Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Kropfitsch als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Niederreiter, Dr. Schalich, Dr. Tittel und Dr. Huber als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Mag. Reinhard F*****, vertreten durch Dr. Michael Goller, Rechtsanwalt in Innsbruck, wider die beklagte Partei Firma P ***** Gesellschaft mbH, ***** vertreten durch Dr. Robert Schuler, Rechtsanwalt in Innsbruck, wegen S 74.851,-- sA (Revisionsinteresse S 68.251,-- sA), infolge Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Innsbruck als Berufungsgericht vom 13. März 1998, GZ 4 R 31/98k-12, womit das Urteil des Landesgerichtes Innsbruck vom 27. November 1997, GZ 40 Cg 164/97x-7, teilweise bestätigt und teilweise abgeändert wurde, folgenden
Beschluß
gefaßt:
Spruch
Der Revision wird Folge gegeben, das angefochtene Berufungsurteil aufgehoben und die Rechtssache nach allfällig neuerlicher Berufungsverhandlung zur neuerlichen Entscheidung an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Die Kosten des Revisionsverfahrens bilden weitere Kosten des Berufungsverfahrens.
Text
Begründung:
Das Erstgericht hat folgenden Sachverhalt festgestellt:
Der Kläger beantwortete im Frühsommer 1996 die Anfrage des Geschäftsführers der beklagten Partei, was die Bilanzerstellung für seinen Betrieb mit drei Betriebsstätten für das Jahr 1995 kosten würde, mit rund 30.000 bis 40.000 S netto, falls die Buchhaltungsunterlagen ordnungsgemäß geführt seien. Daraufhin erteilte der Geschäftsführer der beklagten Partei dem Kläger den Auftrag für die Erstellung der Bilanz für das Jahr 1995 sowie für die laufende Lohnverrechnung und Buchhaltung ab Juni 1996. Die dem Kläger übergebenen Buchhaltungsunterlagen erwiesen sich jedoch als fehler- und lückenhaft. Es fehlten viele Belege, eine Abstimmung zwischen den Rechnungen und Zahlungsvorgängen war nicht erfolgt, auch waren die Löhne nicht vollständig in der Buchhaltung erhalten, es gab Fehlbestände. Die vorhandenen Belege mußten erst gesichtet, ausgeschieden bzw Duplikate angefordert werden, um überhaupt eine Kalkulation erstellen zu können. Darüber hinaus hatte die beklagte Partei für Ende 1995 keine Inventur gemacht, sodaß über die Kalkulation die Inventur zurückgerechnet werden mußte. Hinsichtlich eines der Restaurants der beklagten Partei gab es auch keine Anfangsinventur. Ein Mitarbeiter des Klägers teilte dem Geschäftsführer der beklagten Partei mit, daß die von ihm beigestellten Unterlagen ein "Sauhaufen" seien und daß die Bilanz "ein Haufen Arbeit" sei. Der Bilanzaufwand werde wesentlich höher als ursprünglich erwartet sein. Für die am 29. 11. 1996 für das Jahr 1995 vom Kläger erstellte Bilanz stellte dieser der beklagten Partei S 112.000,-- netto in Rechnung. Der Geschäftsführer der beklagten Partei war über diesen Betrag entsetzt, weil er nur mit einem Honorar von 30.000 bis 40.000 S gerechnet hatte. In der Folge einigten sich die Streitteile auf eine Pauschalierung des Bilanzierungshonorars für das Jahr 1995 auf S 60.000 zuzüglich Barauslagen und Mehrwertsteuer. Der Kläger erklärte, mit dieser Pauschalierung nur dann einverstanden zu sein, wenn die beklagte Partei weiterhin sein Klient bleibe. Wie lange die beklagte Partei Klient bleiben müsse, sagte der Kläger nicht. Nach dieser Besprechung erbrachte der Kläger zusätzliche Leistungen für die beklagte Partei, welche am 21. 1. 1997 mit S 5.500,-- netto verrechnet wurden. In der Folge wechselte die beklagte Partei zu einem nicht näher feststellbaren Termin zu einem anderen Steuerberater, worauf der Kläger mit Hononarnote vom 21. 4. 1997 seine Leistungen im Zusammenhang mit der Bilanzerstellung sowie mit der Getränkesteuerprüfung mit insgesamt S 149.310,-- in Rechnung stellte. Gleichzeitig erfolgte die Stornierung der ausgestellten Rechnung über S 74.600,-- (S 60.000,-- Pauschalhonorar, S 2.050,-- Barauslagen und S 12.410,-- Umsatzsteuer, richtig daher wohl S 74.460,-- zusammen). Weiters verrechnete der Kläger mit Honorarnote vom 21. 4. 1997 für die von ihm für das Jahr 1996 erbrachten Buchhaltungsarbeiten S 47.160,--. Die beklagte Partei leistete auf diese Rechnungen insgesamt S 101.620,--.
Der Kläger begehrt von der beklagten Partei die Bezahlung von S 74.851,-- an restlichem Honorar für die Erstellung der Bilanz der beklagten Partei für das Jahr 1995 sowie für die laufende Buchhaltung und Lohnverrechnung.
Die beklagte Partei beantragte die Abweisung des Klagebegehrens und wendete im wesentlichen ein, daß der Kläger bei Auftragserteilung sein Honorar mit S 30.000,-- bis S 40.000,-- geschätzt habe, dann aber ohne rechtzeitigen Hinweis auf die wesentliche Kostenüberschreitung S 112.000,-- begehrt habe. Dieses Honorar sei bei der Besprechung im Dezember 1996 mit S 60.000,-- pauschaliert und von der beklagten Partei bezahlt worden.
Das Erstgericht sprach dem Kläger S 6.600,-- sA zu und wies das Mehrbegehren von S 68.251,-- sA ab. Da die beklagte Partei die Bedingung für die Honorarpauschalvereinbarung nicht erfüllt habe, sei der ursprüngliche Honoraranspruch des Klägers wieder aufgelebt. Dieser sei jedoch nur zu einem geringen Teil berechtigt. Wenn auch die Angabe, die Bilanzerstellung werde S 30.000,-- bis S 40.000,-- kosten, nicht als Kostenvoranschlag, sondern nur als überschlagsmäßige und beiläufige Schätzung der voraussichtlichen Kosten angesehen werden könne, wäre der Kläger ab dem Zeitpunkt, ab dem er eine beträchtliche Überschreitung der veranschlagten Kosten erkannt habe, verpflichtet gewesen, dies der beklagten Partei bekanntzugeben. In der bloßen Mitteilung des Klägers wegen der unvollständigen und ungeordneten Unterlagen werde ein höherer Bilanzierungsaufwand als ursprünglich vorgesehen eintreten, könne diese Anzeige nicht erblickt werden. In sinngemäßer Anwendung des § 1170a ABGB habe damit der Kläger seinen Anspruch auf eine Mehrentlohnung verloren. Berechtigt sei nur der Honoraranspruch des Klägers im Zusammenhang mit der Getränkesteuerprüfung und Besprechung mit dem Geschäftsführer der beklagten Partei. Der Betrag von S 6.600,-- brutto sei dafür angemessen.Das Erstgericht sprach dem Kläger S 6.600,-- sA zu und wies das Mehrbegehren von S 68.251,-- sA ab. Da die beklagte Partei die Bedingung für die Honorarpauschalvereinbarung nicht erfüllt habe, sei der ursprüngliche Honoraranspruch des Klägers wieder aufgelebt. Dieser sei jedoch nur zu einem geringen Teil berechtigt. Wenn auch die Angabe, die Bilanzerstellung werde S 30.000,-- bis S 40.000,-- kosten, nicht als Kostenvoranschlag, sondern nur als überschlagsmäßige und beiläufige Schätzung der voraussichtlichen Kosten angesehen werden könne, wäre der Kläger ab dem Zeitpunkt, ab dem er eine beträchtliche Überschreitung der veranschlagten Kosten erkannt habe, verpflichtet gewesen, dies der beklagten Partei bekanntzugeben. In der bloßen Mitteilung des Klägers wegen der unvollständigen und ungeordneten Unterlagen werde ein höherer Bilanzierungsaufwand als ursprünglich vorgesehen eintreten, könne diese Anzeige nicht erblickt werden. In sinngemäßer Anwendung des Paragraph 1170 a, ABGB habe damit der Kläger seinen Anspruch auf eine Mehrentlohnung verloren. Berechtigt sei nur der Honoraranspruch des Klägers im Zusammenhang mit der Getränkesteuerprüfung und Besprechung mit dem Geschäftsführer der beklagten Partei. Der Betrag von S 6.600,-- brutto sei dafür angemessen.
Das Berufungsgericht gab der von der klagenden Partei gegen die teilweise Klagsabweisung erhobenen Berufung Folge und änderte das Ersturteil dahin ab, daß es die beklagte Partei zur Bezahlung von weiteren S 68.251,--, sohin insgesamt von S 74.851,-- sA verpflichtete. Es wies ein Zinsenmehrbehren (rechtskräftig) ab. Das Gericht zweiter Instanz erklärte über Antrag der klagenden Partei nach § 508 Abs 1 ZPO die Erhebung der ordentlichen Revision für zulässig. Es erachtete die Beweisrüge des Klägers sowie den Vorwurf fehlender Feststellungen durch die beklagte Partei für unbeachtlich und hielt die Feststellungen des Erstgerichtes für eine rechtliche Beurteilung als ausreichend. Rechtlich folgerte das Berufungsgericht, daß dem Geschäftsführer der beklagten Partei klar hätte sein müssen, daß der Kläger bei Schätzung seines Honorars von einer ordnungsgemäßen Buchhaltung der beklagten Partei ausgegangen sei, die aber in Wirklichkeit nicht vorlag. Dies habe er dem Kläger verschwiegen. Der in der Folge gemachte Hinweis des Sachbearbeiters des Klägers gegenüber dem Geschäftsführer der beklagten Partei, daß wegen der unvollständigen und ungeordneten Unterlagen ein wesentlich höherer Aufwand als ursprünglich vorgesehen erforderlich sein werde, habe die auch bei einem Schätzanschlag analog § 1170a ABGB gegebene Verpflichtung zur Warnung erfüllt. Damit gebühre mangels behaupteter Honorarvereinbarung dem Kläger für seine Leistungen das angemessene Entgelt. Da der Kläger seine Abrechnung nach dem dafür bestehenden Tarif ermittelt habe, entspreche dies der "angemessenen Entlohnung" im Sinne des § 1152 ABGB.Das Berufungsgericht gab der von der klagenden Partei gegen die teilweise Klagsabweisung erhobenen Berufung Folge und änderte das Ersturteil dahin ab, daß es die beklagte Partei zur Bezahlung von weiteren S 68.251,--, sohin insgesamt von S 74.851,-- sA verpflichtete. Es wies ein Zinsenmehrbehren (rechtskräftig) ab. Das Gericht zweiter Instanz erklärte über Antrag der klagenden Partei nach Paragraph 508, Absatz eins, ZPO die Erhebung der ordentlichen Revision für zulässig. Es erachtete die Beweisrüge des Klägers sowie den Vorwurf fehlender Feststellungen durch die beklagte Partei für unbeachtlich und hielt die Feststellungen des Erstgerichtes für eine rechtliche Beurteilung als ausreichend. Rechtlich folgerte das Berufungsgericht, daß dem Geschäftsführer der beklagten Partei klar hätte sein müssen, daß der Kläger bei Schätzung seines Honorars von einer ordnungsgemäßen Buchhaltung der beklagten Partei ausgegangen sei, die aber in Wirklichkeit nicht vorlag. Dies habe er dem Kläger verschwiegen. Der in der Folge gemachte Hinweis des Sachbearbeiters des Klägers gegenüber dem Geschäftsführer der beklagten Partei, daß wegen der unvollständigen und ungeordneten Unterlagen ein wesentlich höherer Aufwand als ursprünglich vorgesehen erforderlich sein werde, habe die auch bei einem Schätzanschlag analog Paragraph 1170 a, ABGB gegebene Verpflichtung zur Warnung erfüllt. Damit gebühre mangels behaupteter Honorarvereinbarung dem Kläger für seine Leistungen das angemessene Entgelt. Da der Kläger seine Abrechnung nach dem dafür bestehenden Tarif ermittelt habe, entspreche dies der "angemessenen Entlohnung" im Sinne des Paragraph 1152, ABGB.
Die gegen den Zuspruch von der beklagten Partei erhobene Revision ist berechtigt.
Rechtliche Beurteilung
Das Berufungsgericht hat in seiner Entscheidung zwar die Beweisrüge der klagenden Partei sowie den Vorwurf fehlender Feststellungen (sekundärer Feststellungsmangel) durch die beklagte Partei erledigt, es hat jedoch übersehen, daß letztere darüber hinaus auch noch eine Beweisrüge erhoben hat. Mit dieser begehrte sie anstelle der erstgerichtlichen Feststellung über die Bedingung für das Wirksamwerden der Pauschalhonorarvereinbarung die Feststellung, daß die Pauschalhonorarvereinbarung bedingungslos getroffen worden sei bzw daß nicht feststellbar sei, daß die Pauschalhonorarvereinbarung an eine Bedingung geknüpft gewesen wäre, dies aufgrund der Aussage des Geschäftsführers der beklagten Partei (vgl AS 93). Diese Beweisrüge wurde von der beklagten Partei dem Gesetz entsprechend ausgeführt (vgl Kodek in Rechberger ZPO § 471 Rz 8 mwN). Darüber hinaus hat es das Berufungsgericht unterlassen auszusprechen, daß es die erstgerichtlichen Feststellungen als Ergebnis einer zutreffenden Beweiswürdigung und eines mängelfreien Verfahrens übernimmt. Das Berufungsgericht hat sich daher auch nicht schlüssig mit der Beweisrüge der beklagten Partei auseinandergesetzt (vgl 2 Ob 39/98v). Sollte aber der Kläger gegenüber der beklagten Partei mit einer Honorarreduktion auf den Pauschalbetrag von S 60.000,-- zuzüglich USt und Barauslagen bedingungslos einverstanden gewesen sein - ein Betrag, den die beklagte Partei unbestrittenermaßen in der Folge auch beglichen hat -, käme der begehrten Feststellung auch rechtliche Relevanz zu, weil dadurch der Kläger auf den nunmehr begehrten Resthonoraranspruch verzichtet hätte.Das Berufungsgericht hat in seiner Entscheidung zwar die Beweisrüge der klagenden Partei sowie den Vorwurf fehlender Feststellungen (sekundärer Feststellungsmangel) durch die beklagte Partei erledigt, es hat jedoch übersehen, daß letztere darüber hinaus auch noch eine Beweisrüge erhoben hat. Mit dieser begehrte sie anstelle der erstgerichtlichen Feststellung über die Bedingung für das Wirksamwerden der Pauschalhonorarvereinbarung die Feststellung, daß die Pauschalhonorarvereinbarung bedingungslos getroffen worden sei bzw daß nicht feststellbar sei, daß die Pauschalhonorarvereinbarung an eine Bedingung geknüpft gewesen wäre, dies aufgrund der Aussage des Geschäftsführers der beklagten Partei vergleiche AS 93). Diese Beweisrüge wurde von der beklagten Partei dem Gesetz entsprechend ausgeführt vergleiche Kodek in Rechberger ZPO Paragraph 471, Rz 8 mwN). Darüber hinaus hat es das Berufungsgericht unterlassen auszusprechen, daß es die erstgerichtlichen Feststellungen als Ergebnis einer zutreffenden Beweiswürdigung und eines mängelfreien Verfahrens übernimmt. Das Berufungsgericht hat sich daher auch nicht schlüssig mit der Beweisrüge der beklagten Partei auseinandergesetzt vergleiche 2 Ob 39/98v). Sollte aber der Kläger gegenüber der beklagten Partei mit einer Honorarreduktion auf den Pauschalbetrag von S 60.000,-- zuzüglich USt und Barauslagen bedingungslos einverstanden gewesen sein - ein Betrag, den die beklagte Partei unbestrittenermaßen in der Folge auch beglichen hat -, käme der begehrten Feststellung auch rechtliche Relevanz zu, weil dadurch der Kläger auf den nunmehr begehrten Resthonoraranspruch verzichtet hätte.
Wie schon vom Berufungsgericht in seinem Zulassungsbeschluß nach § 508 Abs 1 ZPO zutreffend erkannt wurde, stellt das Übergehen einer rechtlich relevanten Beweisrüge einen erheblichen Mangel des Berufungsverfahrens dar, der zur Aufhebung des Berufungsurteiles führt (vgl Kodek aaO § 503 Rz 3).Wie schon vom Berufungsgericht in seinem Zulassungsbeschluß nach Paragraph 508, Absatz eins, ZPO zutreffend erkannt wurde, stellt das Übergehen einer rechtlich relevanten Beweisrüge einen erheblichen Mangel des Berufungsverfahrens dar, der zur Aufhebung des Berufungsurteiles führt vergleiche Kodek aaO Paragraph 503, Rz 3).
Da vor Vorliegen einer vom Berufungsgericht überprüften Tatsachengrundlage keine abschließende rechtliche Beurteilung möglich ist, war auf die restlichen Revisionsgründe nicht weiter einzugehen.
Der Kostenvorbehalt gründet sich auf § 52 ZPO.Der Kostenvorbehalt gründet sich auf Paragraph 52, ZPO.
Anmerkung
E51743 07AA1528European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:1998:0070OB00152.98Y.1020.000Dokumentnummer
JJT_19981020_OGH0002_0070OB00152_98Y0000_000