TE OGH 1998/6/10 6Ob153/98p

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Veröffentlicht am 10.06.1998
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Mag.Engelmaier als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Kellner, Dr.Schiemer, Dr.Prückner und Dr.Schenk als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Parteien 1. Franz H*****, 2. Maria H*****, vertreten durch Dr.Norbert Schmid, Rechtsanwalt in Vöcklabruck, wider die beklagte Partei Mag.Johann M*****, vertreten durch Dr.Maximilian Ganzert, Dr.Friedrich W. Ganzert, Dr.Helmut Greil, Rechtsanwälte in Wels, wegen Feststellung (Streitwert 300.000 S), infolge Rekurses der beklagten Partei gegen den Beschluß des Oberlandesgerichtes Linz als Berufungsgerichtes vom 27.Februar 1998, GZ 4 R 195/97t-13, womit der Berufung der zweitklagenden Partei gegen das Urteil des Landesgerichtes Wels vom 30.Juni 1997, GZ 2 Cg 38/97h-7, teilweise Folge gegeben, die angefochtene Entscheidung in Ansehung des Feststellungsbegehrens aufgehoben und insoweit die Rechtssache an das Erstgericht zur neuerlichen Verhandlung und Entscheidung zurückverwiesen wurde, den

Beschluß

gefaßt:

Spruch

Der Rekurs wird zurückgewiesen.

Die Zweitklägerin hat die Kosten ihrer Rekursbeantwortung selbst zu tragen.

Text

Begründung:

Mit einem vom Beklagten in Notariatsaktform errichteten Übergabevertrag auf den Todesfall übergab Maria H***** der Zweitklägerin als ihrer Adoptivtochter und dem Erstkläger als deren Ehegatten Liegenschaften in das Eigentum. Als Gegenleistung verpflichteten sich die klagenden Parteien zu bestimmten Dienst- und Versorgungsleistungen. Der Notariatsakt enthielt keinen Schenkungswiderrufsverzicht iSd § 956 ABGB.Mit einem vom Beklagten in Notariatsaktform errichteten Übergabevertrag auf den Todesfall übergab Maria H***** der Zweitklägerin als ihrer Adoptivtochter und dem Erstkläger als deren Ehegatten Liegenschaften in das Eigentum. Als Gegenleistung verpflichteten sich die klagenden Parteien zu bestimmten Dienst- und Versorgungsleistungen. Der Notariatsakt enthielt keinen Schenkungswiderrufsverzicht iSd Paragraph 956, ABGB.

Die Übergeberin verstarb am 24.2.1994 unter Hinterlassung einer letztwilligen Verfügung, in der sie eine dritte Person (ersatzweise deren gesetzliche Erben) als Alleinerben bestimmte und Vermächtnisse aussetzte, die ihr gesamtes Barvermögen und die noch verbliebenen Grundstücke umfaßten. Sie hielt fest, daß die Erb- und Pflichtteilsansprüche der Zweitklägerin mit dem Übergabsvertrag sowie weiteren zu Lebzeiten getätigten Zuwendungen zur Gänze erfüllt seien. Nach dem Tod der Erblasserin entschlug sich der als Testamentserbe Berufene seines Erbrechts, nahm aber das ihm zugedachte Legat an. Die Zweitklägerin gab daraufhin eine bedingte Erbserklärung zum gesamten Nachlaß ab. Die Erbserklärung wurde zu Gericht angenommen und der Nachlaß der Zweitklägerin zur Gänze eingeantwortet. Der reine Nachlaß beträgt - ohne Hinzurechnung der den Klägern übergebenen Grundstücke - 7,622.445,02 S. Der Verkehrswert der übergebenen Grundstücke beträgt 3,680.000 S. Das Eigentumsrecht der Klägerin daran wurde bereits einverleibt.

Eine Reihe von Legataren vertritt der Zweitklägerin als gesetzlicher Erbin gegenüber den Standpunkt, der Übergabsvertrag stelle eine Schenkung auf den Todesfall dar, die wegen Fehlens des in § 956 ABGB vorgesehenen Widerrufsverzichts rechtsunwirksam sei. Die Zweitklägerin habe daher bei Bestimmung ihres Pflichtteils den gesamten Wert der im Übergabsvertrag genannten Liegenschaften einzurechnen.Eine Reihe von Legataren vertritt der Zweitklägerin als gesetzlicher Erbin gegenüber den Standpunkt, der Übergabsvertrag stelle eine Schenkung auf den Todesfall dar, die wegen Fehlens des in Paragraph 956, ABGB vorgesehenen Widerrufsverzichts rechtsunwirksam sei. Die Zweitklägerin habe daher bei Bestimmung ihres Pflichtteils den gesamten Wert der im Übergabsvertrag genannten Liegenschaften einzurechnen.

Die Zweitklägerin - das Begehren des Erstklägers ist rechtskräftig abgewiesen - begehrt zuletzt noch die Feststellung der Haftung des Beklagten als Vertragserrichters für die ihr aus der Mangelhaftigkeit des Übergabsvertrages allfällig entstehenden Schäden. Beim Übergabsvertrag handle es sich um ein überwiegend unentgeltliches Rechtsgeschäft, zu dessen Gültigkeit es einer Verzichtserklärung auf Widerruf der Schenkung bedurft hätte. Diese Erklärung fehle, der Beklagte habe den Notariatsakt mangelhaft errichtet. Es sei zu befürchten, daß die Legatare - einige von ihnen hätten dies auch bereits angekündigt - Ansprüche aus der Mangelhaftigkeit des Vertrags im Zusammenhang mit erforderlichen Legatskürzungen ableiten. Der beklagte Vertragserrichter hafte aus der mangelhaften Abfassung des Notariatsaktes für die der Klägerin daraus erwachsenden Nachteile.

Der Beklagte beantragt Klageabweisung und wendet im wesentlichen ein, der Übergabsvertrag sei entsprechend dem Parteiwillen abgefaßt worden und stelle ein entgeltliches Rechtsgeschäft dar. Ein Widerrufsverzicht sei daher entbehrlich gewesen. Das Feststellungsbegehren sei nicht gerechtfertigt, weil noch kein Schaden eingetreten sei und die Verjährungsfrist nicht schon vor dem tatsächlichen Schadenseintritt zu laufen beginne. Der Übergabsvertrag sei im Grundbuch vollzogen worden.

Das Erstgericht verneinte ein rechtliches Interesse an der begehrten Feststellung und wies das Klagebegehren ab.

Das Berufungsgericht gab der Berufung der Zweitklägerin teilweise Folge (es bestätigte die Abweisung des gesamten Klagebegehrens in Ansehung des Erstklägers und die Abweisung eines von der Zweitklägerin gleichzeitig erhobenen Zahlungsbegehrens), hob das angefochtene Urteil in Ansehung des Feststellungsbegehrens auf und trug dem Erstgericht eine neuerliche Entscheidung nach Verfahrensergänzung auf. Es sprach aus, daß der Rekurs an den Obersten Gerichtshof gegen den Aufhebungsbeschluß zulässig sei, weil die Rechtsprechung zwar allgemeine Leitsätze zur Frage des Feststellungsinteresses entwickelt habe, zum Interesse an der Feststellung im Zusammenhang mit erbrechtlichen Fragen jedoch Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes fehle.

Ein rechtliches Interesse der Zweitklägerin an der begehrten Feststellung sei schon deshalb gegeben, weil die Ermittlung ihres Pflichtteils und damit jener Beträge, um die die Legatare eine Kürzung ihrer Ansprüche hinnehmen müßten, davon abhänge, ob die den Klägern gewährte Schenkung auf den Todesfall gültig oder mangels Aufnahme eines Widerrufsverzichts unwirksam sei. Im Falle einer gültigen Verfügung auf den Todesfall stünde nur die der Zweitklägerin geschenkte Liegenschaftshälfte zur Pflichtteilsdeckung zur Verfügung, die Legataren müßten damit Kürzungen in Höhe der Differenz zum halben Nachlaß in Kauf nehmen. Sei die Schenkung auf den Todesfall jedoch nicht gültig zustandegekommen, stünde der Wert der Gesamtliegenschaft zur Einrechnung zur Verfügung, womit die Legatare sich nur eine geringere Vermächtniskürzung gefallen lassen müßten. Die Höhe des der Zweitklägerin entstehenden finanziellen Nachteiles der Ungültigkeit des Schenkungsvertrages sei noch nicht absehbar. Mehrere Legatare hätten der Zweitklägerin gegenüber schon den Standpunkt vertreten, die Schenkung sei ungültig, eine tatsächliche Gefährdung der Rechtssphäre der Zweitklägerin liege damit vor, ohne daß es noch darauf ankäme, ob die Feststellungsklage auch Bedeutung für die Vermeidung des Eintritts der Verjährungsfolgen haben könnte. Ausgehend von mangelnden Feststellungsinteresse habe das Erstgericht weder das Parteivorbringen des Beklagten erörtert, noch Beweise dazu vorgenommen. Das dadurch mangelhaft gebliebene Verfahren bedürfe der Ergänzung und neuerlichen Entscheidung.

Rechtliche Beurteilung

Entgegen dem - den Obersten Gerichtshof nicht bindenden - Ausspruch des Berufungsgerichtes ist der gegen den Aufhebungsbeschluß gerichtete Rekurs des Beklagten mangels Vorliegens der Voraussetzungen des § 519 Abs 2 iVm § 502 Abs 1 ZPO nicht zulässig:Entgegen dem - den Obersten Gerichtshof nicht bindenden - Ausspruch des Berufungsgerichtes ist der gegen den Aufhebungsbeschluß gerichtete Rekurs des Beklagten mangels Vorliegens der Voraussetzungen des Paragraph 519, Absatz 2, in Verbindung mit Paragraph 502, Absatz eins, ZPO nicht zulässig:

Eine Feststellungsklage im Sinne des § 228 ZPO ist nur dann zulässig, wenn ein konkreter aktueller Anlaß besteht, der zur Hintanhaltung einer tatsächlichen und ernstlichen Gefährdung der Rechtslage des Klägers eine alsbaldige gerichtliche Entscheidung notwendig macht, wobei eine tatsächliche Gefährdung der Rechtssphäre schon darin gelegen sein kann, daß der Beklagte den Anspruch des Klägers verneint (Rechberger in Rechberger, ZPO Rz 7 zu § 228; Rechberger/Simotta, Zivilprozeßrecht4 Rz 412; stR RIS-Justiz RS 0039007; RS 0039071; RS 0039215).Eine Feststellungsklage im Sinne des Paragraph 228, ZPO ist nur dann zulässig, wenn ein konkreter aktueller Anlaß besteht, der zur Hintanhaltung einer tatsächlichen und ernstlichen Gefährdung der Rechtslage des Klägers eine alsbaldige gerichtliche Entscheidung notwendig macht, wobei eine tatsächliche Gefährdung der Rechtssphäre schon darin gelegen sein kann, daß der Beklagte den Anspruch des Klägers verneint (Rechberger in Rechberger, ZPO Rz 7 zu Paragraph 228 ;, Rechberger/Simotta, Zivilprozeßrecht4 Rz 412; stR RIS-Justiz RS 0039007; RS 0039071; RS 0039215).

Unter Zugrundelegung des festgestellten Sachverhalts hat das Berufungsgericht die tatsächliche Gefährdung der Rechtssphäre der Zweitklägerin und einen aktuellen Anlaß zur Klageführung bejaht. Diese Auffassung steht mit der zitierten Lehre und ständigen Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes zur Frage des rechtlichen Interesses an der Feststellung im Einklang, ohne daß es weiterer Ausführungen in bezug auf das Feststellungsinteresse zu erbrechtlichen Fragen bedürfte. Die Auffassung des Berufungsgerichtes ist auch nicht zu beanstanden, weil die Zweitklägerin als durch Vermächtnisse verkürzte pflichtteilsberechtigte Erbin die erforderliche Kürzung der Legate selbst vornehmen muß (Eccher in Schwimann, ABGB2 Rz 3 zu § 783) und mehrere Legatare sich bereits auf den Standpunkt gestellt haben, infolge Unwirksamkeit des Schenkungsvertrages auf den Todesfall sei bei der Pflichtteilsberechnung der Wert der Gesamtliegenschaft einzurechnen. Daraus ergäben sich geringere Kürzungen der Legatare und damit höhere Zahlungen der Zweitklägerin an die Vermächtnisnehmer. Hinsichtlich dieser Mehrleistungen könnten sie den Beklagten als Vertragserrichter - Rechtswidrigkeit und Verschulden vorausgesetzt - in Anspruch nehmen.Unter Zugrundelegung des festgestellten Sachverhalts hat das Berufungsgericht die tatsächliche Gefährdung der Rechtssphäre der Zweitklägerin und einen aktuellen Anlaß zur Klageführung bejaht. Diese Auffassung steht mit der zitierten Lehre und ständigen Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes zur Frage des rechtlichen Interesses an der Feststellung im Einklang, ohne daß es weiterer Ausführungen in bezug auf das Feststellungsinteresse zu erbrechtlichen Fragen bedürfte. Die Auffassung des Berufungsgerichtes ist auch nicht zu beanstanden, weil die Zweitklägerin als durch Vermächtnisse verkürzte pflichtteilsberechtigte Erbin die erforderliche Kürzung der Legate selbst vornehmen muß (Eccher in Schwimann, ABGB2 Rz 3 zu Paragraph 783,) und mehrere Legatare sich bereits auf den Standpunkt gestellt haben, infolge Unwirksamkeit des Schenkungsvertrages auf den Todesfall sei bei der Pflichtteilsberechnung der Wert der Gesamtliegenschaft einzurechnen. Daraus ergäben sich geringere Kürzungen der Legatare und damit höhere Zahlungen der Zweitklägerin an die Vermächtnisnehmer. Hinsichtlich dieser Mehrleistungen könnten sie den Beklagten als Vertragserrichter - Rechtswidrigkeit und Verschulden vorausgesetzt - in Anspruch nehmen.

Ist aber das rechtliche Interesse der Klägerin an der alsbaldigen Feststellung schon aus den angeführten Gründen zu bejahen, kommt es nicht mehr darauf an, ob die begehrte Feststellung auch Bedeutung für den Eintritt der Verjährung haben könnte.

Diese Erwägungen führen zur Zurückweisung des Rekurses.

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 41, 50 Abs 1 und 52 Abs 1 ZPO. Kosten der Rekursbeantwortung konnten nicht ersetzt werden. Die Zweitklägerin hat auf die Unzulässigkeit des Rekurses nicht hingewiesen, sodaß ihre Rekursbeantwortung nicht der zweckentsprechenden Rechtsverfolgung dienlich war.Die Kostenentscheidung beruht auf den Paragraphen 41,, 50 Absatz eins und 52 Absatz eins, ZPO. Kosten der Rekursbeantwortung konnten nicht ersetzt werden. Die Zweitklägerin hat auf die Unzulässigkeit des Rekurses nicht hingewiesen, sodaß ihre Rekursbeantwortung nicht der zweckentsprechenden Rechtsverfolgung dienlich war.

Anmerkung

E50444 06A01538

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1998:0060OB00153.98P.0610.000

Dokumentnummer

JJT_19980610_OGH0002_0060OB00153_98P0000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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