Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Kodek als Vorsitzenden und durch den Hofrat des Obersten Gerichtshofes Dr. Graf, die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofes Dr. Griß und Dr. Schenk sowie den Hofrat des Obersten Gerichtshofes Dr. Vogel als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Wolfgang Ott, ***** , vertreten durch Mag. Werner Suppan, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagten Parteien 1. K***** GmbH & Co KG, 2. K***** GmbH, beide *****, beide vertreten durch Dr. Christian Ebert und Dr. Thomas Huber, Rechtsanwälte in Wien, wegen Unterlassung und Beseitigung (Streitwert S 350.000), infolge Revision der Beklagten gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgericht vom 25. Juni 1998, GZ 15 R 52/98x-28, mit dem das Urteil des Handelsgerichtes Wien vom 15. Jänner 1998, GZ 37 Cg 17/97x-23, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:
Spruch
Der Revision wird teilweise Folge gegeben.
Die Urteile der Vorinstanzen werden dahin abgeändert, daß die Entscheidung insgesamt, einschließlich des nicht in Beschwerde gezogenen und des bestätigten Teils, wie folgt zu lauten hat:
"1. Die Beklagten sind schuldig, die Veröffentlichung und/oder Verbreitung von Bildnissen des Klägers ohne dessen Zustimmung im Zusammenhang mit der Berichterstattung über ein gegen ihn wegen Mordes und/oder Sittlichkeitsdelikten anhängiges Strafverfahren zu unterlassen, wenn die Bildnisveröffentlichung nicht amtlich veranlaßt war, insbesondere für Zwecke der Strafrechtspflege oder der Sicherheitspolizei, und/oder wenn der Kläger im Zusammenhang mit der Bildnisveröffentlichung ohne verurteilt zu sein als überführt oder schuldig hingestellt oder als Täter der ihm zur Last gelegten strafbaren Handlung und nicht bloß als tatverdächtig bezeichnet wird und/oder wenn bei der Berichterstattung über ein den Kläger verurteilendes Strafurteil erster Instanz dabei nicht oder nicht mit demselben Auffälligkeitswert zum Ausdruck gebracht wird, daß das Urteil nicht rechtskräftig ist.
2. Die Beklagten sind schuldig, sämtliche Vervielfältigungsstücke der Teile der Ausgaben der "Neuen Kronen Zeitung" vom 5. 9., 22. 9., 1. 10., 2. 10., 3. 10. und 4. 10. 1996, die die Personenbildnisse des Klägers enthalten, sowie die zur Vervielfältigung bestimmten Mittel (Repros, Filme, Negative usw.) binnen 14 Tagen zu vernichten und/oder unbrauchbar zu machen.
3. Das Mehrbegehren, den Beklagten die Veröffentlichung und/oder Verbreitung von Bildnissen des Klägers ohne dessen Zustimmung im Zusammenhang mit der Berichterstattung über ein gegen ihn wegen Mordes und/oder Sittlichkeitsdelikten anhängiges Strafverfahren ohne weitere Einschränkung zu untersagen, und das Mehrbegehren, dem Kläger Nachweise über das Vernichten und Unbrauchbarmachen laut Punkt 2) des Spruches zu erbringen, wird abgewiesen.
Die Beklagten sind schuldig, dem Kläger die mit S 5.502,68 bestimmten anteiligen Kosten des Verfahrens erster Instanz (darin S 916,18 USt und S 5,60 Barauslagen) binnen 14 Tagen zu ersetzen."
Die Beklagten sind schuldig, dem Kläger die mit S 3.291,78 bestimmten anteiligen Kosten des Rechtsmittelverfahrens (darin S 548,16 USt und S 2,80 Barauslagen) binnen 14 Tagen zu ersetzen.
Text
Entscheidungsgründe:
Der Kläger wurde mit Urteil des Geschworenengerichtes beim Landesgericht für Strafsachen Wien vom 4. 10. 1996 zu einer lebenslangen Freiheitsstrafe verurteilt und in eine Anstalt für geistig abnorme Rechtsbrecher eingewiesen. Das Urteil ist mittlerweile rechtskräftig geworden.
Die Erstbeklagte ist Medieninhaberin der "Neuen Kronen Zeitung"; die Zweitbeklagte ist ihre persönlich haftende Gesellschafterin. Die "Neue Kronen Zeitung" berichtete am 5. 9., 22. 9., 1. 10., 2. 10., 3.
10. und 4. 10. 1996 über den Kläger und die ihm zur Last gelegten Straftaten:
Die Bildnisveröffentlichungen erfolgten weder mit Zustimmung des Klägers oder seines Rechtsvertreters noch aufgrund eines behördlichen Ersuchens. Das Erstgericht konnte auch kein sicherheitsbehördliches Interesse feststellen, das Bildnis des Klägers zu veröffentlichen.
Der Kläger begehrt, die Beklagten schuldig zu erkennen, die Veröffentlichung und/oder Verbreitung von Bildnissen des Klägers ohne dessen Zustimmung im Zusammenhang mit der Berichterstattung über ein gegen ihn wegen Mordes und/oder Sittlichkeitsdelikten anhängiges Strafverfahren zu unterlassen, allenfalls, den Beklagten die Veröffentlichung und/oder Verbreitung von Bildnissen des Klägers ohne dessen Zustimmung im Zusammenhang mit der Berichterstattung über ein gegen ihn wegen Mordes und/oder Sittlichkeitsdelikten anhängiges Strafverfahren zu untersagen, wenn
a) die Bildnisveröffentlichung nicht amtlich veranlaßt war, insbesondere für Zwecke der Strafrechtspflege oder der Sicherheitspolizei und/oder,
b) der Kläger im Zusammenhang mit der Bildnisveröffentlichung ohne verurteilt zu sein als überführt oder schuldig hingestellt oder als Täter der ihm zur Last gelegten strafbaren Handlung und nicht bloß als tatverdächtig bezeichnet wird und/oder
c) bei der Berichterstattung über ein den Kläger verurteilendes Strafurteil erster Instanz dabei nicht oder nicht mit demselben Auffälligkeitswert zum Ausdruck gebracht wird, daß das Urteil nicht rechtskräftig ist und/oder
d) dem Kläger im Begleittext Straftaten, die nicht Gegenstand der gegen ihn erhobenen Anklage sind, unterstellt werden.
Der Kläger begehrt weiters, die Beklagten schuldig zu erkennen, sämtliche Vervielfältigungsstücke der Teile der Ausgaben der "Neuen Kronen Zeitung" vom 5. 9., 22. 9., 1. 10., 2. 10., 3. 10. und 4. 10. 1996, die die Personenbildnisse des Klägers enthalten, sowie die zur Vervielfältigung bestimmten Mittel (Repros, Filme, Negative usw.) binnen 14 Tagen zu vernichten und/oder unbrauchbar zu machen und dem Kläger darüber Nachweis zu erbringen.
Die Bildnisveröffentlichungen verletzten seine Interessen. Der Begleittext verstoße massiv gegen die Unschuldsvermutung; der Kläger werde mehrfach als überführter Mörder dargestellt und weiterer schwerer Straftaten wie Vergewaltigungen und Sittlichkeitsdelikte beschuldigt.
Die Beklagten beantragen, das Klagebegehren abzuweisen. Die Bildnisveröffentlichungen seien amtlich veranlaßt gewesen. Der Kläger sei auf dem Großteil der Fotos nicht zu erkennen. Die Fotos hätten einen bedeutenden Nachrichten- und Informationswert.
Das Erstgericht gab dem primär erhobenen Unterlassungsbegehren zur Gänze und dem Beseitigungsbegehren teilweise statt. Das Beseitigungsmehrbegehren, die Beklagten hätten dem Kläger entsprechende Nachweise zu erbringen, wies es ab. Wiederholungsgefahr sei gegeben, weil die Beklagten behaupteten, zu den beanstandeten Handlungen berechtigt zu sein. Die Beklagten könnten sich nicht auf § 41 UrhG berufen, weil die Bildnisveröffentlichungen nicht sicherheitsbehördlich veranlaßt gewesen seien. Daß sich der Kläger nicht dagegen gewehrt habe, gefilmt und fotografiert zu werden, sei keine Einwilligung in die Bildnisveröffentlichungen. Der Beseitigungsanspruch gründe sich auf § 82 UrhG.Das Erstgericht gab dem primär erhobenen Unterlassungsbegehren zur Gänze und dem Beseitigungsbegehren teilweise statt. Das Beseitigungsmehrbegehren, die Beklagten hätten dem Kläger entsprechende Nachweise zu erbringen, wies es ab. Wiederholungsgefahr sei gegeben, weil die Beklagten behaupteten, zu den beanstandeten Handlungen berechtigt zu sein. Die Beklagten könnten sich nicht auf Paragraph 41, UrhG berufen, weil die Bildnisveröffentlichungen nicht sicherheitsbehördlich veranlaßt gewesen seien. Daß sich der Kläger nicht dagegen gewehrt habe, gefilmt und fotografiert zu werden, sei keine Einwilligung in die Bildnisveröffentlichungen. Der Beseitigungsanspruch gründe sich auf Paragraph 82, UrhG.
Das Berufungsgericht bestätigte die Entscheidung des Erstgerichtes und sprach aus, daß der Wert des Entscheidungsgegenstandes insgesamt S 260.000,-- übersteige und die ordentliche Revision zulässig sei. Der Kläger sei im Zeitpunkt der Veröffentlichungen verdächtig gewesen, wehrlose Mädchen vergewaltigt und auf grausame Art ermordet zu haben. Daß das Urteil erster Instanz nicht sofort rechtskräftig wurde, sei im Begleittext korrekt wiedergegeben worden. Es sei von einer Prangerwirkung der Veröffentlichungen auszugehen und die Interessenabwägung vorzunehmen. Verbrechen, wie sie dem Kläger vorgeworfen wurden, erregten besonderes Aufsehen und besondere Abscheu. Ein Bekanntwerden des Verdächtigen in weiteren Bevölkerungskreisen könne für dessen berufliches und gesellschaftliches Fortkommen zu unabsehbaren, im einzelnen im vorhinein überhaupt nicht überblickbaren Folgen, geradezu zum "bürgerlichen Tod", führen. Die Interessenabwägung könnte nur dann zu seinen Lasten ausfallen, wenn dem gravierenden Eingriff in die Interessen des Abgebildeten entsprechend gravierende Interessen der Öffentlichkeit gegenüberstünden. Der Bildnisschutz des Klägers werde nicht durch die vorangegangene Veröffentlichung von Fahndungsfotos ausgeschlossen.
Die Beklagten könnten sich nicht darauf berufen, daß der Kläger in der Folge rechtskräftig verurteilt wurde. Dies laufe auf eine Verletzung der Unschuldsvermutung hinaus. Wegen der Schwere des Vorwurfs könne es nicht darauf ankommen, ob in besonderer oder nur in geringerer Weise gegen die Unschuldsvermutung verstoßen wurde. Das Erstgericht habe sich zur Begründung des Beseitigungsausspruches zwar nur auf § 82 UrhG gestützt; das reiche aber aus. Wenn der Beklagte als Medieninhaber einer Zeitung in Anspruch genommen werde, so liege darin auch die Behauptung, daß er Eigentümer der zu beseitigenden Eingriffsgegenstände sei; das Gegenteil müßte er behaupten und beweisen.Die Beklagten könnten sich nicht darauf berufen, daß der Kläger in der Folge rechtskräftig verurteilt wurde. Dies laufe auf eine Verletzung der Unschuldsvermutung hinaus. Wegen der Schwere des Vorwurfs könne es nicht darauf ankommen, ob in besonderer oder nur in geringerer Weise gegen die Unschuldsvermutung verstoßen wurde. Das Erstgericht habe sich zur Begründung des Beseitigungsausspruches zwar nur auf Paragraph 82, UrhG gestützt; das reiche aber aus. Wenn der Beklagte als Medieninhaber einer Zeitung in Anspruch genommen werde, so liege darin auch die Behauptung, daß er Eigentümer der zu beseitigenden Eingriffsgegenstände sei; das Gegenteil müßte er behaupten und beweisen.
Rechtliche Beurteilung
Die gegen diese Entscheidung gerichtete Revision der Beklagten ist zulässig und teilweise berechtigt.
Die Beklagten werfen dem Berufungsgericht vor, die neuere Rechtsprechung zu verkennen. Die Prangerwirkung bei der Berichterstattung über einen Mordverdacht sei nicht allein entscheidend. § 7a MedG gewähre nur in besonderen Fällen einen Identitätsschutz. Der Justizausschuß habe die Auffassung vertreten, daß bei Kapitalverbrechen kein Identitätsschutz nach § 7a MedG gewährt werde. Eine allfällige Interessenabwägung müsse zu Lasten des Klägers ausgehen. Sein Fortkommen sei nicht unverhältnismäßig beeinträchtigt worden. Der Kläger habe eine konkrete Beeinträchtigung durch die Bildberichterstattung weder behauptet noch bewiesen. Die Unschuldsvermutung sei nicht verletzt worden; die Berichte hätten sich auf die Wiedergabe von Tatsachen beschränkt. Das Unterlassungsgebot sei zu weit gefaßt.Die Beklagten werfen dem Berufungsgericht vor, die neuere Rechtsprechung zu verkennen. Die Prangerwirkung bei der Berichterstattung über einen Mordverdacht sei nicht allein entscheidend. Paragraph 7 a, MedG gewähre nur in besonderen Fällen einen Identitätsschutz. Der Justizausschuß habe die Auffassung vertreten, daß bei Kapitalverbrechen kein Identitätsschutz nach Paragraph 7 a, MedG gewährt werde. Eine allfällige Interessenabwägung müsse zu Lasten des Klägers ausgehen. Sein Fortkommen sei nicht unverhältnismäßig beeinträchtigt worden. Der Kläger habe eine konkrete Beeinträchtigung durch die Bildberichterstattung weder behauptet noch bewiesen. Die Unschuldsvermutung sei nicht verletzt worden; die Berichte hätten sich auf die Wiedergabe von Tatsachen beschränkt. Das Unterlassungsgebot sei zu weit gefaßt.
Die Argumentation der Beklagten baut, ebenso wie die des Berufungsgerichtes, auf der neueren Rechtsprechung zu § 78 UrhG auf. Danach sind für den Bildnisschutz nach § 78 UrhG, soweit der gleiche Sachverhalt geregelt wird, die Wertungen des Mediengesetzes maßgebend. Der Bildnisschutz steht daher (ua) der wahrheitsgemäß als (bloß) tatverdächtig bezeichneten Person dann nicht zu, wenn eine identifizierende Berichterstattung gemäß § 7a MedG zulässig ist. Keinen Identitätsschutz nach § 7a MedG haben Erwachsene, die eines Verbrechens verdächtig sind oder wegen eines solchen verurteilt wurden, wenn durch die Veröffentlichung ihr Fortkommen (unter Bedachtnahme auf die Umstände der Tat sowie deren Verfolgung und Bestrafung) nicht unverhältnismäßig beeinträchtigt werden kann (JBl 1998, 55 = MR 1997, 302 = ÖBl 1998, 88 - Ernestine K. mwN).Die Argumentation der Beklagten baut, ebenso wie die des Berufungsgerichtes, auf der neueren Rechtsprechung zu Paragraph 78, UrhG auf. Danach sind für den Bildnisschutz nach Paragraph 78, UrhG, soweit der gleiche Sachverhalt geregelt wird, die Wertungen des Mediengesetzes maßgebend. Der Bildnisschutz steht daher (ua) der wahrheitsgemäß als (bloß) tatverdächtig bezeichneten Person dann nicht zu, wenn eine identifizierende Berichterstattung gemäß Paragraph 7 a, MedG zulässig ist. Keinen Identitätsschutz nach Paragraph 7 a, MedG haben Erwachsene, die eines Verbrechens verdächtig sind oder wegen eines solchen verurteilt wurden, wenn durch die Veröffentlichung ihr Fortkommen (unter Bedachtnahme auf die Umstände der Tat sowie deren Verfolgung und Bestrafung) nicht unverhältnismäßig beeinträchtigt werden kann (JBl 1998, 55 = MR 1997, 302 = ÖBl 1998, 88 - Ernestine K. mwN).
Es ist daher nicht richtig, daß es bei der Berichterstattung über Kapitalverbrechen überhaupt keinen Identitätsschutz gäbe. Dem Bericht des Justizausschusses über die Mediengesetznovelle 1992 (851 BlgNR 18. GP) ist nichts Gegenteiliges zu entnehmen; vielmehr werden "Erwachsene im Verbrechensbereich" ausdrücklich dann als schutzwürdig bezeichnet, wenn deren Fortkommen unverhältnismäßig beeinträchtigt werden kann. Eine solche Beeinträchtigung kann nach Ansicht des Ausschusses schwerer wiegen als das aus der Informationsfreiheit erfließende Interesse der Öffentlichkeit an der Kenntnisnahme der Identität des Betroffenen (851 BlgNR 18. GP 3).
Die Identität des Betroffenen ist also nach § 7a MedG geschützt, wenn die Beeinträchtigung seiner Interessen schwerer wiegt als das Informationsinteresse der Öffentlichkeit; in diesem Fall fällt auch die Interessenabwägung nach § 78 UrhG zugunsten des Abgebildeten aus.Die Identität des Betroffenen ist also nach Paragraph 7 a, MedG geschützt, wenn die Beeinträchtigung seiner Interessen schwerer wiegt als das Informationsinteresse der Öffentlichkeit; in diesem Fall fällt auch die Interessenabwägung nach Paragraph 78, UrhG zugunsten des Abgebildeten aus.
Das Berufungsgericht hat eine unverhältnismäßige Beeinträchtigung des Fortkommens des Klägers bejaht. Da die dem Kläger vorgeworfenen Verbrechen besondere Abscheu erregten, habe seine Identifizierung für sein berufliches und gesellschaftliches Fortkommen Folgen, die dem "bürgerlichen Tod" gleichkämen. Die Beklagten halten dem entgegen, daß nicht die Beeinträchtigung des Fortkommens eines unschuldig Verdächtigten, sondern die des Klägers im konkreten Fall maßgebend sei. Der Kläger habe weder behauptet noch bewiesen, inwiefern eine Beeinträchtigung seines Fortkommens gerade durch die Bildberichterstattung zu befürchten sei. Demgegenüber macht der Kläger geltend, daß das Strafverfahren allein nicht zu seinem "bürgerlichen Tod" geführt hätte. Die Beklagten hätten den Kläger derart negativ dargestellt, daß ein Verlust sämtlicher sozialer Kontakte inner- und außerhalb der Haftanstalt zu befürchten sei.
Den Ausführungen des Klägers liegt, ebenso wie denen des Berufungsgerichtes, die Auffassung zugrunde, daß unter "Fortkommen" die gesamte künftige Lebensgestaltung des Betroffen zu verstehen sei. Diese Auffassung müßte dazu führen, daß ein Identitätsschutz umso eher zu bejahen wäre, je abstoßender und mit umso strengerer Strafe das Verbrechen bedroht ist, dessen der Betroffene verdächtigt oder dessetwegen er verurteilt wurde. Eine Bejahung des Identitätsschutzes bei besonders spektakulären Kapitalverbrechen steht aber in unüberbrückbarem Gegensatz zu § 7a MedG. Diese Bestimmung zeigt, daß der Gesetzgeber bei Verbrechen Erwachsener grundsätzlich ein Informationsinteresse anerkennt und den Betroffenen nur unter bestimmten Voraussetzungen als schutzwürdig erachtet.Den Ausführungen des Klägers liegt, ebenso wie denen des Berufungsgerichtes, die Auffassung zugrunde, daß unter "Fortkommen" die gesamte künftige Lebensgestaltung des Betroffen zu verstehen sei. Diese Auffassung müßte dazu führen, daß ein Identitätsschutz umso eher zu bejahen wäre, je abstoßender und mit umso strengerer Strafe das Verbrechen bedroht ist, dessen der Betroffene verdächtigt oder dessetwegen er verurteilt wurde. Eine Bejahung des Identitätsschutzes bei besonders spektakulären Kapitalverbrechen steht aber in unüberbrückbarem Gegensatz zu Paragraph 7 a, MedG. Diese Bestimmung zeigt, daß der Gesetzgeber bei Verbrechen Erwachsener grundsätzlich ein Informationsinteresse anerkennt und den Betroffenen nur unter bestimmten Voraussetzungen als schutzwürdig erachtet.
Gefordert ist nicht nur eine (unter Bedachtnahme auf die Umstände der Tat sowie deren Verfolgung und Bestrafung) unverhältnismäßige Beeinträchtigung des Fortkommens; die Materialien (AB 851 BlgNR 18. GP 3f) verstehen "Fortkommen" auch in einem wesentlich eingeschränkteren Sinn: Als "Fortkommen" ist zunächst das in jedem Fall bestehende Interesse an der Wiedereingliederung von Rechtsbrechern in die Gesellschaft zu verstehen, darüber hinaus aber auch die besondere Bedachtnahme auf die Lebensumstände, die Berufsstellung udgl des Betroffenen; das Alter des Betroffenen kann bei der Interessenabwägung insbesondere dann ins Gewicht fallen, wenn es sich um einen Heranwachsenden (der das 19. Lebensjahr schon überschritten hat) handelt. In der Entscheidung JBl 1998, 55 = MR 1997, 302 = ÖBl 1998, 88 - Ernestine K. hat der erkennende Senat eine unverhältnismäßige Beeinträchtigung verneint, weil die von der Berichterstattung betroffene Person bereits das Pensionsalter erreicht hatte.
Daraus folgt aber nicht, daß eine unverhältnismäßige Beeinträchtigung des Fortkommens schon immer dann zu bejahen wäre, wenn der Betroffene noch im Berufsleben steht. Bei der Beurteilung, ob die mit der Bildnisveröffentlichung verbundene Bekanntgabe der Identität das Fortkommen des Betroffenen unverhältnismäßig beeinträchtigt, kann vielmehr nicht unberücksichtigt bleiben, welche Strafe dem Betroffenen droht. Bei einem Verbrechen, das mit einer lebenslänglichen Freiheitsstrafe bedroht ist, wird eine unverhältnismäßige Beeinträchtigung des Fortkommens nur unter besonderen Umständen anzunehmen sein. Solche Umstände hat der Kläger nicht behauptet, sondern nur auf die soziale Ächtung verwiesen, der er ausgesetzt sei. Diese Ächtung betrifft sein engeres soziales Umfeld und ist eine Folge der Taten, deren er verdächtig war und deretwegen er auch verurteilt wurde. Sie wurde nicht erst durch die Berichterstattung ausgelöst, da nicht angenommen werden kann, daß die Maßnahmen der Strafverfolgung und damit die ihm angelasteten Verbrechen seiner Umgebung verborgen geblieben wären (vgl OLG Wien MR 1998, 12 - Filmemacher).Daraus folgt aber nicht, daß eine unverhältnismäßige Beeinträchtigung des Fortkommens schon immer dann zu bejahen wäre, wenn der Betroffene noch im Berufsleben steht. Bei der Beurteilung, ob die mit der Bildnisveröffentlichung verbundene Bekanntgabe der Identität das Fortkommen des Betroffenen unverhältnismäßig beeinträchtigt, kann vielmehr nicht unberücksichtigt bleiben, welche Strafe dem Betroffenen droht. Bei einem Verbrechen, das mit einer lebenslänglichen Freiheitsstrafe bedroht ist, wird eine unverhältnismäßige Beeinträchtigung des Fortkommens nur unter besonderen Umständen anzunehmen sein. Solche Umstände hat der Kläger nicht behauptet, sondern nur auf die soziale Ächtung verwiesen, der er ausgesetzt sei. Diese Ächtung betrifft sein engeres soziales Umfeld und ist eine Folge der Taten, deren er verdächtig war und deretwegen er auch verurteilt wurde. Sie wurde nicht erst durch die Berichterstattung ausgelöst, da nicht angenommen werden kann, daß die Maßnahmen der Strafverfolgung und damit die ihm angelasteten Verbrechen seiner Umgebung verborgen geblieben wären vergleiche OLG Wien MR 1998, 12 - Filmemacher).
Dem angesichts der Schwere der dem Kläger angelasteten Verbrechen berechtigten Informationsinteresse der Öffentlichkeit steht demnach keine unverhältnismäßige Beeinträchtigung des Fortkommens des Klägers gegenüber. Das schließt einen Unterlassungsanspruch aus, wie ihn der Kläger mit seinem primär erhobenen Unterlassungsbegehren geltend macht: Die Beklagten haben nicht schon dadurch die berechtigten Interessen des Klägers im Sinne des § 78 UrhG verletzt, daß sie sein Bildnis im Zusammenhang mit der Berichterstattung über ein gegen ihn wegen Mordes und/oder Sittlichkeitsdelikten anhängiges Strafverfahren verbreitet haben.Dem angesichts der Schwere der dem Kläger angelasteten Verbrechen berechtigten Informationsinteresse der Öffentlichkeit steht demnach keine unverhältnismäßige Beeinträchtigung des Fortkommens des Klägers gegenüber. Das schließt einen Unterlassungsanspruch aus, wie ihn der Kläger mit seinem primär erhobenen Unterlassungsbegehren geltend macht: Die Beklagten haben nicht schon dadurch die berechtigten Interessen des Klägers im Sinne des Paragraph 78, UrhG verletzt, daß sie sein Bildnis im Zusammenhang mit der Berichterstattung über ein gegen ihn wegen Mordes und/oder Sittlichkeitsdelikten anhängiges Strafverfahren verbreitet haben.
Das "allenfalls" erhobene Unterlassungsbegehren des Klägers ist in Wahrheit eine Einschränkung des Unterlassungsgebotes, und zwar insoweit, als - alternativ oder kumulativ - weitere Umstände gegeben sein müssen, damit die Beklagten die Bildnisveröffentlichung zu unterlassen haben. Der unter Punkt a) genannte Umstand - keine amtliche Veranlassung - ist ein Rechtfertigungsgrund, bei dessen Vorliegen eine Verletzung berechtigter Interessen im Sinne des § 78 UrhG zu verneinen ist (MR 1996, 32 = ÖBl 1996, 161 - Kopf der Drogenbande). Die Aufnahme dieses Umstandes in das Unterlassungsbegehren schränkt die Unterlassungsverpflichtung weiter ein; er ist daher in den Spruch aufzunehmen, auch wenn die Bildnisveröffentlichungen im vorliegenden Fall nicht amtlich veranlaßt waren.Das "allenfalls" erhobene Unterlassungsbegehren des Klägers ist in Wahrheit eine Einschränkung des Unterlassungsgebotes, und zwar insoweit, als - alternativ oder kumulativ - weitere Umstände gegeben sein müssen, damit die Beklagten die Bildnisveröffentlichung zu unterlassen haben. Der unter Punkt a) genannte Umstand - keine amtliche Veranlassung - ist ein Rechtfertigungsgrund, bei dessen Vorliegen eine Verletzung berechtigter Interessen im Sinne des Paragraph 78, UrhG zu verneinen ist (MR 1996, 32 = ÖBl 1996, 161 - Kopf der Drogenbande). Die Aufnahme dieses Umstandes in das Unterlassungsbegehren schränkt die Unterlassungsverpflichtung weiter ein; er ist daher in den Spruch aufzunehmen, auch wenn die Bildnisveröffentlichungen im vorliegenden Fall nicht amtlich veranlaßt waren.
Punkt b) und c) verbieten die Bildnisveröffentlichung, wenn im Zusammenhang damit der Kläger als Täter hingestellt oder bei der Berichterstattung über ein ihn verurteilendes Strafurteil nicht mit dem gleichen Aufmerksamkeitswert auf die fehlende Rechtskraft hingewiesen wird. Der damit geltend gemachte Verstoß gegen § 7b MedG (Unschuldsvermutung) bewirkt, daß das Interesse des Abgebildeten am Unterbleiben der Bildnisveröffentlichung das Informationsinteresse überwiegt (JBl 1998, 55 = MR 1997, 302 = ÖBl 1998, 88 - ErnestinePunkt b) und c) verbieten die Bildnisveröffentlichung, wenn im Zusammenhang damit der Kläger als Täter hingestellt oder bei der Berichterstattung über ein ihn verurteilendes Strafurteil nicht mit dem gleichen Aufmerksamkeitswert auf die fehlende Rechtskraft hingewiesen wird. Der damit geltend gemachte Verstoß gegen Paragraph 7 b, MedG (Unschuldsvermutung) bewirkt, daß das Interesse des Abgebildeten am Unterbleiben der Bildnisveröffentlichung das Informationsinteresse überwiegt (JBl 1998, 55 = MR 1997, 302 = ÖBl 1998, 88 - Ernestine
K.).
Das bestreiten auch die Beklagten nicht; sie behaupten aber, die Unschuldsvermutung nicht verletzt zu haben. Diese Behauptung ist, wie auch das Oberlandesgericht Wien im Verfahren nach dem Mediengesetz mit Beschluß vom 30. Mai 1997 erkannt hat, durch den Inhalt einzelner Berichte widerlegt. So trägt das Titelblatt der Ausgabe der "Neuen Kronen Zeitung" vom 4. 10. 1996 die Schlagzeile "Lebenslang für Sonjas Mörder!"; die gleiche Überschrift weist der Bericht auf Seite 18 auf. Daß der Kläger gegen das Urteil Nichtigkeitsbeschwerde und Berufung angemeldet hat, wird nur beiläufig erwähnt.
Mit Punkt d) strebt der Kläger das Verbot von Bildnisveröffentlichungen an, wenn ihm im Begleittext Straftaten, die nicht Gegenstand der gegen ihn erhobenen Anklage sind, unterstellt werden. Der Kläger hat dazu vorgebracht, daß gegen ihn in den mit seinem Bildnis illustrierten Berichten Vorwürfe weiterer schwerer Straftaten wie Vergewaltigungen und Sittlichkeitsdelikte erhoben worden seien. Er sei auch wahrheitswidrigerweise in Zusammenhang mit der Ermordung und Vergewaltigung von Karin Müller gebracht worden, was nicht Gegenstand des gegen ihn laufenden Strafverfahrens gewesen sei.
Der Kläger ist offenbar der Auffassung, daß ein Identitätsschutz nur dann verneint werden könne, wenn und soweit der Betroffene wegen eines Verbrechens angeklagt sei. § 7a MedG spricht aber ganz allgemein von Personen, die einer gerichtlich strafbaren Handlung verdächtig sind, ohne darauf abzustellen, ob bereits Anklage erhoben wurde. Hätte der Gesetzgeber ein überwiegendes Informationsinteresse nur bejahen wollen, wenn über Verbrechen eines Erwachsenen berichtet wird, die bereits Gegenstand einer Anklage sind, hätte das Fehlen einer Anklage als weiterer Fall der Verletzung schutzwürdiger Interessen in § 7a Abs 2 Z 2 MedG aufgenommen werden müssen. Daß dies nicht geschehen ist, beweist, daß § 7a MedG mit Personen, die einer gerichtlich strafbaren Handlung verdächtig sind, nicht nur angeklagte Verdächtige meint (MR 1998, 126 [Korn] - Ing. P.). Die schutzwürdigen Interessen des Klägers werden demnach nicht schon deshalb verletzt, weil er mit Straftaten in Zusammenhang gebracht wird, die nicht Gegenstand der gegen ihn erhobenen Anklage sind. Nur dagegen ist das Begehren gerichtet; der vom Kläger behauptete Umstand, daß Zusammenhänge wahrheitswidrigerweise hergestellt worden wären, wird davon nicht erfaßt.Der Kläger ist offenbar der Auffassung, daß ein Identitätsschutz nur dann verneint werden könne, wenn und soweit der Betroffene wegen eines Verbrechens angeklagt sei. Paragraph 7 a, MedG spricht aber ganz allgemein von Personen, die einer gerichtlich strafbaren Handlung verdächtig sind, ohne darauf abzustellen, ob bereits Anklage erhoben wurde. Hätte der Gesetzgeber ein überwiegendes Informationsinteresse nur bejahen wollen, wenn über Verbrechen eines Erwachsenen berichtet wird, die bereits Gegenstand einer Anklage sind, hätte das Fehlen einer Anklage als weiterer Fall der Verletzung schutzwürdiger Interessen in Paragraph 7 a, Absatz 2, Ziffer 2, MedG aufgenommen werden müssen. Daß dies nicht geschehen ist, beweist, daß Paragraph 7 a, MedG mit Personen, die einer gerichtlich strafbaren Handlung verdächtig sind, nicht nur angeklagte Verdächtige meint (MR 1998, 126 [Korn] - Ing. P.). Die schutzwürdigen Interessen des Klägers werden demnach nicht schon deshalb verletzt, weil er mit Straftaten in Zusammenhang gebracht wird, die nicht Gegenstand der gegen ihn erhobenen Anklage sind. Nur dagegen ist das Begehren gerichtet; der vom Kläger behauptete Umstand, daß Zusammenhänge wahrheitswidrigerweise hergestellt worden wären, wird davon nicht erfaßt.
Das "allenfalls" erhobene Unterlassungsbegehren zu Punkt d) ist daher nicht berechtigt. Zum Beseitigungsbegehren enthält die Revision keine Ausführungen; darauf ist daher nicht weiter einzugehen.
Der Revision war sohin teilweise Folge zu geben.
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 43, 50 ZPO. Der Kläger ist mit dem Beseitigungsbegehren zur Gänze, mit dem Unterlassungsbegehren zum Teil durchgedrungen. Obsiegen und Unterliegen sind insoweit, mangels anderer Anhaltspunkte, mit je der Hälfte zu bewerten. Der Kläger hat daher mit 4/7 obsiegt, mit 3/7 ist er unterlegen. Die Beklagten haben ihm 1/14 (= rund 7 %) seiner Kosten zu ersetzen.Die Kostenentscheidung beruht auf Paragraphen 43,, 50 ZPO. Der Kläger ist mit dem Beseitigungsbegehren zur Gänze, mit dem Unterlassungsbegehren zum Teil durchgedrungen. Obsiegen und Unterliegen sind insoweit, mangels anderer Anhaltspunkte, mit je der Hälfte zu bewerten. Der Kläger hat daher mit 4/7 obsiegt, mit 3/7 ist er unterlegen. Die Beklagten haben ihm 1/14 (= rund 7 %) seiner Kosten zu ersetzen.
Anmerkung
E51731 04A02758European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:1998:0040OB00275.98I.1020.000Dokumentnummer
JJT_19981020_OGH0002_0040OB00275_98I0000_000