TE OGH 1998/7/15 3Ob184/98z

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Veröffentlicht am 15.07.1998
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Hofmann als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Graf, Dr. Pimmer, Dr. Zechner und Dr. Sailer als weitere Richter in der Exekutionssache der betreibenden Partei Brigitte M*****, wider die verpflichtete Partei Rudolf H***** , wegen DM 63.286,64 sA, infolge Rekurses des Manfred M*****, gegen den Beschluß des Landesgerichtes Salzburg als Rekursgerichtes vom 27. November 1997, GZ 53 R 389/97f-9, womit über den Rekurswerber eine Ordnungsstrafe verhängt wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

Spruch

Dem Rekurs wird Folge gegeben.

Der angefochtene Beschluß wird in seinem Punkt II. ersatzlos aufgehoben.Der angefochtene Beschluß wird in seinem Punkt römisch II. ersatzlos aufgehoben.

Text

Begründung:

Die betreibende Partei beantragte beim Bezirksgericht S***** die Bewilligung der Forderungsexekution und bezeichnete darin ihren (nach dessen Behauptungen im Verfahren) Ehemann als Bevollmächtigten.

Einem Verbesserungsauftrag des Erstgerichtes kam dieser angebliche Vertreter nur unzureichend nach, insbesondere legte er weder eine Vollmacht noch das Original des deutschen Exekutionstitels vor.

Das Erstgericht wies daraufhin mit Beschluß vom 3.6.1998 (ON 3) den (ergänzten) Antrag auf Vollstreckbarerklärung und den Exekutionsantrag ab. Dagegen erhob der Vertreter der betreibenden Partei "Beschwerde und Widerspruch".

Mit dem angefochtenen Beschluß stellte das Rekursgericht den Akt dem Erstgericht zur Durchführung eines Verbesserungsverfahren zu der als Rekurs zu wertenden Eingabe des Manfred M***** (Punkt I.). Zugleich verhängte es über diesen wegen beleidigender Ausfälle in diesem Schriftsatz gemäß § 86 ZPO iVm § 78 EO - diese Bestimmung sei gemäß § 39 ZPO auch auf den Bevollmächtigten anzuwenden - eine Ordnungsstrafe von S 5.000 (Punkt II.). Außerdem sprach es aus, daß der Rekurs gegen Punkt II. zulässig sei.Mit dem angefochtenen Beschluß stellte das Rekursgericht den Akt dem Erstgericht zur Durchführung eines Verbesserungsverfahren zu der als Rekurs zu wertenden Eingabe des Manfred M***** (Punkt römisch eins.). Zugleich verhängte es über diesen wegen beleidigender Ausfälle in diesem Schriftsatz gemäß Paragraph 86, ZPO in Verbindung mit Paragraph 78, EO - diese Bestimmung sei gemäß Paragraph 39, ZPO auch auf den Bevollmächtigten anzuwenden - eine Ordnungsstrafe von S 5.000 (Punkt römisch II.). Außerdem sprach es aus, daß der Rekurs gegen Punkt römisch II. zulässig sei.

Diese Entscheidung wurde (laut Zustellverfügung des Erstgerichtes bloß in Form einer Ablichtung) der betreibenden Partei - allerdings in Form einer Ersatzzustellung an deren Ehemann - am 19.1.1998 zugestellt, nicht aber Manfred M***** selbst.

Gegen diesen Beschluß richtet sich der als Rekurs zu wertende "Widerspruch" des Manfred M***** vom 21.1.1998 (ON 12, Postaufgabe am selben Tag), mit dem er erkennbar die Aufhebung der Ordnungsstrafe anstrebt.

Rechtliche Beurteilung

Der Rekurs ist auch berechtigt.

Zutreffend weist das Rekursgericht in seinem Aktenvermerk ON 25 (AS 111) darauf hin, daß der rechtskräftige Zurückweisungsbeschluß des Erstgerichtes vom 12.3.1998 (ON 18) nur Rekurse der betreibenden Partei, nicht aber einen solchen des Manfred M***** persönlich betrifft.

Ein Verbesserungsverfahren ist nicht erforderlich, weil analog § 348 ZPO für den als Bevollmächtigter einer Partei auftretenden Rekurswerber keine Anwaltspflicht besteht. Diese Begünstigung gegenüber den Parteien im Zivil- und Exekutionsverfahren, bei denen schriftliche Rekurse von einem Rechtsanwalt unterzeichnet sein müssen (§ 27 Abs 1 und § 520 ZPO iVm § 78 EO), läßt sich damit begründen, daß der Rekurswerber nicht Partei ist, sondern ebenso wie Zeugen und Sachverständige (für die § 367 ZPO auf die Regelung des Zeugenbeweises verweist) nur ein in unterschiedlicher Weise vom Verfahren Betroffener. Aus § 348 ZPO wird aber allgemein eine Ausnahme von der Anwaltspflicht abgeleitet (Fasching III 463 und für die Sachverständigen 506; derselbe Lehrbuch2 Rz 440 und 1993; Rechberger/Simotta ZPR4 Rz 245 Kodek in Rechberger Rz 1 zu § 348 ZPO). Ob allenfalls nach § 39 ZPO wegen der darin angeordneten Gleichstellung von Bevollmächtigten mit den Parteien für erstere etwas anderes gelten sollte (was nur für solche eine Rolle spielen kann, die weder Rechtsanwälte noch Notare sind) kann hier offen bleiben, weil das Verbesserungsverfahren betreffend den ersten Antrag und auch den Rekurs ON 4 erfolglos blieb.Ein Verbesserungsverfahren ist nicht erforderlich, weil analog Paragraph 348, ZPO für den als Bevollmächtigter einer Partei auftretenden Rekurswerber keine Anwaltspflicht besteht. Diese Begünstigung gegenüber den Parteien im Zivil- und Exekutionsverfahren, bei denen schriftliche Rekurse von einem Rechtsanwalt unterzeichnet sein müssen (Paragraph 27, Absatz eins und Paragraph 520, ZPO in Verbindung mit Paragraph 78, EO), läßt sich damit begründen, daß der Rekurswerber nicht Partei ist, sondern ebenso wie Zeugen und Sachverständige (für die Paragraph 367, ZPO auf die Regelung des Zeugenbeweises verweist) nur ein in unterschiedlicher Weise vom Verfahren Betroffener. Aus Paragraph 348, ZPO wird aber allgemein eine Ausnahme von der Anwaltspflicht abgeleitet (Fasching römisch III 463 und für die Sachverständigen 506; derselbe Lehrbuch2 Rz 440 und 1993; Rechberger/Simotta ZPR4 Rz 245 Kodek in Rechberger Rz 1 zu Paragraph 348, ZPO). Ob allenfalls nach Paragraph 39, ZPO wegen der darin angeordneten Gleichstellung von Bevollmächtigten mit den Parteien für erstere etwas anderes gelten sollte (was nur für solche eine Rolle spielen kann, die weder Rechtsanwälte noch Notare sind) kann hier offen bleiben, weil das Verbesserungsverfahren betreffend den ersten Antrag und auch den Rekurs ON 4 erfolglos blieb.

Nach § 86 Abs 2 ZPO idF vor der ZVN 1983 konnte auch über einen Rechtsanwalt, der den Schriftsatz unterfertigt hatte, eine Ordnungsstrafe wegen beleidigender Ausfälle in einem Schriftsatz verhängt werden. Die ZVN 1983 beseitigte ersatzlos diese Bestimmung mit dem Hinweis im AB (1337 Blg 15.GP) auf die Erläuterungen zu § 200 Abs 3, wonach nur Rechtsanwälte und Notare von der Strafbefugnis des Vorsitzenden oder des Senates ausgenommen werden. Nach Fasching (II 300 und 562) könne die Ordnungsstrafe nach § 86 ZPO auch gegen Parteienvertreter und Nebenintervenienten verhängt werden. Im Lehrbuch2 Rz 519 ist nur noch von den Parteien die Rede.Nach Paragraph 86, Absatz 2, ZPO in der Fassung vor der ZVN 1983 konnte auch über einen Rechtsanwalt, der den Schriftsatz unterfertigt hatte, eine Ordnungsstrafe wegen beleidigender Ausfälle in einem Schriftsatz verhängt werden. Die ZVN 1983 beseitigte ersatzlos diese Bestimmung mit dem Hinweis im AB (1337 Blg 15.GP) auf die Erläuterungen zu Paragraph 200, Absatz 3,, wonach nur Rechtsanwälte und Notare von der Strafbefugnis des Vorsitzenden oder des Senates ausgenommen werden. Nach Fasching (römisch II 300 und 562) könne die Ordnungsstrafe nach Paragraph 86, ZPO auch gegen Parteienvertreter und Nebenintervenienten verhängt werden. Im Lehrbuch2 Rz 519 ist nur noch von den Parteien die Rede.

Tatsächlich schließt nunmehr das Fehlen der Bestimmung des § 86 Abs 2 ZPO, welche einen Größenschluß auf andere Bevollmächtigte als Rechtsanwälte geradezu gebot, die analoge Anwendung des § 86 ZPO auf Bevollmächtigte generell aus, sodaß außerhalb von Verhandlungen eine Strafbefugnis des Zivilgerichtes diesen gegenüber fehlt. Beleidigungen in Schriftsätzen sind daher - unter der Voraussetzung einer aufrechten Bevollmächtigung - nur durch Strafen gegenüber den Parteien zu ahnden, ohne daß es darauf ankäme, von wem die Beleidigungen stammen. Umso weniger kann § 86 ZPO auf Zeugen, Sachverständige etc. angewendet werden, verbietet dies doch schon der Grundsatz, daß eine Strafe nur aufgrund einer nicht rückwirkenden (ausdrücklichen) Strafdrohung verhängt werden darf (§ 1 Abs 1 StGB, Art 7 Abs 1 MRK), auch wenn Ordnungsstrafen nach der ZPO nicht unter § 6 MRK fallen (EGMR - Putz JBl 1996,305 = ÖJZ 1996,434).Tatsächlich schließt nunmehr das Fehlen der Bestimmung des Paragraph 86, Absatz 2, ZPO, welche einen Größenschluß auf andere Bevollmächtigte als Rechtsanwälte geradezu gebot, die analoge Anwendung des Paragraph 86, ZPO auf Bevollmächtigte generell aus, sodaß außerhalb von Verhandlungen eine Strafbefugnis des Zivilgerichtes diesen gegenüber fehlt. Beleidigungen in Schriftsätzen sind daher - unter der Voraussetzung einer aufrechten Bevollmächtigung - nur durch Strafen gegenüber den Parteien zu ahnden, ohne daß es darauf ankäme, von wem die Beleidigungen stammen. Umso weniger kann Paragraph 86, ZPO auf Zeugen, Sachverständige etc. angewendet werden, verbietet dies doch schon der Grundsatz, daß eine Strafe nur aufgrund einer nicht rückwirkenden (ausdrücklichen) Strafdrohung verhängt werden darf (Paragraph eins, Absatz eins, StGB, Artikel 7, Absatz eins, MRK), auch wenn Ordnungsstrafen nach der ZPO nicht unter Paragraph 6, MRK fallen (EGMR - Putz JBl 1996,305 = ÖJZ 1996,434).

Die angefochtene Entscheidung war daher in ihrem Strafausspruch (Punkt II.) ersatzlos aufzuheben.Die angefochtene Entscheidung war daher in ihrem Strafausspruch (Punkt römisch II.) ersatzlos aufzuheben.

Anmerkung

E50978 03A01848

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1998:0030OB00184.98Z.0715.000

Dokumentnummer

JJT_19980715_OGH0002_0030OB00184_98Z0000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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