in Anspruch genommen. Dies allein reicht für die Bejahung des erforderlichen Zusammenhangs noch nicht aus. Wie erst jüngst in einem vergleichbaren Fall ausgesprochen wurde (6 Ob 79/98f), liegt dann kein identischer, sondern nur ein gleichartiger Sachverhalt vor, wenn einzelne, voneinander verschiedene und unabhängige, das Eigentumsrecht des Klägers störende Handlungen des Beklagten bezüglich verschiedener körperlicher Teile der Liegenschaft des Klägers behauptet werden. Daß diese in einer physischen Nähe zueinander stehen, reicht noch nicht aus, einen tatsächlichen Zusammenhang im Sinne des Paragraph 55, JN bejahen zu können. Der Sachverhalt ist weder bezüglich der Störungshandlungen noch bezüglich des Störungsobjektes (im Sinne der betroffenen physischen Teile) identisch. Auch ein rechtlicher Zusammenhang ist zu verneinen. Wohl ist die Rechtsgrundlage (der Rechtsgrund) in allen Fällen die Freiheit des Eigentums nach Paragraph 523, ABGB. Damit allein wird der im Paragraph 55, Absatz eins, JN geforderte rechtliche Zusammenhang der auf dieselbe Norm gestützten Ansprüche untereinander noch nicht hergestellt. Die behauptete Eigentumsfreiheit von im Tatsachenbereich verschiedenen Belastungen ist auch für den Bereich der anspruchsbegründenden Rechtsnorm nicht als Einheit aufzufassen. Der Kläger stützt sich in Wahrheit mehrmals auf die Freiheit seines Eigentums von verschiedenen Belastungen, macht also denselben Rechtsgrund mehrmals kumulativ geltend, wie dies etwa auch für den Fall eines Exszindierungsklägers zutrifft, der die Aussonderung verschiedener in Exekution gezogener Pfandsachen jeweils auf sein Eigentumsrecht stützt (der Rechtsgrund wäre auch hier jedesmal derselbe), dieses aber noch aus weiteren Sachverhalten ableitet, etwa aus verschiedenen Kaufverträgen. Bei verschiedenen Erwerbsarten sind die einzelnen Exszindierungsansprüche aber nicht zusammenzurechnen (3 Ob 119/97i).
Die angeführten Grundsätze sind auch im vorliegenden Fall anzuwenden. Die geltend gemachten Eingriffshandlungen sind voneinander unabhängig und betreffen verschiedene physische Teile des Innenhofs der Klägerin. Das Berufungsgericht hätte daher bei seinem Ausspruch nach § 500 Abs 2 Z 1 ZPO eine getrennte Bewertung vorzunehmen gehabt. Da es an die Bewertung der Klägerin nicht gebunden ist (Kodek in Rechberger, ZPO Rz 3 zu § 500 mwN), kann - entgegen der in der Revisionsbeantwortung vertretenen Auffassung - derzeit noch nicht von einer absoluten Unzulässigkeit der Revision des Beklagten ausgegangen werden. Die Akten sind vielmehr dem Berufungsgericht zur Abänderung des Bewertungsausspruchs im Sinne einer getrennten Bewertung der einzelnen Ansprüche zurückzustellen. Dabei wird von vier jeweils als Einheit aufzufassenden Ansprüchen auszugehen sein, weil die jeweils kumulativ gestellten Begehren hinsichtlich der vier angeführten Servitutsrechte jeweils in einem rechtlichen Zusammenhang stehen.Die angeführten Grundsätze sind auch im vorliegenden Fall anzuwenden. Die geltend gemachten Eingriffshandlungen sind voneinander unabhängig und betreffen verschiedene physische Teile des Innenhofs der Klägerin. Das Berufungsgericht hätte daher bei seinem Ausspruch nach Paragraph 500, Absatz 2, Ziffer eins, ZPO eine getrennte Bewertung vorzunehmen gehabt. Da es an die Bewertung der Klägerin nicht gebunden ist (Kodek in Rechberger, ZPO Rz 3 zu Paragraph 500, mwN), kann - entgegen der in der Revisionsbeantwortung vertretenen Auffassung - derzeit noch nicht von einer absoluten Unzulässigkeit der Revision des Beklagten ausgegangen werden. Die Akten sind vielmehr dem Berufungsgericht zur Abänderung des Bewertungsausspruchs im Sinne einer getrennten Bewertung der einzelnen Ansprüche zurückzustellen. Dabei wird von vier jeweils als Einheit aufzufassenden Ansprüchen auszugehen sein, weil die jeweils kumulativ gestellten Begehren hinsichtlich der vier angeführten Servitutsrechte jeweils in einem rechtlichen Zusammenhang stehen.
Anmerkung
E50425 06A00808European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:1998:0060OB00080.98B.0527.000Dokumentnummer
JJT_19980527_OGH0002_0060OB00080_98B0000_000