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001 Verwaltungsrecht allgemein;Norm
FrG 1997 §14 Abs2;Beachte
Miterledigung (miterledigt bzw zur gemeinsamen Entscheidung verbunden):2006/18/0321Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Zeizinger und die Hofräte Dr. Rigler, Dr. Handstanger, Dr. Enzenhofer und Dr. Strohmayer als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Ströbl, über die Beschwerde
1. des M G in G, geboren 1961, vertreten durch Mag. Dr. Helmut Blum, Rechtsanwalt in 4020 Linz, Mozartstraße 11/6, gegen den Bescheid der Bundesministerin für Inneres vom 24. Juli 2006, Zl. 313.625/8-III/4/06, (protokolliert zur hg. Zl. 2006/18/0320), und 2. der N G, geboren 1965, sowie der beiden minderjährigen Kinder 3. L G, geboren 1994, und 4. H G, geboren 1992, alle in G, alle vertreten durch den oben genannten Rechtsanwalt Mag. Dr. Helmut Blum, gegen den Bescheid der Bundesministerin für Inneres vom 24. Juli 2006, Zl. 313.625/9-III/4/06, (protokolliert zur hg. Zl. 2006/18/0321), jeweils betreffend Versagung einer Niederlassungsbewilligung, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Begründung
I.
1. Mit den im Instanzenzug ergangenen beiden Bescheiden der Bundesministerin für Inneres (der belangten Behörde) vom 24. Juli 2006, wurde der vom Erstbeschwerdeführer und der von der Zweitbeschwerdeführerin, von dieser auch für ihre beiden Kinder, den übrigen Beschwerdeführern, jeweils am 7. April 2003 gestellte Antrag auf Erteilung einer Erstniederlassungsbewilligung aus humanitären Gründen gemäß § 21 Abs. 1, §§ 72 und 74 des Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetzes - NAG, BGBl. I Nr. 100/2005, abgewiesen.
Diese Anträge seien mit erstinstanzlichem Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Perg als der vom Landeshauptmann von Oberösterreich ermächtigten Behörde vom 29. November 2005 gemäß § 14 Abs. 2 iVm § 10 Abs. 4 des Fremdengesetzes 1997 abgewiesen worden, wogegen der Erstbeschwerdeführer und die Zweitbeschwerdeführerin, diese auch als gesetzliche Vertreterin der übrigen Beschwerdeführer, Berufung erhoben hätten.
Begründend führte die belangte Behörde in den beiden Bescheiden vom 24. Juli 2006 weiter aus, dass die Beschwerdeführer am 4. Juni 2002 illegal, versteckt auf der Ladefläche eines Lkw, über Italien nach Österreich eingereist seien und am selben Tag einen Asylantrag bzw. Asylerstreckungsanträge gestellt hätten, über die im Instanzenzug am 20. Jänner 2003 rechtskräftig negativ entschieden worden sei. Gleichzeitig sei in Bezug auf den Erstbeschwerdeführer gemäß § 8 Asylgesetz 1997 - AsylG festgestellt worden, dass eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung in seine Heimat, Mazedonien, zulässig sei.
Mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Perg vom 18. Februar 2003 seien die Beschwerdeführer ausgewiesen worden.
Die Beschwerdeführer seien im Besitz einer vorläufigen Aufenthaltsberechtigung nach dem AsylG gewesen. Diesbezüglich werde bemerkt, dass der Aufenthalt in Österreich als Asylwerber keinen humanitären Grund darstelle. Zudem könnten sie seit der Einreise bzw. Stellung des Asylantrages auch nicht als niedergelassen angesehen werden, weil die Aufenthaltsberechtigung nach dem AsylG nur vorläufige Gültigkeit besitze.
Da die Beschwerdeführer noch nie über einen Sichtvermerk, eine Aufenthaltsbewilligung oder eine Niederlassungsbewilligung für das Bundesgebiet verfügt hätten, seien ihre Anträge vom 7. April 2003 als Erstanträge auf Erteilung eines Aufenthaltstitels zu werten. Bei Erstanträgen sei § 21 Abs. 1 und 2 NAG zu beachten.
Fest stehe, dass die Beschwerdeführer die gegenständlichen Anträge am 7. April 2003 im Inland eingebracht hätten und sie sich vor, während und nach der Antragstellung in Österreich aufgehalten hätten, was vor allem durch die Tatsache bekräftigt werde, dass sie seit Juni 2002 hier polizeilich aufrecht gemeldet seien.
Die Behörde habe einen im Inland gestellten Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels abzuweisen, wenn kein "besonders berücksichtigungswürdiger Fall" aus humanitären Gründen vorliege. Gemäß § 74 NAG könne sie von Amts wegen die Inlandsantragstellung auf Erteilung eines Aufenthaltstitels oder die Heilung von sonstigen Verfahrensmängeln zulassen, wenn die Voraussetzungen des § 72 leg. cit. erfüllt würden.
Eine Überprüfung im Sinn des § 72 leg. cit. sei von Amts wegen durchgeführt worden. Die Beschwerdeführer hätten angeführt, dass der Erstbeschwerdeführer über einen sicheren Arbeitsplatz und über ein arbeitsmarktrechtliches Dokument verfügte und dass seine beiden Kinder (die Dritt- und Viertbeschwerdeführer) perfekt deutsch sprächen.
Im Hinblick auf die vorgebrachten wirtschaftlichen Gründe sei kein ausreichender besonders berücksichtigungswürdiger humanitärer Aspekt gegeben. Zwar habe ein berechtigtes Interesse an einer Verbesserung der wirtschaftlichen Situation der Beschwerdeführer durch die Auswanderung nach Österreich festgestellt werden können, aber keinerlei humanitäre Gründe für die Erteilung eines diesbezüglichen Aufenthaltstitels. Darüber hinaus sei auf Grund der abweisenden Entscheidung im asylrechtlichen Verfahren ersichtlich, dass sie keiner Verfolgung aus den in der Genfer Flüchtlingskonvention angeführten Gründen ausgesetzt seien. Die von den Beschwerdeführern gewählte Vorgangsweise einer Umgehung der Einwanderungsbestimmungen widerspreche den Intentionen eines vorläufigen Aufenthaltsrechtes, wenn sich aus einem negativen Abschluss eines Asylverfahrens ein Daueraufenthalt entwickeln sollte.
Die belangte Behörde habe bereits mit 19. September 2005 von einer Zustimmung zur Erteilung eines Aufenthaltstitels aus humanitären Gründen Abstand genommen. Den Beschwerdeführern könne der Zuzug nach Österreich unter Einhaltung der üblichen gesetzlichen Bestimmungen und unter Berücksichtigung der Quotensituation zugemutet werden. Eine Inlandsantragstellung bzw. die daraus resultierende Entgegennahme des Aufenthaltstitels im Inland werde gemäß § 74 NAG von Amts wegen nicht zugelassen, wobei sich die Entscheidung der belangten Behörde aus formaler Sicht auf § 75 leg. cit. gründe.
Die Anträge der Beschwerdeführer seien daher gemäß § 21 Abs. 1, §§ 72 und 74 leg. cit. abzuweisen gewesen.
2. Gegen diese Bescheide richtet sich die vorliegende Beschwerde mit dem Begehren, die jeweils angefochtenen Bescheide wegen Rechtswidrigkeit ihres Inhaltes oder Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.
II.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
1. Die Beschwerde bringt vor, dass § 72 NAG auf mit besonderen Gefährdungen bzw. Notlagen verbundene Lebensumstände eines Fremden abstelle und diese hier vorlägen. So sei im Zug des Konflikts in Mazedonien das Haus der Beschwerdeführer durch Granaten der Polizeikräfte vollkommen zerstört worden, sodass ihnen dort jegliche Existenzgrundlage fehle. Sie hätten sich in Österreich integrieren können. Der Erstbeschwerdeführer gehe einer sozialversicherungspflichtigen Beschäftigung nach und verdiene damit den Lebensunterhalt seiner Familie. Die Dritt- und Viertbeschwerdeführer besuchten die Schule, und die Zweitbeschwerdeführerin (die Ehegattin des Erstbeschwerdeführers) kümmere sich sowohl um den Haushalt als auch um die Reinigung "des Objektes sowie des Gehsteiges an sich". Die Ausweisung nach Mazedonien würde die Beschwerdeführer in eine ausweglose Lage bringen. Es lägen daher die von § 72 NAG geforderten Lebensumstände vor und sei die Inlandsantragstellung im Sinn des § 74 leg. cit. zulässig. Da sich die belangte Behörde mit den Lebensumständen der Beschwerdeführer in Mazedonien nicht auseinander gesetzt habe, sei das Verfahren mangelhaft.
2.1. Da die Beschwerdeführer unstrittig noch nie über einen Aufenthaltstitel verfügt haben, begegnet die - unbekämpfte - Beurteilung der belangten Behörde, dass es sich bei den gegenständlichen Anträgen vom 7. April 2003 um Erstanträge im Sinn des § 21 Abs. 1 NAG handle, nach welcher Gesetzesbestimmung die Entscheidung über den Antrag im Ausland abzuwarten ist, keinem Einwand. Dass einer der Fälle des § 21 Abs. 2 leg. cit., in denen es zulässig ist, einen Erstantrag vom Inland aus zu stellen und die Entscheidung darüber hier abzuwarten, vorliege, wird in der Beschwerde nicht behauptet. Auch aus den angefochtenen Bescheiden ergeben sich dafür keine Hinweise.
2.2. Das Recht, den Antrag vom Inland aus zu stellen - und die Entscheidung hierüber im Inland abzuwarten - käme daher fallbezogen nur gemäß § 74 NAG in Betracht.
Wie im hg. Erkenntnis vom 27. Juni 2006, Zl. 2006/18/0153, ausgeführt wurde, räumt § 74 NAG dem Fremden kein durchsetzbares - und vor dem Verwaltungsgerichtshof geltend zu machendes - Recht auf Inlandsantragstellung ein. Zur weiteren Begründung wird gemäß § 43 Abs. 2 VwGG auf dieses Erkenntnis verwiesen.
2.3. Die belangte Behörde hat in den Beschwerdefällen eine Inlandsantragstellung unter Hinweis auf § 74 und § 75 NAG nicht zugelassen.
Im Hinblick darauf erweist sich die Abweisung der gegenständlichen Anträge vom 7. April 2003 gemäß § 21 Abs. 1 NAG als unbedenklich. Dabei war eine Abwägung der persönlichen Interessen der Beschwerdeführer an einer Niederlassung im Bundesgebiet mit den gegenläufigen öffentlichen Interessen nicht erforderlich (vgl. dazu nochmals das vorzitierte Erkenntnis).
3. Da somit bereits der Beschwerdeinhalt erkennen lässt, dass die behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.
4. Bei diesem Ergebnis erübrigte sich ein Abspruch über den mit der Beschwerde verbundenen Antrag, dieser aufschiebende Wirkung zuzuerkennen.
Wien, am 4. Oktober 2006
Schlagworte
Anzuwendendes Recht Maßgebende Rechtslage VwRallg2European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2006:2006180320.X00Im RIS seit
27.10.2006Zuletzt aktualisiert am
07.12.2011