Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Maier als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Steinbauer und Dr. Hradil sowie durch die fachkundigen Laienrichter Dr. Michael Manhard und Helmut Stöcklmayer als weitere Richter in der Arbeitsrechtssache der klagenden Partei Renata H*****, Angestellte, *****, vertreten durch Dr. Gerhard Dengscherz, leitender Sekretär der Gewerkschaft Hotel, Gastgewerbe, Persönlicher Dienst, Hohenstaufengasse 10, 1010 Wien, dieser vertreten durch Dr. Gustav Teicht und Dr. Gerhard Jöchl, Rechtsanwälte in Wien, wider die beklagte Partei N***** H*****werk, *****, vertreten durch Dr. Bernhard Hainz, Rechtsanwalt in Wien, wegen Kündigungsanfechtung (Streitwert S 300.000,-), infolge Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgerichtes in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 22. Dezember 1997, GZ 10 Ra 283/97d-35, womit infolge Berufung der beklagten Partei das Urteil des Arbeits- und Sozialgerichtes Wien vom 29. April 1997, GZ 31 Cga 48/96x-30, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:
Spruch
Der Revision wird nicht Folge gegeben. Die Entscheidungen der Vorinstanzen werden mit der Maßgabe bestätigt, daß sie in der Hauptsache zu lauten haben: "Die Kündigung der Klägerin durch die beklagte Partei vom 20. 10. 1995 wird für unwirksam erklärt".
Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit S 13.725,- (darin S 2.287,50 Umsatzsteuer) bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens binnen 14 Tagen bei Exekution zu ersetzen.
Text
Entscheidungsgründe:
Rechtliche Beurteilung
Das Berufungsgericht hat die Frage, ob die Kündigung der Klägerin sozial ungerechtfertigt war, zutreffend bejaht, sodaß es insofern ausreicht, auf die Richtigkeit der Begründung der angefochtenen Entscheidung hinzuweisen (§ 510 Abs 3 ZPO).Das Berufungsgericht hat die Frage, ob die Kündigung der Klägerin sozial ungerechtfertigt war, zutreffend bejaht, sodaß es insofern ausreicht, auf die Richtigkeit der Begründung der angefochtenen Entscheidung hinzuweisen (Paragraph 510, Absatz 3, ZPO).
Ergänzend ist den Ausführungen der Revisionswerberin entgegenzuhalten:
Bei der Beurteilung des Anfechtungsgrundes des § 105 Abs 3 Z 2 ArbVG ist unter Anlegung eines objektiven Maßstabes vorerst zu prüfen, ob wesentliche Interessen des gekündigten und seit wenigstens sechs Monaten beschäftigten Arbeitnehmers beeinträchtigt sind (RIS-Justiz RS0051746). Das Tatbestandsmerkmal der Beeinträchtigung wesentlicher Interessen des Arbeitnehmers ist bereits gegeben, wenn durch die Kündigung bloß eine finanzielle Schlechterstellung verursacht wird. Die Kündigung muß nicht die Existenzgrundlage durch dauernde Arbeitslosigkeit gefährden. Schon der Verlust eines wesentlichen Vorteils aus dem Arbeitsverhältnis rechtfertigt auf seiten des Arbeitnehmers den Schutz nach § 105 Abs 3 Z 2 ArbVG und zwar auch dann, wenn der Lebensunterhalt des Gekündigten anderweitig ausreichend gesichert ist. Eine ins Gewicht fallende Beeinträchtigung der wirtschaftlichen Lage bedingt weder soziale Notlage noch Existenzgefährdung (RIS-Justiz RS0051727, DRdA 1994, 332 [Eypeltauer] = WBl 1994, 162). Betrachtet man nun, ausgehend von den Feststellungen, wonach die Klägerin S 7.330,- monatlich netto aus ihrer Tätigkeit bei der Beklagten, weitere S 10.456,- monatlich an Witwenpension und S 1.200,-- aus ihrer Lernhilfetätigkeit bezog, einen Gesamteigenbezug der Kläger von zusammen S 18.986,- monatlich (- sowohl die Familienbeihilfe als auch die Waisenpension ihres minderjährigen Sohnes dienen für dessen und nicht der Klägerin Unterhalt -), muß ein Entfall von fast 40 % dieses Gesamteinkommens jedenfalls als eine ins Gewicht fallende Beeinträchtigung der wirtschaftlichen Lage beurteilt werden. Auch die Einbeziehung des übrigen Vermögens der Klägerin vermag an dieser Beurteilung nichts zu ändern. Der Hälfteanteil an einem mit einem unentgeltlichen Wohnrecht und Ausgedingsleistungen belasteten Haus bietet auf absehbare Zeit keine wirtschaftliche Verwertbarkeit. Legt man hinsichtlich einer Eigentumswohnung in Wien, welche die Klägerin erst nach ihrer Kündigung im Erbweg zur Gänze erhalten hat, die Behauptung der Beklagten zugrunde, es könnten daraus Mieteinnahmen in Höhe von etwas über S 4.000,- monatlich erzielt werden, wobei hinsichtlich einer Verwertbarkeit außer acht gelassen wird, daß zB öffentlich geförderte Eigentumswohnungen während der Laufzeit des Förderungskredites regelmäßig nicht frei vermietet oder veräußert werden können - würde auch hiedurch die wesentliche wirtschaftliche Beeinträchtigung der Klägerin nicht beseitigt, weil ein solcher Betrag wesentlich unter dem bisher von der Beklagten bezogenen Gehalt liegt.Bei der Beurteilung des Anfechtungsgrundes des Paragraph 105, Absatz 3, Ziffer 2, ArbVG ist unter Anlegung eines objektiven Maßstabes vorerst zu prüfen, ob wesentliche Interessen des gekündigten und seit wenigstens sechs Monaten beschäftigten Arbeitnehmers beeinträchtigt sind (RIS-Justiz RS0051746). Das Tatbestandsmerkmal der Beeinträchtigung wesentlicher Interessen des Arbeitnehmers ist bereits gegeben, wenn durch die Kündigung bloß eine finanzielle Schlechterstellung verursacht wird. Die Kündigung muß nicht die Existenzgrundlage durch dauernde Arbeitslosigkeit gefährden. Schon der Verlust eines wesentlichen Vorteils aus dem Arbeitsverhältnis rechtfertigt auf seiten des Arbeitnehmers den Schutz nach Paragraph 105, Absatz 3, Ziffer 2, ArbVG und zwar auch dann, wenn der Lebensunterhalt des Gekündigten anderweitig ausreichend gesichert ist. Eine ins Gewicht fallende Beeinträchtigung der wirtschaftlichen Lage bedingt weder soziale Notlage noch Existenzgefährdung (RIS-Justiz RS0051727, DRdA 1994, 332 [Eypeltauer] = WBl 1994, 162). Betrachtet man nun, ausgehend von den Feststellungen, wonach die Klägerin S 7.330,- monatlich netto aus ihrer Tätigkeit bei der Beklagten, weitere S 10.456,- monatlich an Witwenpension und S 1.200,-- aus ihrer Lernhilfetätigkeit bezog, einen Gesamteigenbezug der Kläger von zusammen S 18.986,- monatlich (- sowohl die Familienbeihilfe als auch die Waisenpension ihres minderjährigen Sohnes dienen für dessen und nicht der Klägerin Unterhalt -), muß ein Entfall von fast 40 % dieses Gesamteinkommens jedenfalls als eine ins Gewicht fallende Beeinträchtigung der wirtschaftlichen Lage beurteilt werden. Auch die Einbeziehung des übrigen Vermögens der Klägerin vermag an dieser Beurteilung nichts zu ändern. Der Hälfteanteil an einem mit einem unentgeltlichen Wohnrecht und Ausgedingsleistungen belasteten Haus bietet auf absehbare Zeit keine wirtschaftliche Verwertbarkeit. Legt man hinsichtlich einer Eigentumswohnung in Wien, welche die Klägerin erst nach ihrer Kündigung im Erbweg zur Gänze erhalten hat, die Behauptung der Beklagten zugrunde, es könnten daraus Mieteinnahmen in Höhe von etwas über S 4.000,- monatlich erzielt werden, wobei hinsichtlich einer Verwertbarkeit außer acht gelassen wird, daß zB öffentlich geförderte Eigentumswohnungen während der Laufzeit des Förderungskredites regelmäßig nicht frei vermietet oder veräußert werden können - würde auch hiedurch die wesentliche wirtschaftliche Beeinträchtigung der Klägerin nicht beseitigt, weil ein solcher Betrag wesentlich unter dem bisher von der Beklagten bezogenen Gehalt liegt.
In der Person des Arbeitnehmers gelegene Umstände verwirklichen den Ausnahmetatbestand nach § 105 Abs 3 Z 2 ArbVG, wenn sie die betrieblichen Interessen soweit nachteilig berühren, daß sie bei objektiver Betrachtung einen verständigen Betriebsinhaber zur Kündigung veranlassen würden und die Kündigung als gerechte, dem Sachverhalt adäquate Maßnahme erscheinen lassen (SZ 63/198; EvBl 1994/18; RIS-Justiz RS0051888). Nach den für den Obersten Gerichtshof bindenden Feststellungen wurde die nachlässige und bisweilen undisziplinierte Arbeitsweise der Klägerin von der Beklagten jahrelang toleriert, ohne daß je Mahnungen oder andere Maßregeln erfolgt wären. Festgestellt wurde auch, daß das unfreundliche Verhalten der Klägerin gegenüber der ihr vorgesetzten, neu eingestellten Bereichsleiterin seine wesentliche Ursache darin hatte, daß man der Klägerin zunächst selbst diese Funktion in Aussicht gestellt, sie dann jedoch übergangen hat. Die Vorinstanzen konnten nicht feststellen, daß seitens der neuen Vorgesetzten gezielte Weisungen oder Mahnungen erteilt worden wären, denen die Klägerin zuwidergehandelt hätte oder aber, daß sie grundsätzlich für die Erfüllung ihrer Aufgaben ungeeignet gewesen wäre. Entgegen der Ansicht der Beklagten kann auch aus dem Umstand, daß sich das Verhalten der Klägerin nach der Umorganisation nicht änderte, nicht auf einen unabänderlichen Dauerzustand geschlossen werden, zumal der konkrete Beobachtungszeitraum zwischen der neuen Kompetenzaufteilung und dem Ausspruch der Kündigung nur knapp über drei Wochen betrug. Es ist weiters nicht erwiesen, daß es nicht möglich gewesen wäre, durch klare Dienstanweisungen Abhilfe zu schaffen.In der Person des Arbeitnehmers gelegene Umstände verwirklichen den Ausnahmetatbestand nach Paragraph 105, Absatz 3, Ziffer 2, ArbVG, wenn sie die betrieblichen Interessen soweit nachteilig berühren, daß sie bei objektiver Betrachtung einen verständigen Betriebsinhaber zur Kündigung veranlassen würden und die Kündigung als gerechte, dem Sachverhalt adäquate Maßnahme erscheinen lassen (SZ 63/198; EvBl 1994/18; RIS-Justiz RS0051888). Nach den für den Obersten Gerichtshof bindenden Feststellungen wurde die nachlässige und bisweilen undisziplinierte Arbeitsweise der Klägerin von der Beklagten jahrelang toleriert, ohne daß je Mahnungen oder andere Maßregeln erfolgt wären. Festgestellt wurde auch, daß das unfreundliche Verhalten der Klägerin gegenüber der ihr vorgesetzten, neu eingestellten Bereichsleiterin seine wesentliche Ursache darin hatte, daß man der Klägerin zunächst selbst diese Funktion in Aussicht gestellt, sie dann jedoch übergangen hat. Die Vorinstanzen konnten nicht feststellen, daß seitens der neuen Vorgesetzten gezielte Weisungen oder Mahnungen erteilt worden wären, denen die Klägerin zuwidergehandelt hätte oder aber, daß sie grundsätzlich für die Erfüllung ihrer Aufgaben ungeeignet gewesen wäre. Entgegen der Ansicht der Beklagten kann auch aus dem Umstand, daß sich das Verhalten der Klägerin nach der Umorganisation nicht änderte, nicht auf einen unabänderlichen Dauerzustand geschlossen werden, zumal der konkrete Beobachtungszeitraum zwischen der neuen Kompetenzaufteilung und dem Ausspruch der Kündigung nur knapp über drei Wochen betrug. Es ist weiters nicht erwiesen, daß es nicht möglich gewesen wäre, durch klare Dienstanweisungen Abhilfe zu schaffen.
Steht aber fest, daß durch die Kündigung wesentliche Interessen des gekündigten Arbeitnehmers beeinträchtigt sind und andererseits in der Person des Arbeitnehmers liegende Umstände betriebliche Interessen nachteilig berühren, dann sind diese Voraussetzungen zueinander in eine Wechselbeziehung zu setzen und eine Abwägung dieser sich gegenüberstehenden Interessen vorzunehmen, um den Zweck des Kündigungsschutzes, nämlich Schutz vor sozial ungerechtfertigten Kündigungen, erfüllen zu können (RS0051818). Das Berufungsgericht hat diese Grundsätze berücksichtigt. Bei Gegenüberstellung der Interessen im vorliegenden Fall kann die Kündigung objektiv nicht als gerechte, dem Sachverhalt adäquate Maßnahme erscheinen (EvBl 1994/18).
Den Entscheidungen der Vorinstanzen war lediglich eine klarere, der Bestimmung des § 105 ArbVG entsprechende Form zu geben.Den Entscheidungen der Vorinstanzen war lediglich eine klarere, der Bestimmung des Paragraph 105, ArbVG entsprechende Form zu geben.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf § 58 Abs 1 ASGG iVm § 41 ZPO.Die Kostenentscheidung gründet sich auf Paragraph 58, Absatz eins, ASGG in Verbindung mit Paragraph 41, ZPO.
Anmerkung
E51750 09B01138European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:1998:009OBA00113.98B.1021.000Dokumentnummer
JJT_19981021_OGH0002_009OBA00113_98B0000_000