TE OGH 1998/6/10 6Ob50/98s

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Veröffentlicht am 10.06.1998
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Mag.Engelmaier als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Kellner, Dr.Schiemer, Dr.Prückner und Dr.Schenk als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden und gefährdeten Partei Dr.Martin S*****, vertreten durch Dr.Johann Fontanesi, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagten Parteien und Gegner der gefährdeten Partei 1. Josef F*****, vertreten durch Dr.Wolfgang Blaschitz, Rechtsanwalt in Wien, 2. Dr.Manfred V*****, wegen Unterlassung, Widerrufs und Feststellung (Streitwert im Provisorialverfahren 120.000,-- S), infolge des außerordentlichen Revisionsrekurses der klagenden und gefährdeten Partei und des Rekurses der zweitbeklagten Partei und Zweitgegners der gefährdeten Partei gegen den Beschluß des Oberlandesgerichtes Wien als Rekursgerichtes vom 17.Dezember 1997, GZ 13 R 186/97m-12, womit infolge Rekurses der klagenden und gefährdeten Partei der Beschluß des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien vom 22.August 1997, GZ 23 Cg 194/97m-6, bestätigt und die Rekursbeantwortung der zweitbeklagten Partei und Zweitgegners der gefährdeten Partei zurückgewiesen wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

Spruch

1. Der außerordentliche Revisionsrekurs der klagenden und gefährdeten Partei wird zurückgewiesen.

2. Dem Rekurs der zweitbeklagten Partei und Zweitgegners der gefährdeten Partei wird nicht Folge gegeben.

Text

Begründung:

1. Zum Revisionsrekurs des Klägers:

Der Kläger ist ein in Zürich ansässiger Rechtsanwalt. Er fühlt sich durch Prozeßbehauptungen des Erstbeklagten, vorgetragen vom Zweitbeklagten als Rechtsvertreter des Erstbeklagten, in einem anhängigen Schadenersatzprozeß (der hier Erstbeklagte klagte den Kläger auf 4,360.000 S Schadenersatz) in seiner Ehre geschädigt. Dem Kläger wurde vorgeworfen, an einem Geldanlagebetrug durch Vorspiegelung des Vorliegens einer Bankgarantie als Komplize mitgewirkt zu haben.

Der Kläger begehrt die Unterlassung und den Widerruf der wahrheitswidrigen Behauptung und stellte zur Sicherung des Unterlassungsanspruchs einen Sicherungsantrag.

Die Vorinstanzen wiesen den Sicherungsantrag ab. Sie bejahten den Rechtfertigungsgrund, daß im Interesse der ordnungsgemäßen Rechtspflege in einem Gerichtsverfahren auch rufschädigende Behauptungen aufgestellt werden dürften, solange nicht wider besseres Wissen ein falscher Sachverhalt behauptet werde.

Das Erstgericht stellte im Provisorialverfahren ua fest, daß der klagende Rechtsanwalt beim Geldanlagegeschäft des Erstbeklagten mit einem ausländischen Unternehmen als Bevollmächtigter und Treuhänder der Anlagegelder im Korrespondenzweg für die Sicherung des einzuzahlenden Kapitals von 400.000 US-Dollar im Falle der Rückabwicklung das Vorliegen einer Bankgarantie als Voraussetzung für die Weiterleitung der Gelder genannt und bestätigt habe, daß eine Bankbestätigung auch schon vorliege. Aus einer Aktennotiz des Klägers selbst ergebe sich aber, daß eine Bankbestätigung tatsächlich nicht vorgelegen sei. Das Geschäft sei nicht zustandegekommen. Der Erstbeklagte habe sein Geld bisher nicht zurückerhalten.

Das Rekursgericht hat diesen Sachverhalt rechtlich dahin gewertet, daß nicht von wider besseres Wissen aufgestellten falschen Tatsachenbehauptungen der Beklagten ausgegangen werden könne.

Rechtliche Beurteilung

Im Revisionsrekurs wird releviert, daß der Vorwurf eines vorsätzlichen Betrugsdelikts nicht gerechtfertigt sei, weil sich aus den Feststellungen ein Wissen oder "Wissenmüssen" der Beklagten über die Unrichtigkeit ihrer Behauptungen ableiten lasse. Dazu ist zunächst einmal festzuhalten, daß das bloße "Wissenmüssen" noch nicht dafür ausreicht, daß sich die Beklagten auf den Rechtfertigungsgrund nicht berufen dürften. In der Lehre und Rechtsprechung ist es anerkannt, daß das Interesse an einer ordnungsgemäßen Rechtspflege Eingriffe in die Ehre eines anderen rechtfertigen kann (Korn/Neumayer, Persönlichkeitsschutz 60; SZ 56/74 ua). Dies gilt gleichermaßen für Strafanzeigen und Anzeigen an zur Verschwiegenheit verpflichtete Behörden (WBl 1990, 382) wie für Partei- und Zeugenausagen (SZ 56/74) oder für Äußerungen eines Sachverständigen in einem Prozeß (MR 1995, 138). Das Prozeßvorbringen duch einen Rechtsanwalt ist überdies nach § 9 Abs 1 RAO gerechtfertigt (EvBl 1994/97). Die Rechtsprechung nimmt bei der Bejahung des Rechtfertigungsgrundes darauf Rücksicht, daß das Recht jedes Rechtsuchenden, bei Meinungsverschiedenheiten die Hilfe der Behörden in Anspruch zu nehmen, nicht mit einer abschreckenden Verantwortlichkeit nach § 1330 ABGB für die Rechtsverteidigung belastet werden dürfe (4 Ob 61/95; 6 Ob 2042/96d). Wesentliche Voraussetzung der Rechtfertigung ist es aber, daß die Ausübung des Rechts im Rahmen der Prozeßführung nicht mißbräuchlich erfolgt. Die Herabsetzung des Gegners darf nicht wider besseres Wissen geschehen. Das Rekursgericht ist von den angeführten Grundsätzen nicht abgewichen. Die Beurteilung, ob Prozeßbehauptungen vorsätzlich wider besseres Wissen erhoben wurden, hängt immer von den Umständen des Einzelfalls ab. Im Revisionsrekurs werden keine erheblichen Rechtsfragen aufgezeigt. In der rechtlichen Beurteilung des Sachverhalts durch das Rekursgericht, daß ein Wissen der Beklagten über die Unrichtigkeit ihrer Behauptungen nicht bescheinigt sei, liegt auch unter Berücksichtigung der Besonderheiten des Provisorialverfahrens hinsichtlich des notwendigen Bescheinigungsgrades keine im Revisionsrekursverfahren aufgreifbare Fehlbeurteilung.Im Revisionsrekurs wird releviert, daß der Vorwurf eines vorsätzlichen Betrugsdelikts nicht gerechtfertigt sei, weil sich aus den Feststellungen ein Wissen oder "Wissenmüssen" der Beklagten über die Unrichtigkeit ihrer Behauptungen ableiten lasse. Dazu ist zunächst einmal festzuhalten, daß das bloße "Wissenmüssen" noch nicht dafür ausreicht, daß sich die Beklagten auf den Rechtfertigungsgrund nicht berufen dürften. In der Lehre und Rechtsprechung ist es anerkannt, daß das Interesse an einer ordnungsgemäßen Rechtspflege Eingriffe in die Ehre eines anderen rechtfertigen kann (Korn/Neumayer, Persönlichkeitsschutz 60; SZ 56/74 ua). Dies gilt gleichermaßen für Strafanzeigen und Anzeigen an zur Verschwiegenheit verpflichtete Behörden (WBl 1990, 382) wie für Partei- und Zeugenausagen (SZ 56/74) oder für Äußerungen eines Sachverständigen in einem Prozeß (MR 1995, 138). Das Prozeßvorbringen duch einen Rechtsanwalt ist überdies nach Paragraph 9, Absatz eins, RAO gerechtfertigt (EvBl 1994/97). Die Rechtsprechung nimmt bei der Bejahung des Rechtfertigungsgrundes darauf Rücksicht, daß das Recht jedes Rechtsuchenden, bei Meinungsverschiedenheiten die Hilfe der Behörden in Anspruch zu nehmen, nicht mit einer abschreckenden Verantwortlichkeit nach Paragraph 1330, ABGB für die Rechtsverteidigung belastet werden dürfe (4 Ob 61/95; 6 Ob 2042/96d). Wesentliche Voraussetzung der Rechtfertigung ist es aber, daß die Ausübung des Rechts im Rahmen der Prozeßführung nicht mißbräuchlich erfolgt. Die Herabsetzung des Gegners darf nicht wider besseres Wissen geschehen. Das Rekursgericht ist von den angeführten Grundsätzen nicht abgewichen. Die Beurteilung, ob Prozeßbehauptungen vorsätzlich wider besseres Wissen erhoben wurden, hängt immer von den Umständen des Einzelfalls ab. Im Revisionsrekurs werden keine erheblichen Rechtsfragen aufgezeigt. In der rechtlichen Beurteilung des Sachverhalts durch das Rekursgericht, daß ein Wissen der Beklagten über die Unrichtigkeit ihrer Behauptungen nicht bescheinigt sei, liegt auch unter Berücksichtigung der Besonderheiten des Provisorialverfahrens hinsichtlich des notwendigen Bescheinigungsgrades keine im Revisionsrekursverfahren aufgreifbare Fehlbeurteilung.

Die Sache war materiellrechtlich nach österreichischem Recht zu prüfen. Für außervertragliche Schadenersatzansprüche gilt das Deliktsstatut (§ 48 IPRG).Die Sache war materiellrechtlich nach österreichischem Recht zu prüfen. Für außervertragliche Schadenersatzansprüche gilt das Deliktsstatut (Paragraph 48, IPRG).

2. Zum Rekurs des Zweitbeklagten:

Der Zweitbeklagte rekurriert gegen die Zurückweisung seiner am 21.10.1997 zur Post gegebenen Rekursbeantwortung wegen Verspätung. Richtig ist zwar, daß der Rekurs des Klägers dem Zweitbeklagten entgegen der Annahme des Rekursgerichtes nicht am 22.9.1997, sondern frühestens am 24.9.1997 (Poststempel auf dem Rückschein) oder - wie der Rekurswerber behauptet - erst am 25.9.1997 zugestellt worden war. Der Zweitbeklagte geht jedoch offensichtlich irrig von einer Frist von vier Wochen aus. Für den Rekurs und die Rekursbeantwortung gilt jedoch im Provisorialverfahren eine 14tägige Frist (§ 402 Abs 3 EO). Diese Frist wurde in jedem Fall nicht eingehalten. Die Zurückweisung der Rekursbeantwortung wegen Verspätung ist daher im Ergebnis berechtigt.Der Zweitbeklagte rekurriert gegen die Zurückweisung seiner am 21.10.1997 zur Post gegebenen Rekursbeantwortung wegen Verspätung. Richtig ist zwar, daß der Rekurs des Klägers dem Zweitbeklagten entgegen der Annahme des Rekursgerichtes nicht am 22.9.1997, sondern frühestens am 24.9.1997 (Poststempel auf dem Rückschein) oder - wie der Rekurswerber behauptet - erst am 25.9.1997 zugestellt worden war. Der Zweitbeklagte geht jedoch offensichtlich irrig von einer Frist von vier Wochen aus. Für den Rekurs und die Rekursbeantwortung gilt jedoch im Provisorialverfahren eine 14tägige Frist (Paragraph 402, Absatz 3, EO). Diese Frist wurde in jedem Fall nicht eingehalten. Die Zurückweisung der Rekursbeantwortung wegen Verspätung ist daher im Ergebnis berechtigt.

Anmerkung

E50743 06AA0508

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1998:0060OB00050.98S.0610.000

Dokumentnummer

JJT_19980610_OGH0002_0060OB00050_98S0000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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