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10/07 Verwaltungsgerichtshof;Norm
AsylG 1997 §19 Abs2;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Novak und die Hofräte Dr. Robl, Dr. Pelant, Dr. Sulzbacher und Dr. Pfiel als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Thurin, über die Beschwerde des S, vertreten durch Dr. Siegfried Leitner, Rechtsanwalt in 8010 Graz, Jakominiplatz 17/I, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Kärnten vom 24. Februar 2003, Zl. Fr-116-1/02, betreffend Ausweisung, zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.
Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 991,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit dem zitierten, im Instanzenzug ergangenen Bescheid wies die belangte Behörde den Beschwerdeführer, einen afghanischen Staatsangehörigen, gemäß § 33 Abs. 1 des (bis 31. Dezember 2005 in Geltung gestandenen) Fremdengesetzes 1997 - FrG, BGBl. I Nr. 75, aus dem Bundesgebiet aus.
Zur Begründung führte sie aus, dass der Beschwerdeführer am 22. März 2002 von Österreich nach Italien ausgereist und daraufhin von den italienischen Grenzorganen formlos nach Österreich zurückgeschoben worden sei. Dabei sei er weder im Besitz eines gültigen afghanischen Reisepasses noch eines für Österreich erforderlichen Visums gewesen. Sein Aufenthalt auf dem Gebiet der Republik Österreich sei somit unrechtmäßig gewesen, weshalb eine Ausweisung durch die Bezirkshauptmannschaft Villach zu Recht erlassen worden sei. Wenn diese dabei vom gesetzlich eingeräumten Ermessen zum Nachteil des Beschwerdeführers Gebrauch gemacht hat, so habe sie offenkundig darauf Bedacht genommen, dass der Einhaltung der Fremde betreffenden Vorschriften ein hoher Stellenwert zukomme. Da der Beschwerdeführer keine Bindungen zu Österreich aufweise, komme die Schutzbestimmung des § 37 FrG nicht zum Tragen. Die erstinstanzliche Aberkennung der aufschiebenden Wirkung der Berufung sei jedoch zu beheben, weil der Beschwerdeführer am 5. April 2002 beim Bundesasylamt Graz einen Asylantrag gestellt habe, sich in Bundesbetreuung befinde und gemäß § 21 Abs. 2 Asylgesetz als Asylwerber nicht in den Herkunftsstaat abgeschoben werden dürfe.
Über die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde hat der Verwaltungsgerichtshof nach Vorlage der Verwaltungsakten samt einer Gegenschrift durch die belangte Behörde erwogen:
Eingangs ist festzuhalten, dass entgegen der Beschwerdeansicht die Rückübernahme eines Fremden durch Österreich wegen des Fehlens jeglicher gesetzlicher Grundlage keinen Titel für eine Rechtmäßigkeit des Aufenthaltes darstellt und eine schon vorher bestandene Rechtswidrigkeit des Aufenthaltes nicht sanieren kann.
Dennoch ist die Beschwerde berechtigt:
Gemäß § 33 Abs. 1 FrG können Fremde mit Bescheid ausgewiesen werden, wenn sie sich nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhalten.
Gemäß § 31 Abs. 1 halten sich Fremde ua. dann rechtmäßig im Bundesgebiet auf, solange ihnen eine Aufenthaltsberechtigung nach dem Asylgesetz 1997 zukommt (Z 4). Im vorliegenden Fall hat die belangte Behörde selbst auf den Asylantrag des Beschwerdeführers vom 5. April 2002 und weiters auf den Abschiebeschutz für Asylwerber gemäß § 21 Abs. 2 Asylgesetz 1997 verwiesen. Weiters ist dem in den Verwaltungsakten erliegenden Ausdruck aus dem AIS zu entnehmen, dass dem Beschwerdeführer seit 16. September 2002 eine vorläufige Aufenthaltsberechtigung zukomme. Mit der demnach im Raum stehenden Frage einer vorläufigen Aufenthaltsberechtigung hat sich die belangte Behörde nicht auseinandergesetzt. Dieser Verfahrensmangel ist relevant, weil im Fall des Bestehens einer vorläufigen asylrechtlichen Aufenthaltsberechtigung der Aufenthalt des Beschwerdeführers gemäß § 31 Abs. 1 Z 4 FrG nicht als rechtswidrig gewertet werden kann und diese Berechtigung somit der verfügten Ausweisung entgegen stünde.
Der Hinweis der belangten Behörde in der Gegenschrift auf die Bestimmung des § 31 Abs. 2 FrG geht fehl. Diese lautet:
"Auch bei Vorliegen der Voraussetzungen des Abs. 1 Z 1 halten sich Fremde nicht rechtmäßig im Bundesgebiet auf, wenn sie auf Grund eines Rückübernahmeabkommens (§ 4 Abs. 4) oder internationaler Gepflogenheit rückgenommen werden mussten oder auf Grund einer Durchbeförderungserklärung (§ 58) oder einer Durchlieferungsbewilligung gemäß § 67 des Auslieferungs- und Rechtshilfegesetzes (ARHG), BGBl. Nr. 529/1979, eingereist sind oder wenn ein Vertragsstaat über sie einen Zurückweisungstatbestand mitgeteilt hat."
Diese Anordnung ist somit ausdrücklich auf den Tatbestand des § 31 Abs. 1 Z 1 FrG (rechtmäßiger Aufenthalt nach legaler Einreise) bezogen. Die Rückübernahme hat aber für eine Aufenthaltsberechtigung nach dem Asylgesetz 1997 (§ 31 Abs. 1 Z 4 FrG) keine Bedeutung.
Wie vorhin ausgeführt leidet der angefochtene Bescheid daher an einem Begründungsmangel und war gemäß § 42 Abs. 2 Z 3 lit. c VwGG wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.
Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2003.
Wien, am 26. September 2006
Schlagworte
Begründung BegründungsmangelEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2006:2003210056.X00Im RIS seit
07.11.2006Zuletzt aktualisiert am
07.12.2011