TE OGH 1998/10/20 4Ob247/98x

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Veröffentlicht am 20.10.1998
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Kodek als Vorsitzenden, den Hofrat des Obersten Gerichtshofes Dr. Graf, die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofes Dr. Griß und Dr. Schenk sowie den Hofrat des Obersten Gerichtshofes Dr. Vogel als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei "P*****" ***** Handelsgesellschaft mbH, *****, vertreten durch Dr. Georg Hahmann, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagte Partei M***** GmbH, M*****, vertreten durch Dr. Josef Michael Fitz und Dr. Wolfgang Rabanser, Rechtsanwälte in Dornbirn, wegen Unterlassung, Rechnungslegung und Urteilsveröffentlichung (Streitwert im Provisorialverfahren S 420.000.-), infolge "Revisionsrekurses" (richtig: Rekurses) der klagenden Partei gegen den Beschluß des Oberlandesgerichtes Innsbruck als Rekursgericht vom 5. August 1998, GZ 2 R 163/98g-7, womit der Beschluß des Landesgerichtes Feldkirch vom 8. Mai 1998, GZ 5 Cg 93/98a-3, aufgehoben wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluß

gefaßt:

Spruch

Dem Rekurs wird nicht Folge gegeben.

Die Kosten des Rekursverfahrens sind weitere Verfahrenskosten.

Text

Begründung:

Zur Sicherung eines inhaltsgleichen Unterlassungsanspruches beantragt die Klägerin, der Beklagten mit einstweiliger Verfügung aufzutragen, es bis zur Rechtskraft des über die Klage ergehenden Urteils im geschäftlichen Verkehr zu unterlassen, in Österreich beim Vertrieb von Tintenpatronen für EDV-Drucker und Laserkartuschen für EDV-Drucker (und zwar auch bei der Werbung) die Bezeichnung "SILVER REED Service & Supply" und dieser Bezeichnung verwechslungsfähig ähnliche Bezeichnungen zu verwenden. Zugunsten der Klägerin sei die Marke "SILVER REED Service & Supply" in der Klasse 16 für die Waren "Tintenpatronen und Laserkartuschen für EDV-Drucker" seit 27. 5. 1996 registriert, die Klägerin vertreibe auch derartige Produkte unter dieser Marke und sei dazu ausschließlich berechtigt. Die Beklagte als Mitbewerberin biete ohne Zustimmung der Klägerin die gleichen Produkte unter der Marke der Klägerin an.

Die Beklagte beantragt die Abweisung des Sicherungsbegehrens. Sie habe die von der Klägerin beanstandeten Produkte direkt vom Hersteller, der Schweizer T***** AG (in der Folge: TRS), bezogen und vertreibe sie ohne jede Veränderung in Österreich. Auch die von der Klägerin vertriebenen Produkte stammten letztlich von der TRS. Es handle sich also in beiden Fällen um ursprungsidente Originalware. Damit fehle es an jeder Verwechslungsgefahr iS des § 9 UWG. Die Beklagte betreibe einen sogenannten Parallelimport von Originalware, durch den in die Schutzfunktion eines Markenzeichens nicht eingegriffen werde. Die Klägerin habe ihre (inländische) Marke, auf die sie ihre Ansprüche stütze, ohne Zustimmung des ausländischen Kennzeicheninhabers registrieren lassen, der seine Produkte im Ausland bereits mehrere Jahre mit diesem Kennzeichen vertreibe. Die Klägerin stütze sich damit nur auf eine Agentenmarke, die keine taugliche Grundlage für die geltend gemachten Ansprüche bilde.Die Beklagte beantragt die Abweisung des Sicherungsbegehrens. Sie habe die von der Klägerin beanstandeten Produkte direkt vom Hersteller, der Schweizer T***** AG (in der Folge: TRS), bezogen und vertreibe sie ohne jede Veränderung in Österreich. Auch die von der Klägerin vertriebenen Produkte stammten letztlich von der TRS. Es handle sich also in beiden Fällen um ursprungsidente Originalware. Damit fehle es an jeder Verwechslungsgefahr iS des Paragraph 9, UWG. Die Beklagte betreibe einen sogenannten Parallelimport von Originalware, durch den in die Schutzfunktion eines Markenzeichens nicht eingegriffen werde. Die Klägerin habe ihre (inländische) Marke, auf die sie ihre Ansprüche stütze, ohne Zustimmung des ausländischen Kennzeicheninhabers registrieren lassen, der seine Produkte im Ausland bereits mehrere Jahre mit diesem Kennzeichen vertreibe. Die Klägerin stütze sich damit nur auf eine Agentenmarke, die keine taugliche Grundlage für die geltend gemachten Ansprüche bilde.

Das Erstgericht erließ die einstweilige Verfügung ohne Vernehmung der von der Beklagten angebotenen Auskunftspersonen. Es hielt für bescheinigt, daß beide Streitteile in Österreich Tintenpatronen und Laserdrucker für EDV-Drucker unter der Bezeichnung "SILVER REED Service & Supply" vertrieben und daß zugunsten der Klägerin eine Marke mit diesem Wortlaut im Markenregister des österreichischen Patentamtes eingetragen sei; ob und inwieweit der Vertrieb solcher Waren mit der für die Klägerin geschützten Marke durch die Beklagte mit Zustimmung allenfalls eines ausländischen Markeninhabers erfolge und auf welchem Wege die Ware überhaupt an die Beklagte gelange, stehe hingegen nicht fest. Die Klägerin sei damit gem. § 9 UWG berechtigt, die Beklagte von der Benützung der zu ihren Gunsten registrierten Marke auszuschließen.Das Erstgericht erließ die einstweilige Verfügung ohne Vernehmung der von der Beklagten angebotenen Auskunftspersonen. Es hielt für bescheinigt, daß beide Streitteile in Österreich Tintenpatronen und Laserdrucker für EDV-Drucker unter der Bezeichnung "SILVER REED Service & Supply" vertrieben und daß zugunsten der Klägerin eine Marke mit diesem Wortlaut im Markenregister des österreichischen Patentamtes eingetragen sei; ob und inwieweit der Vertrieb solcher Waren mit der für die Klägerin geschützten Marke durch die Beklagte mit Zustimmung allenfalls eines ausländischen Markeninhabers erfolge und auf welchem Wege die Ware überhaupt an die Beklagte gelange, stehe hingegen nicht fest. Die Klägerin sei damit gem. Paragraph 9, UWG berechtigt, die Beklagte von der Benützung der zu ihren Gunsten registrierten Marke auszuschließen.

Das Rekursgericht hob diesen Beschluß auf und trug dem Erstgericht die neuerliche Entscheidung nach Verfahrensergänzung auf; es sprach aus, daß der Wert des Entscheidungsgegenstandes S 260.000.- übersteige und der Rekurs an den Obersten Gerichtshof mangels höchstgerichtlicher Rechtsprechung zur Zulässigkeit von Parallelimporten seit der Entscheidung des EuGH in der Rechtssache C-355/96 - Silhouette zulässig sei. In der Übergehung der von der Beklagten zur jederzeitigen Stelligmachung angebotenen Auskunftspersonen liege ein Verfahrensmangel. Diese paraten Bescheinigungsmittel seien zu einem erheblichen Beweisthema angeboten worden, nämlich dem Einwand, die Beklagte vertreibe Originalware des ausländischen Markeninhabers. Sollte sich dieser Einwand als stichhältig erweisen, fehlte es an der Verwechslungsgefahr als Voraussetzung für die Stattgebung des Sicherungsantrages.

Rechtliche Beurteilung

Der Rekurs der Klägerin ist zulässig, aber nicht berechtigt.

Der erkennende Senat hat erst jüngst im Anschluß an das Urteil des EuGH in der Rechtssache C-355/96 - Silhouette den mit Art 7 Abs 1 MarkenRL inhaltsgleichen § 10a Abs 1 MSchG im Sinne einer bloß EWR-weiten Erschöpfung des Markenrechts dahin ausgelegt, daß der Markeninhaber einem Dritten verbieten kann, die Marke für Ware zu benutzen, die unter dieser Marke - von wem immer - außerhalb des EWR in den Verkehr gebracht worden ist; wer demnach in Österreich außerhalb des EWR in den Verkehr gebrachte Markenware ohne Zustimmung des Markeninhabers weiterveräußert, verstößt gegen § 10a Abs 1 MSchG und verletzt damit die Kennzeichenrechte des Markeninhabers. Aus dem Wesen des Markenrechts als absolutem Recht folgt, daß bei Eingriffen in dieses Recht dem Verletzten ein Unterlassungsanspruch auch außerhalb der Voraussetzungen des § 9 UWG (also auch ohne Vorliegen von Verwechslungsgefahr) zusteht (4 Ob 223/98t vom 28. 9. 1998; 4 Ob 215/98s und 4 Ob 216/98p vom 29. 9. 1998). Für den Standpunkt der Klägerin in diesem Verfahren ist damit aber noch nichts gewonnen.Der erkennende Senat hat erst jüngst im Anschluß an das Urteil des EuGH in der Rechtssache C-355/96 - Silhouette den mit Artikel 7, Absatz eins, MarkenRL inhaltsgleichen Paragraph 10 a, Absatz eins, MSchG im Sinne einer bloß EWR-weiten Erschöpfung des Markenrechts dahin ausgelegt, daß der Markeninhaber einem Dritten verbieten kann, die Marke für Ware zu benutzen, die unter dieser Marke - von wem immer - außerhalb des EWR in den Verkehr gebracht worden ist; wer demnach in Österreich außerhalb des EWR in den Verkehr gebrachte Markenware ohne Zustimmung des Markeninhabers weiterveräußert, verstößt gegen Paragraph 10 a, Absatz eins, MSchG und verletzt damit die Kennzeichenrechte des Markeninhabers. Aus dem Wesen des Markenrechts als absolutem Recht folgt, daß bei Eingriffen in dieses Recht dem Verletzten ein Unterlassungsanspruch auch außerhalb der Voraussetzungen des Paragraph 9, UWG (also auch ohne Vorliegen von Verwechslungsgefahr) zusteht (4 Ob 223/98t vom 28. 9. 1998; 4 Ob 215/98s und 4 Ob 216/98p vom 29. 9. 1998). Für den Standpunkt der Klägerin in diesem Verfahren ist damit aber noch nichts gewonnen.

Die Beklagte hat den Einwand des sittenwidrigen Markenrechtserwerbs durch die Klägerin erhoben. Dieser Einwand steht zwar Dritten nicht offen; die Beklagte vertreibt aber - nach ihren Behauptungen - Originalware der ausländischen Kennzeicheninhabers, die sie auch von diesem bezieht. Sie leitet ihre Rechtsstellung demnach von der des Kennzeicheninhabers ab und kann - die Richtigkeit ihrer Behauptungen unterstellt - die Einwendungen erheben, die dem Kennzeicheninhaber zustehen (ÖBl 1998, 291 = ecolex 1998, 147 - Spinnrad II). Es entspricht der stRsp, daß ein sittenwidriger Markenrechtserwerb zivilrechtlich dazu führt, daß dem Markenrechtsinhaber ein Untersagungsrecht nach § 9 UWG verwehrt ist, da er sich in einem solchen Fall der Marke nicht "befugterweise" im Sinn dieser Gesetzesstelle bedient (ÖBl 1978, 67 - Thermo-Schutz-Roll; ÖBl 1983, 83 - Jedermanns Salzburger Journal; ÖBl 1996, 32 - Die Mooskirchner; ÖBl 1996, 91 - Detomaso; ÖBl 1997, 289 - Health Mate; ÖBl 1998, 291 = ecolex 1998, 147 - Spinnrad II). Gleiches hat auch für einen Unterlassungsanspruch zu gelten, der sich auf die Verletzung des Markenrechts als eines absoluten Rechts gründet. Das Gericht ist dabei in der Beurteilung des wettbewerbsrechtlichen Schutzes, der durch die Eintragung einer Marke in das Markenregister erworben wird, an die Entscheidung des Patentamtes im Eintragungsverfahren nicht gebunden, es hat also selbständig zu beurteilen, ob sich der Markeninhaber zu Recht auf die zu seinen Gunsten registrierte Marke beruft (stRspr ÖBl 1998, 229 - Nintendo mwN; ecolex 1998, 646); ebenso hat es auch selbständig zu beurteilen, ob er diese befugt gebraucht.Die Beklagte hat den Einwand des sittenwidrigen Markenrechtserwerbs durch die Klägerin erhoben. Dieser Einwand steht zwar Dritten nicht offen; die Beklagte vertreibt aber - nach ihren Behauptungen - Originalware der ausländischen Kennzeicheninhabers, die sie auch von diesem bezieht. Sie leitet ihre Rechtsstellung demnach von der des Kennzeicheninhabers ab und kann - die Richtigkeit ihrer Behauptungen unterstellt - die Einwendungen erheben, die dem Kennzeicheninhaber zustehen (ÖBl 1998, 291 = ecolex 1998, 147 - Spinnrad römisch II). Es entspricht der stRsp, daß ein sittenwidriger Markenrechtserwerb zivilrechtlich dazu führt, daß dem Markenrechtsinhaber ein Untersagungsrecht nach Paragraph 9, UWG verwehrt ist, da er sich in einem solchen Fall der Marke nicht "befugterweise" im Sinn dieser Gesetzesstelle bedient (ÖBl 1978, 67 - Thermo-Schutz-Roll; ÖBl 1983, 83 - Jedermanns Salzburger Journal; ÖBl 1996, 32 - Die Mooskirchner; ÖBl 1996, 91 - Detomaso; ÖBl 1997, 289 - Health Mate; ÖBl 1998, 291 = ecolex 1998, 147 - Spinnrad römisch II). Gleiches hat auch für einen Unterlassungsanspruch zu gelten, der sich auf die Verletzung des Markenrechts als eines absoluten Rechts gründet. Das Gericht ist dabei in der Beurteilung des wettbewerbsrechtlichen Schutzes, der durch die Eintragung einer Marke in das Markenregister erworben wird, an die Entscheidung des Patentamtes im Eintragungsverfahren nicht gebunden, es hat also selbständig zu beurteilen, ob sich der Markeninhaber zu Recht auf die zu seinen Gunsten registrierte Marke beruft (stRspr ÖBl 1998, 229 - Nintendo mwN; ecolex 1998, 646); ebenso hat es auch selbständig zu beurteilen, ob er diese befugt gebraucht.

Die Entscheidung über den Provisorialantrag hängt demnach nicht ausschließlich - wie das Rekursgericht meint - davon ab, ob die von der Beklagten vertriebene Ware (ebenso wie jene der Klägerin) Originalware eines ausländischen Herstellers ist, sondern auch davon, ob die Klägerin beim Erwerb ihres Markenrechts, auf das sie ihre Ansprüche stützt, sittenwidrig gehandelt hat. Die Bescheinigungslast für das behauptete sittenwidrige Vorgehen der Klägerin beim Markenrechtserwerb trifft die Beklagte (4 Ob 1056/95), die zur Bescheinigung ihrer Einwendungen noch nicht vernommene Auskunftspersonen namhaft gemacht hat. Die Ergänzung des Bescheinigungsverfahrens in diesem Sinne erweist sich damit als unumgänglich.

Dem Rekurs war deshalb ein Erfolg zu versagen.

Die Entscheidung über die Kosten des Rekursverfahrens ist im § 52 Abs 1 ZPO begründet.Die Entscheidung über die Kosten des Rekursverfahrens ist im Paragraph 52, Absatz eins, ZPO begründet.

Anmerkung

E52068 04A02478

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1998:0040OB00247.98X.1020.000

Dokumentnummer

JJT_19981020_OGH0002_0040OB00247_98X0000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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