TE OGH 1998/6/10 9ObA19/98d

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Veröffentlicht am 10.06.1998
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Maier als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Steinbauer und Dr.Hradil sowie durch die fachkundigen Laienrichter Dr.Bernd Poyßl und Mag.Wilhelm Patzold als weitere Richter in der Arbeitsrechtssache der klagenden Partei Angestelltenbetriebsrat der G***** Gesellschaft mbH, ***** vertreten durch Dr.Georg Grießer und Dr.Roland Gerlach, Rechtsanwälte in Wien, wider die beklagte Partei G***** Gesellschaft mbH, ***** vertreten durch Dr.Johannes Eltz, Rechtsanwalt in Wien, wegen Kündigungsanfechtung (Streitwert S 300.000,--), infolge Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 22.September 1997, GZ 8 Ra 218/97f-23, womit infolge Berufung der beklagten Partei das Urteil des Arbeits- und Sozialgerichtes Wien vom 14.März 1997, GZ 11 Cga 255/95i-19, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit S 13.725,-- (darin enthalten S 2.287,50 USt) bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens binnen 14 Tagen bei Exekution zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Rechtliche Beurteilung

Die gerügte Mangelhaftigkeit des Berufungsverfahrens liegt nicht vor (§ 510 Abs 3 ZPO). Mängel des Verfahrens erster Instanz, deren Vorliegen das Berufungsgericht verneint hat, können nach ständiger Rechtsprechung in der Revision nicht neuerlich geltend gemacht werden (RIS-Justiz RS0042963, SZ 62/157).Die gerügte Mangelhaftigkeit des Berufungsverfahrens liegt nicht vor (Paragraph 510, Absatz 3, ZPO). Mängel des Verfahrens erster Instanz, deren Vorliegen das Berufungsgericht verneint hat, können nach ständiger Rechtsprechung in der Revision nicht neuerlich geltend gemacht werden (RIS-Justiz RS0042963, SZ 62/157).

Das Berufungsgericht hat die Frage, ob die Kündigung des Klägers sozial ungerechtfertigt war, zutreffend bejaht, sodaß es insofern ausreicht, auf die Richtigkeit der Begründung der angefochtenen Entscheidung hinzuweisen (§ 510 Abs 3 ZPO).Das Berufungsgericht hat die Frage, ob die Kündigung des Klägers sozial ungerechtfertigt war, zutreffend bejaht, sodaß es insofern ausreicht, auf die Richtigkeit der Begründung der angefochtenen Entscheidung hinzuweisen (Paragraph 510, Absatz 3, ZPO).

Ergänzend ist den Ausführungen der Revisionswerberin entgegenzuhalten:

Die Beklagte bestreitet im Revisionsverfahren nicht mehr, daß durch die Kündigung wesentliche Interessen des Klägers beeinträchtigt wurden, sondern stützt sich nur noch darauf, daß die Kündigung des Klägers eine notwendige Rationalisierungsmaßnahme darstellte und daher betriebliche Erfordernisse seiner Weiterbeschäftigung entgegenstünden (§ 105 Abs 3 Z 2 lit b ArbVG). Daß Rationalisierungsmaßnahmen als "betriebliche Erfordernisse" anzusehen sind, die einer Weiterbeschäftigung eines Arbeitnehmers entgegenstehen können, ist grundsätzlich richtig. Ebenso trifft es zu, daß Zweckmäßigkeit und Richtigkeit der betrieblichen Rationalisierungsmaßnahmen nicht zu überprüfen sind und dem wirtschaftlichen Ermessen des Betriebsinhabers vorbehalten bleiben (DRdA 1988/10 [Floretta], DRdA 1989/24 [Floretta]; zuletzt 9 ObA 142/97s). Hinsichtlich der wirtschaftlichen Führung des Betriebes hat der Betriebsinhaber weitgehende Freiheit, es trifft ihn durch § 105 ArbVG keine wirtschaftliche, insbesondere produktionstechnische Gestaltungspflicht. Wohl aber trifft ihn eine Gestaltungspflicht, soweit dies soziale Gesichtspunkte der Arbeitnehmer verlangen. So hat der Betriebsinhaber trotz seiner Rationalisierungsmaßnahmen alle Möglichkeiten auszuschöpfen, seine bisherigen Arbeitnehmer weiter zu beschäftigen. Er kann daher nicht Arbeitnehmer kündigen und neue dafür einstellen; dafür müßte ein triftiger Anlaß gegeben sein. Auch bei Einführung neuer Maschinen und neuer Arbeitsmethoden im Zuge der Rationalisierung hat der Arbeitgeber vorerst die schon im Betrieb befindlichen Arbeitnehmer weiterzubeschäftigen, wenn sie nach der Einarbeitungszeit zumindest eine Durchschnittsleistung erbringen (RIS-Justiz RS0052008, insbesondere 9 ObA 142/97s mwN).Die Beklagte bestreitet im Revisionsverfahren nicht mehr, daß durch die Kündigung wesentliche Interessen des Klägers beeinträchtigt wurden, sondern stützt sich nur noch darauf, daß die Kündigung des Klägers eine notwendige Rationalisierungsmaßnahme darstellte und daher betriebliche Erfordernisse seiner Weiterbeschäftigung entgegenstünden (Paragraph 105, Absatz 3, Ziffer 2, Litera b, ArbVG). Daß Rationalisierungsmaßnahmen als "betriebliche Erfordernisse" anzusehen sind, die einer Weiterbeschäftigung eines Arbeitnehmers entgegenstehen können, ist grundsätzlich richtig. Ebenso trifft es zu, daß Zweckmäßigkeit und Richtigkeit der betrieblichen Rationalisierungsmaßnahmen nicht zu überprüfen sind und dem wirtschaftlichen Ermessen des Betriebsinhabers vorbehalten bleiben (DRdA 1988/10 [Floretta], DRdA 1989/24 [Floretta]; zuletzt 9 ObA 142/97s). Hinsichtlich der wirtschaftlichen Führung des Betriebes hat der Betriebsinhaber weitgehende Freiheit, es trifft ihn durch Paragraph 105, ArbVG keine wirtschaftliche, insbesondere produktionstechnische Gestaltungspflicht. Wohl aber trifft ihn eine Gestaltungspflicht, soweit dies soziale Gesichtspunkte der Arbeitnehmer verlangen. So hat der Betriebsinhaber trotz seiner Rationalisierungsmaßnahmen alle Möglichkeiten auszuschöpfen, seine bisherigen Arbeitnehmer weiter zu beschäftigen. Er kann daher nicht Arbeitnehmer kündigen und neue dafür einstellen; dafür müßte ein triftiger Anlaß gegeben sein. Auch bei Einführung neuer Maschinen und neuer Arbeitsmethoden im Zuge der Rationalisierung hat der Arbeitgeber vorerst die schon im Betrieb befindlichen Arbeitnehmer weiterzubeschäftigen, wenn sie nach der Einarbeitungszeit zumindest eine Durchschnittsleistung erbringen (RIS-Justiz RS0052008, insbesondere 9 ObA 142/97s mwN).

Nach den für den Obersten Gerichtshof bindenden Feststellungen der Vorinstanzen wäre der Kläger bereit gewesen, sich einer notwendigen Einschulung für die Umstellung der von ihm bisher mit Karteikarten geführten Lagerhaltung auf EDV zu unterziehen, doch wurde ihm hiezu seitens des Arbeitgebers die Möglichkeit gar nicht eröffnet. Vielmehr wurde dafür ein anderer, jüngerer Arbeitnehmer herangezogen, der dadurch nur mehr geringfügig in seiner bisher ausgeübten Tätigkeit innerhalb des Betriebes, nämlich im Verkaufsbereich, eingesetzt werden konnte, sodaß für diesen ein anderer Arbeitnehmer neu aufgenommen werden mußte. Kann aber der gekündigte (ältere) Arbeitnehmer statt eines neu eingestellten Arbeitnehmers oder in einer anderen Abteilung weiterhin verwendet werden, so ist die Kündigung nicht betriebsbedingt (Arb 10.771 = RdW 1989, 189). Bei der Prüfung, ob die Kündigung betriebsbedingt ist, ist nämlich insbesonders bei älteren und im Betrieb lange beschäftigten Arbeitnehmern ein strenger Maßstab anzulegen (RIS-Justiz RS0052008, 9 Ob 142/97s). Es wäre im vorliegenden Fall Sache des beklagten Arbeitgebers gewesen, alle Umstände zu behaupten und zu beweisen, die für die Annahme des Ausnahmetatbestandes "betrieblicher Erfordernisse" der Kündigung wesentlich wären (9 ObA 142/97s). Den Beweis, daß die Kündigung des Klägers im Interesse des Betriebes wirklich notwendig war (RIS-Justiz RS005025), hat die Beklagte nicht erbracht, zumal für die vom Kläger ausgeübte Tätigkeit, wenn auch in anderer Form, grundsätzlich weiterhin Bedarf bestanden und die Beklagte nicht alles ihr Zumutbare getan hat, um den Arbeitsplatz des Klägers zu erhalten (RIS-Justiz RS0051942). Die von der Revisionswerberin - wie schon im Berufungsverfahren - unter teilweisem Verstoß gegen das Neuerungsverbot vorgebrachte angespannte wirtschaftliche Lage des Unternehmens vermag daher allein ein "betriebliches Erfordernis" für die Kündigung des Klägers nicht ausreichend zu begründen.

Der Revision war daher ein Erfolg zu versagen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 41, 50 Abs 1 ZPO.Die Kostenentscheidung gründet sich auf die Paragraphen 41,, 50 Absatz eins, ZPO.

Anmerkung

E50575 09B00198

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1998:009OBA00019.98D.0610.000

Dokumentnummer

JJT_19980610_OGH0002_009OBA00019_98D0000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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