Kopf
Das Oberlandesgericht Wien hat als Rekursgericht durch den Richter des Oberlandesgerichtes Dr.Manica als Vorsitzenden und den Senatspräsidenten des Oberlandesgerichtes Univ.Prof.Dr.Ertl sowie den Richter des Oberlandesgerichtes Univ.Doz.Dr.Bydlinski als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei M ***** LeasinggesmbH, *****, vertreten durch Dr.Michael Graff und Dr.Michael Brand, Rechtsanwälte in 1010 Wien, wider die beklagte Partei Johann H ***** , Gastwirt, *****, vertreten durch Dr.Richard Köhler und Dr.Anton Draskovits, Rechtsanwälte in 1060 Wien, wegen ATS 176.676,-- sA, über den Rekurs der beklagten Partei gegen den Beschluß des Handelsgerichtes Wien vom 9.3.1998, GZ 32 Cg 186/97p-10, in nichtöffentlicher Sitzung den Beschluß
gefaßt:
Spruch
Es wird dem Rekurs n i c h t Folge gegeben.
Die beklagte Partei hat die Kosten ihres Rechtsmittels selbst zu tragen.
Der Revisionsrekurs ist gemäß § 528 Abs 2 Z 2 ZPO jedenfalls u n z u l ä s s i g .Der Revisionsrekurs ist gemäß Paragraph 528, Absatz 2, Ziffer 2, ZPO jedenfalls u n z u l ä s s i g .
Text
Begründung:
Die klagende Partei begehrt vom Beklagten die Bezahlung von Leasingentgelten in der Höhe von S 176.676,-- sA. Dem Klagebegehren wurde mit dem in Rechtskraft erwachsenen Versäumungsurteil des Erstgerichts vom 8.7.1997, ON 2, stattgegeben.
Der Beklagte begehrt nunmehr, ihm die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Widerspruchsfrist gegen dieses Versäumungsurteil zu bewilligen. Am 9.12.1997 sei bei ihm der Gerichtsvollzieher des BG Oberpullendorf erschienen und habe diverse Fahrnisse gepfändet. Er selbst habe am Tag des Einlangens der Klage mit der klagenden Partei Rücksprache gehalten und dieser mitgeteilt, daß deren Vertreterin Romana W***** die streitgegenständlichen Leasingentgelte persönlich abgeholt habe.
Ihm, dem Beklagten, sei daraufhin von der klagenden Partei mitgeteilt worden, daß die Angelegenheit erledigt sei und der Rechtsanwalt der klagenden Partei über den wahren Sachverhalt aufgeklärt würde. Nach Einlangen des Versäumungsurteiles im Juli 1997 habe er neuerlich mit der klagenden Partei und dem Rechtsvertreter der klagenden Partei Kontakt aufgenommen, wobei ihm mitgeteilt worden sei, daß es sich offenbar um ein Mißverständnis gehandelt habe und die Angelegenheit für ihn beendet sei. Der Beklagte habe keine Erfahrung im Umfang mit Gerichtsstücken und Exekutionstiteln.
Das Erstgericht wies mit dem angefochtenen Beschluß diesen Wiedereinsetzungsantrag ab, wobei es folgenden Sachverhalt für bescheinigt ansah:
Am 15.5.1997 übernahm der Beklagte persönlich die gegenständliche Klage, rief am 28.5.1997 bei der klagenden Partei an und sprach dort mit der zuständigen Sachbearbeiterin Isabelle N*****. Diese teilte ihm mit, daß die Sache bereits dem Rechtsanwalt der klagenden Partei übergeben worden sei und gab ihm dessen Telefonnummer. Der Beklagte rief daraufhin in der Kanzlei des Klagevertreters an, wo er mit einer Sekretärin sprach, die ihm mitteilte, daß sie ihm keine Auskunft erteilen könne. Am 11.7.1997 wurde dem Beklagten das Versäumungsurteil ON 2 zugestellt. Am 11.12.1997 führte der Beklagte mit Dr.Michael B*****, dem Rechtsvertreter der klagenden Partei, ein kurzes Telefonat. In diesem Telefonat ersuchte der Beklagte um Ratenzahlung, hatte jedoch "keine genaue Vorstellung von der Höhe der zu bezahlenden Raten".
Andere Telefonate wurden zwischen dem Beklagten und der klagenden Partei bzw ihrem Rechtsvertreter nicht geführt.
Rechtliche Beurteilung
In seiner rechtlichen Beurteilung hielt das Erstgericht fest, daß der Beklagte nach seinen Telefonaten nicht damit habe rechnen dürfen, daß die gegenständliche Sache für ihn erledigt sei. An der Versäumung der Widerspruchsfrist treffe ihn - auch unter Berücksichtigung des Umstandes, daß er zum ersten Mal mit einer Gerichtssache befaßt gewesen sei - ein über den minderen Grad des Versehens hinausgehenden Verschulden.
Gegen diesen Beschluß wendet sich der Rekurs der beklagten Partei wegen Mangelhaftigkeit des Verfahrens, unrichtiger rechtlicher Beurteilung und Nichtbehandlung der Prozeßeinrede der Unzuständigkeit mit dem Antrag auf Abänderung iSd Stattgebung des Wiedereinsetzungsantrags, in eventu Aufhebung.
Der Rekurs ist nicht gerechtfertigt.
Gemäß § 149 Abs 2 ZPO ist über den Antrag auf Bewilligung der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand dann nach mündlicher Verhandlung zu entscheiden, wenn das Gericht eine solche für erforderlich hält. Das trifft immer dann zu, wenn Bescheinigungsmittel (Zeugen, Parteienvernehmung) aufzunehmen sind ( F a s c h i n g , LB**2 Rz 584; F a s c h i n g II 743). Das Verfahren ist daher insoweit an sich mangelhaft geblieben (OLG Wien 19.5.1983, 16 R 102/83).Gemäß Paragraph 149, Absatz 2, ZPO ist über den Antrag auf Bewilligung der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand dann nach mündlicher Verhandlung zu entscheiden, wenn das Gericht eine solche für erforderlich hält. Das trifft immer dann zu, wenn Bescheinigungsmittel (Zeugen, Parteienvernehmung) aufzunehmen sind ( F a s c h i n g , LB**2 Rz 584; F a s c h i n g römisch II 743). Das Verfahren ist daher insoweit an sich mangelhaft geblieben (OLG Wien 19.5.1983, 16 R 102/83).
Im Gegensatz zur Auffassung des Rekurswerbers ist diese Mangelhaftigkeit jedoch nicht entscheidungsrelevant. Wieso diesem die von ihm persönlich unterfertigten Angaben im Wiedereinsetzungsantrag noch besonders hätten vorgehalten werden sollen, ist nicht einzusehen, da diese die einzige aus dem Akt ersichtliche Grundlage seiner Einvernehmung waren. Daß er bereits sämtliche Raten an Romana W***** bezahlt und dies der klagenden Partei bzw der Kanzlei des Klagevertreter mitgeteilt habe, wobei er an den Rechtsanwalt verwiesen worden sei, hat er auch vor dem Erstgericht selbst angegeben. Er hat dort auch ausgesagt, daß es weder zu einer Terminvereinbarung noch auch nur zu einem Rückruf der Kanzlei des Klagevertreter gekommen ist. Wie er unter diesen Umständen annehmen konnte, er müsse keine weiteren Zahlungen leisten, ist nicht erkennbar. Wieso eine "eingehendere Befragung" des Beklagten oder eine "allfällig stattzufindende Befragung derjenigen Kanzleigehilfinnen des Klägers, mit welchem der Beklagte den Sachverhalt erörterte" zu einem anderen Ergebnis geführt hätte, wird auch nicht dargelegt. Der Umstand allein, daß der Beklagte, der als Gastwirt immerhin Kaufmann ist, vor Gericht ohne Beistand seines rechtsfreundlichen Vertreters "verständliche(n) Nervosität" zeigte, reicht hiefür keineswegs aus. Da der Rechtsvertreter der Gegenseite bei der Bescheinigungstagsatzung nur als Auskunftsperson vernommen wurde, kann auch von einer Verletzung der "Waffengleichheit" keine Rede sein. Dessen Aussage ist insofern von Bedeutung, als sie das Thema betreffen, ob und wann der Beklagte ein Gespräch mit dem Klagevertreter geführt hat und inwiefern Vereinbarungen des Beklagten mit der Klägerin oder den Kanzleikräften des Klagevertreters plausibel sind. Soweit der Rekurs schließlich davon ausgeht, daß Romana W***** betrügerisch gehandelt habe, dies der klagenden Partei bekannt gewesen sei und der Beklagte nun "doppelt" bezahlen müsse, handelt es sich hiebei um bloße Behauptungen, die nicht erhärtet werden konnten.
Somit ist vom Sachverhalt auszugehen, der vom Erstgericht als bescheinigt angesehen wurde. Danach wurde der Beklagte von den Mitarbeitern der Klägerin und des Klagevertreters an diesen selbst verwiesen, ersuchte ihn um Ratenzahlung, hatte jedoch "keine genaue Vorstellung von der Höhe der zu bezahlenden Raten". Wenn er unter diesen Umständen gerichtliche Fristen ignorierte, kann dies nicht anders als auffallend sorglos iSd § 146 ZPO gewertet werden, selbst dann, wenn der Beklagte bisher keine gerichtliche Erfahrung haben sollte.Somit ist vom Sachverhalt auszugehen, der vom Erstgericht als bescheinigt angesehen wurde. Danach wurde der Beklagte von den Mitarbeitern der Klägerin und des Klagevertreters an diesen selbst verwiesen, ersuchte ihn um Ratenzahlung, hatte jedoch "keine genaue Vorstellung von der Höhe der zu bezahlenden Raten". Wenn er unter diesen Umständen gerichtliche Fristen ignorierte, kann dies nicht anders als auffallend sorglos iSd Paragraph 146, ZPO gewertet werden, selbst dann, wenn der Beklagte bisher keine gerichtliche Erfahrung haben sollte.
Abschließend bemerkt sei, daß nach Rechtskraft des Urteils die Unzuständigkeit des Gerichtes nicht auf dem Wege eines Wiederaufnahmsantrages geltend gemacht werden kann. Der angefochtene Beschluß war somit spruchgemäß zu bestätigen. Die Kostenentscheidung gründet sich auf § 154 ZPO.Abschließend bemerkt sei, daß nach Rechtskraft des Urteils die Unzuständigkeit des Gerichtes nicht auf dem Wege eines Wiederaufnahmsantrages geltend gemacht werden kann. Der angefochtene Beschluß war somit spruchgemäß zu bestätigen. Die Kostenentscheidung gründet sich auf Paragraph 154, ZPO.
Oberlandesgericht Wien
1016 Wien, Schmerlingplatz 11
Anmerkung
EW00263 15R80.98iEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OLG0009:1998:01500R00080.98I.0624.000Zuletzt aktualisiert am
24.07.2008