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41/02 Asylrecht;Norm
FrPolG 2005 §60 Abs1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Zeizinger und die Hofräte Dr. Rigler, Dr. Handstanger, Dr. Enzenhofer und Dr. Strohmayer als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Ströbl, über die Beschwerde des A S, (geboren 1959), vertreten durch Dr. Wolfgang Weber, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Wollzeile 12/1/27, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien vom 28. Juni 2006, Zl. SD 503/06, betreffend Erlassung eines befristeten Aufenthaltsverbots, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 332,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
I.
1. Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien (der belangten Behörde) vom 28. Juni 2006 wurde gegen den Beschwerdeführer, einen mazedonischen Staatsangehörigen, gemäß § 60 Abs. 1 iVm Abs. 2 Z. 9 sowie § 63 Abs. 1 des Fremdenpolizeigesetzes 2005 - FPG, BGBl. I Nr. 100, ein Aufenthaltsverbot für die Dauer von acht Jahren erlassen.
Der Beschwerdeführer halte sich (ausgehend von der ersten behördlichen Meldung) seit April 2002 im Bundesgebiet auf. Die (auch diesbezüglich gestellten) detaillierten Anfragen im behördlichen Schreiben vom 21. Februar 2006 habe der Beschwerdeführer nicht näher beantwortet. Angesichts der bis dato durchgehenden behördlichen Meldungen im Bundesgebiet und der Tatsache, dass er erst am 12. März 2003 einen Erstantrag auf Erteilung einer Niederlassungsbewilligung gestellt habe, weil er am 29. Jänner 2003 eine österreichische Staatsangehörige geheiratet habe, sei davon auszugehen, dass der Beschwerdeführer bis zum 19. März 2003, das sei der Tag des Beginns der Gültigkeit der Erstniederlassungsbewilligung, illegal im Bundesgebiet aufhältig gewesen sei.
Da sich im Jahr 2005 der Verdacht des Vorliegens einer Scheinehe ergeben habe, seien diesbezügliche Erhebungen von der Erstbehörde angeordnet worden. Diese hätten ergeben, dass die Ehefrau des Beschwerdeführers an der angeblich gemeinsamen Wohnadresse in Wien 10 völlig unbekannt sei, während der Beschwerdeführer zwar durchaus bekannt, aber hier statt mit seiner Ehefrau mit einer Ausländerin wohnhaft sei. Daraufhin sei die Ehefrau des Beschwerdeführers niederschriftlich einvernommen worden, welche unter anderem wörtlich ausgesagt hätte:
"... Bei der ggstl. Ehe handelt es sich um eine reine
Scheinehe, welche nur geschlossen wurde, um dem
(Beschwerdeführer).... den Aufenthalt bzw. Zugang zum Arbeitsmarkt
im Bundesgebiet zu ermöglichen ... Den (Beschwerdeführer).... habe
ich das erste Mal beim Bestellen des Aufgebotes für unsere
Hochzeit auf dem Standesamt Wien-Hietzing gesehen ... In weiterer
Folge war ich etwa drei Mal beim (Beschwerdeführer).... in dessen
Wohnung in Wien 10. .... auf einen Kaffee. Dort lernte ich auch seine geschiedene Frau, mit welcher er dort tatsächlich zusammenlebt, kennen ..."
Aus dieser Aussage habe sich weiters ergeben, dass die Ehe vermittelt worden wäre, wofür die Ehefrau des Beschwerdeführers in zwei Raten EUR 3.000,-- bekommen hätte.
Auf Grund dieser Eheschließung sei dem Beschwerdeführer eine Niederlassungsbewilligung erteilt worden, die später verlängert worden sei. Desgleichen sei ihm (offensichtlich) eine Arbeitsbewilligung erteilt worden.
Die Ehe des Beschwerdeführers mit der genannten Österreicherin sei durch Urteil des Bezirksgerichts Fünfhaus vom 30. September 2005, rechtskräftig seit 21. November 2005, für nichtig erklärt worden. In der Berufung gegen den erstinstanzlichen Bescheid werde in ganz knappen Worten bestritten, dass der Beschwerdeführer eine Scheinehe eingegangen wäre, ein darüber hinausgehendes substantielles Vorbringen sei jedoch nicht erstattet worden.
Die frühere Ehefrau des Beschwerdeführers habe bei der besagten Einvernahme (wie bereits ausgeführt) zugegeben, die Ehe mit dem Beschwerdeführer lediglich zum Schein abgeschlossen zu haben, wofür sie EUR 3.000,-- bekommen hätte. Die jeweils lapidaren, kaum zwei Sätze langen Bestreitungen des Beschwerdeführers in der Stellungnahme vom 2. März 2006 bzw. in der Berufung, welche ohne darüber hinausgehendes Substrat seien, könnten die Aussage der genannten Zeugin und die Erhebungsergebnisse der Erstbehörde nicht entkräften. An den Spruch des Zivilgerichts über die Nichtigerklärung der Ehe sei die Verwaltungsbehörde ohnehin gebunden.
Es könne nach dem Vorgesagten kein Zweifel daran bestehen, dass das Verhalten des Beschwerdeführers, der eine Scheinehe (noch dazu gegen Entgelt) zwecks Erlangung aufenthalts- und beschäftigungsrechtlicher Vorteile eingegangen sei, den öffentlichen Interessen zuwiderlaufe und eine grobe Verletzung der öffentlichen Ordnung, insbesondere auf dem Gebiet eines geordneten "Ehe- und Fremdenwesens", darstelle, sodass die Erlassung des Aufenthaltsverbots zulässig, ja sogar dringend geboten sei.
Bei der Interessenabwägung gemäß § 66 Abs. 1 und 2 FPG fielen - mit Ausnahme des ca. vierjährigen Aufenthalts im Bundesgebiet - keine Umstände ins Gewicht. Eine davon ausgehende Integration in Österreich werde in ihrer Bedeutung dadurch entscheidend gemindert, dass sowohl die Niederlassungsbewilligung als auch die Arbeitsbewilligung auf Grund des Eingehens einer Scheinehe erteilt worden sei. Über im Bundesgebiet lebende enge Verwandte sei nichts bekannt geworden. Den somit relativ geringfügigen (und auch nie näher ausgeführten) persönlichen Interessen des Beschwerdeführers am weiteren Aufenthalt in Österreich stehe gegenüber, dass er durch die rechtsmissbräuchliche Eingehung der Ehe und die Berufung darauf im Antrag auf Niederlassungsbewilligung maßgebliche öffentliche Interessen im Sinn des Art. 8 Abs. 2 EMRK (Wahrung der öffentlichen Ordnung auf dem Gebiet des Fremdenwesens) erheblich beeinträchtigt habe. Daher könne die Ansicht der Erstbehörde, das Aufenthaltsverbot wäre zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele dringend geboten (§ 66 Abs. 1 FPG), und die Auswirkungen dieser Maßnahme auf die Lebenssituation des Beschwerdeführers würden nicht schwerer wiegen als die nachteiligen Folgen der Abstandnahme von ihrer Erlassung (§ 66 Abs. 2 leg. cit.) nachvollzogen und übernommen werden.
Da besonders berücksichtigungswürdige Gründe nicht erkannt und auch nicht vorgebracht worden seien, habe auch im Rahmen einer behördlichen Ermessensübung von der Erlassung eines Aufenthaltsverbots nicht Abstand genommen werden können.
Was die Gültigkeitsdauer des Aufenthaltsverbots betreffe (§ 63 FPG), erscheine die von der Erstbehörde vorgenommene sehr kurze Befristung (in der Dauer von fünf Jahren) nach Auffassung der belangten Behörde nicht gerechtfertigt. Im Hinblick auf das dargelegte Gesamt(fehl)verhalten des Beschwerdeführers könne - selbst unter Berücksichtigung seiner privaten und beruflichen Situation - ein Wegfall des für die Erlassung des Aufenthaltsverbotes maßgeblichen Grundes, nämlich der Gefährdung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit durch den Aufenthalt des Beschwerdeführers im Bundesgebiet, nicht vor Verstreichen eines achtjährigen Zeitraumes erwartet werden. Bei der Festsetzung dieser Frist sei auch die Tatsache mitentscheidend, dass der Gesetzgeber ab 1. Jänner 2006 im FPG die Höchstdauer mit zehn Jahren (statt bis dahin fünf Jahren) bestimmt habe.
2. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde mit dem Begehren, ihn wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.
II.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
1. Die Beschwerde stellt nicht in Abrede, dass die besagte Ehe des Beschwerdeführers mit Urteil des Bezirksgerichts Fünfhaus vom 30. September 2005 rechtskräftig für nichtig erklärt wurde. Durch dieses Urteil wurde bindend festgestellt, dass der Beschwerdeführer die Ehe ausschließlich oder vorwiegend zu einem der in § 23 Abs. 1 des Ehegesetzes genannten Zwecke geschlossen habe, ohne dass seine eheliche Lebensgemeinschaft hätte begründet werden sollen. Von daher erfüllt das Verhalten des Beschwerdeführers den Tatbestand des § 60 Abs. 2 Z. 9 FPG.
Ferner hat sich der Beschwerdeführer auf dem Boden der insoweit unstrittigen Feststellungen vor der Eheschließung für einen Zeitraum von etwa elf Monaten rechtswidrig in Österreich aufgehalten. Angesichts des hohen Stellenwertes, welcher der Einhaltung der die Einreise und den Aufenthalt von Fremden regelnden Vorschriften aus der Sicht des Schutzes und der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung (Art. 8 Abs. 2 EMRK) zukommt, kann es nicht als rechtswidrig angesehen werden, wenn die belangte Behörde im Beschwerdefall auch die Annahme gemäß § 60 Abs. 1 FPG für gerechtfertigt erachtet hat.
Vor diesem Hintergrund ist für den Beschwerdeführer mit seiner Behauptung, eine Scheinehe würde nicht vorliegen und die diesbezüglichen Feststellungen der Fremdenpolizei seien unrichtig, nichts gewonnen. Angesichts der bindenden Wirkung des Ehenichtigkeitsurteiles erweist sich auch die Beschwerderüge, die belangte Behörde hätte die frühere Ehefrau des Beschwerdeführers nicht neuerlich einvernommen, als nicht zielführend.
2. Der Beschwerdeführer wendet sich nicht gegen die von der belangten Behörde im Grund des § 66 FPG vorgenommene Beurteilung. Die Auffassung der belangten Behörde, dass die vorliegende fremdenpolizeiliche Maßnahme dringend geboten sei (§ 66 Abs. 1 FPG), erweist sich angesichts des besagten Fehlverhaltens des Beschwerdeführers, wodurch das in Art. 8 Abs. 2 EMRK genannte öffentliche Interesse an der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung erheblich beeinträchtigt wurde, als zutreffend. Unter Zugrundelegung des öffentlichen Interesses an der Beendigung des Aufenthaltes des Beschwerdeführers erweist sich auch das Ergebnis der von der belangten Behörde nach § 66 Abs. 2 FPG vorgenommenen Abwägung als unbedenklich, treten doch die für seinen Verbleib in Österreich sprechenden persönlichen Interessen, die auf dem Boden der unstrittigen Feststellungen der belangten Behörde nicht besonders ausgeprägt sind, gegenüber dem durch das Fehlverhalten des Beschwerdeführers nachhaltig beeinträchtigten Allgemeininteresse an der Wahrung eines geordneten Fremdenwesens zurück.
3. Schließlich begegnet der angefochtene Bescheid auch in Ansehung der darin festgesetzten Gültigkeitsdauer des Aufenthaltsverbots keinen Bedenken. Gemäß § 63 Abs. 1 FPG darf ein Aufenthaltsverbot in den Fällen des § 60 Abs. 2 Z. 1, 5 und 12 bis 14 leg. cit. unbefristet und sonst für die Dauer von höchstens zehn Jahren erlassen werden. Nach der hg. Rechtsprechung ist ein Aufenthaltsverbot, das nicht unbefristet erlassen werden kann, für jenen Zeitraum zu erlassen, nach dessen Ablauf vorhersehbarerweise der Grund für seine Verhängung weggefallen sein wird (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 13. Juni 2006, Zl. 2006/18/0118). Der belangten Behörde kann nicht entgegengetreten werden, wenn sie auf der Grundlage der nach § 63 Abs. 1 FPG für ein nach § 60 Abs. 2 Z. 9 leg. cit. erlassenes Aufenthaltsverbot zulässigen Dauer von zehn Jahren angesichts des gravierenden Fehlverhaltens des Beschwerdeführers - das ihm insbesondere die Berechtigung zum Aufenthalt und den Zugang zum Arbeitsmarkt verschaffte - die Auffassung vertreten hat, dass ein Wegfall der für die Erlassung des Aufenthaltsverbots maßgeblichen Gründe nicht vor Verstreichen der festgesetzten Gültigkeitsdauer erwartet werden könne.
4. Die Beschwerde erweist sich sohin als unbegründet, weshalb sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen war.
5. Der Spruch über den Aufwandersatz gründet sich (im Rahmen des gestellten Begehrens) auf §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2003, BGBl. II Nr. 333.
Wien, am 4. Oktober 2006
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2006:2006180231.X00Im RIS seit
27.10.2006Zuletzt aktualisiert am
13.04.2010