TE Vwgh Erkenntnis 2006/10/9 2006/09/0053

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Veröffentlicht am 09.10.2006
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Index

001 Verwaltungsrecht allgemein;
10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG);
10/07 Verwaltungsgerichtshof;
63/01 Beamten-Dienstrechtsgesetz;

Norm

BDG 1979 §44 Abs1;
BDG 1979 §91;
BDG 1979 §92 Abs1 Z2;
B-VG Art20 Abs1;
VwGG §42 Abs2 Z1;
VwRallg;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Mizner und die Hofräte Dr. Händschke, Dr. Blaschek, Dr. Rosenmayr und Dr. Bachler als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Lier, über die Beschwerde des G in G, vertreten durch Dr. Helmut Destaller, Dr. Gerald Mader und Dr. Walter Niederbichler, Rechtsanwälte in 8010 Graz, Wastiangasse 7, gegen den Bescheid der Disziplinaroberkommission beim Bundeskanzleramt vom 17. Jänner 2006, GZ 127/9-DOK/05, betreffend Disziplinarstrafe der Geldbuße, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.171,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Mehrbegehren wird abgewiesen.

Begründung

Der Beschwerdeführer gehört (seit 1. Februar 2003) dem Personalstand des "Jobcenters Graz" (Postdienst) an.

Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der belangten Behörde vom 17. Jänner 2006 wurde der Beschwerdeführer schuldig erkannt, er habe am 23. März 2005 und am 24. März 2005 die Weisungen seiner Vorgesetzten, der Leiterin des "Jobcenters Graz", seine Urlaubswünsche für das Kalenderjahr 2005 bekannt zu geben und in einem eigens dafür aufgelegten Urlaubsplan einzutragen, nicht befolgt. Durch dieses Verhalten habe er gegen die Pflicht des Beamten, seine Vorgesetzten zu unterstützen und ihre Weisungen, soweit verfassungsgesetzlich nicht anderes bestimmt sei, zu befolgen (§ 44 Abs. 1 BDG 1979), verstoßen und sich dadurch Dienstpflichtverletzungen im Sinne des § 91 BDG 1979 schuldig gemacht.

Es wurde deshalb gemäß § 92 Abs. 1 Z. 2 BDG 1979 die Disziplinarstrafe der Geldbuße in der Höhe von EUR 200,-- verhängt.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, Rechtswidrigkeit seines Inhaltes geltend machende Beschwerde.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor, beantragte die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde, verzichtete jedoch auf die Erstattung einer Gegenschrift.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Der Beschwerdeführer macht geltend, er habe die erteilten Weisungen weder zurückgewiesen noch diese im Sinne des § 44 Abs. 2 BDG 1979 abgelehnt. Die Befolgung sei ihm jedoch faktisch "unmöglich" gewesen, er habe im Hinblick auf die pflegebedürftige Mutter seiner Lebensgefährtin den Urlaub nicht mit der Lebensgefährtin und deren Brüdern koordinieren können.

Dem angefochtenen Bescheid liegen offenbar - soweit dies dessen Begründung, die entgegen der Anordnung des § 60 AVG keine eigenständigen Sachverhaltsfeststellungen enthält, sondern lediglich das im Verfahren Vorgekommene referiert, entnommen werden kann - die Annahmen zu Grunde, der Beschwerdeführer sei am 23. März 2005 angewiesen worden, bis längstens 24. März 2005 "Urlaubswünsche bekannt zu geben". Er habe jedoch "Urlaubswünsche" bis bzw. am 24. März 2005 nicht bekannt gegeben und dies damit begründet, dass ihm die erforderliche Terminkoordination mit seiner Lebensgefährtin (die ihre Urlaubsplanung wegen der Pflege ihrer Mutter auch mit ihren Brüdern abstimmen müsse) nicht möglich gewesen sei.

Auf der Grundlage dieser Annahmen kann von einem Verstoß gegen die in § 44 Abs. 1 BDG 1979 normierte Dienstpflicht nicht gesprochen werden. Die in Rede stehende Anordnung war dahin zu deuten, gegebenenfalls feststehende "Urlaubswünsche" (dh den Zeitraum bzw die Zeiträume, in denen der Bedienstete voraussichtlich Erholungsurlaub in Anspruch zu nehmen beabsichtige) bekannt zu geben, wobei die bekannt zu gebenden (Urlaubs-)Wünsche unverbindlichen Charakter haben sollten. Davon ausgehend liegt im Verhalten des Beschwerdeführers, dem ein in die Richtung, dass am 24. März 2005 keine zeitlich konkretisierten "Urlaubswünsche" bestanden, gehender Erklärungswert zukommt, kein Verstoß gegen die oben umschriebene Anordnung.

Der angefochtene Bescheid erweist sich daher mit Rechtswidrigkeit seines Inhaltes belastet, weshalb er gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben war.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 333/2003. Das Mehrbegehren hinsichtlich des Schriftsatzaufwandes war abzuweisen, weil neben dem pauschalierten Ersatz des Schriftsatzaufwandes ein Kostenersatz unter dem Titel der Mehrwertsteuer und des Einheitssatzes nicht zusteht. Wien, am 9. Oktober 2006

Schlagworte

Besondere Rechtsgebiete Individuelle Normen und Parteienrechte Auslegung von Bescheiden und von Parteierklärungen VwRallg9/1 Organisationsrecht Diverses Weisung Aufsicht VwRallg5/4

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2006:2006090053.X00

Im RIS seit

18.01.2007
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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