Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Bauer, die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Steinbauer und Dr. Hopf als weitere Richter sowie die fachkundigen Laienrichter Dr. Martin Gleitsmann (aus dem Kreis der Arbeitgeber) und Anton Degen (aus dem Kreis der Arbeitnehmer) in der Sozialrechtssache der klagenden Partei Kurt Z*****, vertreten durch Dr. Georg Grießer und Dr. Roland Gerlach, Rechtsanwälte in Wien, wider die beklagte Partei Pensionsversicherungsanstalt der Angestellten, Friedrich Hillegeist-Straße 1, 1021 Wien, im Revisionsverfahren nicht vertreten, wegen Berufsunfähigkeitspension, infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 15. April 1998, GZ 7 Rs 58/98w-33, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Arbeits- und Sozialgerichtes Wien vom 16. September 1997, GZ 24 Cgs 25/96h-28, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den
Beschluß
gefaßt:
Spruch
Der Revision wird Folge gegeben.
Die Urteile der Vorinstanzen werden aufgehoben. Die Sozialrechtssache wird zur Verhandlung und Entscheidung an das Prozeßgericht erster Instanz zurückverwiesen.
Die Kosten des Revisionsverfahrens sind weitere Verfahrenskosten.
Text
Begründung:
Der am 25. 1. 1945 geborene Kläger ist gelernter Maurer. Seit 1. 7. 1971 war er bei der Friedrich P***** Warenhandelsgesellschaft mbH beschäftigt, die einen Lebensmittelsupermarkt mit mehreren Filialen betrieb. Der Kläger war Leiter der Filiale in Groß Enzersdorf und hatte ab Anfang 1985 zusätzlich als Filialinspektor weitere acht Filialen zu betreuen, wobei er auch für den gesamten Einkauf zuständig war. Bei dieser Tätigkeit war er zuletzt in die Beschäftigungsgruppe 5 des Kollektivvertrages für Handelsangestellte eingestuft. Aufgrund der Übernahme des Unternehmens der Friedrich P***** Warenhandels- gesellschaft mbH durch die B***** AG endete das Dienstverhältnis des Klägers zur Erstgenannten mit 31. 12. 1989. Die B***** AG war nur bereit, den Kläger als Leiter der Filiale in Groß Enzersdorf zu übernehmen, nicht jedoch mit der weiteren Funktion eines Filialinspektors. Dieses Arbeitsverhältnis endete schließlich mit 30. 9. 1992; seither ist der Kläger arbeitslos.
Der Kläger ist aufgrund seiner im einzelnen festgestellten gesundheitlichen Leiden nur mehr in der Lage, körperlich leichte Arbeiten im Sitzen, Stehen und Gehen in der normalen Arbeitszeit mit den üblichen Pausen zu leisten. Ausgeschlossen sind Arbeiten mit besonderem Zeitdruck, in der Kälte und an erhöhten exponierten Stellen. Dieser Gesundheitszustand besteht jedenfalls seit Antragstellung. Bei der Tätigkeit eines Filialinspektors, eines Filialleiters sowie bei ähnlichen Verkaufstätigkeiten kommte es immer wieder zu einem erhöhten Termin- und Zeitdruck. Solche Tätigkeiten sind dem Kläger daher nicht mehr zumutbar.
Die Tätigkeit eines Filialinspektors wird üblicherweise - so auch beim Kläger - in die Beschäftigungsgruppe 5 des Kollektivvertrages der Handelsangestellten eingestuft. Eine "ähnliche Verweisungstätigkeit" ohne jeglichen besonderen Zeitdruck - auch eine Beschäftigungsgruppe tiefer - kann nicht festgestellt werden. Die Tätigkeit eines Filialleiters wird üblicherweise in die Beschäftigungsgruppe 3 oder 4 des Kollektivvertrages der Handelsangestellten eingereiht.
Mangels einer abgeschlossenen kaufmännischen Berufsausbildung müßte der Kläger, um der Berufsgruppe 2 zugehörige Tätigkeiten in der Auftragsbearbeitung bei Warenbestellungen oder in der kaufmännischen Lagerhaltung verrichten zu können, eine Büropraxisergänzungsschulung in der Dauer von drei bis fünf Monaten in Anspruch nehmen. In die Beschäftigungsgruppe 2 werden am allgemeinen Arbeitsmarkt auch Büroangestellte in Poststellen oder portierähnliche Berufstätigkeiten eingestuft. Bei diesen Tätigkeiten handelt es sich um Arbeiten mit leichter körperlicher Belastung bei vorwiegend sitzender Körperhaltung. Es herrscht durchschnittlicher Zeitdruck; besonderer Zeitdruck kann üblicherweise vermieden werden. Arbeiten in Kälte und an erhöhten exponierten Stellen kommen nicht vor.
Mit Bescheid vom 1. 12. 1995 lehnte die Beklagte den Antrag des Klägers vom 31.5.1995 auf Gewährung einer Berufunfähigkeitspension ab.
In der dagegen eingebrachten Klage auf Gewährung der Berufsunfähigkeitspension ab 1. 6. 1995 machte der Kläger geltend, daß er aus gesundheitlichen Gründen (Streßbelastung, Atembeschwerden) nicht mehr in der Lage sei, seine 24 Jahre lang ausgeübte Tätigkeit als Filialleiters eines Supermarktes auszuüben. Er sei auch für den Einkauf und die Warendispositon zuständig und in die Berufsgruppe 5 eingereiht gewesen. Bei der Friedrich P***** Warenhandelsgesellschaft mbH sei er als Filialinspektor tätig gewesen, habe acht Filialen selbständig betreut und sei für den gesamten Einkauf zuständig gewesen. Als die B***** AG den Betrieb übernommen habe, sei ihm die Kündigung angedroht worden, falls er nicht bereit sei, (nur mehr) als Filialleiter zu arbeiten.
Die Beklagte beantragte die Abweisung des Klagebegehrens und wendete ein, daß der Kläger seine bisherige Tätigkeit bzw eine ähnliche zumutbare Beschäftigung weiter ausüben könne.
Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab. Unter Zugrundelegung der wiedergegebenen wesentlichen Feststellungen vertrat es die Rechtsauffassung, daß bei der Beurteilung der Berufsunfähigkeit nach § 273 Abs 1 ASVG von der letzten, nicht nur vorübergehenden Beschäftigung des Versicherten auszugehen sei. Dies sei im Fall des Klägers die Tätigkeit als Filialleiter, die er in den Jahren 1971 bis 1992 durchgehend ausgeübt habe. Filialinspektor sei der Kläger zusätzlich nur fünf Jahre lang bis 1989 gewesen. Der Behauptung, die B***** AG wäre bei sonstiger Kündigung nur bereit gewesen, ihn als Filialleiter weiter zu beschäftigen, komme keine rechtliche Relevanz zu. Maßgeblich sei die vereinbarte und ausgeübte Beschäftigung des Versicherten; auf die Motive der Parteien des Arbeitsvertrages komme es nicht an. Ausgehend von der Tätigkeit und Einstufung des Klägers als Filialleiter in der Beschäftigungsgruppe 3 bis 4 kämen die festgestellten, dem Leistungskalkül entsprechenden Tätigkeiten als Verweisungsberuf in Frage. Eine Berufsunfähigkeit des Klägers könne daher nicht angenommen werden.Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab. Unter Zugrundelegung der wiedergegebenen wesentlichen Feststellungen vertrat es die Rechtsauffassung, daß bei der Beurteilung der Berufsunfähigkeit nach Paragraph 273, Absatz eins, ASVG von der letzten, nicht nur vorübergehenden Beschäftigung des Versicherten auszugehen sei. Dies sei im Fall des Klägers die Tätigkeit als Filialleiter, die er in den Jahren 1971 bis 1992 durchgehend ausgeübt habe. Filialinspektor sei der Kläger zusätzlich nur fünf Jahre lang bis 1989 gewesen. Der Behauptung, die B***** AG wäre bei sonstiger Kündigung nur bereit gewesen, ihn als Filialleiter weiter zu beschäftigen, komme keine rechtliche Relevanz zu. Maßgeblich sei die vereinbarte und ausgeübte Beschäftigung des Versicherten; auf die Motive der Parteien des Arbeitsvertrages komme es nicht an. Ausgehend von der Tätigkeit und Einstufung des Klägers als Filialleiter in der Beschäftigungsgruppe 3 bis 4 kämen die festgestellten, dem Leistungskalkül entsprechenden Tätigkeiten als Verweisungsberuf in Frage. Eine Berufsunfähigkeit des Klägers könne daher nicht angenommen werden.
Das Berufungsgericht gab der Berufung des Klägers nicht Folge und trat der rechtlichen Beurteilung des Erstgerichtes bei. Der Kläger sei bis zuletzt nahezu drei Jahre lang bei der B***** AG als Filialleiter beschäftigt gewesen. Diese Tätigkeit bestimme das Verweisungsfeld nach § 273 Abs 1 ASVG. Daß er bei der B***** AG als Filialleiter auch für die Warendispositon und Organisation des Verkaufsablaufes, Personalführung und Warenübernahme zuständig gewesen sei, sei nicht behauptet worden. Es sei notorisch, daß Filialleitern bei der B***** AG derartige Befugnisse nicht zukommen, daß allen Filialleitern das Sortiment vorgeschrieben werde und die Dispositionsbefugnisse im Vergleich zum Filialinspektor entsprechend gering seien. Daß der Kläger vorher bei der Friedrich P***** Warenhandelsgesellschaft mbH Filialinspektor gewesen sei, sei nicht relevant. Ausschlaggebend sei das Berufsbild "Filialleiter bei der Firma B*****". Dem Einwand des Klägers, der zuletzt ausgeübte Beruf bei der B***** AG sei nicht das Ergebnis einer freien Wahl des Versicherten gewesen, komme keine Bedeutung zu. Entscheidend sei die freie Wahl nur im Zusammenhang mit gesundheitlichen Gründen. Solche hätten aber den Kläger nicht gehindert, die Tätigkeit eines Filialinspektors in einem anderen Handelsunternehmen anzustreben.Das Berufungsgericht gab der Berufung des Klägers nicht Folge und trat der rechtlichen Beurteilung des Erstgerichtes bei. Der Kläger sei bis zuletzt nahezu drei Jahre lang bei der B***** AG als Filialleiter beschäftigt gewesen. Diese Tätigkeit bestimme das Verweisungsfeld nach Paragraph 273, Absatz eins, ASVG. Daß er bei der B***** AG als Filialleiter auch für die Warendispositon und Organisation des Verkaufsablaufes, Personalführung und Warenübernahme zuständig gewesen sei, sei nicht behauptet worden. Es sei notorisch, daß Filialleitern bei der B***** AG derartige Befugnisse nicht zukommen, daß allen Filialleitern das Sortiment vorgeschrieben werde und die Dispositionsbefugnisse im Vergleich zum Filialinspektor entsprechend gering seien. Daß der Kläger vorher bei der Friedrich P***** Warenhandelsgesellschaft mbH Filialinspektor gewesen sei, sei nicht relevant. Ausschlaggebend sei das Berufsbild "Filialleiter bei der Firma B*****". Dem Einwand des Klägers, der zuletzt ausgeübte Beruf bei der B***** AG sei nicht das Ergebnis einer freien Wahl des Versicherten gewesen, komme keine Bedeutung zu. Entscheidend sei die freie Wahl nur im Zusammenhang mit gesundheitlichen Gründen. Solche hätten aber den Kläger nicht gehindert, die Tätigkeit eines Filialinspektors in einem anderen Handelsunternehmen anzustreben.
Gegen die Berufungsentscheidung richtet sich die Revision des Klägers wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung mit dem Antrag, daß angefochtene Urteil im Sinne der Klagestattgebung abzuändern; hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.
Die Beklagte erstattete keine Revisionsbeantwortung.
Die Revision ist im Sinne des gestellten Aufhebungsantrages berechtigt.
Rechtliche Beurteilung
Bei der Pensionsversicherung der Angestellten handelt es sich um eine Berufsgruppenversicherung, deren Leistungen bereits einsetzen, wenn der Versicherte infolge seines körperlichen und/oder geistigen Zustandes einen Beruf seiner Berufsgruppe nicht mehr ausüben kann. Dabei ist in der Regel von jenem Angestelltenberuf auszugehen, den der Versicherte zuletzt nicht nur vorübergehend ausgeübt hat. Dieser Beruf bestimmt das Verweisungsfeld; das sind alle Berufe, die derselben Berufsgruppe zuzurechnen sind, weil sie eine ähnliche Ausbildung und gleichwertige Kenntnisse und Fähigkeiten verlangen (SSV-NF 7/51, 7/61, 8/45, 9/21 jeweils mwN). Innerhalb seiner Berufsgruppe darf der Versicherte nicht auf Berufe verwiesen werden, die für ihn einen unzumutbaren sozialen Abstieg bedeuten würden (SSV-NF 7/57). Bei der Prüfung der Verweisungsmöglichkeiten ist für die Zuordnung einer bestimmten Beschäftigungs- oder Verwendungsgruppe die Art der ausgeübten Beschäftigung, nicht aber - entgegen der Ansicht des Revisionswerbers - die vom Arbeitgeber vorgenommene Einreihung oder das ausbezahlte Gehalt entscheidend (SSV-NF 6/53 mwN; 7/57).
Als letzten, nicht nur vorübergehend ausgeübten Beruf des Klägers legten die Vorinstanzen zutreffend seine Tätigkeit als Filialleiter, und zwar zuletzt in den Jahren 1990 bis Ende September 1992 als Leiter einer Filiale der B***** AG zugrunde. In den Jahren 1985 bis 1989 war der Kläger zusätzlich zu seiner Tätigkeit als Filialleiter seines früheren Arbeitgebers auch als Filialinspektor tätig. Diese zusätzliche Tätigkeit ist aber bei der Beurteilung der Berufsunfähigkeit nicht zu berücksichtigen, weil sie nicht bis zuletzt ausgeübt wurde. Wie Schrammel in Tomandl, Die Minderung der Leistungsfähigkeit im Recht der Sozialversicherung, 74 mwN, zutreffend ausführt, ist eine berufliche Veränderung - mag sie freiwillig oder unfreiwillig erfolgt sein -, die längere Zeit fortdauert, eine Gegebenheit, die für das Merkmal des bisherigen Berufes jedenfalls Relevanz besitzen muß. Der erkennende Senat hat zu SSV-NF 8/45 ausgesprochen, daß bei einem Versicherten, der seinen früheren qualifizierten Beruf infolge Krankheit aufgeben mußte, nach mehreren Jahren der Ausübung einer anderen Beschäftigung davon auszugehen ist, daß sich der Versicherte mit der neuen Beschäftigung abgefunden hat und erkennbar auf seinen früheren Berufsweg nicht mehr zurückkehren will, auch wenn ihm dies möglich wäre. Ist die verstrichene Zeit hingegen noch zu kurz, um derartiges anzunehmen, wäre nicht auf die zuletzt ausgeübte Tätigkeit abzustellen, weil der krankheitsbedingte soziale Abstieg eines Angestellten nicht das "Ergebnis freier Wahl" wäre (vgl SSV-NF 25/66; SVSlg 35.643). Ob diese Überlegungen auch für den Fall einer nicht krankheitsbedingten, sondern unter dem Eindruck einer drohenden Kündigung - in diesem Sinne jedenfalls das erstinstanzliche Vorbringen des Klägers - erfolgten beruflichen Veränderung zu gelten haben, kann im Hinblick auf den hier bereits verstrichenen Zeitraum von fast drei Jahren dahingestellt bleiben. Die Ansicht des Revisionswerbers, es wäre für ihn besser gewesen, die Weiterbeschäftigung bei Einschränkung seines Tätigkeitsbereiches abzulehnen und eine Kündigung zu akzeptieren, "um sodann einen Anspruch auf Berufsunfähigkeitspension zu erhalten", verkennt die Voraussetzungen einer Berufsunfähigkeitspension und vermengt offenbar das Risiko der Arbeitslosenversicherung mit jenem der Pensionsversicherung (vgl SSV-NF 1/23, 1/68 ua).Als letzten, nicht nur vorübergehend ausgeübten Beruf des Klägers legten die Vorinstanzen zutreffend seine Tätigkeit als Filialleiter, und zwar zuletzt in den Jahren 1990 bis Ende September 1992 als Leiter einer Filiale der B***** AG zugrunde. In den Jahren 1985 bis 1989 war der Kläger zusätzlich zu seiner Tätigkeit als Filialleiter seines früheren Arbeitgebers auch als Filialinspektor tätig. Diese zusätzliche Tätigkeit ist aber bei der Beurteilung der Berufsunfähigkeit nicht zu berücksichtigen, weil sie nicht bis zuletzt ausgeübt wurde. Wie Schrammel in Tomandl, Die Minderung der Leistungsfähigkeit im Recht der Sozialversicherung, 74 mwN, zutreffend ausführt, ist eine berufliche Veränderung - mag sie freiwillig oder unfreiwillig erfolgt sein -, die längere Zeit fortdauert, eine Gegebenheit, die für das Merkmal des bisherigen Berufes jedenfalls Relevanz besitzen muß. Der erkennende Senat hat zu SSV-NF 8/45 ausgesprochen, daß bei einem Versicherten, der seinen früheren qualifizierten Beruf infolge Krankheit aufgeben mußte, nach mehreren Jahren der Ausübung einer anderen Beschäftigung davon auszugehen ist, daß sich der Versicherte mit der neuen Beschäftigung abgefunden hat und erkennbar auf seinen früheren Berufsweg nicht mehr zurückkehren will, auch wenn ihm dies möglich wäre. Ist die verstrichene Zeit hingegen noch zu kurz, um derartiges anzunehmen, wäre nicht auf die zuletzt ausgeübte Tätigkeit abzustellen, weil der krankheitsbedingte soziale Abstieg eines Angestellten nicht das "Ergebnis freier Wahl" wäre vergleiche SSV-NF 25/66; SVSlg 35.643). Ob diese Überlegungen auch für den Fall einer nicht krankheitsbedingten, sondern unter dem Eindruck einer drohenden Kündigung - in diesem Sinne jedenfalls das erstinstanzliche Vorbringen des Klägers - erfolgten beruflichen Veränderung zu gelten haben, kann im Hinblick auf den hier bereits verstrichenen Zeitraum von fast drei Jahren dahingestellt bleiben. Die Ansicht des Revisionswerbers, es wäre für ihn besser gewesen, die Weiterbeschäftigung bei Einschränkung seines Tätigkeitsbereiches abzulehnen und eine Kündigung zu akzeptieren, "um sodann einen Anspruch auf Berufsunfähigkeitspension zu erhalten", verkennt die Voraussetzungen einer Berufsunfähigkeitspension und vermengt offenbar das Risiko der Arbeitslosenversicherung mit jenem der Pensionsversicherung vergleiche SSV-NF 1/23, 1/68 ua).
Geht man also von jenem Angestelltenberuf aus, den der Kläger zuletzt ausgeübt hat, so stellt sich die Frage nach dem genauen Inhalt dieser Tätigkeit und dem Aufgabengebiet des Versicherten (SSV-NF 9/21). Hiezu fehlt es allerdings an detaillierten Feststellungen der Tatsacheninstanzen. Schon die Feststellung des Erstgerichtes, daß Filialleiter berufstypisch in die Beschäftigungsgruppe 3 oder 4 des Kollektivvertrages für die Handelsangestellten Österreichs eingereiht werden, läßt erkennen, daß der Inhalt der Tätigkeit und das Aufgabengebiet eines Filialleiters keineswegs in allen Fällen gleich ist, sondern beachtliche Unterschiede bestehen können. In die Beschäftigungsgruppe 3 des genannten Kollektivvertrages fallen Angestellte, die auf Anweisung schwierige Tätigkeiten selbständig durchführen; dazu zählen beispielsweise Filialleiter, soweit sie nicht in eine höhere Berufsgruppe einzustufen sind. In die Berufsgruppe 4 fallen Angestellte mit selbständiger Tätigkeit; dazu zählen beispielsweise Filialleiter, die selbständig über Waren, Lagerhaltung und sonstige Betriebsmittel Verfügungen treffen, die Warenpräsentation und/oder verkaufsfördernde Maßnahmen durchführen, zur selbständigen Preisgestaltung oder zur Preisgestaltung im Rahmen allgemeiner Richtlinien berechtigt sind und für die Abrechnung vereinnahmter Geldbeträge Sorge tragen.
Zutreffend stellte das Berufungsgericht auf das Berufsbild eines "Filialleiters bei der Firma B*****" ab. Dieses Berufsbild ist jedoch entgegen der Ansicht des Berufungsgerichtes nicht notorisch; insbesondere ist auch nicht notorisch, daß allen Filialleitern der B***** AG nur geringe Dispositonsbefugnisse zukommen. Hierauf weist der Revisionswerber zutreffend hin.
Tatsachen, welche bei Gericht offenkundig sind, bedürfen keines Beweises (§ 269 ZPO). Allgemeinkundig sind aber nur jene Tatsachen, die einer beliebig großen Anzahl von Menschen bekannt oder doch ohne Schwierigkeiten jederzeit zuverlässig wahrnehmbar sind. Gemeint sind zB Erfahrungssätze der allgemeinen Lebenserfahrung, geographische Tatsachen oder Ereignisse des Zeitgeschehens; ebenso wird man etwa die Tatsachen einer Eintragung im Firmen- oder Grundbuch als notorisch ansehen können (Rechberger in Rechberger, ZPO Rz 2 zu § 269). Der erkennende Senat bejahte auch in einer ganzen Reihe von Entscheidungen die Offenkundigkeit der Anforderungen in jenen Verweisungsberufen, die sich weitgehend unter den Augen der Öffentlichkeit abspielen, weit verbreitend sind und deren Anforderungen allgemein bekannt sind. Als Beispiele sind hier etwa Portiere, Geschirrabräumer, Bürodiener, Aufseher, Garderobiere, Billeteure etc zu nennen (RIS-Justiz RS0040179). Verneint wurde die Offenkundigkeit etwa bei den unterschiedlichen Arten von Industriekontrolloren (SSV-NF 11/21) oder für den Bereich der Krankenpflegeberufe (SSV-NF 6/105). Die mangelnde Offenkundigkeit muß auch für die unterschiedliche Ausgestaltung des Berufsbildes eines Filialleiters gelten, bei dem davon auszugehen ist, daß sich die Berufsausübung nicht weitgehend unter den Augen der Öffentlichkeit abspielt. Der Inhalt der vom Kläger zuletzt ausgeübten Tätigkeit eines Filialleiters der B***** AG ist daher im Einzelfall besonders zu prüfen und es sind genaue Feststellungen dazu zu treffen, die eine Einordnung des Klägers in eine der Beschäftigungsgruppen des Kollektivvertrages für die Handelsangestellten Österreichs erlauben (SSV-NF 6/105; RIS-Justiz RS0107991). Erst danach wird zu prüfen sein, ob die Verweisung des Klägers auf einen in Frage kommenden (anderen) Beruf seiner Berufsgruppe zulässig ist.Tatsachen, welche bei Gericht offenkundig sind, bedürfen keines Beweises (Paragraph 269, ZPO). Allgemeinkundig sind aber nur jene Tatsachen, die einer beliebig großen Anzahl von Menschen bekannt oder doch ohne Schwierigkeiten jederzeit zuverlässig wahrnehmbar sind. Gemeint sind zB Erfahrungssätze der allgemeinen Lebenserfahrung, geographische Tatsachen oder Ereignisse des Zeitgeschehens; ebenso wird man etwa die Tatsachen einer Eintragung im Firmen- oder Grundbuch als notorisch ansehen können (Rechberger in Rechberger, ZPO Rz 2 zu Paragraph 269,). Der erkennende Senat bejahte auch in einer ganzen Reihe von Entscheidungen die Offenkundigkeit der Anforderungen in jenen Verweisungsberufen, die sich weitgehend unter den Augen der Öffentlichkeit abspielen, weit verbreitend sind und deren Anforderungen allgemein bekannt sind. Als Beispiele sind hier etwa Portiere, Geschirrabräumer, Bürodiener, Aufseher, Garderobiere, Billeteure etc zu nennen (RIS-Justiz RS0040179). Verneint wurde die Offenkundigkeit etwa bei den unterschiedlichen Arten von Industriekontrolloren (SSV-NF 11/21) oder für den Bereich der Krankenpflegeberufe (SSV-NF 6/105). Die mangelnde Offenkundigkeit muß auch für die unterschiedliche Ausgestaltung des Berufsbildes eines Filialleiters gelten, bei dem davon auszugehen ist, daß sich die Berufsausübung nicht weitgehend unter den Augen der Öffentlichkeit abspielt. Der Inhalt der vom Kläger zuletzt ausgeübten Tätigkeit eines Filialleiters der B***** AG ist daher im Einzelfall besonders zu prüfen und es sind genaue Feststellungen dazu zu treffen, die eine Einordnung des Klägers in eine der Beschäftigungsgruppen des Kollektivvertrages für die Handelsangestellten Österreichs erlauben (SSV-NF 6/105; RIS-Justiz RS0107991). Erst danach wird zu prüfen sein, ob die Verweisung des Klägers auf einen in Frage kommenden (anderen) Beruf seiner Berufsgruppe zulässig ist.
Richtig gingen die Vorinstanzen in diesem Zusammenhang erkennbar davon aus, daß die Verweisung eines Angestellten einer bestimmten Berufsgruppe des Kollektivvertrages auf Tätigkeiten der nächstniedrigeren Gruppe in der Regel mit keinem unzumutbaren sozialen Abstieg verbunden ist (SSV-NF 4/16, 9/29, 9/103 ua). Gewisse Einbußen an Entlohnung und sozialem Prestige muß ein Versicherter hinnehmen (SSV-NF 5/34 mwN). Der soziale Abstieg ist unzumutbar, wenn die Verweisungstätigkeit in den Augen der Umwelt ein wesentlich geringeres Ansehen genießt (SSV-NF 9/29 ua).
Da sohin für die abschließende Beurteilung wesentliche Fragen ungeklärt blieben, waren die Entscheidungen der Vorinstanzen zur Ergänzung des Verfahrens aufzuheben.
Der Kostenvorbehalt beruht auf § 52 Abs 1 ZPO.Der Kostenvorbehalt beruht auf Paragraph 52, Absatz eins, ZPO.
Anmerkung
E51311 10C02398European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:1998:010OBS00239.98I.0915.000Dokumentnummer
JJT_19980915_OGH0002_010OBS00239_98I0000_000