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10 VerfassungsrechtNorm
VfGG §33Leitsatz
Abweisung eines Wiedereinsetzungsantrags; Fehlen eines Hinweises im angefochtenen Bescheid auf die Beschwerdemöglichkeit beim VfGH kein Wiedereinsetzungsgrund; Unkenntnis der rechtlichen Möglichkeit kein minderer Grad des Versehens; Zurückweisung der Beschwerde als verspätetSpruch
1. Der Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wird abgewiesen.
2. Die Beschwerde wird als verspätet zurückgewiesen.
Begründung
Begründung:
1. Mit Bescheid der Berufungskommission in Disziplinarangelegenheiten bei der Bundeskammer der Architekten und Ingenieurkonsulenten vom 6. Februar 2002 wurde der Berufung des Beschwerdeführers gegen das Erkenntnis des Disziplinarsenates der Kammer der Architekten und Ingenieurkonsulenten für Steiermark und Kärnten vom 7. November 2000, mit dem der Beschwerdeführer eines Disziplinarvergehens nach §55 Abs1 ZTKG schuldig erkannt und gemäß §56 Abs1 Z1 ZTKG zur Disziplinarstrafe des schriftlichen Verweises verurteilt wurde, mit näherer Begründung keine Folge gegeben.
2.1. Gegen dieses Berufungserkenntnis wendet sich die vorliegende, auf Art144 B-VG gestützte Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof. Der Beschwerdeführer macht darin die Verletzung in den verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechten gemäß Art6 und 7 der Europäischen Menschenrechtskonvention sowie des Rechtes auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz (Art7 B-VG) geltend und behauptet überdies - ohne nähere Konkretisierung - die Anwendung einer gesetzwidrigen Verordnung.
2.2. Die Beschwerde wurde nach Ablauf der in §82 Abs1 VfGG normierten sechswöchigen Frist eingebracht. Der Beschwerdeführer stellte daher gleichzeitig mit seiner Beschwerde einen Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Beschwerdefrist.
Zur Begründung des Wiedereinsetzungsantrages wird im Wesentlichen ausgeführt, dass das angefochtene Berufungserkenntnis keine Rechtsmittelbelehrung enthalten habe und diesbezüglich auf die Bestimmung des §61a AVG hingewiesen, wonach letztinstanzliche Bescheide einen Hinweis darauf zu enthalten hätten, dass noch die Möglichkeit der Anrufung des Verfassungsgerichtshofes mittels Beschwerde bestehe. Dem Beschwerdeführer sei daher mangels entsprechender Rechtsmittelbelehrung - und auch im Hinblick auf eine in den fraglichen Zeitraum fallende, dreiwöchige ärztliche Behandlung, die auf Grund von Schmerzen im Wirbelsäulenbereich notwendig geworden sei - erst im Zuge eines Besprechungstermines in der Kanzlei seines Rechtsvertreters am 2. Mai 2002 (somit nach Ablauf der Beschwerdefrist gemäß §82 Abs1 VfGG) bekannt geworden, dass gegen das Berufungserkenntnis noch das ausserordentliche Rechtsmittel einer Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof möglich gewesen wäre.
3. Der Verfassungsgerichtshof hat erwogen:
3.1. Da das Verfassungsgerichtshofgesetz in seinem §33 die Voraussetzungen für die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nicht selbst regelt, sind nach §35 dieses Gesetzes die entsprechenden Bestimmungen des §146 Abs1 ZPO in der Fassung der Zivilverfahrens-Novelle 1983, BGBl. 135, sinngemäß anzuwenden: Danach ist einer Partei, soweit das Gesetz nichts anderes bestimmt, auf Antrag die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu bewilligen, wenn sie durch ein "unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis" an der rechtzeitigen Vornahme einer befristeten Prozesshandlung verhindert wurde und die dadurch verursachte Versäumung für sie den Rechtsnachteil des Ausschlusses von der vorzunehmenden Prozesshandlung zur Folge hatte. Dass der Partei ein Verschulden an der Versäumung zur Last liegt, hindert die Bewilligung der Wiedereinsetzung nicht, wenn es sich nur um einen minderen Grad des Versehens handelt.
Unter "minderem Grad des Versehens" ist nach der Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes leichte Fahrlässigkeit zu verstehen, die dann vorliegt, wenn ein Fehler unterläuft, den gelegentlich auch ein sorgfältiger Mensch begeht (vgl. VfSlg. 9817/1983, 11.706/1988 uva.).
3.2. Es trifft zwar zu, dass das Berufungserkenntnis der Berufungskommission in Disziplinarangelegenheiten bei der Bundeskammer der Architekten und Ingenieurkonsulenten vom 6. Februar 2002 keinen Hinweis auf die Möglichkeit einer Beschwerdeführung beim Verfassungsgerichtshof enthält, doch vermag dieser Umstand eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nicht zu rechtfertigen: Da die Berechtigung zur Erhebung einer Beschwerde an die Gerichtshöfe des öffentlichen Rechts nicht von einem Hinweis der oben genannten Art abhängt, sondern sich allein nach den hiefür geltenden Vorschriften richtet, kann in der Unterlassung eines solchen Hinweises nicht ein Umstand erblickt werden, aus dem ein Grund für die Bewilligung eines Wiedereinsetzungsantrages abgeleitet werden könnte (vgl. VfSlg. 10.813/1986, 12.249/1990, 14.910/1997 und 15.516/1999 mwN). Die Unkenntnis der rechtlichen Möglichkeit, gegen einen letztinstanzlichen Bescheid Beschwerde bei den Gerichtshöfen des öffentlichen Rechts zu erheben, ist nicht als ein Fehler einzustufen, den gelegentlich auch ein sorgfältiger Mensch begeht: Es obliegt jedermann selbst, sich Kenntnis von allenfalls bestehenden ausserordentlichen Rechtsschutzinstrumenten (wie den Beschwerden an die Gerichtshöfe des öffentlichen Rechts) zu verschaffen (vgl. zB VfSlg. 10.473/1985, 13.924/1994 und 14.910/1997). Ganz besondere Umstände, auf Grund derer dies dem Beschwerdeführer unmöglich oder unzumutbar gewesen wäre, sind auf Grund des Vorbringens des Einschreiters für den Verfassungsgerichtshof nicht erkennbar.
Der Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand war somit abzuweisen.
4. Die unter einem eingebrachte Beschwerde nach Art144 B-VG war wegen Versäumung der sechswöchigen Beschwerdefrist (§82 Abs1 VfGG) zurückzuweisen.
5. Dies konnte gemäß §33 und §19 Abs3 Z2 litb VfGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung beschlossen werden.
Schlagworte
VfGH / WiedereinsetzungEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VFGH:2002:B904.2002Dokumentnummer
JFT_09979389_02B00904_00