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41/02 Passrecht Fremdenrecht;Norm
NAG 2005 §21 Abs1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Zeizinger und die Hofräte Dr. Rigler, Dr. Handstanger, Dr. Enzenhofer und Dr. Strohmayer als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Ströbl, über die Beschwerde der D U in W, geboren 1982, vertreten durch Dr. Christian Ebert, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Tuchlauben 11/18, gegen den Bescheid der Bundesministerin für Inneres vom 29. März 2006, Zl. 314.538/2- III/4/04, betreffend Versagung einer Niederlassungsbewilligung, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Begründung
I.
1. Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der Bundesministerin für Inneres (der belangten Behörde) vom 29. März 2006 wurde der Antrag der Beschwerdeführerin, einer Staatsangehörigen von Serbien und Montenegro, auf Erteilung einer Niederlassungsbewilligung gemäß § 21 Abs. 1 und Abs. 2 Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz - NAG, BGBl. I Nr. 100/2005, abgewiesen.
Die Beschwerdeführerin sei am 17. Dezember 2002 illegal nach Österreich eingereist und habe am 19. Dezember 2002 einen Asylantrag gestellt, der am 13. Jänner 2004 rechtskräftig abgewiesen worden sei. Gleichzeitig sei gemäß § 8 Asylgesetz 1997 festgestellt worden, dass eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung der Beschwerdeführerin in die Heimat zulässig sei. Während des Asylverfahrens habe die Beschwerdeführerin über eine vorläufige Aufenthaltsberechtigung nach dem Asylgesetz 1997 verfügt; diese Berechtigung führe nicht dazu, dass die Beschwerdeführerin als niedergelassen anzusehen sei.
Da die Beschwerdeführerin noch nie über einen Sichtvermerk oder einen Aufenthaltstitel verfügt habe, sei der gegenständliche Antrag vom 9. März 2004 als Erstantrag zu werten. Derartige Anträge seien gemäß § 21 Abs. 1 NAG vom Ausland aus zu stellen;
die Entscheidung sei im Ausland abzuwarten.
Die Beschwerdeführerin halte sich nach wie vor im Inland auf
und habe den gegenständlichen Antrag auch vom Inland aus eingebracht.
Aus humanitären Gründen könnte die Inlandsantragstellung
gemäß § 74 NAG von Amts wegen zugelassen werden. Eine Prüfung des Vorliegens humanitärer Gründe sei von Amts wegen durchgeführt worden.
Der Umstand, dass dem Ehegatten der Beschwerdeführerin Asyl gewährt worden sei, stelle keinen besonders berücksichtigungswürdigen humanitären Aspekt dar. Die wirtschaftliche Lage im Kosovo sei bekannt. Seitens der Europäischen Union würden aber erhebliche finanzielle Mittel aufgewendet, um diese wirtschaftliche Lage zu verbessern. Eine internationale Friedenstruppe sorge im Kosovo für die Aufrechterhaltung der öffentlichen Ruhe, Ordnung und Sicherheit. Die Menschenrechtslage habe sich entscheidend verbessert. Albaner seien auf lokaler und kommunaler Ebene voll in die Entscheidungsprozesse eingebunden. Eine gefahrlose Rückkehr in ihre Heimat, den Kosovo, sei für die Beschwerdeführerin jederzeit möglich. Dem Vorbringen der Beschwerdeführerin, dass sie keinen Reisepass erhalte und daher aus Österreich nicht ausreisen könne, werde kein Glaube geschenkt, weil die Beschwerdeführerin im Jahr 2000 problemlos ein Reisedokument erhalte habe, welches sie jedoch verloren habe, und kein weiteres Dokument beantragt habe.
Die Inlandsantragstellung werde daher nicht von Amts wegen zugelassen.
Der Antrag der Beschwerdeführerin sei gemäß § 21 Abs. 1 und Abs. 2 NAG abzuweisen gewesen.
Die Judikatur des Verwaltungsgerichtshofs zu § 14 Abs. 2 letzter Satz Fremdengesetz 1997, wonach bei Abweisung eines Antrages wegen Inlandsantragstellung keine Abwägung der persönlichen Interessen des Fremden mit den gegenläufigen öffentlichen Interessen stattzufinden habe, sei auf § 21 Abs. 1 NAG zu übertragen. Ein weiteres Eingehen auf die persönlichen Verhältnisse der Beschwerdeführerin sei daher entbehrlich.
2. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde mit dem Begehren, ihn wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes oder Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.
II.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
1. Die Beschwerdeführerin bestreitet nicht, dass ihr Asylantrag rechtskräftig abgewiesen worden ist und sie bisher noch nie über einen Aufenthaltstitel verfügt hat.
Bei ihrem Antrag auf Erteilung einer Niederlassungsbewilligung handelt es sich daher um einen Erstantrag, für den § 21 Abs. 1 des nach dessen § 81 Abs. 1 auch auf bei seinem Inkrafttreten am 1. Jänner 2006 anhängige Niederlassungsbewilligungsverfahren anzuwendenden NAG die Einbringung und das Abwarten des Verfahrens vom Ausland aus fordert.
Die von der Beschwerde ins Treffen geführte Ausnahmebestimmung des § 21 Abs. 2 Z. 2 NAG, wonach Fremde, die bisher im Bundesgebiet rechtmäßig niedergelassen waren, zur Inlandsantragstellung berechtigt sind, greift vorliegend nicht, weil die Beschwerdeführerin bisher nur über eine asylrechtliche vorläufige Aufenthaltsberechtigung verfügt hat und somit - wie die belangte Behörde richtig erkannt hat - nicht niedergelassen war.
Anders als die Beschwerdeführerin meint, resultiert aus dem - von der belangten Behörde entgegen der Beschwerde festgestellten -
Umstand, dass dem Ehegatten Asyl gewährt worden ist, kein Niederlassungsrecht der Beschwerdeführerin gemäß § 27 Abs. 1 NAG, regelt diese Bestimmung doch nur das vom Zusammenführenden abgeleitete Niederlassungsrecht von Familienangehörigen, die über eine Niederlassungsbewilligung verfügen. Die Beschwerdeführerin verfügt jedoch über keine solche Bewilligung.
2. Auf Grund des Umstandes, dass dem Ehegatten der Beschwerdeführerin Asyl gewährt wurde, könnten allerdings die Voraussetzungen des § 46 Abs. 4 NAG erfüllt sein. In diesem Fall könnte die Beschwerdeführerin zur Erlangung einer Niederlassungsbewilligung für Familienangehörige aus humanitären Gründen einen Antrag auf Feststellung des Vorliegens humanitärer Gründe gemäß § 73 Abs. 4 NAG einbringen. Ein solcher Antrag auf Erteilung einer humanitären Niederlassungsbewilligung gemäß § 46 Abs. 4 iVm § 73 Abs. 4 NAG könnte nicht gemäß § 21 Abs. 1 leg. cit. wegen Inlandsantragstellung oder Inlandsaufenthaltes abgewiesen werden. (Vgl. das hg. Erkenntnis vom 5. September 2006, Zlen. 2006/18/0243 bis 0246.)
Die Beschwerdeführerin hat jedoch keinen derartigen Feststellungsantrag eingebracht und bringt auch nicht vor, warum es ihr im Zeitraum zwischen dem Inkrafttreten des NAG am 1. Jänner 2006 und der Erlassung des angefochtenen Bescheides nicht möglich gewesen sei, einen solchen Antrag einzubringen.
3. Die Inlandsantragstellung und das Abwarten des Verfahrens im Inland käme daher fallbezogen nur nach § 74 NAG in Betracht. Nach dieser Bestimmung kann bei Vorliegen humanitärer Gründe gemäß § 72 NAG die Inlandsantragstellung von Amts wegen zugelassen werden. Wie im hg. Erkenntnis vom 27. Juni 2006, Zl. 2006/18/0153, ausgeführt, räumt § 74 NAG dem Fremden jedoch kein durchsetzbares Recht auf Inlandsantragstellung ein.
Das umfangreiche Beschwerdevorbringen, wonach auf Grund der allgemeinen Lage im Kosovo humanitäre Gründe gemäß § 72 NAG gegeben seien, ist daher nicht zielführend.
Da eine amtswegige Zulassung der Inlandsantragstellung nicht erfolgt ist, steht der Erteilung der von der Beschwerdeführerin beantragten Niederlassungsbewilligung der Grundsatz der Auslandsantragstellung gemäß § 21 Abs. 1 NAG entgegen.
4. Somit lässt bereits der Inhalt der Beschwerde erkennen, dass die behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, weshalb die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen war. Wien, am 4. Oktober 2006
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2006:2006180248.X00Im RIS seit
01.11.2006