TE OGH 1998/8/10 1R448/98y

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Veröffentlicht am 10.08.1998
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Das Handelsgericht Wien hat als Rekursgericht durch die Richter Dr. Kreimel (Vorsitzender), Dr. Thoma und Dr. Dallinger in der Rechtssache der klagenden Partei V*****, vertreten durch Dr. Michael Czinglar, Rechtsanwalt, 1040 Wien, Waaggasse 5/10, wider die beklagte Partei L*****, wegen S 9.172,32 samt Nebengebühren über den Rekurs der klagenden Partei gegen den Beschluß des Bezirksgerichtes für Handelssachen Wien vom 24.6.1998, GZ 7 C 1029/98v-9, in nicht öffentlicher Sitzung den

B e s c h l u ß

gefaßt:

Spruch

Dem Rekurs wird nicht Folge gegeben.

Die klagende Partei hat die Kosten ihres Rekurses selbst zu tragen.

Der Revisionsrekurs ist jedenfalls unzulässig.

Text

Begründung:

Nachdem die Zustellung des Zahlungsbefehles sowohl an der Anschrift G*****straße 160, 1180 Wien, als auch an der Anschrift B*****straße 4, 1010 Wien, erfolglos versucht worden war, weil die Beklagte laut Mitteilung der Zusteller verzogen wäre, wiederholte die Klägerin ihren Antrag auf Zustellung des Zahlungsbefehles unter der Anschrift B*****straße 4, 1010 Wien; die Klägerin begründete ihren Antrag im wesentlichen damit, daß es sich hiebei um die aus dem Firmenbuch ersichtliche Geschäftsanschrift der Beklagten handle. Solange die Firma dem Firmenbuch keine neue Geschäftsanschrift bekannt gebe, könne rechtsgültig an dieser Adresse zugestellt werden. Allenfalls werde die Zustellung durch Hinterlegung beantragt.

Mit dem angefochtenen Beschluß wies das Erstgericht diesen Antrag im wesentlichen mit der Begründung ab, daß § 4 ZustG Bestimmungen darüber treffe, an welchen Orten zugestellt werden dürfe. Voraussetzung für jede der Abgabestellen nach § 4 ZustG sei der regelmäßige Aufenthalt des Empfängers. Die Vermerke der Post darüber, daß die Beklagte von der gegenständlichen Anschrift verzogen sei, deute darauf hin, daß sie dort keine Erwerbstätigkeit mehr entfalte und auch keine Abgabestelle mehr begründet sei. Auch entfalte § 15 HGB weder in positiver noch in negativer Publizitätswirkung Bedeutung für die Zustellung.Mit dem angefochtenen Beschluß wies das Erstgericht diesen Antrag im wesentlichen mit der Begründung ab, daß Paragraph 4, ZustG Bestimmungen darüber treffe, an welchen Orten zugestellt werden dürfe. Voraussetzung für jede der Abgabestellen nach Paragraph 4, ZustG sei der regelmäßige Aufenthalt des Empfängers. Die Vermerke der Post darüber, daß die Beklagte von der gegenständlichen Anschrift verzogen sei, deute darauf hin, daß sie dort keine Erwerbstätigkeit mehr entfalte und auch keine Abgabestelle mehr begründet sei. Auch entfalte Paragraph 15, HGB weder in positiver noch in negativer Publizitätswirkung Bedeutung für die Zustellung.

Gegen diesen Beschluß richtet sich der Rekurs der Klägerin aus dem Grunde der unrichtigen rechtlichen Beurteilung mit dem Abänderungsantrag, daß dem (neuerlichen) Antrag auf Zustellung des Zahlungbefehles stattgegeben werde.

Rechtliche Beurteilung

Der Rekurs ist nicht berechtigt.

Die Klägerin sieht die unrichtige rechtliche Beurteilung des Erstgerichtes darin, daß gemäß § 3 Z 4 FBG der Sitz und die für Zustellungen maßgebliche Geschäftsanschrift im Firmenbuch einzutragen sei. Der Zweck dieser Bestimmung liege nach dem Willen des Gesetzgebers darin, daß jedenfalls unter der im Firmenbuch aufscheinenden Geschäftsanschrift Zustellungen wie insbesondere auch von Klagen gegen Firmen vorgenommen werden können. Diese Bestimmung stelle eine lex specialis zum Zustellgesetz dar. Sei eine Firma bei ihrer Ersteintragung verpflichtet, ihre Geschäftsanschrift bekanntzugeben, sei sie auch verpflichtet, allfällige Änderungen dem Firmenbuch bekanntzugeben, sodaß sie bei Zuwiderlaufen Gefahr läuft, daß eben an der Geschäftsanschrift laut Firmenbuch rechtsgültig Zustellungen vorgenommen werden können. Die Klägerin stütze ihren Anspruch auf Zustellung daher nicht auf § 15 HGB, sondern ausdrücklich auf § 3 Z 4 FBG.Die Klägerin sieht die unrichtige rechtliche Beurteilung des Erstgerichtes darin, daß gemäß Paragraph 3, Ziffer 4, FBG der Sitz und die für Zustellungen maßgebliche Geschäftsanschrift im Firmenbuch einzutragen sei. Der Zweck dieser Bestimmung liege nach dem Willen des Gesetzgebers darin, daß jedenfalls unter der im Firmenbuch aufscheinenden Geschäftsanschrift Zustellungen wie insbesondere auch von Klagen gegen Firmen vorgenommen werden können. Diese Bestimmung stelle eine lex specialis zum Zustellgesetz dar. Sei eine Firma bei ihrer Ersteintragung verpflichtet, ihre Geschäftsanschrift bekanntzugeben, sei sie auch verpflichtet, allfällige Änderungen dem Firmenbuch bekanntzugeben, sodaß sie bei Zuwiderlaufen Gefahr läuft, daß eben an der Geschäftsanschrift laut Firmenbuch rechtsgültig Zustellungen vorgenommen werden können. Die Klägerin stütze ihren Anspruch auf Zustellung daher nicht auf Paragraph 15, HGB, sondern ausdrücklich auf Paragraph 3, Ziffer 4, FBG.

Gemäß § 87 Abs. 1 ZPO ist grundsätzlich von Amts wegen nach dem Zustellgesetz zuzustellen, so weit dieses Gesetz nicht anderes vorsieht. Für die Zustellung verweist die Zivilprozeßordnung insbesondere nicht auf das Firmenbuchgesetz.Gemäß Paragraph 87, Absatz eins, ZPO ist grundsätzlich von Amts wegen nach dem Zustellgesetz zuzustellen, so weit dieses Gesetz nicht anderes vorsieht. Für die Zustellung verweist die Zivilprozeßordnung insbesondere nicht auf das Firmenbuchgesetz.

Regelungen darüber, an welchem Ort dem Empfänger eine Sendung zugestellt werden darf, trifft § 4 ZustG; insbesondere sind dies auch die Betriebsstätte, der Sitz oder der Geschäftsraum. Für jede der möglichen Abgabestellen, an denen eine Sendung zugestellt werden darf, ist jedoch Voraussetzung, daß sich der Empfänger dort regelmäßig aufhält und, von kurzfristigen Abwesenheiten abgesehen, immer wieder an die Abgabestelle zurückkehrt. Eine Betriebsstätte im Sinn des § 4 ZustG liegt nur dann vor, wenn dort regelmäßig und andauernd eine betriebliche Tätigkeit tatsächlich entfaltet wird; gleiches gilt für den Sitz und den Geschäftsraum (Walter-Mayer, Zustellrecht, Anmerkungen 8 bis 10 zu § 4 ZustG; Feil, Zustellwesen, Rz 4 sowie 11 bis 13 zu § 4 ZustG; hg 1 R 281/98i).Regelungen darüber, an welchem Ort dem Empfänger eine Sendung zugestellt werden darf, trifft Paragraph 4, ZustG; insbesondere sind dies auch die Betriebsstätte, der Sitz oder der Geschäftsraum. Für jede der möglichen Abgabestellen, an denen eine Sendung zugestellt werden darf, ist jedoch Voraussetzung, daß sich der Empfänger dort regelmäßig aufhält und, von kurzfristigen Abwesenheiten abgesehen, immer wieder an die Abgabestelle zurückkehrt. Eine Betriebsstätte im Sinn des Paragraph 4, ZustG liegt nur dann vor, wenn dort regelmäßig und andauernd eine betriebliche Tätigkeit tatsächlich entfaltet wird; gleiches gilt für den Sitz und den Geschäftsraum (Walter-Mayer, Zustellrecht, Anmerkungen 8 bis 10 zu Paragraph 4, ZustG; Feil, Zustellwesen, Rz 4 sowie 11 bis 13 zu Paragraph 4, ZustG; hg 1 R 281/98i).

Weder verweist die Zivilprozeßordnung für Zustellungen in ihrem Bereich auf das Firmenbuchgesetz noch stellt letzteres eine lex specialis zum Zustellgesetz dar. Das Zustellgesetz regelt die Zustellung der von Gerichten und Verwaltungsbehörden in Vollziehung der Gesetze zu übermittelnden Schriftstücke sowie die durch sie vorzunehmende Zustellung von Schriftstücken ausländischer Behörden (§ 1 ZustG). Dagegen dient das Firmenbuch der Verzeichnung und Offenlegung von Tatsachen, die nach diesem Bundesgesetz oder nach sonstigen gesetzlichen Vorschriften einzutragen sind. § 3 FBG soll mit der Verpflichtung zur Eintragung bestimmter Tatsachen die Voraussetzungen zur Verwirklichung der Zwecke des Firmenbuches, nämlich der Verzeichnung und Offenlegung von Tatsachen, schaffen. Somit stellt § 3 FBG keine lex specialis im Verhältnis zu § 4 ZustG dar; vielmehr ist über den Verweis des § 15 Abs. 1 FBG iVm § 6 AußStrG sowie § 87 ABs. 1 ZPO das Zustellgesetz auch für das Verfahren nach dem Firmenbuchgesetz maßgeblich, wovon besonders normierte Verständigungs-, Benachrichtigungs- und Zustellverpflichtungen im Verfahren nach dem Firmenbuchgesetz zu unterscheiden sind. Mag auch § 10 Abs. 1 FBG die Verpflichtung zur unverzüglichen Anmeldung von Änderungen eingetragener Tatsachen vorsehen, so kann hieraus insbesondere nicht für den Geltungsbereich des Zustellgesetzes irgendeine Rechtsfolge abgeleitet werden, insbesondere die Fiktion einer Abgabestelle im Sinn des § 4 ZustG. Dagegen stellt § 3 Z 4 FBG mit der Wendung "die für Zustellungen maßgebliche Geschäftsanschrift" vielmehr auf die Voraussetzungen des § 4 ZustG dahingehend ab, daß es sich um eine Abgabestelle handeln muß, ohne daß aus dem Firmenbuchstand Rückschlüsse über tatsächliche Verhältnisse zulässig sind; wie die Klägerin selbst einräumt, entfaltet § 15 HGB weder in positiver noch in negativer Publizitätswirkung Bedeutung für die Zustellung.Weder verweist die Zivilprozeßordnung für Zustellungen in ihrem Bereich auf das Firmenbuchgesetz noch stellt letzteres eine lex specialis zum Zustellgesetz dar. Das Zustellgesetz regelt die Zustellung der von Gerichten und Verwaltungsbehörden in Vollziehung der Gesetze zu übermittelnden Schriftstücke sowie die durch sie vorzunehmende Zustellung von Schriftstücken ausländischer Behörden (Paragraph eins, ZustG). Dagegen dient das Firmenbuch der Verzeichnung und Offenlegung von Tatsachen, die nach diesem Bundesgesetz oder nach sonstigen gesetzlichen Vorschriften einzutragen sind. Paragraph 3, FBG soll mit der Verpflichtung zur Eintragung bestimmter Tatsachen die Voraussetzungen zur Verwirklichung der Zwecke des Firmenbuches, nämlich der Verzeichnung und Offenlegung von Tatsachen, schaffen. Somit stellt Paragraph 3, FBG keine lex specialis im Verhältnis zu Paragraph 4, ZustG dar; vielmehr ist über den Verweis des Paragraph 15, Absatz eins, FBG in Verbindung mit Paragraph 6, AußStrG sowie Paragraph 87, ABs. 1 ZPO das Zustellgesetz auch für das Verfahren nach dem Firmenbuchgesetz maßgeblich, wovon besonders normierte Verständigungs-, Benachrichtigungs- und Zustellverpflichtungen im Verfahren nach dem Firmenbuchgesetz zu unterscheiden sind. Mag auch Paragraph 10, Absatz eins, FBG die Verpflichtung zur unverzüglichen Anmeldung von Änderungen eingetragener Tatsachen vorsehen, so kann hieraus insbesondere nicht für den Geltungsbereich des Zustellgesetzes irgendeine Rechtsfolge abgeleitet werden, insbesondere die Fiktion einer Abgabestelle im Sinn des Paragraph 4, ZustG. Dagegen stellt Paragraph 3, Ziffer 4, FBG mit der Wendung "die für Zustellungen maßgebliche Geschäftsanschrift" vielmehr auf die Voraussetzungen des Paragraph 4, ZustG dahingehend ab, daß es sich um eine Abgabestelle handeln muß, ohne daß aus dem Firmenbuchstand Rückschlüsse über tatsächliche Verhältnisse zulässig sind; wie die Klägerin selbst einräumt, entfaltet Paragraph 15, HGB weder in positiver noch in negativer Publizitätswirkung Bedeutung für die Zustellung.

Die Entscheidung über die Rekurskosten gründet sich auf §§ 40, 50Die Entscheidung über die Rekurskosten gründet sich auf Paragraphen 40,, 50

ZPO.

Der Ausspruch über die Unzulässigkeit der Revision beruht auf § 528 Abs. 2 Z 1 und 2 ZPO.Der Ausspruch über die Unzulässigkeit der Revision beruht auf Paragraph 528, Absatz 2, Ziffer eins und 2 ZPO.

Anmerkung

EWH00026 01R04488

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:LG00007:1998:00100R00448.98Y.0810.000

Dokumentnummer

JJT_19980810_LG00007_00100R00448_98Y0000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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