TE OGH 1998/6/10 9ObA119/98k

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Veröffentlicht am 10.06.1998
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Maier als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Steinbauer und Dr. Spenling sowie die fachkundigen Laienrichter Dr. Bernd Poyßl und Mag. Wilhelm Patzold als weitere Richter in der Arbeitsrechtssache der klagenden Partei Raimund S*****, Arbeiter, *****, vertreten durch Dr. Erwin Dick, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagte Partei E*****GesmbH, *****, vertreten durch Dr. Franz Christian Sladek und Dr. Michael Meyenburg, Rechtsanwälte in Wien, wegen S 205.082,95 brutto sA, infolge Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 3. Dezember 1997, GZ 8 Ra 306/97x-23, womit infolge Berufung der beklagten Partei das Urteil des Arbeits- und Sozialgerichtes Wien vom 2. April 1997, GZ 15 Cga 127/96x-17, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit S 10.665,- bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (darin S 1.777,50 Umsatzsteuer) binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Das Berufungsgericht hat die Frage, ob die Weigerung des Klägers, am 26.4.1996 Überstunden zu leisten, einen Entlassungsgrund verwirklichte, zutreffend verneint. Es reicht daher insofern aus, auf die Richtigkeit der Begründung der angefochtenen Entscheidung zu verweisen (§ 510 Abs 3 ZPO).Das Berufungsgericht hat die Frage, ob die Weigerung des Klägers, am 26.4.1996 Überstunden zu leisten, einen Entlassungsgrund verwirklichte, zutreffend verneint. Es reicht daher insofern aus, auf die Richtigkeit der Begründung der angefochtenen Entscheidung zu verweisen (Paragraph 510, Absatz 3, ZPO).

Ergänzend ist den Revisionsausführungen entgegenzuhalten:

Rechtliche Beurteilung

Durch die (vom Berufungsgericht übernommene) erstgerichtliche Feststellung, daß keine Einzelvereinbarung mit dem Kläger über eine Verpflichtung zur Überstundenleistung bestand, wird zum Ausdruck gebracht, daß die Streitteile keine ausdrückliche Vereinbarung in diesem Sinne geschlossen haben. Derartiges wurde von der Beklagten auch gar nicht behauptet. Auch eine konkludente Vereinbarung über eine Verpflichtung zur Leistung von Überstunden - auch darauf hat sich die Beklagte in erster Instanz nicht berufen - ist nach dem festgestellten Sachverhalt zu verneinen. Dazu steht nämlich lediglich fest, daß der Kläger "selten" (und nur unwillig) Überstunden geleistet hat, ohne daß konkret ersichtlich wäre, wann, wie oft und unter welchen Umständen dies der Fall war. Dies reicht aber für sich allein nicht aus, ohne "vernünftigen Grund daran zu zweifeln" (§ 863 ABGB), dem Verhalten des Klägers die Bedeutung einer von Verpflichtungswillen für die Zukunft getragenen Willenserklärung zuzumessen. Durch das Unterbleiben zusätzlicher Feststellungen kann sich die Beklagte nicht beschwert erachten, weil sie dazu keinerlei Behauptungen aufgestellt hat. Die von ihr vertretene Auffassung, es sei Sache des Klägers, das Fehlen einer Vereinbarung über die Verpflichtung von Überstunden zu behaupten, ist unzutreffend. Wie sie selbst erkennt, ist sie für das Vorliegen des geltend gemachten Entlassungsgrundes beweispflichtig. Dieser ist aber nur verwirklicht, wenn der Arbeitnehmer zur Leistung der von ihm verweigerten Überstunden verpflichtet gewesen ist. Die Beweislast für die Voraussetzungen einer derartigen Verpflichtung trifft daher den Arbeitgeber. Soweit die Revisionswerberin meint, sie hätte zu entsprechendem Vorbringen angeleitet werden müssen, ist auf ihre Rüge nicht einzugehen, weil sie damit in unzulässiger Weise einen schon vom Berufungsgericht verneinten Mangel des Verfahrens erster Instanz geltend macht (Arb 11.174; Arb 11.217 uva).Durch die (vom Berufungsgericht übernommene) erstgerichtliche Feststellung, daß keine Einzelvereinbarung mit dem Kläger über eine Verpflichtung zur Überstundenleistung bestand, wird zum Ausdruck gebracht, daß die Streitteile keine ausdrückliche Vereinbarung in diesem Sinne geschlossen haben. Derartiges wurde von der Beklagten auch gar nicht behauptet. Auch eine konkludente Vereinbarung über eine Verpflichtung zur Leistung von Überstunden - auch darauf hat sich die Beklagte in erster Instanz nicht berufen - ist nach dem festgestellten Sachverhalt zu verneinen. Dazu steht nämlich lediglich fest, daß der Kläger "selten" (und nur unwillig) Überstunden geleistet hat, ohne daß konkret ersichtlich wäre, wann, wie oft und unter welchen Umständen dies der Fall war. Dies reicht aber für sich allein nicht aus, ohne "vernünftigen Grund daran zu zweifeln" (Paragraph 863, ABGB), dem Verhalten des Klägers die Bedeutung einer von Verpflichtungswillen für die Zukunft getragenen Willenserklärung zuzumessen. Durch das Unterbleiben zusätzlicher Feststellungen kann sich die Beklagte nicht beschwert erachten, weil sie dazu keinerlei Behauptungen aufgestellt hat. Die von ihr vertretene Auffassung, es sei Sache des Klägers, das Fehlen einer Vereinbarung über die Verpflichtung von Überstunden zu behaupten, ist unzutreffend. Wie sie selbst erkennt, ist sie für das Vorliegen des geltend gemachten Entlassungsgrundes beweispflichtig. Dieser ist aber nur verwirklicht, wenn der Arbeitnehmer zur Leistung der von ihm verweigerten Überstunden verpflichtet gewesen ist. Die Beweislast für die Voraussetzungen einer derartigen Verpflichtung trifft daher den Arbeitgeber. Soweit die Revisionswerberin meint, sie hätte zu entsprechendem Vorbringen angeleitet werden müssen, ist auf ihre Rüge nicht einzugehen, weil sie damit in unzulässiger Weise einen schon vom Berufungsgericht verneinten Mangel des Verfahrens erster Instanz geltend macht (Arb 11.174; Arb 11.217 uva).

Daß auch aus dem hier anzuwendenden Kollektivvertrag eine Verpflichtung des Klägers, die angeordneten Überstunden zu leisten, nicht abgeleitet werden kann, ist im Revisionsverfahren nicht strittig.

Soweit aber im Einzelarbeitsvertrag und in Normen der kollektiven Rechtsgestaltung eine Verpflichtung des Arbeitnehmers zur Leistung von Überstunden nicht festgelegt ist, besteht eine Pflicht, über die normale Arbeitszeit hinaus Arbeitsleistungen zu erbringen, nur auf Grund der Treuepflicht des Arbeitnehmers bei einem Betriebsnotstand iS des § 20 AZG oder sonst in außergewöhnlichen Fällen, nicht aber schon bei jeder betrieblichen Notwendigkeit oder Terminarbeit (ARD 4925/31/98; Arb 11.112; RIS-Justiz RS0051419). Die gegenüber dem Auftraggeber eingegangene Verpflichtung des Arbeitgebers, die Baustelle am 26.4.1996 zu räumen, reicht daher für sich allein zur Begründung einer aus der Treuepflicht abgeleiteten Verpflichtung des Klägers, die angeordneten Überstunden zu leisten, von vornherein nicht aus. Aber auch die (von der Beklagten im übrigen in erster Instanz in ihrem Vorbringen gar nicht geltend gemachte) Gefahr einer Pönaleverpflichtung führt hier zu keiner anderen Beurteilung, zumal von einer einem Betriebsnotstand iS § 20 AZG vergleichbaren außergewöhnlichen Situation nur dann gesprochen werden kann, wenn - wie dies § 20 Abs 1 lit b AZG ausdrücklich normiert - der für die Überstundenanordnung maßgebende Grund "unvorhergesehen und nicht zu verhindern" war und "andere zumutbare Maßnahmen" zur Erreichung des angestrebten Zweckes nicht getroffen werden konnten. Derartiges hat aber die Beklagte weder behauptet noch bewiesen.Soweit aber im Einzelarbeitsvertrag und in Normen der kollektiven Rechtsgestaltung eine Verpflichtung des Arbeitnehmers zur Leistung von Überstunden nicht festgelegt ist, besteht eine Pflicht, über die normale Arbeitszeit hinaus Arbeitsleistungen zu erbringen, nur auf Grund der Treuepflicht des Arbeitnehmers bei einem Betriebsnotstand iS des Paragraph 20, AZG oder sonst in außergewöhnlichen Fällen, nicht aber schon bei jeder betrieblichen Notwendigkeit oder Terminarbeit (ARD 4925/31/98; Arb 11.112; RIS-Justiz RS0051419). Die gegenüber dem Auftraggeber eingegangene Verpflichtung des Arbeitgebers, die Baustelle am 26.4.1996 zu räumen, reicht daher für sich allein zur Begründung einer aus der Treuepflicht abgeleiteten Verpflichtung des Klägers, die angeordneten Überstunden zu leisten, von vornherein nicht aus. Aber auch die (von der Beklagten im übrigen in erster Instanz in ihrem Vorbringen gar nicht geltend gemachte) Gefahr einer Pönaleverpflichtung führt hier zu keiner anderen Beurteilung, zumal von einer einem Betriebsnotstand iS Paragraph 20, AZG vergleichbaren außergewöhnlichen Situation nur dann gesprochen werden kann, wenn - wie dies Paragraph 20, Absatz eins, Litera b, AZG ausdrücklich normiert - der für die Überstundenanordnung maßgebende Grund "unvorhergesehen und nicht zu verhindern" war und "andere zumutbare Maßnahmen" zur Erreichung des angestrebten Zweckes nicht getroffen werden konnten. Derartiges hat aber die Beklagte weder behauptet noch bewiesen.

Die Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens gründet sich auf die §§ 41, 50 Abs 1 ZPO.Die Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens gründet sich auf die Paragraphen 41,, 50 Absatz eins, ZPO.

Anmerkung

E50581 09B01198

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1998:009OBA00119.98K.0610.000

Dokumentnummer

JJT_19980610_OGH0002_009OBA00119_98K0000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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