TE OGH 1998/6/9 1Ob136/98a

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Veröffentlicht am 09.06.1998
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr.Schlosser als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr.Schiemer, Dr.Gerstenecker, Dr.Rohrer und Dr.Zechner als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei P***** Aktiengesellschaft, ***** vertreten durch Dr.Peter Balogh, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagte Partei Franz L*****, vertreten durch Dr.Thomas Wanek und Dr.Helmut Hoberger, Rechtsanwälte in Perchtoldsdorf, wegen S 101.975,80 sA, infolge Revisionsrekurses der beklagten Partei gegen den Beschluß des Oberlandesgerichts Wien als Rekursgericht vom 25.Februar 1998, GZ 14 R 20/98h-25, womit der Beschluß des Landesgerichts Eisenstadt vom 4.Dezember 1997, GZ 2 Cg 115/96p-22, abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluß

gefaßt:

Spruch

Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.

Die beklagte Partei hat die Kosten ihres erfolglosen Rechtsmittels selbst zu tragen.

Text

Begründung:

Das Erstgericht verurteilte den Beklagten mit Versäumungsurteil vom 9.4.1997 zur Zahlung von S 123.512,52 sA. Mit Beschluß vom 8.8.1997 hob es die Bestätigung der Vollstreckbarkeit dieses Urteils auf, wies den Antrag des Beklagten auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Frist zur Erstattung der Klagebeantwortung bzw der ersten Tagsatzung ab, behielt sich die Entscheidung über den vom Beklagten erhobenen Widerspruch zum Versäumungsurteil vor und verfügte die neuerliche Zustellung der Klage. Daraufhin erstattete der Beklagte eine Klagebeantwortung, in welcher er die bereits im Widerspruch erhobene Einrede der örtlichen Unzuständigkeit wiederholte. Zu Beginn der Tagsatzung vom 2.9.1997 hob das Erstgericht das Versäumungsurteil vom 9.4.1997 auf und wies die Einrede der örtlichen Unzuständigkeit mit der Begründung ab, daß im Rahmen eines Widerspruchs die prorogable Unzuständigkeit nicht mehr eingewendet werden könne. Dieser Beschluß wurde den Parteien zugestellt und erwuchs in Rechtskraft. In der Tagsatzung vom 4.12.1997 urgierte der Beklagte eine Entscheidung über die von ihm im Rahmen der Klagebeantwortung erhobene Unzuständigkeitseinrede, woraufhin die klagende Partei beantragte, "für den Fall der örtlichen Unzuständigkeit die Klage an das offenbar nicht unzuständige (Landesgericht) Wiener Neustadt zu überweisen". Der Beklagte begehrte den Zuspruch der Kosten der bereits verrichteten beiden Tagsatzungen, weil die klagende Partei den Beklagten unter Angabe einer unrichtigen Anschrift beim Landesgericht Eisenstadt geklagt habe.

Das Erstgericht erklärte sich für örtlich unzuständig und überwies die Klage an das nicht offenbar unzuständige Landesgericht Wiener Neustadt. Es erkannte die klagende Partei schuldig, dem Beklagten S 13.526,40 an Kosten des Zwischenstreits über die Zuständigkeitsfrage zu ersetzen. Den Antrag der klagenden Partei auf Zuspruch von Kosten für die Tagsatzung, in der über den Widerspruch verhandelt wurde, wies es ab. Der in der Klagebeantwortung erhobene Einwand der örtlichen Unzuständigkeit sei nicht verspätet. Die klagende Partei habe die Adresse des Beklagten seit Juni 1996 gekannt und hätte dem bei Einbringung der Klage Rechnung tragen müssen. Sie habe daher die der klagenden Partei für die beiden Tagsatzungen aufgelaufenen Kosten veranlaßt.

Das Rekursgericht gab dem Rekurs der klagenden Partei teilweise Folge und änderte die Entscheidung des Erstgerichts dahin ab, daß es die vom Beklagten neuerlich erhobene Einrede der örtlichen Unzuständigkeit zurückwies und aussprach, daß die Kosten der Tagsatzungen vom 2.9. und 4.12.1997 weitere Kosten des Verfahrens vor dem Erstgericht seien. Außerdem sprach das Rekursgericht aus, daß der ordentliche Revisionsrekurs nicht zulässig sei. Letzteren Ausspruch änderte das Gericht zweiter Instanz mit Beschluß vom 9.4.1998 dahin ab, daß die Zulässigkeit des ordentlichen Revisionsrekurses bejaht wurde. Der Rekurs der klagenden Partei sei trotz des Rechtsmittelausschlusses gemäß § 261 Abs 6 ZPO zulässig, weil letzterer eine formal zulässige Unzuständigkeitseinrede voraussetze und der Überweisungsbeschluß nicht gegen die Rechtskraft eines vorangegangenen Beschlusses verstoßen dürfe. Sei die in der versäumten ersten Tagsatzung anzubringende Unzuständigkeitseinrede bei Aufhebung des Versäumungsurteils infolge Widerspruchs ausgeschlossen, so müsse dies auch für die ohne erste Tagsatzung aufgetragene Klagebeantwortung sinngemäß gelten, die der Beklagte im vorliegenden Fall versäumt habe. Es sei dem Beklagten daher verwehrt gewesen, in seinem als Klagebeantwortung bezeichneten Schriftsatz die Unzuständigkeitseinrede nachzutragen. Abgesehen davon verstoße der Ausspruch über die Unzuständigkeit "samt Überweisung" gegen die Rechtskraft des die Unzuständigkeitseinrede in der Tagsatzung vom 2.9.1997 "abweisenden" Beschlusses.Das Rekursgericht gab dem Rekurs der klagenden Partei teilweise Folge und änderte die Entscheidung des Erstgerichts dahin ab, daß es die vom Beklagten neuerlich erhobene Einrede der örtlichen Unzuständigkeit zurückwies und aussprach, daß die Kosten der Tagsatzungen vom 2.9. und 4.12.1997 weitere Kosten des Verfahrens vor dem Erstgericht seien. Außerdem sprach das Rekursgericht aus, daß der ordentliche Revisionsrekurs nicht zulässig sei. Letzteren Ausspruch änderte das Gericht zweiter Instanz mit Beschluß vom 9.4.1998 dahin ab, daß die Zulässigkeit des ordentlichen Revisionsrekurses bejaht wurde. Der Rekurs der klagenden Partei sei trotz des Rechtsmittelausschlusses gemäß Paragraph 261, Absatz 6, ZPO zulässig, weil letzterer eine formal zulässige Unzuständigkeitseinrede voraussetze und der Überweisungsbeschluß nicht gegen die Rechtskraft eines vorangegangenen Beschlusses verstoßen dürfe. Sei die in der versäumten ersten Tagsatzung anzubringende Unzuständigkeitseinrede bei Aufhebung des Versäumungsurteils infolge Widerspruchs ausgeschlossen, so müsse dies auch für die ohne erste Tagsatzung aufgetragene Klagebeantwortung sinngemäß gelten, die der Beklagte im vorliegenden Fall versäumt habe. Es sei dem Beklagten daher verwehrt gewesen, in seinem als Klagebeantwortung bezeichneten Schriftsatz die Unzuständigkeitseinrede nachzutragen. Abgesehen davon verstoße der Ausspruch über die Unzuständigkeit "samt Überweisung" gegen die Rechtskraft des die Unzuständigkeitseinrede in der Tagsatzung vom 2.9.1997 "abweisenden" Beschlusses.

Der Revisionsrekurs des Beklagten ist zulässig, aber nicht berechtigt.

Rechtliche Beurteilung

Wendet ein Beklagter die Unzuständigkeit des angerufenen Gerichts ein, so kann die klagende Partei gemäß § 261 Abs 6 ZPO die Überweisung der Klage an das von ihr namhaft gemachte Gericht beantragen, wenn das bisherige Prozeßgericht seine Unzuständigkeit aussprechen sollte. Mit einem solchen Antrag unterwirft sich die klagende Partei für den Fall, daß der Einrede der Unzuständigkeit und dem Überweisungsantrag stattgegeben wird, diesem Beschluß im vorhinein. Dem Antrag ist stattzugeben, falls das andere Gericht nicht als offenbar unzuständig anzusehen ist. Gegen einen derartigen Beschluß ist mit Ausnahme der Entscheidung über die Kosten des Zuständigkeitsstreits nach dem Wortlaut des § 261 Abs 6 ZPO kein Rechtsmittel zulässig, weil Zwischenstreite über die Zuständigkeit verhindert werden sollen, sofern durch die erfolgte Überweisung die Grundlagen für die umgehende Fortführung des Verfahrens geschaffen sind. Der Rechtsmittelausschluß des § 261 Abs 6 ZPO gilt nach ständiger Rechtsprechung aber dann nicht, wenn die Überweisung ohne gesetzliche Grundlage erfolgte, wenn sie also den Bestimmungen des § 261 Abs 6 ZPO derart widerspricht, daß der Zweck des dort verfügten Rechtsmittelausschlusses nicht mehr erfüllt wird. Letzteres ist insbesondere dann der Fall, wenn die Überweisung ohne einen § 261 Abs 6 ZPO entsprechenden Überweisungsantrag ausgesprochen wurde (JBl 1997, 326; 1 Ob 2054/96g; 8 Ob 2237/96w; 1 Ob 581/95; 8 Ob 607/91; SZ 61/265; EvBl 1966/199; Rechberger in Rechberger, ZPO, Rz 11 zu § 261).Wendet ein Beklagter die Unzuständigkeit des angerufenen Gerichts ein, so kann die klagende Partei gemäß Paragraph 261, Absatz 6, ZPO die Überweisung der Klage an das von ihr namhaft gemachte Gericht beantragen, wenn das bisherige Prozeßgericht seine Unzuständigkeit aussprechen sollte. Mit einem solchen Antrag unterwirft sich die klagende Partei für den Fall, daß der Einrede der Unzuständigkeit und dem Überweisungsantrag stattgegeben wird, diesem Beschluß im vorhinein. Dem Antrag ist stattzugeben, falls das andere Gericht nicht als offenbar unzuständig anzusehen ist. Gegen einen derartigen Beschluß ist mit Ausnahme der Entscheidung über die Kosten des Zuständigkeitsstreits nach dem Wortlaut des Paragraph 261, Absatz 6, ZPO kein Rechtsmittel zulässig, weil Zwischenstreite über die Zuständigkeit verhindert werden sollen, sofern durch die erfolgte Überweisung die Grundlagen für die umgehende Fortführung des Verfahrens geschaffen sind. Der Rechtsmittelausschluß des Paragraph 261, Absatz 6, ZPO gilt nach ständiger Rechtsprechung aber dann nicht, wenn die Überweisung ohne gesetzliche Grundlage erfolgte, wenn sie also den Bestimmungen des Paragraph 261, Absatz 6, ZPO derart widerspricht, daß der Zweck des dort verfügten Rechtsmittelausschlusses nicht mehr erfüllt wird. Letzteres ist insbesondere dann der Fall, wenn die Überweisung ohne einen Paragraph 261, Absatz 6, ZPO entsprechenden Überweisungsantrag ausgesprochen wurde (JBl 1997, 326; 1 Ob 2054/96g; 8 Ob 2237/96w; 1 Ob 581/95; 8 Ob 607/91; SZ 61/265; EvBl 1966/199; Rechberger in Rechberger, ZPO, Rz 11 zu Paragraph 261,).

Im vorliegenden Fall ist die Überweisung des Rechtsstreits an das nicht offenbar unzuständige Landesgericht Wiener Neustadt tatsächlich ohne gesetzliche Grundlage erfolgt. Wie schon das Gericht zweiter Instanz zutreffend ausführte, ersetzt der Widerspruch gemäß § 397a ZPO zwar die Klagebeantwortung, es ist aber jenes Vorbringen ausgeschlossen, das der ersten Tagsatzung (§ 239 ZPO) vorbehalten ist. Demnach kann die Einrede der prorogablen Unzuständigkeit in einem Widerspruch nicht mehr erhoben werden. Wird dem Widerspruch stattgegeben, ist das Einbringen einer Klagebeantwortung weder zulässig noch notwendig. Ein dennoch erfolgter Auftrag des Gerichts zur Erstattung einer Klagebeantwortung ist rechtlich bedeutungslos. Im vorliegenden Fall wurde auch der Antrag des Beklagten auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Frist zur Erstattung der Klagebeantwortung bzw der ersten Tagsatzung abgewiesen. Die Erhebung der Einrede der örtlichen Unzuständigkeit war daher ausgeschlossen, sodaß die dennoch erhobene Einrede des Beklagten vom Rekursgericht völlig zu Recht zurückgewiesen wurde. Mangelt es aber schon an einer (rechtswirksamen) Unzuständigkeitseinrede, so kann eine - wenngleich über Antrag der klagenden Partei erfolgte - Überweisung der Klage gemäß § 261 Abs 6 ZPO nicht stattfinden, weil der Ausspruch der Unzuständigkeit für eine solche Überweisung Voraussetzung ist. Die vom Erstgericht dennoch verfügte Überweisung entbehrt somit einer gesetzlichen Grundlage, sodaß - wie schon weiter oben dargestellt - der Rechtsmittelausschluß des § 261 Abs 6 ZPO nicht gilt.Im vorliegenden Fall ist die Überweisung des Rechtsstreits an das nicht offenbar unzuständige Landesgericht Wiener Neustadt tatsächlich ohne gesetzliche Grundlage erfolgt. Wie schon das Gericht zweiter Instanz zutreffend ausführte, ersetzt der Widerspruch gemäß Paragraph 397 a, ZPO zwar die Klagebeantwortung, es ist aber jenes Vorbringen ausgeschlossen, das der ersten Tagsatzung (Paragraph 239, ZPO) vorbehalten ist. Demnach kann die Einrede der prorogablen Unzuständigkeit in einem Widerspruch nicht mehr erhoben werden. Wird dem Widerspruch stattgegeben, ist das Einbringen einer Klagebeantwortung weder zulässig noch notwendig. Ein dennoch erfolgter Auftrag des Gerichts zur Erstattung einer Klagebeantwortung ist rechtlich bedeutungslos. Im vorliegenden Fall wurde auch der Antrag des Beklagten auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Frist zur Erstattung der Klagebeantwortung bzw der ersten Tagsatzung abgewiesen. Die Erhebung der Einrede der örtlichen Unzuständigkeit war daher ausgeschlossen, sodaß die dennoch erhobene Einrede des Beklagten vom Rekursgericht völlig zu Recht zurückgewiesen wurde. Mangelt es aber schon an einer (rechtswirksamen) Unzuständigkeitseinrede, so kann eine - wenngleich über Antrag der klagenden Partei erfolgte - Überweisung der Klage gemäß Paragraph 261, Absatz 6, ZPO nicht stattfinden, weil der Ausspruch der Unzuständigkeit für eine solche Überweisung Voraussetzung ist. Die vom Erstgericht dennoch verfügte Überweisung entbehrt somit einer gesetzlichen Grundlage, sodaß - wie schon weiter oben dargestellt - der Rechtsmittelausschluß des Paragraph 261, Absatz 6, ZPO nicht gilt.

Ob die Entscheidung des Erstgerichts darüber hinaus gegen die bindende Wirkung der von den Streitteilen nicht angefochtenen Entscheidung über die örtliche Zuständigkeit des Erstgerichts vom 2.9.1997 verstößt (siehe hiezu 7 Ob 615/84; RZ 1981/2; EvBl 1966/199), muß demnach nicht weiter erörtert werden.

Dem Revisionsrekurs ist nicht Folge zu geben.

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 40, 50 ZPO.Die Kostenentscheidung beruht auf den Paragraphen 40,, 50 ZPO.

Textnummer

E50627

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1998:0010OB00136.98A.0609.000

Im RIS seit

09.07.1998

Zuletzt aktualisiert am

13.06.2012
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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