TE OGH 1998/7/15 7Rs95/98m

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Veröffentlicht am 15.07.1998
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Kopf

Das Oberlandesgericht Wien hat als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtsachen durch den Senatspräsidenten des Oberlandesgerichtes Dr. Hellwagner (Vorsitzender), den Richter des Oberlandesgerichtes DDr.Huberger und die Richterin des Oberlandesgerichtes Dr. Blaszczyk sowie die fachkundigen Laienrichter Paul Handler (aus dem Kreis der Arbeitgeber) und Prok. Walter Lihotzky (aus dem Kreis der Arbeitnehmer) in der Sozialrechtssache der klagenden Partei J***** *****, vertreten durch Dr. Peter Prikoszovits, Rechtsanwalt in 1070 Wien, wider die beklagte Partei Allgemeine Unfallversicherungsanstalt, 1203 Wien, Webergasse 4, wegen Versehrtenrente, infolge Berufung der beklagten Partei wider das Urteil des Arbeits- und Sozialgerichtes WIEN vom 3.12.1997, 29 Cgs 166/97a-20, gemäß den §§ 2 ASGG, 492 Abs.1 ZPO zu Recht erkannt:Das Oberlandesgericht Wien hat als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtsachen durch den Senatspräsidenten des Oberlandesgerichtes Dr. Hellwagner (Vorsitzender), den Richter des Oberlandesgerichtes DDr.Huberger und die Richterin des Oberlandesgerichtes Dr. Blaszczyk sowie die fachkundigen Laienrichter Paul Handler (aus dem Kreis der Arbeitgeber) und Prok. Walter Lihotzky (aus dem Kreis der Arbeitnehmer) in der Sozialrechtssache der klagenden Partei J***** *****, vertreten durch Dr. Peter Prikoszovits, Rechtsanwalt in 1070 Wien, wider die beklagte Partei Allgemeine Unfallversicherungsanstalt, 1203 Wien, Webergasse 4, wegen Versehrtenrente, infolge Berufung der beklagten Partei wider das Urteil des Arbeits- und Sozialgerichtes WIEN vom 3.12.1997, 29 Cgs 166/97a-20, gemäß den Paragraphen 2, ASGG, 492 Absatz , ZPO zu Recht erkannt:

Spruch

Der Berufung wird F O L G E gegeben und das angefochtene Urteil dahin abgeändert, daß des lautet:

,Das Klagebegehren des Inhaltes, die beklagte Partei sei schuldig, der klagenden Partei eine Versehrtenrente weiterhin über den 1.5.1997 hinaus insbesondere jedoch im Ausmaß von 100% der Vollrente samt Zusatzrente für den Zeitraum vom 16.6. 1997 bis 13.7.1997 zu gewähren, wird abgewiesen.

Die klagende Partei hat die Verfahrenskosten selbst zu tragen."

Text

Entscheidungsgründe:

Der am 4.10.1952 geborene Kläger erlitt am 23.5.1995 dadurch einen Arbeitsunfall, daß ihm ein Gitter auf den Kopf, Brustkorb und das rechte Bein fiel, wobei er eine Kopfverletzung, einen Bruch des rechten Oberschenkels mit Riß des mittleren Schenkelmuskels, Prellung des Brustkorbes mit Hautabschürfungen in diesem Bereich, Prellung des Bauches und der linken Niere sowie Rißquetschwunden an der Stirn erlitt. Mit Bescheid der beklagten Partei vom 31.10.1995 erhielt er ab 23.09.1995 eine vorläufige Versehrtenrente gemäß § 209 Abs.1 ASVG in der Höhe von S 2.474,-- wegen Minderung der Erwerbsfähigkeit um 20 vH. Mit Bescheid der beklagten Partei vom 4.3.1997 wurde diese vorläufige Rente mit Ablauf des Monates April 1997 entzogen, weil einer Minderung der Erwerbsfähigkeit im rentenbegründenden Ausmaß nicht mehr gegeben sei.Der am 4.10.1952 geborene Kläger erlitt am 23.5.1995 dadurch einen Arbeitsunfall, daß ihm ein Gitter auf den Kopf, Brustkorb und das rechte Bein fiel, wobei er eine Kopfverletzung, einen Bruch des rechten Oberschenkels mit Riß des mittleren Schenkelmuskels, Prellung des Brustkorbes mit Hautabschürfungen in diesem Bereich, Prellung des Bauches und der linken Niere sowie Rißquetschwunden an der Stirn erlitt. Mit Bescheid der beklagten Partei vom 31.10.1995 erhielt er ab 23.09.1995 eine vorläufige Versehrtenrente gemäß Paragraph 209, Absatz , ASVG in der Höhe von S 2.474,-- wegen Minderung der Erwerbsfähigkeit um 20 vH. Mit Bescheid der beklagten Partei vom 4.3.1997 wurde diese vorläufige Rente mit Ablauf des Monates April 1997 entzogen, weil einer Minderung der Erwerbsfähigkeit im rentenbegründenden Ausmaß nicht mehr gegeben sei.

Mit seiner dagegen erhobenen Klage vom 26.3.1997 begehrt der Kläger weiterhin die Zuerkennung einer Versehrtenrente wegen des bereits genannten Arbeitsunfalles mit dem wesentlichen Vorbringen, daß das rentenbegründende Ausmaß weiter gegeben sei.

Mit dem nunmehr angefochtenen Urteil hat das Erstgericht dem Klagebegehren dahingehend Folge gegeben, daß es zwar zum Stichtag 1.5.1997 das Vorliegen einer Minderung der Erwerbsfähigkeit von nur mehr 10% angenommen hat, jedoch infolge eines stationären Krankenhausaufenthaltes des Klägers im Landeskrankenhaus Mödling vom 15.6.1997 bis 19.6.1997 (ON 14) zur Gammernagelungsentfernung vom 16.6.1997 bis 13.7.1997 eine 100%ige Vollrente gewährte und eine vorläufige Leistung von S 13.800.-- samt Kostenersatz auferlegte.

Ausgehend von dem im Vorabsatz festgestellten unstrittigen Sachverhalt ging das Erstgericht in rechtlicher Hinsicht gemäß §§ 183,203 ASVG für den Fall der Änderung der Minderung der Erwerbsfähigkeit (Erhöhung) von einem Rentenanspruch des Klägers aus.Ausgehend von dem im Vorabsatz festgestellten unstrittigen Sachverhalt ging das Erstgericht in rechtlicher Hinsicht gemäß Paragraphen 183,,203 ASVG für den Fall der Änderung der Minderung der Erwerbsfähigkeit (Erhöhung) von einem Rentenanspruch des Klägers aus.

Gegen dieses Urteil richtet sich die Berufung der beklagten Partei wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung mit dem Begehren, es im klagsabweisenden Sinn abzuändern (ON 21).

Die beklagte Partei beantragte, der Berufung nicht Folge zu geben (ON 23).

Die Berufung ist berechtigt.

Rechtliche Beurteilung

Gemäß § 203 Abs 1 ASVG besteht Anspruch auf Versehrtenrente, "wenn die Erwerbsfähigkeit des Versehrten durch die Folgen eines Arbeitsunfalls oder eine Berufskrankheit über 3 Monate nach dem Eintritt des Versicherungsfalles hinaus um mindestens 20 vH vermindert ist; die Versehrtenrente gebührt für die Dauer der Minderung der Erwerbsfähigkeit um mindestens 20 vH". Diese Voraussetzung einer über 3 Monate hinausreichenden zumindest 20%igen MdE erfüllt der Kläger auch nach Auffassung der beklagten Partei unbestrittenermaßen. Daß allerdings bei einer durchgehend mindestens 20 vH betragenden MdE die Änderung auf ein höheres Maß ebenfalls über 3 Monate hinausreichen müsse, um berücksichtigt zu werden, läßt sich aus dieser Bestimmung nicht ableiten. Eine solche Auslegung würde vielmehr gegenüber dem Gesetzestext zu einer Einschränkung des Anspruches eines Versicherten führen, was dem Sinn sozialer Rechtsanwendung (SSV-NF 5/35; ausführlich Fink, Sukzessive Zuständigkeit, 90ff) widerspräche (OGH vom 8.7.1997, 10 ObS 171/97p).Gemäß Paragraph 203, Absatz eins, ASVG besteht Anspruch auf Versehrtenrente, "wenn die Erwerbsfähigkeit des Versehrten durch die Folgen eines Arbeitsunfalls oder eine Berufskrankheit über 3 Monate nach dem Eintritt des Versicherungsfalles hinaus um mindestens 20 vH vermindert ist; die Versehrtenrente gebührt für die Dauer der Minderung der Erwerbsfähigkeit um mindestens 20 vH". Diese Voraussetzung einer über 3 Monate hinausreichenden zumindest 20%igen MdE erfüllt der Kläger auch nach Auffassung der beklagten Partei unbestrittenermaßen. Daß allerdings bei einer durchgehend mindestens 20 vH betragenden MdE die Änderung auf ein höheres Maß ebenfalls über 3 Monate hinausreichen müsse, um berücksichtigt zu werden, läßt sich aus dieser Bestimmung nicht ableiten. Eine solche Auslegung würde vielmehr gegenüber dem Gesetzestext zu einer Einschränkung des Anspruches eines Versicherten führen, was dem Sinn sozialer Rechtsanwendung (SSV-NF 5/35; ausführlich Fink, Sukzessive Zuständigkeit, 90ff) widerspräche (OGH vom 8.7.1997, 10 ObS 171/97p).

Der Kläger kann sich aber auch nicht mit Erfolg auf § 183 ASVG berufen. Diese Bestimmung enthält - wie sich aus Text und Überschrift ergibt - nur Regelungen für eine Neufeststellung der Rente. Zwar wurde durch die Neufassung dieser Gesetzesstelle durch das Sozialrechts-Änderungsgesetz 1988 BGBl 1987/609 hierin ebenfalls eine Drei-Monats-Frist für eine Änderung der MdE um mindestens 10 vH eingeführt; dies hat jedoch begrifflich zur Voraussetzung, daß die Rente festgesetzt wurde und noch besteht. Normiert wird in dieser Bestimmung, unter welchen Voraussetzungen die Rechtskraft der seinerzeitigen Zuerkennung durchbrochen wird. Nur unter diesem Blickwinkel sind die einschränkenden Regelungen des § 183 ASVG zu verstehen. In die Rechtskraft kann nur unter den qualifizierten Voraussetzungen dieser Gesetzesstelle eingegriffen werden. Darum ging es auch in der in der Revisionsbeantwortung zitierten Entscheidung des Senates SSV-NF 5/107 = ZAS 1993/8. Dies gilt aber nicht, wenn die Rente bereits erloschen ist und der neue Zeitraum faktisch eine periodische Neufestsetzung darstellt.Der Kläger kann sich aber auch nicht mit Erfolg auf Paragraph 183, ASVG berufen. Diese Bestimmung enthält - wie sich aus Text und Überschrift ergibt - nur Regelungen für eine Neufeststellung der Rente. Zwar wurde durch die Neufassung dieser Gesetzesstelle durch das Sozialrechts-Änderungsgesetz 1988 BGBl 1987/609 hierin ebenfalls eine Drei-Monats-Frist für eine Änderung der MdE um mindestens 10 vH eingeführt; dies hat jedoch begrifflich zur Voraussetzung, daß die Rente festgesetzt wurde und noch besteht. Normiert wird in dieser Bestimmung, unter welchen Voraussetzungen die Rechtskraft der seinerzeitigen Zuerkennung durchbrochen wird. Nur unter diesem Blickwinkel sind die einschränkenden Regelungen des Paragraph 183, ASVG zu verstehen. In die Rechtskraft kann nur unter den qualifizierten Voraussetzungen dieser Gesetzesstelle eingegriffen werden. Darum ging es auch in der in der Revisionsbeantwortung zitierten Entscheidung des Senates SSV-NF 5/107 = ZAS 1993/8. Dies gilt aber nicht, wenn die Rente bereits erloschen ist und der neue Zeitraum faktisch eine periodische Neufestsetzung darstellt.

Im vorliegenden Fall ist aber mit Ablauf des Monats April 1997 die vorläufige Rente jedenfalls unstrittig erloschen, sodaß ab 1.5.1997 kein Versehrtenrentenanspruch des Klägers mehr bestand. Das Erstgericht verkennt die Entscheidung des OGH vom 8.7.1997, 10 ObS 171/97p, insoferne als in dem dort beurteilten Fall der stationäre Krankenhausaufenthalt***** noch im Zeitraum der Versehrtenrentengewährung lag, hier jedoch außerhalb, sodaß die oben genannten Kriterien gar nicht zum Tragen kommen können.

Wenn auch im Sinne der sozialen Rechtsanwendung ein Antrag im Zweifel zugunsten des Versicherten auszulegen ist (vgl. SSV-NF 4/21), ohne dadurch zu Fiktion tatsächlich nicht gestellter Anträge zu gelangen, so kann im vorliegenden Fall, wenn mit 1.5.1997 eine Versehrtenrente tatsächlich weggefallen ist, im Sinne einer ,Unterbrechung" es nicht eineinhalb Monate später zu einem kurzfristigen Wiederaufleben der [Voll]Rente unter Berufung auf §§ 183, 203 ASVG kommen.Wenn auch im Sinne der sozialen Rechtsanwendung ein Antrag im Zweifel zugunsten des Versicherten auszulegen ist vergleiche SSV-NF 4/21), ohne dadurch zu Fiktion tatsächlich nicht gestellter Anträge zu gelangen, so kann im vorliegenden Fall, wenn mit 1.5.1997 eine Versehrtenrente tatsächlich weggefallen ist, im Sinne einer ,Unterbrechung" es nicht eineinhalb Monate später zu einem kurzfristigen Wiederaufleben der [Voll]Rente unter Berufung auf Paragraphen 183,, 203 ASVG kommen.

Der Berufung war daher spruchgemäß Folge zu geben und zur Verdeutlichung war auch der Zuspruch der Vollrente abzuweisen.

Ein Ausspruch über die Zulässigkeit der Revision hatte zu entfallen, weil ein privilegierter Fall gemäß § 46 Abs.3 Ziffer 3 ASGG vorliegt.Ein Ausspruch über die Zulässigkeit der Revision hatte zu entfallen, weil ein privilegierter Fall gemäß Paragraph 46, Absatz , Ziffer 3 ASGG vorliegt.

Die Kostenentscheidung hinsichtlich des Klägers im Sinne de Antrages in der mündlichen Streitverhandlung vom 3.12.1997, Seiten 1 und 2 des Protokolls = AS 49 und 51, gründet sich auf § 77 Abs. 1 Z 2 lit. b ASGG, wobei im übrigen nur Tatsachenfragen und keine Rechtsfragen im Vordergrund standen.Die Kostenentscheidung hinsichtlich des Klägers im Sinne de Antrages in der mündlichen Streitverhandlung vom 3.12.1997, Seiten 1 und 2 des Protokolls = AS 49 und 51, gründet sich auf Paragraph 77, Absatz eins, Ziffer 2, Litera b, ASGG, wobei im übrigen nur Tatsachenfragen und keine Rechtsfragen im Vordergrund standen.

Anmerkung

EW00320 07S00958

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OLG0009:1998:0070RS00095.98M.0715.000

Dokumentnummer

JJT_19980715_OLG0009_0070RS00095_98M0000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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