Index
40/01 Verwaltungsverfahren;Norm
AVG §13;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Gruber und die Hofräte Dr. Holeschofsky, Dr. Köhler, Dr. Zens und Dr. Zehetner als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Schiffkorn, über die Beschwerde des AK in W, vertreten durch Neudorfer Rechtsanwälte OEG in 1010 Wien, Eßlinggasse 9, gegen den Bescheid des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft vom 21. Juli 2005, Zl. BMLFUW-LE.4.1.10/0690-I/7/2005, betreffend Hartweizenzuschlag sowie Qualitätsprämien der Ernte 2004, zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.171,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit Mehrfachantrag vom 3. Mai 2004 beantragte der Beschwerdeführer u. a. einen Hartweizenzuschlag und Qualitätsprämien auf Grund des Anbaus von Durum-Weizen. Der Beschwerdeführer legte nach seinem Vorbringen dem Beihilfeantrag gemäß § 4 Abs. 7 der Kulturpflanzenflächenzahlungs-Verordnung 2000 (KPF-V 2000) die erforderlichen Belege über den Bezug von zertifiziertem Saatgut bei, aus denen Menge und Sorte ersichtlich waren. Das Original der Belege und die Saatgutetiketten verblieben am Betrieb des Beschwerdeführers aufbewahrt. Der Beschwerdeführer brachte den Antrag gemäß § 4 Abs. 1 KPF-V 2000 bei der Bezirksbauernkammer ein. Von der Bezirksbauernkammer wurde an die Agrarmarkt Austria (AMA) lediglich die Kopie einer statt zweier Rechnungen übermittelt. Die beiden Rechnungen waren vom Beschwerdeführer als zweiseitige Kopie auf einem Blatt vorgelegt worden und daher auf dem Mantelantrag vermerkt, dass "ein" Beleg für den Hartweizensaatgutbezug angeschlossen sei.
Mit Bescheid des Vorstandes für den Geschäftsbereich II der AMA vom 3. November 2004 wurde dem Antrag des Beschwerdeführers nur teilweise stattgegeben und ein Förderbetrag in der Höhe von EUR 10.175,63 gewährt. Das Mehrbegehren wurde unter Hinweis auf das Erfordernis des Nachweises der Mindestaussaatmenge abgewiesen.
Der Beschwerdeführer beantragte weiters die Qualitätsprämie für Hartweizen für 124,88 ha. Mit Bescheid vom 6. Dezember 2004 wurde diesem Antrag im Hinblick darauf, dass dem Antrag nur der Nachweis betreffend 12.100 kg Saatgut beigeschlossen gewesen sei, lediglich hinsichtlich 80,67 ha stattgegeben.
Der Beschwerdeführer erhob Berufung gegen die Bescheide vom 3. November 2004 und vom 6. Dezember 2004.
Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die Berufung als unbegründet ab.
Begründend führt die belangte Behörde nach Wiedergabe des Verwaltungsgeschehens und insbesondere der Berufungsausführungen des Beschwerdeführers aus, dass dem Schreiben des Beschwerdeführers zwei Saatgutrechnungen über Winterdurum und Sommerdurum angeschlossen gewesen seien. Nach telefonischer Kontaktaufnahme hätte der Beschwerdeführer mit Schreiben vom 5. April 2005 "beiliegend die Rechnung, die von Ihnen von der Bezirksbauernkammer übermittelt worden sei" übermittelt. Es handle sich dabei um zwei unterschiedliche Rechnungen, die auf die Vorder- und Rückseite eines Blattes zusammenkopiert worden seien. Auf beiden Seiten dieses Blattes sei von der Bezirksbauernkammer Bruck an der Leitha/Schwechat die Identität mit dem Original bestätigt.
Nach Wiedergabe des Inhalts einzelner Bestimmungen der KPF-V 2000, insbesondere des § 4 Abs. 7 KPF-V 2000 und des § 8 Abs. 2 KPF-V 2000 sowie des Art. 31 und 32 der Verordnung (EG) Nr. 2419/2001 mit Durchführungsbestimmungen zum mit der Verordnung (EWG) Nr. 3508/92 des Rates eingeführten integrierten Verwaltungs- und Kontrollsystem für bestimmte gemeinschaftliche Beihilfenregelungen wird ausgeführt, dass als Voraussetzung für die Gewährung des Hartweizenzuschlages sowie der Qualitätsprämie für Hartweizen dem Mehrfachantrag ein Beleg über den Bezug von zertifiziertem Saatgut beizulegen sei. Für die Qualitätsprämie sei außerdem erforderlich, dass bestimmte Sorten angebaut würden. Den der belangten Behörde vorliegenden Unterlagen sei zu entnehmen, dass dem Mehrfachantrag 2004 "lediglich eine einzige Saatgutrechnung über den Bezug von 12.100 kg Durum-Saatgut beigelegt" gewesen sei.
Auf Grund des telefonischen Vorbringens des Beschwerdeführers und der im Zuge des Parteiengehörs vorgelegten Unterlage, nämlich der beiden Saatgutrechnungen, die offensichtlich auf ein Blatt doppelseitig "zusammenkopiert" gewesen seien, sei das mögliche Vorliegen eines Erfassungsfehlers in der AMA überprüft worden. Hiezu sei aus dem AMA-Archiv jener Beleg ausgehoben worden, der an die AMA übermittelt worden sei. Dabei sei festgestellt worden, dass der Originalbeleg, wie er von der Bezirksbauernkammer Bruck an der Leitha/Schwechat zusammen mit dem Mehrfachantrag des Beschwerdeführers an die AMA übermittelt worden sei, tatsächlich nur auf der Vorderseite bedruckt gewesen sei. Es sei ausschließlich die Rechnung 404-3 vom 5. April 2004, ausgestellt von der GVD an die GVK, von der Bezirksbauernkammer übermittelt worden. Die Rückseite dieses Saatgutbelegs sei leer gewesen. Es sei somit erwiesen, dass in der AMA ausschließlich eine einzige Saatgutrechnung eingelangt sei. Nur diese habe daher zu Recht für die Berechnung des Hartweizenzuschlags sowie der Qualitätsprämie für Hartweizen Berücksichtigung gefunden.
Es hätten sich zwar für die belangte Behörde deutliche Hinweise dafür ergeben, dass vom Beschwerdeführer selbst der Bezirksbauernkammer zwei Saatgutrechnungen (doppelseitig kopiert auf ein Blatt) vorgelegt worden seien, jedoch sei rechtlich allein entscheidend, welche Saatgutrechnungen in der AMA eingelangt seien. Sollte somit ein Übermittlungsfehler der Bezirksbauernkammer vorliegen, so wären allfällige Schadenersatzansprüche gegenüber der Bezirksbauernkammer auf dem Zivilrechtsweg geltend zu machen.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde wegen Rechtswidrigkeit des Inhalts.
Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet, in der die Auffassung vertreten wird, dass die zuständige Bezirksbauernkammer "lediglich Einbringungsstelle ohne jegliche Entscheidungsbefugnis" sei, die primär als Service für die Antragsteller vorgeschaltet sei. In ihrer Funktion als Einbringungsstelle sei die Bezirksbauernkammer nur für die Entgegennahme der Anträge und deren Weiterleitung an die zuständige Behörde, die AMA, zuständig. Alle Fehler, die bis zum Einlangen des Antrages bei der AMA unterliefen, fielen in die Sphäre des Antragstellers und gingen zu Lasten des Antragstellers. Dies betreffe auch jene Fehler, die der Einbringungsstelle selbst unterliefen, da diese nicht der Sphäre der zur Entscheidung zuständigen Behörde zuzurechnen sei.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Die im Beschwerdefall maßgeblichen Bestimmungen der Verordnung des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft über eine Stützungsregelung für Erzeuger bestimmter landwirtschaftlicher Kulturpflanzen (Kulturpflanzenflächenzahlungs-Verordnung 2000 - KPF-V 2000), BGBl. II Nr. 496/1999, zuletzt geändert durch BGBl. II Nr. 482/2004, lauten:
"Antragsvoraussetzungen
Antrag
§ 4. (1) Flächenzahlungen werden auf schriftlichen Antrag mittels eines von der AMA aufgelegten Formblatts gewährt. Der Antrag muss bis zum 15. Mai des Jahres, für das der Antrag gestellt wird, bei der zuständigen Landwirtschaftskammer auf Bezirksebene oder, soweit eine Landwirtschaftskammer auf Bezirksebene nicht eingerichtet ist, bei der zuständigen Landes-Landwirtschaftskammer eingegangen sein. Die Einreichstelle ihrerseits hat den Antrag innerhalb einer von der AMA bestimmten Frist, die nach Maßgabe der durchzuführenden Erfassungsarbeiten und Kontrollen festzulegen ist, an die AMA weiterzuleiten. Der Antrag muss zusätzlich zu den gemäß den in § 1 genannten Rechtsakten geforderten Angaben insbesondere folgende Angaben enthalten:
1. ...
(7) Im Fall der Beantragung des Hartweizenzuschlages oder der Qualitätsprämie für Hartweizen gemäß § 8 ist dem Beihilfeantrag 'Flächen' ein Beleg über den Bezug von zertifiziertem Saatgut beizulegen, aus dem Menge und Sorte ersichtlich sind. Das Original des vorgelegten Beleges und die Saatgutetiketten sind zum Nachweis der Verwendung von zertifiziertem Saatgut und der verwendeten Sorte am Betrieb zur Verfügung zu halten.
...
Hartweizen
§ 8. (1) Einem Erzeuger wird der Zuschlag für Hartweizen im Sinne des Art. 5 der Verordnung (EG) Nr. 1251/1999 oder die Qualitätsprämie für Hartweizen gemäß Titel IV Kapitel 1 der Verordnung (EG) Nr. 1782/2003 gewährt, wenn die im Rahmen des Beihilfeantrages 'Flächen' beantragten, mit Hartweizen bestandenen Flächen in einem im Anhang IV der Verordnung (EG) Nr. 2316/1999 bzw. im Anhang X der Verordnung (EG) Nr. 1782/2003 angeführten Gebiet liegen.
(2) Die erforderliche Mindestaussaatmenge für einen Anspruch auf den Hartweizenzuschlag oder auf die Qualitätsprämie für Hartweizen wird mit 150 kg pro Hektar festgesetzt. Die Erzeuger sind verpflichtet, für die Aussaat ausschließlich zertifiziertes Saatgut zu verwenden. Zur Gewährung der Hartweizenqualitätsprämie ist zusätzlich die Verwendung einer von im Verzeichnis gemäß Art. 7 Abs. 1 der Verordnung (EG) Nr. 2237/2003 ausgewiesenen Sorte notwendig."
Die belangte Behörde hat die Abweisung des Antrags des Beschwerdeführers ungeachtet des Umstandes, dass sie selbst einräumte, dass der Beschwerdeführer die erforderlichen Belege offenbar seinem Antrag beigeschlossen hatte, damit begründet, dass es nicht darauf ankäme, ob die Belege bei der Einbringung an die Bezirksbauernkammer angeschlossen gewesen seien, sondern dass es ausschließlich darauf ankäme, wie der Antrag von der Bezirksbauernkammer an die AMA weitergeleitet werde.
Die belangte Behörde verkennt damit die Rechtslage.
Gemäß § 4 Abs. 1 ist der Antrag zwingend bei der zuständigen Landwirtschaftskammer auf Bezirksebene einzubringen. Die Bezirksbauernkammer fungiert somit als Einbringungsstelle für die Anträge. Die Verpflichtungen des Antragstellers sind somit mit der Einbringung des Antrags bei der Landwirtschaftskammer auf Bezirksebene erfüllt (vgl. Thienel, Verwaltungsverfahrensrecht3, 100; zum Begriff der "Einbringung" im Allgemeinen und zu einer "von der Behörde bestimmten Einbringungsstelle" im Besonderen das hg. Erkenntnis vom 19. Juni 1996, Zl. 94/01/0597; vgl. auch zur Frage des Beginns des Fristenlaufs nach § 73 Abs. 2 AVG mit dem Einlangen bei der Einbringungsstelle z.B. die hg. Erkenntnisse vom 17. März 2000, Zl. 97/19/0782, oder vom 26. April 2005, Zl. 2004/21/0230). Mit der Einbringung des Antrags bei der zutreffenden Einbringungsstelle ist das jeweilige Verwaltungsverfahren in Gang gesetzt (vgl. die zitierte Rechtsprechung zum Lauf der Entscheidungsfrist nach § 73 AVG) und die weitere Gestion nicht mehr dem Antragsteller, sondern der Behörde zuzurechnen (vgl. für den Fall der Entgegennahme von Anbringen durch Hilfsorgane der zuständigen Behörde die bei Walter/Thienel, Verwaltungsverfahren I2, § 13 E 6 und E 93, zitierte Rechtsprechung). Allfällige Fehler bei der Vorlage der Anträge gehen daher nicht zu Lasten des Antragstellers. Es trifft somit nicht zu, dass allfällige Mängel und Fehler bei der Weiterleitung durch die Einbringungsstelle an die AMA zu Lasten der Antragsteller gingen. Der Hinweis auf etwaige Schadenersatzansprüche "auf dem Zivilrechtsweg" gegen die Landwirtschaftskammer im angefochtenen Bescheid ist insofern verfehlt.
Ungeachtet des Umstandes, dass die belangte Behörde auch keine Vorschriften genannt hat, aus denen sich ergäbe, dass der Anspruch auf den Hartweizenzuschlag bzw. die Qualitätsprämie (bereits dann) verloren ginge, wenn (auch nur) ein Beleg dem Antrag nicht angeschlossen war (dass also eine Verbesserung im Sinn der Nachbringung der erforderlichen Unterlage nicht möglich wäre), ist der angefochtene Bescheid daher schon deshalb rechtswidrig, weil die Auffassung der belangten Behörde, dass Fehler der Einbringungsstelle zu Lasten des Antragstellers gingen, unzutreffend ist.
Der angefochtene Bescheid war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2003, BGBl. II Nr. 333.
Wien, am 28. September 2006
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2006:2005170202.X00Im RIS seit
30.11.2006