TE OGH 1998/6/30 1Ob94/98z

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Veröffentlicht am 30.06.1998
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Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr.Schlosser als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr.Schiemer, Dr.Gerstenecker, Dr.Rohrer und Dr.Zechner als weitere Richter in der Pflegschaftssache des mj. Patrick W*****, geboren am *****, infolge Revisionsrekurses des Präsidenten des Oberlandesgerichts Wien gegen den Beschluß des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien als Rekursgerichts vom 16.Dezember 1997, GZ 44 R 870/97k-40, womit der Beschluß des Bezirksgerichts Josefstadt vom 12.September 1997, GZ 2 P 1447/95d-36, abgeändert wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

Spruch

Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.

Text

Begründung:

Am 17.Oktober 1995 beantragte der Minderjährige, seinen Vater ab 1.November 1992 zur Zahlung eines monatlichen Unterhaltsbeitrags von 3.000 S zu verpflichten, brachte dazu vor, dieser habe als Tischler zuletzt "mindestens 15.000 S" monatlich netto verdient.

Die Abwesenheitskuratorin erklärte, das monatliche Nettoeinkommen des Vaters könne "im Sinne der Anspannungstheorie" mit etwa 12.000 S bis 15.000 S (inklusive Sonderzahlungen) angenommen werden. Demzufolge sei ein Unterhaltsanspruch in der Höhe des Begehrens gerechtfertigt, weshalb gegen eine solche Unterhaltsbestimmung kein Einwand erhoben werde.

Mit Beschluß vom 17.Juni 1997 wies das Erstgericht den Antrag auf Unterhaltsfestsetzung ab. Es stellte fest, daß der Vater in Österreich keiner "versicherungspflichtigen Beschäftigung nachgeht", seit 17.Juni 1992 nicht mehr gemeldet und unbekannten Aufenthalts sei und keine Anhaltspunkte zur Ermittlung der Höhe des monatlichen Nettoeinkommens des Vaters existierten. Daraus folge die Abweisung des Begehrens auf erstmalige Unterhaltsfestsetzung, weil die Anspannungstheorie in einem solchen Fall nicht anwendbar sei. Diese Entscheidung erwuchs unbekämpft in Rechtskraft.

Am 10.September 1997 beantragte das Kind die Gewährung von Unterhaltsvorschüssen gemäß den §§ 4 Z 2 und 6 Abs 2 UVG, weil die Festsetzung eines Unterhaltsbeitrags mißlungen sei.Am 10.September 1997 beantragte das Kind die Gewährung von Unterhaltsvorschüssen gemäß den Paragraphen 4, Ziffer 2 und 6 Absatz 2, UVG, weil die Festsetzung eines Unterhaltsbeitrags mißlungen sei.

Mit Beschluß vom 12.September 1997 wies das Erstgericht auch diesen Antrag ab, weil Unterhaltsvorschüsse gemäß § 4 Z 2 UVG die Leistungsfähigkeit des Unterhaltspflichtigen voraussetzten und es für eine solche an Anhaltspunkte fehlten.Mit Beschluß vom 12.September 1997 wies das Erstgericht auch diesen Antrag ab, weil Unterhaltsvorschüsse gemäß Paragraph 4, Ziffer 2, UVG die Leistungsfähigkeit des Unterhaltspflichtigen voraussetzten und es für eine solche an Anhaltspunkte fehlten.

Das Rekursgericht gewährte dem Kind die begehrten Unterhaltsvorschüsse für den Zeitraum vom 1.September 1997 bis 31.August 2000 und sprach aus, daß der ordentliche Revisionsrekurs zulässig sei. Es erwog in rechtlicher Hinsicht, daß Unterhaltsvorschüsse gemäß § 4 Z 2 UVG nur dann zu versagen seien, wenn der Unterhaltspflichtige nach seinen Kräften zur Unterhaltsleistung offenbar außerstande sei. Diese Voraussetzung sei nach ständiger Rechtsprechung nicht erfüllt, wenn es bloß an Anhaltspunkten für die Leistungsfähigkeit des Unterhaltsschuldners mangle. Aktenkundig sei, daß die Schaffung eines Unterhaltstitels zwar aus Gründen in der Person des Unterhaltsschuldners, nicht jedoch wegen offenkundiger Leistungsunfähigkeit mißlungen sei. Daran änderten die Möglichkeit, bei den Eltern des Vaters in Polen seine frühere Leistungsfähigkeit zu erheben, die Erklärung seiner Abwesenheitskuratorin, der beantragten Unterhaltsfestsetzung zuzustimmen, und die Unterlassung eines Rechtsmittels gegen den Abweisungsbeschluß nichts, wenngleich das Kind an sich "alles Zumutbare zur Unterhaltsfestsetzung zu unternehmen" habe.Das Rekursgericht gewährte dem Kind die begehrten Unterhaltsvorschüsse für den Zeitraum vom 1.September 1997 bis 31.August 2000 und sprach aus, daß der ordentliche Revisionsrekurs zulässig sei. Es erwog in rechtlicher Hinsicht, daß Unterhaltsvorschüsse gemäß Paragraph 4, Ziffer 2, UVG nur dann zu versagen seien, wenn der Unterhaltspflichtige nach seinen Kräften zur Unterhaltsleistung offenbar außerstande sei. Diese Voraussetzung sei nach ständiger Rechtsprechung nicht erfüllt, wenn es bloß an Anhaltspunkten für die Leistungsfähigkeit des Unterhaltsschuldners mangle. Aktenkundig sei, daß die Schaffung eines Unterhaltstitels zwar aus Gründen in der Person des Unterhaltsschuldners, nicht jedoch wegen offenkundiger Leistungsunfähigkeit mißlungen sei. Daran änderten die Möglichkeit, bei den Eltern des Vaters in Polen seine frühere Leistungsfähigkeit zu erheben, die Erklärung seiner Abwesenheitskuratorin, der beantragten Unterhaltsfestsetzung zuzustimmen, und die Unterlassung eines Rechtsmittels gegen den Abweisungsbeschluß nichts, wenngleich das Kind an sich "alles Zumutbare zur Unterhaltsfestsetzung zu unternehmen" habe.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs ist, wie sich aus den nachstehenden Ausführungen ergeben wird, zulässig; er ist jedoch nicht berechtigt.

Unterhaltsvorschüsse gemäß § 4 Z 2 UVG sind zu gewähren, wenn der Unterhaltsberechtigte das für eine Unterhaltsfestsetzung oder -erhöhung Erforderliche und Zumutbare unternahm (ÖA 1998, 25; 7 Ob 378/97g; EvBl 1995/131; SZ 63/89). Der unbekannte Aufenthalt und ungeklärte Lebensverhältnisse des Vaters hindern die Bevorschussung nicht, weil Vorschüsse nach dem Willen des Gesetzgebers gerade unter solchen Voraussetzungen gewährt werden sollen (4 Ob 119/97x7 Ob 378/97g; SZ 63/80), wenn ein Antrag auf Unterhaltsfestsetzung erfolglos blieb oder - aus Gründen in der Person des Unterhaltsschuldners - von vornherein mangels realistischer Erfolgsaussicht nicht gestellt wurde (7 Ob 378/97g; EvBl 1995/131; SZ 63/95; SZ 63/89; SZ 63/80). Nun sind aber die Grundsätze der Anspannungstheorie jedenfalls auf die erstmalige Unterhaltsfestsetzung, wie sie hier zunächst versucht wurde, nach ständiger Rechtsprechung nicht anzuwenden (7 Ob 378/97g; SZ 63/95; SZ 53/54). Aufgrund dieser Rechtslage wäre der Minderjährige nicht einmal verpflichtet gewesen, als Voraussetzung der Unterhaltsbevorschussung den Versuch zur erstmaligen Unterhaltsfestsetzung zu unternehmen, weil der Vater im Zeitpunkt dieser Antragstellung schon mehr als drei Jahre unbekannten Aufenthalts war und daher mit der Klärung seiner Lebensverhältnisse als Grundlage für die Festsetzung eines bestimmten monatlichen Unterhaltsbeitrags nicht gerechnet werden konnte. Die Erhebung der früheren, viele Jahre zurückliegenden wirtschaftlichen Verhältnisse des Vaters in Polen wäre infolge der späteren aktenkundigen Änderung seiner Lebensumstände mangels Aktualität ohne Relevanz gewesen. Die Behauptung des Rechtsmittelwerbers, der Vater halte sich derzeit offenbar in Polen auf, widerspricht zum einen den Feststellungen im Unterhaltsfestsetzungsverfahren und läßt sich zum anderen auch nicht dem seitherigen Akteninhalt entnehmen. Wäre aber der Minderjährige - nach den hier maßgeblichen Umständen - nicht einmal verpflichtet gewesen, die erstmalige gerichtliche Festsetzung eines Unterhaltsbeitrags als Voraussetzung für die nachfolgende Unterhaltsbevorschussung zu beantragen, so kann ihm auch nicht die Unterlassung eines Rechtsmittels gegen die Antragsabweisung im Unterhaltsfestsetzungsverfahren als Vernachlässigung einer Rechtspflicht, die dem Anspruch auf Unterhaltsbevorschussung entgegenstehen könnte, vorgeworfen werden, weil ein solches Rechtsmittel, wie die dargestellte Rechtsprechung belegt, nicht hätte erfolgreich sein können und die Ergreifung eines von vornherein geradezu aussichtslosen Rechtsmittels gegen die Abweisung eines Unterhaltsanspruchs durch das Erstgericht nicht zumutbar ist. Daran kann - entgegen der Ansicht des Rechtsmittelwerbers - die Zustimmung der Abwesenheitskuratorin des Vaters zur begehrten Unterhaltsfestsetzung nichts ändern, wies doch das Erstgericht den Antrag des Kindes dennoch ab. Bloß die erwähnte Zustimmung hätte noch keinen Rekurserfolg des Minderjährigen herbeiführen können, weil der Entscheidung kein Rechtsirrtum anhaftete und vom Rechtsmittelgericht bei Prüfung der Rechtslage zu beachten gewesen wäre, daß die Anspannungstheorie der erstmaligen Festsetzung eines Unterhaltsbeitrags in Ermangelung einer Kenntnis der Lebensumstände des Vaters nicht als Grundlage dienen kann.Unterhaltsvorschüsse gemäß Paragraph 4, Ziffer 2, UVG sind zu gewähren, wenn der Unterhaltsberechtigte das für eine Unterhaltsfestsetzung oder -erhöhung Erforderliche und Zumutbare unternahm (ÖA 1998, 25; 7 Ob 378/97g; EvBl 1995/131; SZ 63/89). Der unbekannte Aufenthalt und ungeklärte Lebensverhältnisse des Vaters hindern die Bevorschussung nicht, weil Vorschüsse nach dem Willen des Gesetzgebers gerade unter solchen Voraussetzungen gewährt werden sollen (4 Ob 119/97x7 Ob 378/97g; SZ 63/80), wenn ein Antrag auf Unterhaltsfestsetzung erfolglos blieb oder - aus Gründen in der Person des Unterhaltsschuldners - von vornherein mangels realistischer Erfolgsaussicht nicht gestellt wurde (7 Ob 378/97g; EvBl 1995/131; SZ 63/95; SZ 63/89; SZ 63/80). Nun sind aber die Grundsätze der Anspannungstheorie jedenfalls auf die erstmalige Unterhaltsfestsetzung, wie sie hier zunächst versucht wurde, nach ständiger Rechtsprechung nicht anzuwenden (7 Ob 378/97g; SZ 63/95; SZ 53/54). Aufgrund dieser Rechtslage wäre der Minderjährige nicht einmal verpflichtet gewesen, als Voraussetzung der Unterhaltsbevorschussung den Versuch zur erstmaligen Unterhaltsfestsetzung zu unternehmen, weil der Vater im Zeitpunkt dieser Antragstellung schon mehr als drei Jahre unbekannten Aufenthalts war und daher mit der Klärung seiner Lebensverhältnisse als Grundlage für die Festsetzung eines bestimmten monatlichen Unterhaltsbeitrags nicht gerechnet werden konnte. Die Erhebung der früheren, viele Jahre zurückliegenden wirtschaftlichen Verhältnisse des Vaters in Polen wäre infolge der späteren aktenkundigen Änderung seiner Lebensumstände mangels Aktualität ohne Relevanz gewesen. Die Behauptung des Rechtsmittelwerbers, der Vater halte sich derzeit offenbar in Polen auf, widerspricht zum einen den Feststellungen im Unterhaltsfestsetzungsverfahren und läßt sich zum anderen auch nicht dem seitherigen Akteninhalt entnehmen. Wäre aber der Minderjährige - nach den hier maßgeblichen Umständen - nicht einmal verpflichtet gewesen, die erstmalige gerichtliche Festsetzung eines Unterhaltsbeitrags als Voraussetzung für die nachfolgende Unterhaltsbevorschussung zu beantragen, so kann ihm auch nicht die Unterlassung eines Rechtsmittels gegen die Antragsabweisung im Unterhaltsfestsetzungsverfahren als Vernachlässigung einer Rechtspflicht, die dem Anspruch auf Unterhaltsbevorschussung entgegenstehen könnte, vorgeworfen werden, weil ein solches Rechtsmittel, wie die dargestellte Rechtsprechung belegt, nicht hätte erfolgreich sein können und die Ergreifung eines von vornherein geradezu aussichtslosen Rechtsmittels gegen die Abweisung eines Unterhaltsanspruchs durch das Erstgericht nicht zumutbar ist. Daran kann - entgegen der Ansicht des Rechtsmittelwerbers - die Zustimmung der Abwesenheitskuratorin des Vaters zur begehrten Unterhaltsfestsetzung nichts ändern, wies doch das Erstgericht den Antrag des Kindes dennoch ab. Bloß die erwähnte Zustimmung hätte noch keinen Rekurserfolg des Minderjährigen herbeiführen können, weil der Entscheidung kein Rechtsirrtum anhaftete und vom Rechtsmittelgericht bei Prüfung der Rechtslage zu beachten gewesen wäre, daß die Anspannungstheorie der erstmaligen Festsetzung eines Unterhaltsbeitrags in Ermangelung einer Kenntnis der Lebensumstände des Vaters nicht als Grundlage dienen kann.

Soweit der Rechtsmittelwerber schließlich noch ins Treffen führt, "ein in Polen lebender Vater" sei zur Leistung eines Unterhaltsbeitrags in der Höhe des Richtsatzvorschusses "zweifelsfrei nicht in der Lage", beruhen diese Ausführungen nicht auf aktenkundigen Tatsachen, sondern auf Mutmaßungen und bedürfen deshalb keiner Erörterung.

Das Rekursgericht gab daher dem Antrag auf Gewährung von Unterhaltsvorschüssen, wie zusammenfassend festzuhalten ist, zutreffend statt, weshalb dem Revisionsrekurs ein Erfolg zu versagen ist.

Textnummer

E50624

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1998:0010OB00094.98Z.0630.000

Im RIS seit

30.07.1998

Zuletzt aktualisiert am

12.06.2012
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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