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41/02 Asylrecht;Norm
FrG 1993 §82 Abs1 Z4;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Zeizinger und die Hofräte Dr. Rigler, Dr. Handstanger, Dr. Enzenhofer und Dr. Strohmayer als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Ströbl, über die Beschwerde der KC in W, geboren 1964, vertreten durch Mag. Dr. Ralf Heinrich Höfler, Rechtsanwalt in 1090 Wien, Türkenstraße 25/11, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien vom 11. Juli 2006, Zl. SD 711/03, betreffend Erlassung eines befristeten Rückkehrverbotes, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Begründung
I.
1. Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien (der belangten Behörde) vom 11. Juli 2006 wurde gegen die Beschwerdeführerin, eine "jugoslawische" Staatsangehörige, gemäß § 62 Abs. 1 und Abs. 2 iVm § 60 Abs. 2 Z. 2 des Fremdenpolizeigesetzes 2005 - FPG, BGBl. I Nr. 100, ein Rückkehrverbot für die Dauer von fünf Jahren erlassen.
Die Beschwerdeführerin sei am 21. Februar 2000 mit einem vom 31. Jänner 2000 bis zum 30. März 2000 gültigen Visum C in das österreichische Bundesgebiet eingereist. Am 13. Juli 2001 sei sie als Mitfahrerin bei einem Verkehrsunfall verletzt und in das Krankenhaus Krems eingeliefert worden. Im Zuge der Erhebungen betreffend den aufenthaltsrechtlichen Status der Beschwerdeführerin habe diese einen Adoptionsvertrag mit einem österreichischen Staatsbürger vom 22. Mai 2002 vorgelegt. Der Antrag auf Bewilligung der Adoption sei vom Bezirksgericht Favoriten mit rechtskräftigem Beschluss vom 27. Mai 2003 abgewiesen worden. Das Gericht habe ausgeführt, dass sich der Wahlvater sowohl über die Ehe der Beschwerdeführerin als auch über ihren Aufenthaltstitel uninformiert gezeigt hätte und dass er und die Beschwerdeführerin keine gemeinsame Sprache sprechen würden. Der von der Beschwerdeführerin vorsorglich abgegebene Erbverzicht würde die Vermutung nahe legen, dass kein Naheverhältnis aufgebaut werden sollte, sondern die Adoption - was auch von beiden Beteiligten bei ihren Einvernahmen zugegeben worden wäre - zu dem Zweck geschlossen werden sollte, um der Beschwerdeführerin einen weiteren Verbleib in Österreich zu sichern.
Die Beschwerdeführerin sei insgesamt dreimal wegen unrechtmäßigen Aufenthaltes im Bundesgebiet bestraft worden, und zwar mit rechtskräftigen Strafverfügungen des Magistrates Krems vom 21. September 2001 sowie des "Fremdenpolizeilichen Büros" am 17. April 2003 und am 28. Mai 2003. Am 10. November 2005 habe die Beschwerdeführerin einen Asylantrag gestellt, der (nach Zulässigkeitserklärung) derzeit in erster Instanz anhängig sei. Ihr sei eine vorläufige Aufenthaltsberechtigung nach dem Asylgesetz (2005) zuerkannt worden.
Gemäß § 125 Abs. 1 FPG sei das Verfahren zur Erlassung eines Aufenthaltsverbotes, das bei Inkrafttreten dieses Bundesgesetzes anhängig sei, nach dessen Bestimmungen weiterzuführen. Es sei daher zu prüfen, ob die Voraussetzungen des § 62 FPG gegeben seien. Auf Grund der insgesamt drei rechtskräftigen schwerwiegenden Bestrafungen nach dem Fremdengesetz sei der Tatbestand des § 62 Abs. 2 iVm § 60 Abs. 2 Z. 2 FPG erfüllt. Darüber hinaus habe die Beschwerdeführerin durch das Eingehen einer "Gefälligkeitsadoption" versucht, einen Aufenthaltstitel zu erlangen. Wenngleich der Spezialtatbestand des § 60 Abs. 2 Z. 10 FPG nicht erfüllt sei, gefährde das Gesamt(fehl)verhalten sowie die geradezu beharrliche Weigerung der Beschwerdeführerin, das Bundesgebiet zu verlassen, die öffentliche Ordnung und Sicherheit, sodass sich (auch) die im § 62 Abs. 1 FPG umschriebene Annahme als gerechtfertigt erweise.
Zu § 66 FPG werde festgehalten, dass die Beschwerdeführerin lediglich familiäre Bindungen zu ihrem Adoptivvater behaupte. Mit diesem bestehe jedoch kein gemeinsames Familienleben. Die Beschwerdeführerin habe im Asylverfahren angegeben, dass eine Schwester in Wien wohnhaft sei. Im fremdenrechtlichen Verfahren sei jedoch eine derartige familiäre Bindung nicht geltend gemacht worden. Selbst wenn man vor dem Hintergrund der nicht nachgewiesenen aktuellen familiären Bindungen auf Grund des mehr als sechsjährigen, jedoch erst seit knapp über einem halben Jahr (auf Grund der vorläufigen Aufenthaltsberechtigung nach dem AsylG) rechtmäßigen inländischen Aufenthalt überhaupt von einem mit dem Rückkehrverbot verbundenen Eingriff in ihr Privatleben ausgehen wollte, wäre dessen ungeachtet die Zulässigkeit dieser Maßnahme im Grund des § 66 Abs. 1 FPG zu bejahen, weil zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele, hier: zur Aufrechterhaltung eines geordneten Fremdenwesens, dringend geboten.
Einer allfälligen aus dem bisherigen Aufenthalt der Beschwerdeführerin ableitbaren Integration komme kein entscheidendes Gewicht zu, weil die für jegliche Integration erforderliche soziale Komponente durch das wiederholte strafbare Verhalten erheblich beeinträchtigt werde. Von daher gesehen hätten die privaten Interessen der Beschwerdeführerin gegenüber den genannten hoch zu veranschlagenden öffentlichen Interessen bei der nach § 66 Abs. 2 FPG erforderlichen Interessenabwägung in den Hintergrund zu treten.
Angesichts des dargestellten Gesamt(fehl)verhaltens der Beschwerdeführerin und ihres Versuches, durch eine Scheinadoption ihren illegalen Aufenthalt zu legalisieren, habe von der Erlassung des Rückkehrverbotes auch nicht im Rahmen des der Behörde zustehenden Ermessens Abstand genommen werden können.
Ein Wegfall der von der Beschwerdeführerin ausgehenden Gefährdung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit könne nicht vor Verstreichen der festgesetzten Gültigkeitsdauer des Rückkehrverbotes erwartet werden.
2. Gegen diesen Bescheid richtet sich die Rechtswidrigkeit des Inhaltes geltend machende Beschwerde.
II.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
1. Gemäß § 62 Abs. 1 FPG kann gegen einen Asylwerber ein Rückkehrverbot erlassen werden, wenn auf Grund bestimmter Tatsachen eine der in den Z. 1 und 2 leg. cit. umschriebenen Annahmen gerechtfertigt ist.
Gemäß § 62 Abs. 2 iVm § 60 Abs. 2 Z. 2 FPG hat als bestimmte Tatsache im Sinn des § 62 Abs. 1 FPG zu gelten, wenn ein Fremder mehr als einmal (u.a.) wegen einer schwerwiegenden Übertretung dieses Bundesgesetzes, des Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetzes, des Grenzkontrollgesetzes, des Meldegesetzes, des Gefahrengutbeförderungsgesetzes oder des Ausländerbeschäftigungsgesetzes rechtskräftig bestraft worden ist.
Die Beschwerde bestreitet nicht die im angefochtenen Bescheid getroffenen Feststellungen über die dreimalige Bestrafung der Beschwerdeführerin wegen unrechtmäßigen Aufenthaltes im Bundesgebiet. Wie der Verwaltungsgerichtshof bereits mehrfach ausgesprochen hat, handelt es sich bei der Übertretung des Fremdengesetzes durch den unrechtmäßigen Aufenthalt des Fremden im Bundesgebiet um eine schwerwiegende Verwaltungsübertretung im Sinn des § 36 Abs. 2 Z. 2 Fremdengesetz 1997 (vgl. etwa das Erkenntnis vom 22. Jänner 2002, Zl. 99/18/0227). Gleiches hat auch in Bezug auf die inhaltsgleiche Nachfolgebestimmung des § 60 Abs. 2 Z. 2 FPG zu gelten. Die im Grund dieser Gesetzesbestimmung getroffene Beurteilung der belangten Behörde begegnet daher keinen Bedenken.
Wegen des hohen Stellenwertes, der der Einhaltung der die Einreise und den Aufenthalt von Fremden regelnden Vorschriften aus der Sicht des Schutzes und der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung (Art. 8 Abs. 2 EMRK) zukommt (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 17. Dezember 2001, Zl. 99/18/0228, mwN), ist es auch nicht als rechtswidrig zu erkennen, wenn die belangte Behörde die im § 62 Abs. 1 FPG umschriebene Annahme für gerechtfertigt erachtet hat.
2. Bei der Interessenabwägung gemäß § 66 FPG hat die belangte Behörde die von der Beschwerdeführerin behaupteten familiären Bindungen zu einer im Bundesgebiet aufhältigen Schwester sowie die privaten Bindungen zu dem österreichischen Staatsbürger, der sie adoptieren wollte, zu Grunde gelegt und im Hinblick auf ihren inländischen Aufenthalt seit 21. Februar 2000 zutreffend einen mit dem Rückkehrverbot verbundenen relevanten Eingriff in ihr Privat- und Familienleben im Sinn des § 66 Abs. 1 FPG angenommen. Wenn sie dennoch angesichts der wiederholten schwerwiegenden Übertretung des Fremdengesetzes 1997 die Erlassung dieser Maßnahme im Licht dieser Gesetzesbestimmung für zulässig, weil dringend geboten, erachtet hat, so begegnet dies in Ansehung des im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten maßgeblichen öffentlichen Interesses an der Aufrechterhaltung eines geordneten Fremdenwesens keinem Einwand.
Unter Zugrundelegung dieses großen öffentlichen Interesses an der Beendigung des Aufenthaltes der Beschwerdeführerin erweist sich auch das Ergebnis der von der belangten Behörde gemäß § 66 Abs. 2 FPG vorgenommenen Abwägung als unbedenklich. Die aus der Aufenthaltsdauer der Beschwerdeführerin und ihrer Beziehung zu den genannten Personen ableitbaren persönlichen Interessen werden in ihrem Gewicht dadurch gemindert, dass ihr Aufenthalt nach Ablauf des Visums C, sohin ab dem 1. April 2000 bis zur Stellung des Asylantrages am 10. November 2005, sohin fast sechs Jahre lang, unrechtmäßig war. Von daher gesehen hat die belangte Behörde zutreffend der durch die Übertretungen des Fremdengesetzes 1997 (die solchen nach dem FPG gleichzuhalten sind) bewirkten Gefährdung maßgeblicher öffentlicher Interessen und damit den nachteiligen Folgen einer Abstandnahme von der Erlassung des Rückkehrverbotes kein geringeres Gewicht beigemessen als den Auswirkungen dieser Maßnahme auf die Lebenssituation der Beschwerdeführerin und die ihrer Angehörigen.
3. Da somit bereits der Inhalt der Beschwerde erkennen lässt, dass die behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.
4. Bei diesem Ergebnis erübrigt sich ein Abspruch über den Antrag, der Beschwerde aufschiebende Wirkung zuzuerkennen. Wien, am 4. Oktober 2006
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2006:2006180288.X00Im RIS seit
02.11.2006Zuletzt aktualisiert am
25.01.2009