TE Vfgh Beschluss 2002/6/11 A13/01 ua

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Veröffentlicht am 11.06.2002
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Index

10 Verfassungsrecht
10/07 Verfassungsgerichtshof, Verwaltungsgerichtshof

Norm

VfGG §33
VfGG §34
ZPO §63 Abs1
ZPO §530 Abs1 Z7

Spruch

1. Der Antrag auf Wiederaufnahme des Verfahrens zu A13/01 wird abgewiesen.

2. Der Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand in dem Verfahren zu A13/01 wird zurückgewiesen.

3. Die Anträge auf Bewilligung der Verfahrenshilfe zur Einbringung einer Klage gem. Art137 B-VG werden zurückgewiesen.

Begründung

Begründung:

1. Der Einschreiter hatte mit - gleichlautenden - Schriftsätzen vom 26. November 2001 sowie vom 11. und 24. Jänner 2002 selbstverfaßte "Liquidierungsklagen gemäß Art137 B-VG" betreffend dem Einschreiter gebührende, ihm jedoch behauptetermaßen nicht ausbezahlte Notstandshilfe für die Monate September-November 2001 eingebracht und gleichzeitig die Bewilligung der Verfahrenshilfe beantragt. Die Verfahrenshilfeanträge wurden mit Beschlüssen des Verfassungsgerichtshofs vom 16. Jänner bzw. 25. Februar 2002 ab- bzw.

- wegen entschiedener Sache - zurückgewiesen.

Mit hg. Beschluß vom 25. Februar 2002 wurde auch die selbstverfaßte Klage gem. Art137 B-VG als unzulässig zurückgewiesen, weil die dem Einschreiter gesetzte Frist zur Einbringung der Klage durch einen bevollmächtigten Rechtsanwalt ungenützt verstrichen war.

2. Mit Schriftsätzen vom 9. April 2002, beim Verfassungsgerichtshof eingelangt am 10. April 2002, beantragt der Einschreiter die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand sowie die Wiederaufnahme des Verfahrens, schließlich die Verfahrenshilfe in vollem Umfange zur (neuerlichen) Einbringung einer Klage gem. Art137

B-VG.

3. Die Anträge erweisen sich als unzulässig bzw. unbegründet:

3.1. Der Einschreiter behauptet, es sei ihm mangels ausreichender finanzieller Mittel, überdies deshalb, weil der Verfassungsgerichtshof einen "falschen, erlogenen" Sachverhalt angenommen bzw. weitere, präzisierende Schriftsätze des Einschreiters "unterschlagen" und "vertuscht" habe, nicht möglich gewesen, innerhalb der vom Verfassungsgerichtshof gesetzten Frist die Klage durch einen bevollmächtigten Rechtsanwalt einzubringen.

Eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen Versäumung einer Frist ist indes gem. §33 VfGG ausschließlich in den Fällen des Art144 B-VG zulässig (vgl. VfSlg. 1550/1947). Da es sich im vorliegenden Fall um eine Klagssache gem. Art137 B-VG handelt, ist der vom Einschreiter gestellte Wiedereinsetzungsantrag schon aus diesem Grund als unzulässig zurückzuweisen, sodaß dahinstehen kann, ob mit dem obigen Vorbringen überhaupt ein gesetzlicher Wiedereinsetzungsgrund geltend gemacht wird (vgl. insbesondere VfSlg. 8754/1980, wonach Geldmangel prinzipiell kein unabwendbares Ereignis iS des §146 Abs1 ZPO bildet).

3.2.1. Gemäß §34 VfGG kann eine Wiederaufnahme des Verfahrens ua. in den Fällen des Art137 B-VG stattfinden. Da §34 VfGG eine nähere Regelung nicht enthält, gelten für die Wiederaufnahme gemäß §35 Abs1 VfGG sinngemäß die Bestimmungen der ZPO (VfSlg. 8972/1980, 9126/1981). Gemäß §530 Abs1 Z7 ZPO kann ein Verfahren, das "durch eine die Sache erledigende Entscheidung abgeschlossen worden ist," auf Antrag einer Partei wiederaufgenommen werden, "wenn die Partei in Kenntnis von neuen Tatsachen gelangt oder Beweismittel auffindet oder zu benützen in den Stand gesetzt wird, deren Vorbringen und Benützung in früheren Verfahren eine ihr günstigere Entscheidung herbeigeführt haben würde".

Voraussetzung für die Zulässigkeit eines Wiederaufnahmsantrags ist nach §530 Abs1 ZPO der Abschluß des Verfahrens durch "eine die Sache erledigende Entscheidung". Eine solche liegt nicht nur dann vor, wenn der dem jeweiligen Verfahren zugrunde liegende Rechtsschutzantrag meritorisch erledigt wird, sondern immer schon dann, wenn durch sie das Verfahren beendet wird. Eine verfahrensbeendende Entscheidung in diesem Sinne ist nach ständiger Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofs zB ein Beschluß, mit dem die Behandlung einer Beschwerde gem. Art144 Abs2 B-VG abgelehnt (zB VfSlg. 15.086/1998, 15.340/1998; VfGH 27. November 2001, B928/01) oder mit dem eine Beschwerde mangels Legitimation des Einschreiters (§19 Abs3 Z2 lite VfGG; zB VfSlg. 7080/1973) oder als verspätet (§19 Abs3 Z2 litb VfGG; zB VfSlg. 11.267/1987, 14.695/1996) zurückgewiesen wird.

Ein Beschluß, mit dem ein Verfahrenshilfeantrag ab- oder (wie in Pkt. II. des hg. Beschlusses vom 25. Februar 2002) zurückgewiesen wird, ist dagegen keine die Sache erledigende Entscheidung iS des §530 Abs1 ZPO (zB VfSlg. 8972/1980 uva.), weshalb der Antrag auf Wiederaufnahme des Verfahrens insoweit unzulässig ist.

Mit dem soeben genannten hg. Beschluß vom 25. Februar 2002 wurde jedoch auch die selbstverfaßte "Liquidierungsklage" des Einschreiters wegen nichtbehobenen Mangels eines formellen Erfordernisses als unzulässig zurückgewiesen (Pkt. I.). Dem Einschreiter ist darin zuzustimmen, daß dieser Beschluß als eine die Sache erledigende, dh. verfahrensbeendende Entscheidung iS des §530 Abs1 ZPO anzusehen ist. Da der Antrag auch einen gesetzlichen Wiederaufnahmsgrund (nämlich jenen des §530 Abs1 Z7 ZPO) bezeichnet und innerhalb der vierwöchigen Frist (vgl. §534 Abs1 iVm Abs2 Z4 ZPO), somit rechtzeitig, gestellt wurde, ist er insoweit zulässig.

3.2.2. Der Antrag auf Wiederaufnahme des Verfahrens ist jedoch, soweit er zulässig ist, unbegründet:

Neue Tatsachen oder Beweismittel können nur dann einen Wiederaufnahmsgrund bilden, wenn sie solcher Art sind, daß ihre Berücksichtigung im Rahmen der dem Verfassungsgerichtshof zukommenden Prüfungs- und Entscheidungsbefugnis im verfassungsgerichtlichen Verfahren eine der Partei günstigere Entscheidung möglich erscheinen läßt (VfSlg. 3532/1959, 6469/1971, 9126/1981), wobei bei der Prüfung der Frage, ob die Möglichkeit eines günstigeren Ergebnisses besteht, von der Rechtsansicht auszugehen ist, die der die Sache erledigenden Entscheidung zugrunde liegt (JBl 1954, 98; SZ 59/14; vgl. auch VfSlg. 3532/1959). Eine Wiederaufnahme aus rein rechtlichen Gründen ist nämlich nach der ZPO ausgeschlossen (VfSlg. Anh. 5/1950, 12.993/1992).

Sinn und Zweck des in §530 Abs1 Z7 ZPO genannten Wiederaufnahmegrundes ist ausschließlich die Beseitigung einer unrichtigen (oder die Ergänzung einer unvollständigen) Tatsachengrundlage des mit dem Antrag auf Wiederaufnahme angefochtenen Beschlusses (vgl. VfSlg. 15.716/2000 mwN).

Dem hg. Beschluß vom 25. Februar 2002 - der mit dem vorliegenden Antrag auf Wiederaufnahme bekämpft wird - ist nun zu entnehmen, daß die Klage allein deshalb als unzulässig zurückgewiesen wurde, weil die vom Einschreiter beabsichtigte Klage gem. Art137 B-VG nicht innerhalb der vom Verfassungsgerichtshof gesetzten Frist durch einen bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht worden ist.

Die im Wiederaufnahmsantrag vorgebrachten Tatsachen und Beweismittel sollen indes nach den Absichten des Einschreiters lediglich erkennen lassen, daß der Verfassungsgerichtshof in seinem Beschluß vom 16. Jänner 2002, mit dem der Verfahrenshilfeantrag des Einschreiters abgewiesen worden ist, von einem unzutreffenden Sachverhalt ausgegangen sei, betreffen aber nicht die den Zurückweisungsgrund tragende Sachverhaltsgrundlage des Beschlusses vom 25. Februar 2002.

Der Antrag auf Wiederaufnahme des Verfahrens war deshalb abzuweisen.

3.3. Die von neuem eingebrachten Verfahrenshilfeanträge waren - im Hinblick auf die hg. Beschlüsse vom 16. Jänner und vom 25. Februar 2002 - wegen rechtskräftig entschiedener Sache als unzulässig zurückzuweisen.

4. Dies konnte ohne weiteres Verfahren und ohne vorangegangene mündliche Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung beschlossen werden (§19 Abs3 Z2 litd, §§33 und 34 VfGG).

5. Der Einschreiter wird in Kenntnis gesetzt, daß gegen Personen, die die Tätigkeit des Verfassungsgerichtshofs offenbar mutwillig in Anspruch nehmen, gemäß §28 Abs2 VfGG eine Mutwillensstrafe verhängt werden kann.

Schlagworte

VfGH / Klagen, VfGH / Verfahrenshilfe, VfGH / Wiederaufnahme, VfGH / Wiedereinsetzung, Rechtskraft

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VFGH:2002:A13.2001

Dokumentnummer

JFT_09979389_01A00013_3_00
Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
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