TE OGH 1998/7/2 2Nd503/98

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Veröffentlicht am 02.07.1998
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Angst als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Niederreiter und Dr. Tittel als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Dr. Manfred R*****, vertreten durch Dr. Dieter Böhmdorfer, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagte Partei L*****GmbH & Co KG, ***** vertreten durch Dr. Lothar Troll, Rechtsanwalt in Graz wegen S 109.884,-- sA, über den Antrag der klagenden Partei auf Delegierung in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluß

gefaßt:

Spruch

Die Rechtssache wird dem Landesgericht für Zivilrechtssachen Graz abgenommen und es wird das Landesgericht für Zivilrechtssachen Wien zur Verhandlung und Entscheidung bestimmt.

Text

Begründung:

Die beklagte Partei hat auf der an die Liegenschaft des Klägers angrenzenden Liegenschaft ein Haus errichtet. Beide Liegenschaften liegen in Wien.

In der beim Landesgericht für Zivilrechtssachen Graz eingebrachten Klage nimmt der in Wien wohnende Kläger die beklagte Partei, die ihren Sitz im Sprengel des angerufenen Gerichtes hat, mit der Begründung in Anspruch, im Zuge der Bauarbeiten sei es infolge unsachgemäßer Bauführung zu Setzungsrissen an seinem Haus gekommen. Er beantragte seine Vernehmung und die Vernehmung von neun Zeugen, von denen sieben in Wien wohnen und auch die übrigen Zeugen unter Wiener Anschrift zu laden sind, sowie die Vornahme eines Lokalaugenscheines.

Die beklagte Partei beantragte die Abweisung des Klagebegehrens. Die Bauarbeiten seien mit größter Sorgfalt durchgeführt worden; allfällige Setzungsrisse am Hause des Klägers seien auf andere Ursachen zurückzuführen. Sie beantragte die Vernehmung dreier Zeugen, wovon zwei bereits vom Kläger bekanntgegeben wurden und der dritte Zeuge ebenfalls in Wien wohnt.

Das Landesgericht für ZRS Graz beauftragte einen in Graz wohnenden Sachverständigen mit der Erstelllung eines Gutachtens "hinsichtlich der Kausalität der behaupteten Setzungsschäden sowie der sich daraus ergebenden Schadenshöhe". Eine Befundaufnahme wurde nach der Aktenlage noch nicht durchgeführt.

Der Kläger begehrt nunmehr die Delegierung der Rechtssache an das Landesgericht für Zivilrechtssachen Wien, weil das Bauvorhaben in Wien durchgeführt worden sei, alle zu vernehmenden Zeugen ihre Ladungsanschrift in Wien hätten und auch der beantragte Lokalaugenschein im Sprengel des Wiener Gerichtes durchzuführen sein werde.

Die beklagte Partei sprach sich gegen die beantragte Delegierung der Rechtssache aus. Zwei Zeugen (Bauleiter bzw Polier) hätten ihren Wohnsitz in der Steiermark und hielten sich durchschnittlich zwei Tage in Wien auf. Der für die Parteienvernehmung in Frage kommende Geschäftsführer wohne ebenfalls in der Steiermark. Der bestellte Sachverständige habe sich bereits intensiv mit den Unterlagen (das sind zwei Privatgutachten) beschäftigt. Eine Umbestellung des Sachverständigen führe zu einem höheren und vermeidbaren Kostenaufwand. Schließlich sei das Gericht, an das die Rechtssache delegiert werden soll, "amtsbekannt überlastet", weshalb mit einer längeren Prozeßdauer gerechnet werden müsse.

Das Prozeßgericht erster Instanz gab zur beantragten Delegierung keine Stellungnahme ab.

Rechtliche Beurteilung

Der Delegierungsantrag ist gerechtfertigt.

Nach § 31 Abs 1 JN kann aus Gründen der Zweckmäßigkeit auf Antrag einer Partei anstelle des zuständigen Gerichtes ein anderes Gericht gleicher Gattung zur Verhandlung und Entscheidung bestimmt werden.Nach Paragraph 31, Absatz eins, JN kann aus Gründen der Zweckmäßigkeit auf Antrag einer Partei anstelle des zuständigen Gerichtes ein anderes Gericht gleicher Gattung zur Verhandlung und Entscheidung bestimmt werden.

Bei Beurteilung der Zweckmäßigkeit ist unter anderem der Wohnort der Parteien und der zu vernehmenden Zeugen sowie die Lage des Augenscheingegenstandes zu berücksichtigen. Zielsetzung der Delegation ist eine wesentliche Verkürzung und/oder Verbilligung des Verfahrens sowie eine Erleichterung des Gerichtszuganges (vgl Mayr in Rechberger, ZPO § 31 JN Rz 4 mwN).Bei Beurteilung der Zweckmäßigkeit ist unter anderem der Wohnort der Parteien und der zu vernehmenden Zeugen sowie die Lage des Augenscheingegenstandes zu berücksichtigen. Zielsetzung der Delegation ist eine wesentliche Verkürzung und/oder Verbilligung des Verfahrens sowie eine Erleichterung des Gerichtszuganges vergleiche Mayr in Rechberger, ZPO Paragraph 31, JN Rz 4 mwN).

Im vorliegenden Fall sind alle Zeugen unter Anschriften in Wien zu laden. Zwei Zeugen, deren Vernehmung von der beklagten Partei beantragt wurde, verbringen einen nicht unwesentlichen Teil der Woche in Wien und können daher problemlos dort vernommen werden. Der beantragte Ortsaugenschein ist ebenfalls in Wien durchzuführen. Die Bestellung eines Wiener Sachverständigen aus dem Bauwesen führt auch unter Berücksichtigung der Kosten des bereits bestellten Sachverständigen voraussichtlich zu einer Verbilligung des Verfahrens. Von einer "amtsbekannten Überlastung" des Gerichtes, an das die Rechtssache delegiert werden soll, kann nicht die Rede sein, wobei im übrigen eine Überlastung eines Gerichtes keine Bedeutung für die Frage der Delegierung hätte (vgl JBl 1476, 385; EF 69.714 ua).Im vorliegenden Fall sind alle Zeugen unter Anschriften in Wien zu laden. Zwei Zeugen, deren Vernehmung von der beklagten Partei beantragt wurde, verbringen einen nicht unwesentlichen Teil der Woche in Wien und können daher problemlos dort vernommen werden. Der beantragte Ortsaugenschein ist ebenfalls in Wien durchzuführen. Die Bestellung eines Wiener Sachverständigen aus dem Bauwesen führt auch unter Berücksichtigung der Kosten des bereits bestellten Sachverständigen voraussichtlich zu einer Verbilligung des Verfahrens. Von einer "amtsbekannten Überlastung" des Gerichtes, an das die Rechtssache delegiert werden soll, kann nicht die Rede sein, wobei im übrigen eine Überlastung eines Gerichtes keine Bedeutung für die Frage der Delegierung hätte vergleiche JBl 1476, 385; EF 69.714 ua).

Es kann daher die Rechtssache aller Voraussicht nach rascher und mit geringerem Kostenaufwand vor dem Landesgericht für ZRS Wien durchgeführt werden.

Anmerkung

E50674 02J05038

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1998:0020ND00503.98.0702.000

Dokumentnummer

JJT_19980702_OGH0002_0020ND00503_9800000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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