Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Kodek als Vorsitzenden, den Hofrat des Obersten Gerichtshofes Dr. Graf, die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofes Dr. Griß und Dr. Schenk sowie den Hofrat des Obersten Gerichtshofes Dr. Vogel als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Mag. Peter R***** , vertreten durch Pacher & Partner, Rechtsanwälte in Graz, wider die beklagte Partei S***** Gesellschaft ***** mbH, ***** , vertreten durch Dr. Thomas Stampfer und Dr. Christoph Orgler, Rechtsanwälte in Graz, wegen Aufhebung eines Vertrages (Streitwert S 30.000.-) und Zahlung von S 65.331.- s.A., infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Graz als Berufungsgericht vom 11. Februar 1998, GZ 3 R 333/97f-108, womit infolge Berufung der beklagten Partei das Urteil des Bezirksgerichtes für Zivilrechtssachen Graz vom 30. Mai 1997, GZ 27 C 1702/93m-98, abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:
Spruch
Der Revision wird teilweise Folge gegeben.
Die angefochtene Entscheidung wird dahin abgeändert, daß in Punkt 2.) des Spruchs die Höhe des dort genannten Zinsfußes 7 % beträgt und in Punkt 3.) des Spruchs die Abweisung eines Zinsenmehrbegehrens von 3 % aus S 16.416.- seit 19. 5. 1993 entfällt.
Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit S 4.871,04 (darin S 811,84 USt) bestimmten Kosten der Revisionsbeantwortung binnen 14 Tagen zu ersetzen.
Text
Entscheidungsgründe:
Die Beklagte hat im Auftrag des Klägers von Ende Oktober bis Dezember 1992 eine Solaranlage auf dem Dach des Hauses *****, installiert.
Mit Klage vom 12. 6. 1993 begehrte der Kläger die Aufhebung des zwischen den Streitteilen geschlossenen Werkvertrages wegen Verkürzung über die Hälfte gem. § 934 ABGB und brachte dazu zuletzt (AS 137) vor, die Beklagte habe für die Installation des 57 m**2 großen Kollektorfeldes einen Preis von S 1.350.-/m**2, insgesamt somit S 76.950.- (netto) verrechnet, obwohl der angemessene Werklohn hiefür nur maximal 40 Partiestunden a S 660.-, also insgesamt S 26.400.- (netto) betrage. Daraus errechne sich ein Ausgleichsanspruch für zuviel bezahlte Arbeitsleistung von S 53.532.-. Dazu kämen S 16.416.- Schadenersatz bzw. Deckungskapital zur Behebung von Mängeln, die anläßlich der nicht fachgerechten Montage entstanden seien. Abzüglich eines Skontos von S 4.617.- errechne sich damit ein zu zahlender Betrag von S 65.331.- samt 7 % Zinsen seit 19. 5. 1993, da der Kläger dieses Geld zum begehrten Zinssatz bankmäßig hätte anlegen können.Mit Klage vom 12. 6. 1993 begehrte der Kläger die Aufhebung des zwischen den Streitteilen geschlossenen Werkvertrages wegen Verkürzung über die Hälfte gem. Paragraph 934, ABGB und brachte dazu zuletzt (AS 137) vor, die Beklagte habe für die Installation des 57 m**2 großen Kollektorfeldes einen Preis von S 1.350.-/m**2, insgesamt somit S 76.950.- (netto) verrechnet, obwohl der angemessene Werklohn hiefür nur maximal 40 Partiestunden a S 660.-, also insgesamt S 26.400.- (netto) betrage. Daraus errechne sich ein Ausgleichsanspruch für zuviel bezahlte Arbeitsleistung von S 53.532.-. Dazu kämen S 16.416.- Schadenersatz bzw. Deckungskapital zur Behebung von Mängeln, die anläßlich der nicht fachgerechten Montage entstanden seien. Abzüglich eines Skontos von S 4.617.- errechne sich damit ein zu zahlender Betrag von S 65.331.- samt 7 % Zinsen seit 19. 5. 1993, da der Kläger dieses Geld zum begehrten Zinssatz bankmäßig hätte anlegen können.
Die Beklagte bestritt und beantragte Klageabweisung. Sie wendete ein, daß die verrechneten Beträge der Vereinbarung entsprächen und nicht überhöht, sondern vielmehr besonders günstig seien; auch habe sie keine Mängel bei den durchgeführten Arbeiten zu verantworten.
Das Erstgericht hob (im zweiten Rechtsgang) den Werkvertrag "in Ansehung eines Betrages von S 58.478,40" auf, verpflichtete die Beklagte zur Zahlung von S 61.262,40 samt 7 % Zinsen seit 19. 5. 1993 und wies das Mehrbegehren ab. Es traf folgende wesentliche Feststellungen: Der angemessene marktübliche Werklohn für die von der Beklagten durchgeführten Arbeiten zum Auftragszeitpunkt beträgt S 57.504.-. Auf den Rechnungsbetrag von S 109.632.- hat der Kläger S 102.350,40 gezahlt, somit eine "Überzahlung" von S 44.864,40 geleistet. Die Montagearbeiten der Beklagten erfolgten mangelhaft:
Reduzierventile und ein Ablaßventil fehlen, die Lötung der Absorber ist nicht ordnungsgemäß ausgeführt, die Eloxierung einer Hutschiene ist zu verbessern, ein durchhängendes Rohr ist zu befestigen. Die Behebung aller dieser Mängel erfordert einen Aufwand von S 18.420,60. Das Werk in diesem mangelhaften Zustand ist höchstens S 39.642.- wert. Der Kläger forderte von der Beklagten zunächst eine Verbesserung und ließ erst im Zuge des Verfahrens eine Mängelbehebung durch die Beklagte nicht mehr zu. Bei Eröffnung eines Kapitalsparbuches im Jahr 1992 hätte der Kläger Zinsen in Höhe von 7 % erhalten.
Rechtlich bejahte das Erstgericht die Konkurrenz von Ansprüchen wegen Verkürzung über die Hälfte mit Gewährleistungsansprüchen, stellte der Zahlung des Klägers von S 102.350,40 den Wert des mangelhaften Werks von S 39.642.- gegenüber und hob aufgrund dieses Mißverhältnisses den Werkvertrag "im Ausmaß der Verkürzung von S 58.478,40" auf. Eine Aufhebung des gesamten Vertrages scheitere daran, daß eine Rückabwicklung nicht mehr möglich sei. Der von der Beklagten zu zahlende Betrag von S 61.262,40 setze sich zusammen aus S 44.846,40 (S 102.350,40 abzüglich S 57.504.-) "Ausgleichsbetrag für Arbeitsleistung" zuzüglich S 13.632.- "Wertausgleich für Mängel" zuzüglich S 2.784.- als Deckungskapital für die Befestigung des durchhängenden Rohres.
Das Berufungsgericht änderte dieses - in seinem abweisenden Teil unbekämpft gebliebene - Urteil dahin ab, daß es das Begehren auf Aufhebung des Vertrages abwies und die Beklagte nur zur Zahlung von S 16.416.- samt 4 % Zinsen seit 19. 5. 1993 verpflichtete; es sprach aus, daß der Wert des Entscheidungsgegenstandes zwar S 52.000.-, nicht aber S 260.000.- übersteige und die ordentliche Revision deshalb zulässig sei, weil Rechtsprechung und Lehre zur Frage, ob nur das Mißverhältnis von Leistung und Gegenleistung bei laesio enormis im Vertragsabschlußzeitpunkt zu prüfen sei, oder ob auch (nachfolgende) mangelhafte Erfüllung dabei berücksichtigt werden müsse, uneinheitlich sei. Es vertrat unter Berufung auf die jüngere Lehre und die aktuelle höchstgerichtliche Rechtsprechung die Auffassung, daß bei der laesio enormis ausschließlich auf den gemeinen Wert der Leistungen im Zeitpunkt des Vertragsabschlusses abzustellen sei und Mängel in der Vertragserfüllung unberücksichtigt zu bleiben hätten. Da der Kläger S 102.350,40 für eine Leistung mit einem marktüblichen Wert von S 57.504.- gezahlt habe, liege eine Verkürzung über die Hälfte des wahren Wertes nicht vor. Der Kläger habe seine Gewährleistungsansprüche ausdrücklich auf Schadenersatz bzw. Deckungskapital für Mängelbehebung gestützt und nicht Preisminderung begehrt; daß die Beklagte im Verfahren Mängelfreiheit eingewendet habe, schließe die Verweigerung der Verbesserung in sich und berechtige den Kläger, die tatsächlichen Kosten der Mängelbehebung zu begehren. Diese überstiegen insgesamt den begehrten Betrag von S 16.416.-, der somit zur Gänze berechtigt sei. Warum es nur die gesetzlichen Verzugszinsen zusprach, begründete das Berufungsgericht nicht.
Rechtliche Beurteilung
Die Revision des Klägers ist zulässig, weil höchstgerichtliche Rechtsprechung zur Frage, ob bei Prüfung der Voraussetzungen der laesio enormis in den gebotenen Wertvergleich auch nachfolgende Erfüllungsmängel einzubeziehen sind, fehlt; sie ist aber nur im Zinsenpunkt berechtigt.
Der Kläger vertritt den Standpunkt, bei Prüfung des Vorliegens eines Anspruches nach § 934 ABGB sei lediglich der gezahlte Werklohn dem gemeinen Wert des (auch mangelhaft erbrachten) Werkes gegenüberzustellen, wobei es gleichgültig sei, aus welchem Grund ein Teil weniger als die Hälfte erhalte; zu berücksichtigen sei demnach auch, ob die Verzerrung des Wertverhältnisses im relevanten Ausmaß unter anderem auch auf mangelhafte Erfüllung zurückzuführen sei. Diesen Ausführungen kann in so undifferenzierter Form nicht zugestimmt werden.Der Kläger vertritt den Standpunkt, bei Prüfung des Vorliegens eines Anspruches nach Paragraph 934, ABGB sei lediglich der gezahlte Werklohn dem gemeinen Wert des (auch mangelhaft erbrachten) Werkes gegenüberzustellen, wobei es gleichgültig sei, aus welchem Grund ein Teil weniger als die Hälfte erhalte; zu berücksichtigen sei demnach auch, ob die Verzerrung des Wertverhältnisses im relevanten Ausmaß unter anderem auch auf mangelhafte Erfüllung zurückzuführen sei. Diesen Ausführungen kann in so undifferenzierter Form nicht zugestimmt werden.
Die eingehendste literarische Untersuchung des hier angesprochenen Problems des Verhältnisses der Anfechtung wegen laesio enormis zu den Gewährleistungsrechten stammt von Peter Bydlinski (Die Stellung der laesio enormis im Vertragsrecht, JBl 1983, 410ff; ders., Beschränkung und Ausschluß der Gewährleistung, JBl 1993, 559ff [563]). Dieser Autor spricht in jenen Fällen, in denen das vom Gesetz geforderte Mißverhältnis aus verschiedenen Komponenten (nämlich Wertirrtum und Mangel) resultiert, von der "unechten" laesio enormis und unterscheidet dabei zwei Fallkonstellationen: Im einen Fall liegt der Mangel der Sache schon bei Vertragsschluß vor, sodaß bereits die Willensbildung des Erwerbers fehlerhaft ist; der Mangel tritt demnach bereits an der Wurzel des Vertrages auf. Im zweiten Fall tritt zum Wertirrtum bei Vertragsschluß ein nachträglicher Erfüllungsmangel infolge mangelhafter Leistung, der in Verbindung mit dem Wertirrtum dazu führt, daß die erbrachte Leistung hinter der Hälfte des Wertes der Gegenleistung zurückbleibt. P. Bydlinski lehnt in beiden Fällen eine Einbeziehung von Mängeln in den nach § 934 ABGB anzustellenden Wertvergleich ab; dieser habe vielmehr ausschließlich von den vertraglich vereinbarten Leistungen auszugehen.Die eingehendste literarische Untersuchung des hier angesprochenen Problems des Verhältnisses der Anfechtung wegen laesio enormis zu den Gewährleistungsrechten stammt von Peter Bydlinski (Die Stellung der laesio enormis im Vertragsrecht, JBl 1983, 410ff; ders., Beschränkung und Ausschluß der Gewährleistung, JBl 1993, 559ff [563]). Dieser Autor spricht in jenen Fällen, in denen das vom Gesetz geforderte Mißverhältnis aus verschiedenen Komponenten (nämlich Wertirrtum und Mangel) resultiert, von der "unechten" laesio enormis und unterscheidet dabei zwei Fallkonstellationen: Im einen Fall liegt der Mangel der Sache schon bei Vertragsschluß vor, sodaß bereits die Willensbildung des Erwerbers fehlerhaft ist; der Mangel tritt demnach bereits an der Wurzel des Vertrages auf. Im zweiten Fall tritt zum Wertirrtum bei Vertragsschluß ein nachträglicher Erfüllungsmangel infolge mangelhafter Leistung, der in Verbindung mit dem Wertirrtum dazu führt, daß die erbrachte Leistung hinter der Hälfte des Wertes der Gegenleistung zurückbleibt. P. Bydlinski lehnt in beiden Fällen eine Einbeziehung von Mängeln in den nach Paragraph 934, ABGB anzustellenden Wertvergleich ab; dieser habe vielmehr ausschließlich von den vertraglich vereinbarten Leistungen auszugehen.
Kramer (in Straube, HGB**2 Rz 5 zu § 351a) hält dann, wenn die Verletzung über die Hälfte - wie etwa beim Kauf eines gefälschten Gemäldes - auf schon im Augenblick des Vertragsabschlusses bestehenden Mängeln beruht, § 934 ABGB für anwendbar. Auch Gschnitzer (in Klang IV/1**2 559), Koziol/Welser I10 267, Reischauer (in Rummel, ABGB**2 Rz 15 zu § 934), und Binder (in Schwimann, ABGB**2 Rz 7 zu § 934) bejahen eine Konkurrenz zwischen laesio enormis und Gewährleistung, ohne die beiden Fallgruppen zu unterscheiden, wobei aber die von ihnen zitierte Judikatur erkennen läßt, daß auch diese Autoren nur Wurzelmängel im Auge haben. Kramer (in Straube, HGB**2 Rz 5 zu Paragraph 351 a,) hält dann, wenn die Verletzung über die Hälfte - wie etwa beim Kauf eines gefälschten Gemäldes - auf schon im Augenblick des Vertragsabschlusses bestehenden Mängeln beruht, Paragraph 934, ABGB für anwendbar. Auch Gschnitzer (in Klang IV/1**2 559), Koziol/Welser I10 267, Reischauer (in Rummel, ABGB**2 Rz 15 zu Paragraph 934,), und Binder (in Schwimann, ABGB**2 Rz 7 zu Paragraph 934,) bejahen eine Konkurrenz zwischen laesio enormis und Gewährleistung, ohne die beiden Fallgruppen zu unterscheiden, wobei aber die von ihnen zitierte Judikatur erkennen läßt, daß auch diese Autoren nur Wurzelmängel im Auge haben.
Die Rechtsprechung hat sich zum angesprochenen Problem, soweit überblickbar, bisher nur mit solchen Sachverhalten beschäftigt, bei denen (zumindest nach den Prozeßbehauptungen) der Mangel schon im Zeitpunkt des Vertragsabschlusses vorgelegen ist, und in diesen Fällen regelmäßig dem Verkürzten neben Ansprüchen auf laesio enormis auch Gewährleistungsansprüche zuerkannt: Die Entscheidungen GlUNF 1069, SZ 2/24, SZ 8/74 und SZ 20/3 hatten Viehmängel zum Gegenstand, in JBl 1934, 304 waren Mängel eines Gebrauchtwagens strittig, und in der unveröffentlichten Entscheidung 8 Ob 370/97p wurde ein Vertrag auf Einbau eines schon bei Vertragsschluß irreparabel funktionsunfähigen Tauschmotors wegen laesio enormis aufgehoben.
Die Besonderheit des hier vorliegenden Sachverhaltes liegt darin, daß jene Mängel, deren Berücksichtigung der Kläger im Rahmen der nach § 934 ABGB gebotenen Berechnung des Mißverhältnisses zwischen Leistung und Gegenleistung fordert, erst nach Vertragsabschluß im Zuge der mangelhaften Erfüllung des Werkvertrages aufgetreten sind. Ein Wurzelmangel liegt hier nicht mehr vor. Das Gesetz weist aber grundsätzlich jedem Vertragspartner das Risiko seiner Bewertung der auszutauschenden Leistungen zu und läßt die Anfechtung eines sonst "mangelfrei" zustandegekommenen Geschäftes erst ab der Grenze der laesio enormis zu. Der Geschäftsgewinn, der aus einem inhaltlich unbedenklichen, von der Rechtsordnung gebilligten, Vertrag resultiert, soll auch dann bestehen bleiben, wenn erst infolge mangelhafter Erfüllung der Wert der erbrachten Leistung hinter der Hälfte des Wertes der Gegenleistung zurückbleibt; der Erwerber ist in diesem Fall allein auf Gewährleistungsansprüche verwiesen. Andernfalls eröffnete man dem Erwerber eine - den Wertungen des § 934 ABGB widersprechende - Möglichkeit, sich von einem auch ohne Mangel für ihn ungünstigen Geschäft im nachhinein gänzlich zu lösen, sofern nur ausreichend gewichtige nachträgliche Erfüllungsmängel aufgetreten sind (P. Bydlinski aaO JBl 1983, 414).Die Besonderheit des hier vorliegenden Sachverhaltes liegt darin, daß jene Mängel, deren Berücksichtigung der Kläger im Rahmen der nach Paragraph 934, ABGB gebotenen Berechnung des Mißverhältnisses zwischen Leistung und Gegenleistung fordert, erst nach Vertragsabschluß im Zuge der mangelhaften Erfüllung des Werkvertrages aufgetreten sind. Ein Wurzelmangel liegt hier nicht mehr vor. Das Gesetz weist aber grundsätzlich jedem Vertragspartner das Risiko seiner Bewertung der auszutauschenden Leistungen zu und läßt die Anfechtung eines sonst "mangelfrei" zustandegekommenen Geschäftes erst ab der Grenze der laesio enormis zu. Der Geschäftsgewinn, der aus einem inhaltlich unbedenklichen, von der Rechtsordnung gebilligten, Vertrag resultiert, soll auch dann bestehen bleiben, wenn erst infolge mangelhafter Erfüllung der Wert der erbrachten Leistung hinter der Hälfte des Wertes der Gegenleistung zurückbleibt; der Erwerber ist in diesem Fall allein auf Gewährleistungsansprüche verwiesen. Andernfalls eröffnete man dem Erwerber eine - den Wertungen des Paragraph 934, ABGB widersprechende - Möglichkeit, sich von einem auch ohne Mangel für ihn ungünstigen Geschäft im nachhinein gänzlich zu lösen, sofern nur ausreichend gewichtige nachträgliche Erfüllungsmängel aufgetreten sind (P. Bydlinski aaO JBl 1983, 414).
Der erkennende Senat schließt sich der Meinung an, daß jedenfalls nachträgliche Erfüllungsmängel bei Prüfung der Voraussetzungen der laesio enormis unbeachtet zu bleiben haben; ob dies auch für Wurzelmängel gilt, muß hier nicht weiter untersucht werden. Dieses Ergebnis fügt sich auch widerspruchsfrei in die von der einhelligen Lehre und ständigen Rsp vertretene Ansicht, wonach in der Frage des Mißverhältnisses zwischen Leistung und Gegenleistung stets auf den Wert der Sache im Zeitpunkt des geschlossenen Geschäftes abzustellen ist (Gschnitzer aaO; Reischauer aaO Rz 5 mwN; Binder aaO Rz 13; SZ 42/136; SZ 60/37 = JBl 1987, 718 = NZ 1988, 16; MietSlg 39/34; SZ 61/162). Das Berufungsgericht hat deshalb zutreffend die Voraussetzungen der laesio enormis verneint.
Zu Recht wendet sich der Kläger aber dagegen, daß sein das
gesetzliche Ausmaß übersteigende Verzugszinsenbegehren in zweiter
Instanz unberücksichtigt geblieben ist. Er hat dazu im Verfahren
vorgebracht, er hätte das Geld zum verlangten Zinssatz bankmäßig
anlegen können; dies wurde auch unbekämpft festgestellt. Der Oberste
Gerichtshof hat erst jüngst in einem verstärkten Senat ausgesprochen,
daß ein infolge Zahlungsverzugs entgangener Geldanlagegewinn
positiver Schaden ist, soweit der Geschädigte als Folge des
Zahlungsverzugs eine Gewinnchance, die er wahrgenommen hätte und
deren Realisierung nach typischen Marktverhältnissen praktisch gewiß
gewesen wäre, verlor (EVBl 1998/119 = JBl 1998, 312 = ecolex 1998,392
(Wilhelm) = ARD 4938/21/98 = RdW 1998,333 [dazu Iro aaO 317] =
ÖJZ-LSK 1998/143 = ZVR 1998/80). Da diese Voraussetzungen hier
vorliegen, war der Revision, soweit sie die unbegründet gebliebene Abweisung von Nebengebühren bekämpft, Folge zu geben und die angefochtene Entscheidung dahin abzuändern, daß der Zinsfuß der zugesprochenen Verzugszinsen 7 % beträgt.
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 43 Abs 2 erster Fall, 50 Abs 1 ZPO.Die Kostenentscheidung beruht auf Paragraphen 43, Absatz 2, erster Fall, 50 Absatz eins, ZPO.
Anmerkung
E51114 04A02088European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:1998:0040OB00208.98M.0812.000Dokumentnummer
JJT_19980812_OGH0002_0040OB00208_98M0000_000