TE OGH 1998/10/13 10ObS237/98w

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Veröffentlicht am 13.10.1998
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Bauer als Vorsitzenden und die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Ehmayr und Dr. Steinbauer sowie die fachkundigen Laienrichter Dr. Johannes Schenk (aus dem Kreis der Arbeitgeber) und Leopold Smrcka (aus dem Kreis der Arbeitnehmer) in der Sozialrechtssache der klagenden Partei Prof. Dr. Gerhard H*****, Hofrat des Obersten Gerichtshofs, *****, vertreten durch Dr. Dieter Böhmdorfer, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagte Partei Versicherungsanstalt öffentlich Bediensteter (BVA), 1081 Wien, Josefstädter Straße 80, vertreten durch Dr. Hans Houska, Rechtsanwalt in Wien, wegen Kostenerstattung (Revisionsinteresse S 14.366,-- sA), infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgerichtes in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 30. März 1998, GZ 10 Rs 362/97x-28, womit infolge Berufungen beider Parteien das Urteil des Arbeits- und Sozialgerichtes Wien vom 9. September 1997, GZ 15 Cgs 46/96f-19, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die klagende Partei hat die Kosten ihres Rechtsmittels selbst zu tragen.

Text

Entscheidungsgründe:

Nach der Entfernung seiner Zähne 14 und 15 rechts oben ließ der Kläger die entstandene Lücke im März 1996 bei seinem behandelnden Facharzt für Zahn-, Mund- und Kieferheilkunde Dr. Erwin S. durch eine aus zwei Gliedern und zwei Pfeilern bestehende Porzellanbrücke (festsitzender Zahnersatz) schließen; als Brückenpfeiler dienen die Zähne 13 und 16. Der Kläger bezahlte hierfür laut Honorarnote vom 28. 3. 1996 S 34.000 inkl. Umsatzsteuer. Als Alternative zu der Brückenlösung wäre lediglich eine Metallgerüstprothese mit Klammerzahnkronen (abnehmbarer Zahnersatz) in Frage gekommen, die bei Fehlen von nur zwei Zähnen nicht mehr dem Stand der modernen zahnmedizinischen Technik entspricht. Eine solche Prothese verursacht jedoch nach einer Gewöhnungszeit von zwei Wochen keine Beschwerden beim Sprechen; sie kann auch nicht wackeln, verrutschen oder herausfallen und ermöglicht alle Mund- und Kieferbewegungen. Beim Sprechen wäre allerdings eine 5 mm große Metallklammer (ein Metalldraht zwischen Zahn und Zahnfleisch) sichtbar. Die Zahnpflege einer Metallgerüstprothese ist aufwendiger als die einer Porzellanbrücke.

Mit Bescheid vom 10. 4. 1996 gab die beklagte Partei dem Kostenerstattungsantrag des Klägers im Ausmaß von S 4.000 (für 4 Einheiten a S 1.000) zuzüglich 20 % Umsatzsteuer, insgesamt also S

4.800 teilweise Folge; das Mehrbegehren lehnte sie unter Hinweis auf § 69 B-KUVG und §§ 22 und 23 Abs 3 der Satzung ab.4.800 teilweise Folge; das Mehrbegehren lehnte sie unter Hinweis auf Paragraph 69, B-KUVG und Paragraphen 22 und 23 Absatz 3, der Satzung ab.

Der Kläger begehrte nach Klagseinschränkung die Zahlung von S 22.400 (Gesamtkosten S 34.000 abzüglich 20 % Behandlungsbeitrag von S 6.800 und abzüglich bereits geleisteter S 4.800). Die Beklagte habe nach § 69 Abs 2 B-KUVG den unentbehrlichen, d.h. auch den spezifisch berufsbedingten Zahnersatz zu leisten. Der Kläger müsse als in Strafsachen tätiger Richter des Obersten Gerichtshofs und damit als Repräsentant des Staates einen entsprechenden Eindruck hinterlassen und dürfe beim Sprechen, insbesondere beim Verkünden von Entscheidungen nicht behindert sein. Ein abnehmbarer Zahnersatz sei deshalb unzumutbar.Der Kläger begehrte nach Klagseinschränkung die Zahlung von S 22.400 (Gesamtkosten S 34.000 abzüglich 20 % Behandlungsbeitrag von S 6.800 und abzüglich bereits geleisteter S 4.800). Die Beklagte habe nach Paragraph 69, Absatz 2, B-KUVG den unentbehrlichen, d.h. auch den spezifisch berufsbedingten Zahnersatz zu leisten. Der Kläger müsse als in Strafsachen tätiger Richter des Obersten Gerichtshofs und damit als Repräsentant des Staates einen entsprechenden Eindruck hinterlassen und dürfe beim Sprechen, insbesondere beim Verkünden von Entscheidungen nicht behindert sein. Ein abnehmbarer Zahnersatz sei deshalb unzumutbar.

Die Beklagte beantragte die Abweisung des Klagebegehrens und wiederholte ihren im angefochtenen Bescheid eingenommenen Standpunkt. Ein festsitzender Zahnersatz sei nur dann unentbehrlich, wenn aus medizinischen Gründen ein abnehmbarer Zahnersatz nicht eingegliedert werden könne. Da dies für den Kläger nicht zutreffe, sei ihm nach der Satzung nur ein Zuschuß für 4 Einheiten a S 1.000 zuzüglich Umsatzsteuer zu gewähren.

Das Erstgericht verurteilte die Beklagte zur Zahlung von weiteren S 8.034 und wies das Mehrbegehren von S 14.366 ab. Es stellte noch fest, daß die Beklagte nach dem für 1996 geltenden Honorartarif der Vertragszahnbehandler für die prothetische Zahnbehandlung für die Neuherstellung einer Metallgerüstprothese S 9.520, zweier Klammerzahnkronen in Verblend-Metall-Keramikausführung je S 5.790 und zweier Zähne je S 145, insgesamt S 21.390, zuzüglich 20 % Umsatzsteuer daher S 25.668 abzüglich 50 % Behandlungsbeitrag, letztlich also S 12.834 zu ersetzen gehabt hätte. Der Auffassung des Klägers, der gewählte festsitzende Zahnersatz sei unentbehrlich, könne nicht beigetreten werden. Der Kläger habe aber Anspruch auf Kostenerstattung zumindest in dem Umfang, in dem die Beklagte auch bei Inanspruchnahme der als unentbehrlich geltenden vertraglich sichergestellten Leistung in Form des abnehmbaren Zahnersatzes (Metallgerüstprothese mit Klammerzahnkronen) leistungspflichtig geworden wäre, also hier mit S 12.834. § 23 der Satzung sei dahin auszulegen, daß sich die Leistungspflicht der Beklagten nur insoweit in dem genannten Zuschuß von S 1.000 pro Einheit erschöpfe, als dieser zumindest die Kosten der vertraglich sichergestellten, unentbehrlichen Leistung erreiche. Daraus errechne sich eine Differenz zu Gunsten des Klägers von S 8.034 (S 12.834 abzüglich erbrachte Zahlung von S 4.800).Das Erstgericht verurteilte die Beklagte zur Zahlung von weiteren S 8.034 und wies das Mehrbegehren von S 14.366 ab. Es stellte noch fest, daß die Beklagte nach dem für 1996 geltenden Honorartarif der Vertragszahnbehandler für die prothetische Zahnbehandlung für die Neuherstellung einer Metallgerüstprothese S 9.520, zweier Klammerzahnkronen in Verblend-Metall-Keramikausführung je S 5.790 und zweier Zähne je S 145, insgesamt S 21.390, zuzüglich 20 % Umsatzsteuer daher S 25.668 abzüglich 50 % Behandlungsbeitrag, letztlich also S 12.834 zu ersetzen gehabt hätte. Der Auffassung des Klägers, der gewählte festsitzende Zahnersatz sei unentbehrlich, könne nicht beigetreten werden. Der Kläger habe aber Anspruch auf Kostenerstattung zumindest in dem Umfang, in dem die Beklagte auch bei Inanspruchnahme der als unentbehrlich geltenden vertraglich sichergestellten Leistung in Form des abnehmbaren Zahnersatzes (Metallgerüstprothese mit Klammerzahnkronen) leistungspflichtig geworden wäre, also hier mit S 12.834. Paragraph 23, der Satzung sei dahin auszulegen, daß sich die Leistungspflicht der Beklagten nur insoweit in dem genannten Zuschuß von S 1.000 pro Einheit erschöpfe, als dieser zumindest die Kosten der vertraglich sichergestellten, unentbehrlichen Leistung erreiche. Daraus errechne sich eine Differenz zu Gunsten des Klägers von S 8.034 (S 12.834 abzüglich erbrachte Zahlung von S 4.800).

Das Gericht zweiter Instanz gab den Berufungen beider Parteien nicht Folge. Mangels Revision der Beklagten ist der zusprechende Teil dieses Urteils nicht weiter zu erörtern. Der Rechtsansicht des Klägers wurde entgegengehalten, daß seine Berufstätigkeit durch die Sichtbarkeit eines dünnen Metalldrahtes an einem Zahn beim Sprechen nicht im Geringsten beeinträchtigt werden könne, weil die Berufsausübung eines Richters kein makelloses körperliches Erscheinungsbild erfordere. Unentbehrlich sei nur jener Zahnersatz, ohne den es zu einer Beeinträchtigung der Gesundheit, der konkreten Berufsfähigkeit oder der selbständigen Lebensführung käme. Das Gesetz gebe keinen Kostenerstattungsanspruch für die von der Zahnmedizin gerade entwickelte komfortabelste Versorgung. Das Berufungsgericht sprach schließlich aus, daß die Revision nach § 46 Abs 1 ASGG zulässig sei.Das Gericht zweiter Instanz gab den Berufungen beider Parteien nicht Folge. Mangels Revision der Beklagten ist der zusprechende Teil dieses Urteils nicht weiter zu erörtern. Der Rechtsansicht des Klägers wurde entgegengehalten, daß seine Berufstätigkeit durch die Sichtbarkeit eines dünnen Metalldrahtes an einem Zahn beim Sprechen nicht im Geringsten beeinträchtigt werden könne, weil die Berufsausübung eines Richters kein makelloses körperliches Erscheinungsbild erfordere. Unentbehrlich sei nur jener Zahnersatz, ohne den es zu einer Beeinträchtigung der Gesundheit, der konkreten Berufsfähigkeit oder der selbständigen Lebensführung käme. Das Gesetz gebe keinen Kostenerstattungsanspruch für die von der Zahnmedizin gerade entwickelte komfortabelste Versorgung. Das Berufungsgericht sprach schließlich aus, daß die Revision nach Paragraph 46, Absatz eins, ASGG zulässig sei.

Gegen den abweisenden Teil dieses Urteils richtet sich die Revision des Klägers wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung mit dem Antrag auf Abänderung im Sinne einer vollen Stattgebung des Klagebegehrens. Die Beklagte beantragte in ihrer Revisionsbeantwortung, der Revision nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist zulässig, aber nicht berechtigt.

Der Kläger hält daran fest, daß der jeweilige Stand der modernen zahnmedizinischen Technik Maßstab für die Unentbehrlichkeit des festsitzenden Zahnersatzes sei. Dieser Auffassung sind die Vorinstanzen mit Recht nicht gefolgt:

Zahnbehandlung ist nach Maßgabe der Bestimmungen der Satzung zu gewähren; die Versicherungsanstalt hat den unentbehrlichen Zahnersatz zu gewähren (§ 69 Abs 1 und 2 B-KUVG). Nach § 22 Abs 1 der hier maßgeblichen Satzung 1995 der Beklagten, SozSi 1995, 846, Amtl. Verlautbarung Nr 112/1995, ist unentbehrlich jener Zahnersatz, der notwendig ist, um eine Gesundheitsstörung zu vermeiden oder zu beseitigen. § 22 Abs 2 der Satzung lautet:Zahnbehandlung ist nach Maßgabe der Bestimmungen der Satzung zu gewähren; die Versicherungsanstalt hat den unentbehrlichen Zahnersatz zu gewähren (Paragraph 69, Absatz eins und 2 B-KUVG). Nach Paragraph 22, Absatz eins, der hier maßgeblichen Satzung 1995 der Beklagten, SozSi 1995, 846, Amtl. Verlautbarung Nr 112/1995, ist unentbehrlich jener Zahnersatz, der notwendig ist, um eine Gesundheitsstörung zu vermeiden oder zu beseitigen. Paragraph 22, Absatz 2, der Satzung lautet:

"Der unentbehrliche Zahnersatz ist im allgemeinen ein abnehmbarer Zahnersatz samt medizinisch-technisch notwendiger Halteelemente (Klammerzahnkronen). Festsitzender Zahnersatz ist nur dann der unentbehrliche, wenn aus medizinischen Gründen, die eine andere prothetische Versorgung nicht zulassen, ein abnehmbarer Zahnersatz nicht eingegliedert werden kann; dies ist der Fall

1. bei Patienten mit Lippen-Kiefer-Gaumenspalten;

2. bei Tumorpatienten....

3. bei Patienten nach polytraumatischen Kieferfrakturen....

4. bei Patienten mit extremen Kieferrelationen (zB extreme Progenie, Prognathie, totale Atrophie des Kieferkammes)."

Derartige medizinische Gründe gegen die Versorgung der Zahnlücke des Klägers mittels einer Metallgerüstprothese wurden weder behauptet noch festgestellt. Er hat daher nach § 23 Abs 1 der Satzung lediglich Anspruch auf abnehmbaren Zahnersatz, der in Form von Total- oder Teilprothesen aus Kunststoff oder Metallgerüstprothesen erbracht wird. Hingegen besteht im Rahmen der Sozialversicherung kein Anspruch auf Kostenerstattung für eine zwar dem neusten Stand der zahnmedizinischen Technik entsprechenden, jedoch nicht aus medizinischen Gründen der oben genannten Art unentbehrlichen Versorgung.Derartige medizinische Gründe gegen die Versorgung der Zahnlücke des Klägers mittels einer Metallgerüstprothese wurden weder behauptet noch festgestellt. Er hat daher nach Paragraph 23, Absatz eins, der Satzung lediglich Anspruch auf abnehmbaren Zahnersatz, der in Form von Total- oder Teilprothesen aus Kunststoff oder Metallgerüstprothesen erbracht wird. Hingegen besteht im Rahmen der Sozialversicherung kein Anspruch auf Kostenerstattung für eine zwar dem neusten Stand der zahnmedizinischen Technik entsprechenden, jedoch nicht aus medizinischen Gründen der oben genannten Art unentbehrlichen Versorgung.

Der Revision war daher ein Erfolg zu versagen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 77 Abs 1 Z 2 lit b ASGG. Gründe für einen Kostenzuspruch nach Billigkeit liegen schon mit Rücksicht auf das Einkommen des Klägers nicht vor.Die Kostenentscheidung beruht auf Paragraph 77, Absatz eins, Ziffer 2, Litera b, ASGG. Gründe für einen Kostenzuspruch nach Billigkeit liegen schon mit Rücksicht auf das Einkommen des Klägers nicht vor.

Anmerkung

E51686 10C02378

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1998:010OBS00237.98W.1013.000

Dokumentnummer

JJT_19981013_OGH0002_010OBS00237_98W0000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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