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L34006 Abgabenordnung Steiermark;Norm
B-VG Art132;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Gruber und die Hofräte Dr. Holeschofsky, Dr. Köhler, Dr. Zens und Dr. Zehetner als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Schiffkorn, über die Beschwerde der GT und des OT in Graz, vertreten durch Arnold Rechtsanwalts-Partnerschaft in 1010 Wien, Wipplingerstraße 10, gegen die Berufungskommission der Landeshauptstadt Graz, wegen Verletzung der Entscheidungspflicht in Angelegenheiten Kanalbenützungsgebühr, den Beschluss gefasst:
Spruch
Die Beschwerde wird als unzulässig zurückgewiesen.
Begründung
Mit der vorliegenden Säumnisbeschwerde bekämpfen die Beschwerdeführer die Säumnis der belangten Behörde mit der Entscheidung über ihre Berufung gegen die Vorschreibung von Kanalbenützungsgebühr für 2006 mit Bescheid des Bürgermeisters der Landeshauptstadt Graz vom 10. Jänner 2006 für ein in ihrem Eigentum stehendes Grundstück, auf dem sich ein Einfamilienhaus befindet, soweit sich die Berufung auch auf die Abgabenfestsetzung für die Folgejahre des Jahres 2006 bezogen habe. Sie vertreten die Auffassung, dass der Berufungsbescheid der Berufungskommission der Landeshauptstadt Graz vom 28. Juni 2006 ihre Berufung nur hinsichtlich des Jahres 2006 erledigt habe, nicht jedoch hinsichtlich der Folgejahre. Insoweit sei die belangte Behörde hinsichtlich der Entscheidung über die Folgejahre säumig.
Die Beschwerde ist nicht zulässig.
Mit dem Bescheid des Bürgermeisters der Landeshauptstadt Graz vom 10. Jänner 2006 wurde den Beschwerdeführern sowohl nach dem im Kopf angegebenen Betreff als auch nach dem Spruch (Spruchpunkt I. des Bescheides) Kanalbenützungsgebühr für das Jahr 2006 vorgeschrieben.
Mit Schriftsatz vom 23. Jänner 2006 erhoben die Beschwerdeführer Berufung gegen diesen Spruchpunkt I. des genannten Bescheides. Im Betreff der Berufung wird als Gegenstand "Berufung gegen Bescheid über Kanalbenützungsgebühren 2006 und ff." genannt und eine Herabsetzung der "Gebührenfestsetzung für 2006 und ff" auf einen bestimmten Betrag beantragt.
Mit Bescheid vom 28. Juni 2006 wies die Berufungskommission der Landeshauptstadt Graz diese Berufung als unbegründet ab. Im Hinblick auf die dabei erfolgte spruchgemäße Beschränkung auf die Abweisung der Berufung gegen "die Vorschreibung einer Kanalbenützungsgebühr für das Jahr 2006" vertreten die Beschwerdeführer die Auffassung, dass die belangte Behörde mit der Entscheidung über ihren Antrag auf Abänderung der Festsetzung für die Folgejahre des Jahres 2006 säumig sei.
Eine Voraussetzung für die Zulässigkeit der Säumnisbeschwerde ist, dass die Behörde nicht entschieden hat. Wird also über einen Parteienantrag vor Erhebung der Säumnisbeschwerde bescheidmäßig abgesprochen, dann ist die Säumnisbeschwerde zurückzuweisen (vgl. z. B. die hg. Beschlüsse vom 18. März 2005, Zl. 2002/02/0234, vom 24. März 2004, Zl. 2003/09/0179, und vom 31. Mai 2006, Zl. 2005/10/0225).
Gemäß § 8 Abs. 3 des Gesetzes vom 28. Juni 1955 über die Erhebung der Kanalabgaben durch die Gemeinden des Landes Steiermark, LGBl. Nr. 71, zuletzt geändert durch LGBl. Nr. 81/2005, (in der Folge: Stmk KanalAbgG 1955) gelten die verfahrensrechtlichen Regelungen des § 8 Abs. 1 des Gesetzes (für den Kanalisationsbeitrag) auch für die Vorschreibung der Kanalbenützungsgebühr mit der Maßgabe, "dass die einmal festgesetzte Kanalbenützungsgebühr so lange in derselben Höhe zu entrichten ist, als nicht ein neuer Abgabenbescheid ergeht".
Der Parteiantrag, über den im vorliegenden Fall zu entscheiden war, war die Berufung der Beschwerdeführer vom 23. Jänner 2006. Diese richtete sich gegen die erstinstanzliche Vorschreibung von Kanalbenützungsgebühr für das Jahr 2006 nach der Grazer Kanalabgabenordnung 2005, A8-K 194/1984-92. Diese Kanalabgabenordnung ist gemäß § 7 Abs. 1 Stmk KanalAbgG 1955 von jeder Gemeinde zu erlassen und hat u.a. die Erhebung der Kanalbenützungsgebühren (die gemäß § 6 des Gesetzes dem freien Beschlussrecht der Gemeinden obliegt) sowie die Höhe des Einheitssatzes für die Berechnung der Kanalbenützungsgebühren zu enthalten.
Gegenstand des Berufungsverfahrens war sohin die Vorschreibung der Kanalbenützungsgebühr für das Jahr 2006. Wenn die belangte Behörde in ihrem Bescheid daher spruchgemäß die Berufung "betreffend die Vorschreibung einer Kanalbenützungsgebühr für das Jahr 2006" abgewiesen hat, hat sie sich einerseits im Rahmen der den Gegenstand ihres Verfahrens bildenden Sache gehalten und andererseits den Berufungsantrag (zur Gänze) erledigt.
Gemäß § 8 Abs. 3 Stmk KanalAbgG 1955 bewirkt die Festsetzung der Kanalbenützungsgebühr für das Jahr 2006, dass die Beschwerdeführer so lange den festgesetzten Betrag zu entrichten haben, als nicht ein neuer Bescheid ergeht. Diese dem erstinstanzlichen Bescheid innewohnende Rechtsfolge ist durch die Abweisung der Berufung durch die Berufungsbehörde im Hinblick auf die damit eingetretene Rechtskraft des Ausspruches für das Jahr 2006 endgültig wirksam und nach Maßgabe der verfahrensrechtlichen Vorschriften (bzw. vorbehaltlich einer Aufhebung des Bescheides durch den Verfassungsgerichtshof oder den Verwaltungsgerichtshof) unabänderlich geworden.
Wenn die Beschwerdeführer demgegenüber darauf verweisen, dass sich ihre Berufung gegen "den Bescheid über Kanalbenützungsgebühren 2006 und ff" gerichtet habe, so trifft dies zwar insoweit zu, als der Berufungsschriftsatz tatsächlich eine derartige Bezeichnung im Betreff trägt. Bei objektivem Verständnis der Berufungsschrift kann dieser kein anderer Inhalt zugemessen werden als der, dass damit die Berufungswerber einen inhaltlichen Abspruch über die Sache des erstinstanzlichen Verfahrens begehrten.
Für einen eigenen Ausspruch hinsichtlich der Folgejahre fehlte der belangten Behörde als Berufungsbehörde auch die Zuständigkeit, zumal der erstinstanzliche Bescheid nur eine Festsetzung für das Jahr 2006 beinhaltete. Der in § 8 Abs. 3 Stmk KanalAbgG 1955 genannte "neue" Bescheid hätte ein solcher der Behörde erster Instanz zu sein. Da ein solcher nicht vorlag und somit mit der Berufung der Beschwerdeführer auch nicht bekämpft war, beschränkte sich die belangte Behörde zutreffend auf die Abweisung der Berufung gegen die Festsetzung der Kanalbenützungsgebühr für 2006.
Die Wirkung des § 8 Abs. 3 Stmk KanalAbgG 1955 tritt ex lege ein und bedarf keines behördlichen Ausspruches. Insofern liegt in der Festsetzung der Abgabe für das Jahr 2006 auch die Festsetzung für die Folgejahre und insofern entfaltet die Abweisung der Berufung auch Wirkungen für die Folgejahre. Ein ausdrücklicher Ausspruch hinsichtlich der Folgejahre ist im Bescheid der Behörde erster Instanz auch nicht enthalten. Die Bezugnahme auf eine solche Festsetzung in der Berufung ist daher nicht als die Bekämpfung eines solchen (überflüssigen, gesetzlich nicht gedeckten) Ausspruches neben der Festsetzung für das Jahr 2006 zu deuten. Der erstinstanzliche Bescheid enthielt nicht zwei trennbare Aussprüche über 2006 einerseits und die Folgejahre andererseits, sodass sich die Berufung nicht entweder auf die eine oder andere Festsetzung oder beide erstrecken hätte können. Die entsprechenden Bezugnahmen in der Berufung waren daher als eine Bezugnahme auf die sich aus § 8 Abs. 3 Stmk KanalAbgG 1955 ergebende Bescheidwirkung und mangels weiterer diesbezüglicher Anhaltspunkte nicht als ein Antrag auf Überschreitung der funktionellen Zuständigkeit der belangten Behörde zu verstehen.
Wenn die Beschwerdeführer zur Begründung der Zulässigkeit der Säumnisbeschwerde in diesem Zusammenhang darauf verweisen, dass sie auch hinsichtlich der Folgejahre des Jahres 2006 in den Genuss der Anlassfallwirkung eines allenfalls inzidenter im Rahmen eines gleichzeitig anhängig gemachten Verfahrens vor dem Verfassungsgerichtshof kommen wollten, ist darauf zu verweisen, dass eine Säumnis der belangten Behörde nach dem Vorgesagten nicht vorliegt.
Im Übrigen ist zu bemerken:
Da § 8 Abs. 3 Stmk KanalAbgG 1955 für die Höhe der Kanalbenützungsgebühr einen für eines der Vorjahre erlassenen Bescheid für maßgeblich erklärt, wirken sich Änderungen eines solchen Bescheides auch für die Folgejahre aus. Eine Herabsetzung der Abgabenschuld für das Jahr 2006 wäre somit auch ex post bei der Beurteilung allenfalls schon erfolgter Zahlungen für die Folgejahre dahin gehend zu berücksichtigen, ob die Beschwerdeführer damit eine geschuldete Abgabe oder aber zu viel (eine nicht geschuldete Abgabe) entrichtet hätten (vgl. § 163 Abs. 2 und § 186 Abs. 1 Stmk LAO). Die Beschwerdeführer übersehen insbesondere, dass § 8 Abs. 3 Stmk KanalAbgG 1955 gerade dazu führt, dass keine weiteren Bescheide für die Folgejahre zu ergehen haben; es ist daher nicht erforderlich, dass die Beschwerdeführer in den Genuss einer Anlassfallwirkung für gesonderte Bescheide, die sich auf die Folgejahre beziehen, kommen, weil das rechtliche Schicksal der Abgabenschuld in den Folgejahren bis zur Erlassung eines neuen Bescheids (den die Beschwerdeführer bekämpfen könnten) von dem Bescheid für das Jahr 2006 abhängt (die Rechtsprechung zu Fällen, in denen weitere Bescheide zu ergehen hatten oder ergingen, ist daher im vorliegenden Fall nicht einschlägig).
Die Beschwerde war daher gemäß § 34 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unzulässig zurückzuweisen.
Wien, am 28. September 2006
Schlagworte
Individuelle Normen und Parteienrechte Rechtswirkungen von Bescheiden Rechtskraft VwRallg9/3 Verletzung der Entscheidungspflicht Diverses Zurückweisung - EinstellungEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2006:2006170129.X00Im RIS seit
13.02.2007