TE OGH 1998/10/21 3Ob222/98p

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Veröffentlicht am 21.10.1998
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Hofmann als Vorsitzenden und die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Graf, Dr. Pimmer, Dr. Zechner und Dr. Sailer als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Margit K*****, vertreten durch Dr. Josef Thurner, Rechtsanwalt in Hermagor, gegen die beklagte Partei Adam K*****, vertreten durch Dr. Michael Michor und Mag. Walter Dorn, Rechtsanwälte in Villach, wegen S 140.400,-- und Unterhalts (Streitwert S 140.400,--), infolge Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Landesgerichtes Klagenfurt vom 13. Mai 1998, GZ 3 R 180/97y-26, womit infolge Berufung der beklagten Partei das Urteil des Bezirksgerichtes Spittal a.d. Drau vom 17. März 1997, GZ 2 C 106/96t-15, teilweise bestätigt und teilweise abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung beschlossen:

Spruch

Die Revision und die Revisionsbeantwortung werden zurückgewiesen.

Text

Begründung:

Die Parteien hatten am 28. 5. 1977 die Ehe miteinander geschlossen.

Die Klägerin war verwitwet und bezog bis dahin eine Witwenpension von

monatlich S 1.700,--. Mit Urteil vom 9. 5. 1980 wurde die Ehe aus dem

Alleinverschulden des Beklagten geschieden. Dieser wurde zu

monatlichen Unterhaltsleistungen von S 600,-- ab 1. 6. 1980

verpflichtet. Die Parteien schlossen auch einen

Scheidungsfolgenvergleich über eine Zahlung des Beklagten zur

Abgeltung aller von der Klägerin geleisteten Aufwendungen. Daneben

gab die Klägerin eine schriftliche Erklärung ab, welche zumindest

folgenden Wortlaut hatte: "... erklärt hiemit unwiderruflich, auf den

U.B. laut Urteil 22 Cg 182/80 LG Klagenfurt nach Ablauf von zwei

Jahren ab 1. 6. 1980 zu verzichten, falls ihr die Pension seitens der

PVA nach ihrem verstorbenen Gatten wieder gewährt wird". Ob die

handschriftliche Erklärung die Formulierung enthielt "... wieder

gewährt wird und keine Abzüge getätigt werden" konnten nicht festgestellt werden.

Die Unterhaltsregelung beruhte auf den übereinstimmenden Parteiwillen, wonach der abgegebene Unterhaltsverzicht ab 1. 6. 1992 nur für den Fall gelten sollte, als der Klägerin die wieder aufgelebte Witwenpension ohne Anrechnung der Unterhaltsleistung des Beklagten von monatlich S 600,-- ausbezahlt werden würde. Für den Fall, daß dies nicht zutreffen sollte, haben die Parteien keine Regelung getroffen.

Die Witwenpension lebte erwartungsgemäß ab 1. 6. 1992 wieder auf. Infolge des vom Beklagten (bis heute) geleisteten Unterhaltsbetrages von S 600,-- wurde dieser Betrag jedoch gemäß § 265 Abs 4 ASVG auf die wieder aufgelebte Witwenpension angerechnet, also von dieser abgezogen. Die Klägerin hatte schon zum Scheidungszeitpunkt Mieteinnahmen. Im April 1995 fielen diese mangels Weitervermietbarkeit weg; mit Schenkungsvertrag vom 25. 8. 1995 schenkte sie ihren Liegenschaftsbesitz ihrer Tochter. Ihr im Jahr 1995 gestellter Antrag auf Gewährung einer Ausgleichszulage zur Witwenpension wurde letztlich mit Urteil des Landesgerichtes Klagenfurt vom 26. 3. 1996 abgewiesen.Die Witwenpension lebte erwartungsgemäß ab 1. 6. 1992 wieder auf. Infolge des vom Beklagten (bis heute) geleisteten Unterhaltsbetrages von S 600,-- wurde dieser Betrag jedoch gemäß Paragraph 265, Absatz 4, ASVG auf die wieder aufgelebte Witwenpension angerechnet, also von dieser abgezogen. Die Klägerin hatte schon zum Scheidungszeitpunkt Mieteinnahmen. Im April 1995 fielen diese mangels Weitervermietbarkeit weg; mit Schenkungsvertrag vom 25. 8. 1995 schenkte sie ihren Liegenschaftsbesitz ihrer Tochter. Ihr im Jahr 1995 gestellter Antrag auf Gewährung einer Ausgleichszulage zur Witwenpension wurde letztlich mit Urteil des Landesgerichtes Klagenfurt vom 26. 3. 1996 abgewiesen.

Mit ihrer Klage begehrte die Klägerin (soweit für das Revisionsverfahren noch von Bedeutung) die Erhöhung des laufenden Unterhalts ab 1. 7. 1996 auf S 4.500,-- monatlich.

In diesem Umfang gab das Berufungsgericht einer gegen das klagsstattgebende Ersturteil gerichteten Berufung des Beklagten nicht Folge.

Es sprach aus, daß die ordentliche Revision zulässig sei, da (offenbar im Zusammenhang mit dem von ihm abgewiesenen Begehren auf Nachzahlung erhöhten Unterhalts für die Vergangenheit) hinsichtlich der Auslegung des § 72 EheG eine unterschiedliche oberstgerichtliche Judikatur bestehe und zur Frage der Auswirkungen des § 294 Abs 1 ASVG auf Unterhaltsansprüche nach § 66 EheG eine oberstgerichtliche Rechtsprechung fehle.Es sprach aus, daß die ordentliche Revision zulässig sei, da (offenbar im Zusammenhang mit dem von ihm abgewiesenen Begehren auf Nachzahlung erhöhten Unterhalts für die Vergangenheit) hinsichtlich der Auslegung des Paragraph 72, EheG eine unterschiedliche oberstgerichtliche Judikatur bestehe und zur Frage der Auswirkungen des Paragraph 294, Absatz eins, ASVG auf Unterhaltsansprüche nach Paragraph 66, EheG eine oberstgerichtliche Rechtsprechung fehle.

Rechtliche Beurteilung

Die gegen dieses Urteil gerichtete Revision des Beklagten, mit der er unrichtige rechtliche Beurteilung geltend macht, ist mangels Vorliegens der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO nicht zulässig.Die gegen dieses Urteil gerichtete Revision des Beklagten, mit der er unrichtige rechtliche Beurteilung geltend macht, ist mangels Vorliegens der Voraussetzungen des Paragraph 502, Absatz eins, ZPO nicht zulässig.

§ 294 ASVG regelt das Ausmaß, in dem Unterhaltsansprüche des Pensionsberechtigten bei der Berechnung der Ausgleichszulage nach § 292 ASVG zu berücksichtigen sind. Daß im allgemeinen diese Norm irgendeinen Einfluß auf die Unterhaltsberechnung hätte, wird weder vom Berufungsgericht noch vom Revisionswerber, der darauf in seiner Revision überhaupt nicht eingeht, dargelegt. Ob im Einzelfall, ausgehend von einer konkreten Unterhaltsvereinbarung, der fiktive bzw pauschalierte Unterhaltsanspruch im Ausmaß von 12,5 % des monatlichen Nettoeinkommens des geschiedenen Ehegattens nach § 294 Abs 1 lit b ASVG die Obergrenze des nach § 66 EheG zu leistenden Unterhalts darstellen soll, stellt keine erhebliche Rechtsfrage dar; dies umsoweniger, als, wie das Berufungsurteil klarstellt, der begehrte Unterhaltsbetrag ohnehin im konkreten Fall über den fiktiven Betrag nach dem ASVG nicht hinausgeht.Paragraph 294, ASVG regelt das Ausmaß, in dem Unterhaltsansprüche des Pensionsberechtigten bei der Berechnung der Ausgleichszulage nach Paragraph 292, ASVG zu berücksichtigen sind. Daß im allgemeinen diese Norm irgendeinen Einfluß auf die Unterhaltsberechnung hätte, wird weder vom Berufungsgericht noch vom Revisionswerber, der darauf in seiner Revision überhaupt nicht eingeht, dargelegt. Ob im Einzelfall, ausgehend von einer konkreten Unterhaltsvereinbarung, der fiktive bzw pauschalierte Unterhaltsanspruch im Ausmaß von 12,5 % des monatlichen Nettoeinkommens des geschiedenen Ehegattens nach Paragraph 294, Absatz eins, Litera b, ASVG die Obergrenze des nach Paragraph 66, EheG zu leistenden Unterhalts darstellen soll, stellt keine erhebliche Rechtsfrage dar; dies umsoweniger, als, wie das Berufungsurteil klarstellt, der begehrte Unterhaltsbetrag ohnehin im konkreten Fall über den fiktiven Betrag nach dem ASVG nicht hinausgeht.

Auch sonst vermag der Revisionswerber keine Rechtsfrage von der im § 502 Abs 1 geforderten Qualität aufzuzeigen. Im übrigen geht die Revision nicht vom festgestellten Sachverhalt aus, worauf die Revisionsgegnerin zu Recht hinweist. Der Beklagte übersieht nämlich, daß das Berufungsgericht (anders als das Erstgericht) zu Recht in der Annahme eines übereinstimmenden Parteiwillens, daß der abgegebene Unterhaltsverzicht ab 1. 6. 1982 nur für den Fall gelte, als der Klägerin die wieder aufgelebte Pension ohne Anrechung der Unterhaltsleistung ausbezahlt werden würde, eine Tatsachenfeststellung gesehen hat. Nur die Auslegung einer nach Form und Inhalt unbestrittenen Urkunde allein wäre eine Frage rechtlicher Beurteilung (6 Ob 29/67 und zahlreiche E zu RIS-Justiz RS0043422). Werden dagegen, wie hier vom Berufungsgericht durch Heranziehung der Aussage der Klägerin, andere Beweismittel zur Ermittlung der einer Urkunde zugrundeliegenden Absicht herangezogen, liegt eine Tatsachenfeststellung vor (9 ObA 253/90; 5 Ob 2027/96s aaO; 5 Ob 111/73; 3 Ob 259/75 in RIS-Justiz RS0017882). Derartige Tatsachenfeststellungen können wegen der abschließenden Aufzählung der Revisionsgründe in § 503 ZPO aber in einer Revision nicht mehr bekämpft werden. Zu Unrecht wendet sich der Revisionswerber auch gegen die Beurteilung des Berufungsgerichtes, daß durch die Unterlassung von Schritten, den bezahlten Unterhaltsbetrag von monatlich S 600,-- zu erhöhen, kein Verzicht der Klägerin auf eine solche Erhöhung für die Zukunft zustandegekommen ist. Nach stRsp (RIS-Justiz RS0009502) kann aus der unterlassenen Geltendmachung von Unterhaltsansprüchen während längerer Zeit nicht auf einen Verzicht geschlossen werden. Diese Grundsätze gelten nicht nur für die Frage des generellen Unterhaltsverzichtes, sondern auch für einen angeblichen Verzicht auf Erhöhung durch langdauernde unbeanstandete Unterhaltsübung (Schwimann/Schwimann ABGB2 Rz 4 zu § 94 mN).Auch sonst vermag der Revisionswerber keine Rechtsfrage von der im Paragraph 502, Absatz eins, geforderten Qualität aufzuzeigen. Im übrigen geht die Revision nicht vom festgestellten Sachverhalt aus, worauf die Revisionsgegnerin zu Recht hinweist. Der Beklagte übersieht nämlich, daß das Berufungsgericht (anders als das Erstgericht) zu Recht in der Annahme eines übereinstimmenden Parteiwillens, daß der abgegebene Unterhaltsverzicht ab 1. 6. 1982 nur für den Fall gelte, als der Klägerin die wieder aufgelebte Pension ohne Anrechung der Unterhaltsleistung ausbezahlt werden würde, eine Tatsachenfeststellung gesehen hat. Nur die Auslegung einer nach Form und Inhalt unbestrittenen Urkunde allein wäre eine Frage rechtlicher Beurteilung (6 Ob 29/67 und zahlreiche E zu RIS-Justiz RS0043422). Werden dagegen, wie hier vom Berufungsgericht durch Heranziehung der Aussage der Klägerin, andere Beweismittel zur Ermittlung der einer Urkunde zugrundeliegenden Absicht herangezogen, liegt eine Tatsachenfeststellung vor (9 ObA 253/90; 5 Ob 2027/96s aaO; 5 Ob 111/73; 3 Ob 259/75 in RIS-Justiz RS0017882). Derartige Tatsachenfeststellungen können wegen der abschließenden Aufzählung der Revisionsgründe in Paragraph 503, ZPO aber in einer Revision nicht mehr bekämpft werden. Zu Unrecht wendet sich der Revisionswerber auch gegen die Beurteilung des Berufungsgerichtes, daß durch die Unterlassung von Schritten, den bezahlten Unterhaltsbetrag von monatlich S 600,-- zu erhöhen, kein Verzicht der Klägerin auf eine solche Erhöhung für die Zukunft zustandegekommen ist. Nach stRsp (RIS-Justiz RS0009502) kann aus der unterlassenen Geltendmachung von Unterhaltsansprüchen während längerer Zeit nicht auf einen Verzicht geschlossen werden. Diese Grundsätze gelten nicht nur für die Frage des generellen Unterhaltsverzichtes, sondern auch für einen angeblichen Verzicht auf Erhöhung durch langdauernde unbeanstandete Unterhaltsübung (Schwimann/Schwimann ABGB2 Rz 4 zu Paragraph 94, mN).

Die Revision des Beklagten war daher zurückzuweisen.

Dasselbe gilt auch für die verspätete Revisionsbeantwortung. Wie sich aus dem Hinweis im Berufungsurteil auf § 66 EheG unzweifelhaft ergibt, handelt es sich um einen Streit über den gesetzlichen Unterhalt, somit um eine Ferialsache nach § 224 Abs 1 Z 4 ZPO. Im Zeitpunkt der Einbringung der Revisionsbeantwortung (Postaufgabe am 8. 9. 1998) war daher die mit der Zustellung der Revision an den Klagevertreter am 13. 7. 1998 in Gang gesetzte Revisionsfrist nach § 507a Abs 1 ZPO längst abgelaufen.Dasselbe gilt auch für die verspätete Revisionsbeantwortung. Wie sich aus dem Hinweis im Berufungsurteil auf Paragraph 66, EheG unzweifelhaft ergibt, handelt es sich um einen Streit über den gesetzlichen Unterhalt, somit um eine Ferialsache nach Paragraph 224, Absatz eins, Ziffer 4, ZPO. Im Zeitpunkt der Einbringung der Revisionsbeantwortung (Postaufgabe am 8. 9. 1998) war daher die mit der Zustellung der Revision an den Klagevertreter am 13. 7. 1998 in Gang gesetzte Revisionsfrist nach Paragraph 507 a, Absatz eins, ZPO längst abgelaufen.

Anmerkung

E51911 03A02228

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1998:0030OB00222.98P.1021.000

Dokumentnummer

JJT_19981021_OGH0002_0030OB00222_98P0000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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