TE OGH 1998/7/2 12Os80/98

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Veröffentlicht am 02.07.1998
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 2.Juli 1998 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Rzeszut als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Schindler, Dr.E.Adamovic, Dr.Holzweber und Dr.Philipp als weitere Richter, in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag.Kofler als Schriftführerin in der Strafsache gegen Stefan N***** wegen des Verbrechens der Unzucht mit Unmündigen nach § 207 Abs 1 StGB über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichtes Klagenfurt als Schöffengericht vom 25.März 1998, GZ 12 Vr 1944/97-14, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:Der Oberste Gerichtshof hat am 2.Juli 1998 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Rzeszut als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Schindler, Dr.E.Adamovic, Dr.Holzweber und Dr.Philipp als weitere Richter, in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag.Kofler als Schriftführerin in der Strafsache gegen Stefan N***** wegen des Verbrechens der Unzucht mit Unmündigen nach Paragraph 207, Absatz eins, StGB über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichtes Klagenfurt als Schöffengericht vom 25.März 1998, GZ 12 römisch fünf r 1944/97-14, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Der Nichtigkeitsbeschwerde wird Folge gegeben, das angefochtene Urteil im Schuld- und Strafausspruch aufgehoben und die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung im Umfang der Aufhebung an das Erstgericht zurückverwiesen.

Mit ihren Berufungen werden die Staatsanwaltschaft und der Angeklagte darauf verwiesen.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde Stefan N***** des Verbrechens der Unzucht mit Unmündigen nach § 207 Abs 1 StGB schuldig erkannt, weil er im Herbst 1996 in Eberndorf die am 27.November 1991 geborene, somit unmündige Romana P***** durch Betasten ihres Geschlechtsteiles auf andere Weise als durch Beischlaf zur Unzucht mißbrauchte.Mit dem angefochtenen Urteil wurde Stefan N***** des Verbrechens der Unzucht mit Unmündigen nach Paragraph 207, Absatz eins, StGB schuldig erkannt, weil er im Herbst 1996 in Eberndorf die am 27.November 1991 geborene, somit unmündige Romana P***** durch Betasten ihres Geschlechtsteiles auf andere Weise als durch Beischlaf zur Unzucht mißbrauchte.

Hingegen wurde er ua vom weiteren Anklagevorwurf, Romana P***** auch Anfang Mai 1997 in Eberndorf durch einen gleichartigen Angriff auf andere Weise als durch Beischlaf zur Unzucht mißbraucht zu haben, im Hinblick auf einen von den Tatrichtern insoweit angenommenen, nicht näher konkretisierten "gewissen Unsicherheitsfaktor" (US 7) rechtskräftig freigesprochen.

Der gegen den Schuldspruch aus § 281 Abs 1 Z 5 und 9 lit a StPO erhobenen Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten kommt Berechtigung zu.Der gegen den Schuldspruch aus Paragraph 281, Absatz eins, Ziffer 5 und 9 Litera a, StPO erhobenen Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten kommt Berechtigung zu.

Rechtliche Beurteilung

Das Schöffengericht stützte den Schuldspruch auf die ihrer Mutter und dem Sachverständigen für Psychologie Dr.T***** gegenüber gemachten Angaben der Romana P*****, auf den Umstand, "daß die Mutter auf Grund der Erzählungen ihrer Tochter Romana vom Geschehen tatsächlich überzeugt war", und auf das Gutachten des beigezogenen Sachverständigen für Psychologie (US 6 f).

Da sich das Erstgericht mit jenen in der Beschwerde aktengetreu zitierten Angaben der Großmutter des Kindes, Margarethe P*****, wonach die Unmündige nicht ehrlich sei, "einmal die Wahrheit und einmal nicht die Wahrheit sagt" und auch den Halbbruder ihrer Mutter zu Unrecht bezichtige, sie zu schlagen (175), nicht auseinandersetzte, war der Nichtigkeitsbeschwerde, ohne daß es einer Erörterung des weiteren Beschwerdevorbringens bedarf, schon im aufgezeigten Umfang Folge zu geben:

Denn wenn für das erkennende Gericht (wie hier) - insoweit vom Angeklagten nicht bekämpft - eine persönliche Vernehmung der Unmündigen gemäß § 162 a StPO "auf Grund des geringen Alters" (US 7) ohne Prüfung der dafür maßgebenden Prämissen, ob die (vom Angeklagten nicht beantragte) Einvernahme auch bei entsprechend behutsamen, die kindliche Psyche berücksichtigendem Vorgehen eine fortlaufende psychische Schädigung der Unmündigen, die durch deren psychische Beschaffenheit bedingt ist, ernstlich befürchten läßt (EvBl 1993/48, EvBl 1990/72, JBl 1996, 168, EvBl 1997/155), nicht in Betracht kam, solcherart das Gebot der Unmittelbarkeit durchbrochen und das (sonst nach Möglichkeit keiner Beschränkung zu unterwerfende) Fragerecht des Angeklagten (Art 6 Abs 3 lit d MRK) im Interesse des unmündigen Tatopfers paralysiert wird, ist den zur Verfügung stehenden Kontrollbeweisen besondere Bedeutung beizumessen.Denn wenn für das erkennende Gericht (wie hier) - insoweit vom Angeklagten nicht bekämpft - eine persönliche Vernehmung der Unmündigen gemäß Paragraph 162, a StPO "auf Grund des geringen Alters" (US 7) ohne Prüfung der dafür maßgebenden Prämissen, ob die (vom Angeklagten nicht beantragte) Einvernahme auch bei entsprechend behutsamen, die kindliche Psyche berücksichtigendem Vorgehen eine fortlaufende psychische Schädigung der Unmündigen, die durch deren psychische Beschaffenheit bedingt ist, ernstlich befürchten läßt (EvBl 1993/48, EvBl 1990/72, JBl 1996, 168, EvBl 1997/155), nicht in Betracht kam, solcherart das Gebot der Unmittelbarkeit durchbrochen und das (sonst nach Möglichkeit keiner Beschränkung zu unterwerfende) Fragerecht des Angeklagten (Artikel 6, Absatz 3, Litera d, MRK) im Interesse des unmündigen Tatopfers paralysiert wird, ist den zur Verfügung stehenden Kontrollbeweisen besondere Bedeutung beizumessen.

Das Erstgericht wäre daher schon im Hinblick auf seine eingangs wiedergegebene, in bezug auf die Verläßlichkeit der Angaben des Tatopfers faktenbezogen divergente Beweiswürdigung verhalten gewesen, - ungeachtet des Umstandes, daß die Angaben der Margarethe P***** den Sachverständigen nicht zu anderen gutächtlichen Schlußfolgerungen bewogen (187) - dieses Verfahrensergebnis - auch in Anbetracht des Umstandes, daß die Unmündige vor der Gendarmerie angab, die Angriffe des Angeklagten seien jeweils über der Unterbekleidung erfolgt (23 ff), den Tatablauf anläßlich der Exploration durch den Sachverständigen aber davon partiell abweichend (ON 8) schilderte - einer eingehenden eigenständigen Erörterung zu unterziehen, da die Berücksichtigung dieses Beweisergebnisses eine andere Beurteilung der dem Ausspruch über die Schuld des Angeklagten zugrunde gelegten Verläßlichkeit der Angaben der Unmündigen und der darauf beruhenden entscheidenden Tatsachen nicht von vornherein ausschließt.

Mit ihren Berufungen waren die Staatsanwaltschaft und der Angeklagte auf die (teil-)kassatorische Entscheidung zu verweisen.

Anmerkung

E51037 12D00808

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1998:0120OS00080.98.0702.000

Dokumentnummer

JJT_19980702_OGH0002_0120OS00080_9800000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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