TE Vwgh Erkenntnis 2006/9/21 2006/19/0217

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Veröffentlicht am 21.09.2006
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Index

10/07 Verwaltungsgerichtshof;
41/02 Passrecht Fremdenrecht;

Norm

AsylG 1997 §7;
AsylG 1997 §8 Abs1;
AsylG 1997 §8 Abs2;
AsylG 1997 §8 Abs3;
VwGG §42 Abs1;
VwGG §42 Abs2 Z1;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Höß sowie den Hofrat Dr. Nowakowski und die Hofrätin Dr. Pollak als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. B. Trefil, über die Beschwerde des J, geboren 1980, vertreten durch Mag. Bernd Gahler, Rechtsanwalt in 1030 Wien, Marokkanergasse 21/11, gegen den Bescheid des unabhängigen Bundesasylsenates vom 1. August 2005, Zl. 250.239/0-IV/44/04, betreffend §§ 7 und 8 Abs. 1, 2 und 3 Asylgesetz 1997 (weitere Partei: Bundesministerin für Inneres), zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird insoweit, als damit Spruchpunkt III. des erstinstanzlichen Bescheides (Ausweisung des Beschwerdeführers "aus dem österreichischen Bundesgebiet") bestätigt wurde, wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes aufgehoben.

Im Übrigen wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 991,00 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der Beschwerdeführer, ein Staatsangehöriger Indiens und Sikh aus dem Punjab, reiste am 29. Dezember 2003 in das Bundesgebiet ein und stellte am nächsten Tag einen Asylantrag. Bei seiner Einvernahme am 21. Jänner 2004 gab er zu seinen Fluchtgründen zusammengefasst an, seine Heimat verlassen zu haben, da er einmal im Jahr 2000 für drei Tage in Polizeihaft gewesen sei. Dabei habe man den Beschwerdeführer aufgefordert, den Aufenthaltsort seines Vaters, eines Militärangehörigen, bekannt zu geben, welcher verdächtigt worden sei, mit Extremisten aus Kashmir zusammenzuarbeiten. Er habe keine Auskunft geben können, weshalb ihn die Polizei bis zu seiner Ausreise wiederholt aufgesucht und geschlagen habe. Der Beschwerdeführer gab weiters an, nicht polizeilich gesucht zu werden.

Mit Bescheid des Bundesasylamtes vom 7. Mai 2004 wurde der Asylantrag gemäß § 7 AsylG abgewiesen (Spruchpunkt I.), gemäß § 8 Abs. 1 AsylG die Zulässigkeit der Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Beschwerdeführers nach Indien festgestellt (Spruchpunkt II.) und der Beschwerdeführer gemäß § 8 Abs. 2 AsylG "aus dem österreichischen Bundesgebiet" ausgewiesen (Spruchpunkt III.). Die dagegen erhobene Berufung, die auch den Antrag auf Erteilung einer befristeten Aufenthaltsberechtigung enthielt, wies die belangte Behörde nach Durchführung einer mündlichen Berufungsverhandlung gemäß "§§ 7, 8(1), 8(2) und 8(3) AsylG" ab.

Begründend führte sie zusammengefasst aus, der Beschwerdeführer habe in der Berufungsverhandlung ein in mehrfacher Hinsicht von den erstinstanzlichen Angaben abweichendes Vorbringen sowohl im Hinblick auf seinen Vater und dessen Tätigkeit als auch zu den ihn selbst betreffenden Polizeimaßnahmen erstattet. Da er auch (näher dargelegte) Behauptungen aufgestellt habe, die sich mit den tatsächlichen Gegebenheiten nicht in Einklang bringen ließen, sei von der Unglaubwürdigkeit des gesamten Vorbringens auszugehen. Selbst bei Zutreffen der Verfolgungsbehauptungen stünde dem Beschwerdeführer, gegen den nach seinen Angaben kein Strafverfahren anhängig sei, gegenüber einem missbräuchlichen Vorgehen örtlicher Polizeikräfte aus seiner Heimatregion jedoch eine inländische Fluchtalternative offen. Da auch keine Rückkehrergefährdung bestehe, sei weder Asyl noch Refoulementschutz zu gewähren. Zur Ausweisung des Beschwerdeführers verwies die belangte Behörde auf die Ausführungen des Bundesasylamtes, das keinen Eingriff in das Privat- und Familienleben des Beschwerdeführers zu erkennen vermochte. Die gemäß § 8 Abs. 3 AsylG erfolgte Abweisung des Berufungsantrags auf Erteilung einer befristeten Aufenthaltsbewilligung begründete sie mit dem Fehlen der Feststellung, dass die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Beschwerdeführers nach Indien nicht zulässig sei.

Über die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde hat der Verwaltungsgerichtshof in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:

Die - überwiegend allgemein gehaltenen - Beschwerdeausführungen vermögen weder Bedenken gegen die Schlüssigkeit der von der belangten Behörde vorgenommenen Beweiswürdigung zu erwecken, noch zeigt die Beschwerde relevante Verfahrensmängel auf. Da die Beschwerde auch nicht darlegt, aus welchen Gründen die als Eventualbegründung herangezogene Annahme einer internen Fluchtalternative nicht zutreffen sollte, kann sie, soweit sie sich gegen die Bestätigung der Spruchpunkte I. und II. des erstinstanzlichen Bescheides richtet, nicht erfolgreich sein. Auch die - in der Beschwerde nicht bekämpfte - Abweisung des Berufungsantrags auf Erteilung einer befristeten Aufenthaltsbewilligung ist im Ergebnis nicht zu beanstanden.

Die Bestätigung des erstinstanzlichen Ausspruchs über die Ausweisung des Beschwerdeführers "aus dem österreichischen Bundesgebiet" erweist sich jedoch als rechtswidrig, da die Asylbehörden in einem Fall wie dem vorliegenden nicht berechtigt sind, die Ausweisung eines Asylwerbers ohne Einschränkung auf den Herkunftsstaat auszusprechen. Hiezu kann gemäß § 43 Abs. 2 VwGG auf das hg. Erkenntnis vom 13. Dezember 2005, Zl. 2005/01/0625, und die dort angeführte Vorjudikatur verwiesen werden.

Es war daher die Bestätigung von Spruchpunkt III. des erstinstanzlichen Bescheides gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes aufzuheben, während die Beschwerde im Übrigen gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen war.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz im begehrten Ausmaß gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2003.

Wien, am 21. September 2006

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2006:2006190217.X00

Im RIS seit

20.10.2006
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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