TE OGH 1998/6/10 9ObA144/98m

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Veröffentlicht am 10.06.1998
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Rekursgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Maier als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Steinbauer und Dr.Hradil als weitere Richter in der Arbeitsrechtssache der klagenden Partei Semsettin Y*****, Bäcker, ***** vertreten durch Dr.Michael Simma und andere, Sekretäre der Kammer für Arbeiter und Angestellte für Vorarlberg, ***** wider die beklagte Partei Erwin D*****, Bäcker, ***** vertreten durch Dr.Hubert Fitz, Rechtsanwalt in Feldkirch, wegen S 56.037 netto sA, infolge Revisionsrekurses der beklagten Partei gegen den Beschluß des Oberlandesgerichtes Innsbruck als Rekursgericht vom 21.April 1998, GZ 13 Ra 13/98d-32, womit infolge Rekurses der beklagten Partei der Beschluß des Landesgerichtes Feldkirch als Arbeits- und Sozialgericht vom 28.Jänner 1998, GZ 35 Cga 182/96b-29, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluß

gefaßt:

Spruch

Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.

Der Beklagte hat die Kosten seines erfolglosen Revisionsrekurses selbst zu tragen.

Text

Begründung:

Der Kläger begehrte mit seiner Klage vom 3.12.1996 den Zuspruch von S 56.037 netto sA aus dem Titel der Abfertigung wegen vorzeitiger Auflösung des Arbeitsverhältnisses ohne wichtigen Grund. Der Beklagte erhob gegen den Zahlungsbefehl vom 4.12.1996 Einspruch. Das Erstgericht beraumte für den 17.3.1997 eine Tagsatzung zur mündlichen Streitverhandlung an, zu welcher der - unvertretene - Beklagte trotz ordnungsgemäßer Ladung nicht erschien. Über Antrag des Klägers fällte das Erstgericht ein Versäumungsurteil (ON 12). Am 4.4.1997 verfügte der Vorsitzende die Zustellung dieses Versäumungsurteils an den Beklagten; die Verfügung langte am 7.4.1997 bei der Geschäftsstelle ein, welche am 9.4.1997 die Abfertigung vornahm. Am 10.4.1997 wurde das Versäumungsurteil dem Beklagten durch Übergabe an einen Mitbewohner der Abgabestelle zugestellt. Am 9.4.1997 - ob vor oder nach der Abfertigung des Versäumungsurteils durch die Geschäftstelle, ist nicht feststellbar - langte ein Schriftsatz des Dr.Hubert Fitz, Rechtsanwalt in Feldkirch, beim Erstgericht ein, in welchem er bekanntgab, den Beklagten in diesem Verfahren zu vertreten und weiters um die Übermittlung einer Aktenkopie gegen Kostenbekanntgabe sowie darum ersuchte, ab sofort den Beklagtenvertreter von allen Terminen zu verständigen. Am 16.4.1997 wurde dem nunmehrigen Beklagtenvertreter eine Kopie des gesamten bisherigen Akteninhalts, somit auch des Versäumungsurteils, übersandt. Am 28.5.1997 brachte der Beklagtenvertreter beim Erstgericht einen Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Widerspruchsfrist gegen das Versäumungsurteil vom 17.3.1997 ein und erhob gleichzeitig Widerspruch gegen das Versäumungsurteil. Der Wiedereinsetzungsantrag wurde rechtskräftig abgewiesen. Am 12.12.1997 stellte der Beklagte den Antrag, die Rechtskraft und Vollstreckbarkeit des Versäumungsurteils vom 17.3.1997 aufzuheben und das Versäumungsurteil neuerlich dem Beklagtenvertreter zuzustellen. Die Zustellung des Versäumungsurteils an den Beklagten persönlich anstelle des Beklagtenvertreters sei nicht gesetzgemäß erfolgt. Die Bekanntgabe der Übernahme der Vertretung des Beklagten durch Dr.Fitz sei nämlich bei Gericht eingelangt, noch bevor dem Beklagten das Versäumungsurteil zugestellt worden sei. Diese Zustellung sei demnach wirkungslos.

Das Erstgericht wies den Widerspruch des Beklagten gegen das Versäumungsurteil "vom 9.5.1997, 35 Cgs 182/96b-14" (gemeint offenbar: vom 17.3.1997, 35 Cga 182/96b-12), als verspätet zurück und den Antrag, die Rechtskraft und Vollstreckbarkeitsbestätigung aufzuheben und dem Beklagtenvertreter eine Ausfertigung des Versäumungsurteils zuzustellen, ab. Das Versäumungsurteil sei dem Beklagten am 10.4.1997 wirksam zugestellt worden, sodaß die Frist zur Erhebung eines Widerspruchs gegen das Versäumungsurteil ungenützt abgelaufen sei. Überdies habe der Vertreter des Beklagten spätestens am 22.4.1997 das Versäumungsurteil (gemeint: eine Kopie desselben) erhalten, sodaß auch unter diesem Aspekt der am 28.5.1997 bei Gericht eingelangte Widerspruch jedenfalls verspätet sei.

Das Rekursgericht bestätigte diesen Beschluß. Es vertrat die Rechtsauffassung, daß die Zustellung des Versäumungsurteils an den Beklagten am 10.4.1997 rechtswirksam erfolgt sei, weil die Vertretungsanzeige erst nach Abfertigung der Zustellverfügung des Versäumungsurteils an den Beklagten beim Erstgericht eingelangt sei. Darüber hinaus sei dem Beklagtenvertreter spätestens am 18.4.1997 eine Ablichtung des Versäumungsurteils zugestellt worden. Der Widerspruch gegen das Versäumungsurteil sei daher verspätet, dieses sei rechtskräftig und vollstreckbar.

Dagegen richtet sich der ordentliche Revisionsrekurs des Beklagten mit dem Antrag, den angefochtenen Beschluß dahin abzuändern, daß dem Antrag auf Aufhebung der Rechtskraft- und Vollstreckbarkeitsbestätigung hinsichtlich des Versäumungsurteils vom 9.5.1997 (gemeint: 17.3.1997) stattgegeben werde.

Der Revisionsrekurs ist nicht berechtigt.

Rechtliche Beurteilung

Nach der gemäß § 2 Abs 1 ASGG anzuwendenden Vorschrift des § 93 Abs 1 ZPO haben, wenn eine Partei für einen Rechtsstreit Prozeßvollmacht erteilt hat, bis zur Aufhebung der Prozeßvollmacht alle diesen Rechtsstreit betreffenden Zustellungen an den namhaft gemachten Bevollmächtigten zu geschehen. An den Bevollmächtigten ist auch zuzustellen, wenn dies in der Zustellverfügung nicht ausdrücklich angeordnet wurde (§ 123 Abs 4 GeO). Der Ansicht des Rekurswerbers, eine an eine Partei persönlich vorgenommene Zustellung sei jedenfalls dann unwirksam, wenn vor dieser eine Vollmachtsbekanntgabe erfolgt sei, ist in dieser Form nicht beizupflichten. Sinn der "Namhaftmachung" eines Bevollmächtigten ist es, dem Gericht aufgrund der Aktenlage die Möglichkeit zu geben, allfällige Vertretungsverhältnisse auch berücksichtigen zu können. Diese Möglichkeit war im konkreten Fall jedoch schon deshalb nicht vorhanden, weil nach den diesbezüglich unbekämpft gebliebenen Ausführungen des Rekursgerichtes die Abfertigung des Versäumungsurteils durch die Geschäftsstelle zwar am selben Tag, aber vor dem Einlangen der Vollmachtsbekanntgabe erfolgte.Nach der gemäß Paragraph 2, Absatz eins, ASGG anzuwendenden Vorschrift des Paragraph 93, Absatz eins, ZPO haben, wenn eine Partei für einen Rechtsstreit Prozeßvollmacht erteilt hat, bis zur Aufhebung der Prozeßvollmacht alle diesen Rechtsstreit betreffenden Zustellungen an den namhaft gemachten Bevollmächtigten zu geschehen. An den Bevollmächtigten ist auch zuzustellen, wenn dies in der Zustellverfügung nicht ausdrücklich angeordnet wurde (Paragraph 123, Absatz 4, GeO). Der Ansicht des Rekurswerbers, eine an eine Partei persönlich vorgenommene Zustellung sei jedenfalls dann unwirksam, wenn vor dieser eine Vollmachtsbekanntgabe erfolgt sei, ist in dieser Form nicht beizupflichten. Sinn der "Namhaftmachung" eines Bevollmächtigten ist es, dem Gericht aufgrund der Aktenlage die Möglichkeit zu geben, allfällige Vertretungsverhältnisse auch berücksichtigen zu können. Diese Möglichkeit war im konkreten Fall jedoch schon deshalb nicht vorhanden, weil nach den diesbezüglich unbekämpft gebliebenen Ausführungen des Rekursgerichtes die Abfertigung des Versäumungsurteils durch die Geschäftsstelle zwar am selben Tag, aber vor dem Einlangen der Vollmachtsbekanntgabe erfolgte.

Das Versäumungsurteil wurde daher dem Beklagten am 10.4.1997 wirksam zugestellt. Zutreffend haben die Vorinstanzen demnach den Widerspruch des Beklagten als verspätet angesehen, ohne daß es weiterer Erörterungen dazu bedarf, obschon in der Übermittlung einer Aktenkopie eine Zustellung bzw ein tatsächliches Zukommen (§ 7 ZustG) ersehen werden kann.Das Versäumungsurteil wurde daher dem Beklagten am 10.4.1997 wirksam zugestellt. Zutreffend haben die Vorinstanzen demnach den Widerspruch des Beklagten als verspätet angesehen, ohne daß es weiterer Erörterungen dazu bedarf, obschon in der Übermittlung einer Aktenkopie eine Zustellung bzw ein tatsächliches Zukommen (Paragraph 7, ZustG) ersehen werden kann.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf §§ 40, 50 ZPO.Die Kostenentscheidung gründet sich auf Paragraphen 40,, 50 ZPO.

Anmerkung

E50583 09B01448

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1998:009OBA00144.98M.0610.000

Dokumentnummer

JJT_19980610_OGH0002_009OBA00144_98M0000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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