TE OGH 1998/10/27 1Ob241/98t

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Veröffentlicht am 27.10.1998
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Schlosser als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Schiemer, Dr. Rohrer, Dr. Zechner und Dr. Schenk als weitere Richter in der Pflegschaftssache der mj. Nicole R*****, geboren am 19. Juni 1984, vertreten durch die Bezirkshauptmannschaft Neunkirchen als Unterhaltssachwalter, infolge Revisionsrekurses des Präsidenten des Oberlandesgerichts Wien gegen den Beschluß des Landesgerichts Wiener Neustadt als Rekursgerichts vom 16. Juli 1998, GZ 18 R 89/98m-102, womit der Beschluß des Bezirksgerichts Aspang vom 17. Februar 1998, GZ P 1218/95g-94, bestätigt wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

Spruch

1. Der Revisionsrekurs wird, soweit er sich auf die vom 1. April bis zum 31. Oktober 1994 gewährten Unterhaltsvorschüsse bezieht, zurückgewiesen;

2. im übrigen wird dem Revisionsrekurs nicht Folge gegeben.

Text

Begründung:

Der Vater hat der mj. Nicole aufgrund gerichtlicher Titel seit 1. März 1991 Geldunterhalt zu leisten. Zuletzt wurde der Unterhaltsbeitrag mit Beschluß vom 9. Mai 1995 auf 2.500 S monatlich ab 1. März 1995 erhöht (ON 52). Mit Beschluß vom 17. September 1996 wurde der Vater für den Zeitraum vom 1. Juli 1996 bis zu seiner Haftentlassung, längstens jedoch bis zum 1. März 1998 von seiner Unterhaltspflicht entbunden (ON 72). Der Minderjährigen werden seit 1. März 1992 laufend Unterhaltsvorschüsse - solche gemäß §§ 3 und 4 Z 1 UVG vom 1. März 1992 bis 31. März 1994 und vom 1. November 1994 bis 30. Juni 1996, solche gemäß § 4 Z 3 UVG vom 1. April bis 31. Oktober 1994 und vom 1. Juli 1996 bis 28. Februar 1998 - gewährt.Der Vater hat der mj. Nicole aufgrund gerichtlicher Titel seit 1. März 1991 Geldunterhalt zu leisten. Zuletzt wurde der Unterhaltsbeitrag mit Beschluß vom 9. Mai 1995 auf 2.500 S monatlich ab 1. März 1995 erhöht (ON 52). Mit Beschluß vom 17. September 1996 wurde der Vater für den Zeitraum vom 1. Juli 1996 bis zu seiner Haftentlassung, längstens jedoch bis zum 1. März 1998 von seiner Unterhaltspflicht entbunden (ON 72). Der Minderjährigen werden seit 1. März 1992 laufend Unterhaltsvorschüsse - solche gemäß Paragraphen 3, und 4 Ziffer eins, UVG vom 1. März 1992 bis 31. März 1994 und vom 1. November 1994 bis 30. Juni 1996, solche gemäß Paragraph 4, Ziffer 3, UVG vom 1. April bis 31. Oktober 1994 und vom 1. Juli 1996 bis 28. Februar 1998 - gewährt.

Am 12. Dezember 1996 (Einlangen bei Gericht) beantragte der Präsident des Oberlandesgerichts Wien die Einstellung der Titelvorschüsse, weil der Unterhaltsschuldner infolge Arbeitsunfähigkeit nicht imstande sei, die festgesetzten Leistungen zu erbringen (ON 73). Daraufhin stellte das Erstgericht mit seinen Beschlüssen vom 8. Jänner und 22. Jänner 1997 (ON 74 und 75) sowohl die Titel- als auch - von Amts wegen - die späteren Haftvorschüsse rückwirkend ab 1. März 1992 ein, weil der Vater als Drogensüchtiger mit Entzugserscheinungen seit 1. März 1991 leistungsunfähig sei. Das Rekursgericht hob diese Beschlüsse auf, verwies die Rechtssache an das Erstgericht zurück und trug diesem die neuerliche Entscheidung nach Ergänzung des des Verfahrens auf (ON 79).

Im zweiten Rechtsgang sprach das Erstgericht nunmehr unter anderem aus, daß die vom 1. April 1994 bis zum 31. Oktober 1994 und seit 1. Juli 1996 „gemäß § 4 Z 3 UVG gewährten Unterhaltsvorschüsse aufrecht bleiben“. Es stellte dazu fest:Im zweiten Rechtsgang sprach das Erstgericht nunmehr unter anderem aus, daß die vom 1. April 1994 bis zum 31. Oktober 1994 und seit 1. Juli 1996 „gemäß Paragraph 4, Ziffer 3, UVG gewährten Unterhaltsvorschüsse aufrecht bleiben“. Es stellte dazu fest:

Der Vater war während seiner Haftzeiten lediglich vom 22. Dezember 1993 bis zum 8. März 1994 arbeitsunfähig, sonst dagegen immer arbeitsfähig. Er befindet sich seit 16. Oktober 1996 in der Justizanstalt Suben und könnte (dort) aufgrund seines Gesundheitszustands leichte Arbeiten verrichten, er ist jedoch arbeitsunwillig und erbrachte keine Arbeitsleistungen.

Diesen Sachverhalt beurteilte das Erstgericht rechtlich dahin, es bestehe mangels Verwirklichung eines Einstellungsgrunds kein Anlaß für eine (rückwirkende) Einstellung der dem Kind wegen der Haft des Unterhaltsschuldners gewährten Vorschüsse.

Das Rekursgericht bestätigte diese Entscheidung und sprach aus, daß der ordentliche Revisionsrekurs zulässig sei. Es erwog in rechtlicher Hinsicht, Unterhaltsvorschüsse gemäß § 4 Z 3 UVG fänden ihre Rechtfertigung in den Arbeitsleistungen des Strafgefangenen während des Vollzugs der Freiheitsstrafe, die als Deckungfonds der gewährten Vorschüsse aufzufassen seien. Sei der Strafgefangene infolge seines Gesundheitszustandes nicht arbeitsfähig, bestehe kein derartiger Deckungsfonds. Jeder Unterhaltsvorschuß setze eine „aufrechte - und allenfalls anzuspannende - Fähigkeit des Unterhaltsschuldners voraus, für den gesetzlichen Unterhalt aufzukommen“. In Ermangelung eines solchen Leistungsvermögens - bei Vorschüssen gemäß § 4 Z 3 UVG in Gestalt der minder entlohnten Arbeitsleistungen des Unterhaltsschuldners während des Strafvollzugs - fehle während der Dauer der Leistungsunfähigkeit eine Voraussetzung für die Vorschußgewährung. Hier sei der Unterhaltsschuldner dagegen - im Anstaltsbereich - nicht arbeitsunfähig, sondern bloß arbeitsunwillig. Der im Schrifttum vertretenen Ansicht, „einem Arbeitsunwilligen oder Arbeitsverweigerer seien keine Unterhaltsvorschüsse zu gewähren“, sei nicht zu folgen. Mangelnde Arbeitswilligkeit des Unterhaltsschuldners lasse vielmehr den Vorschußanspruch nicht entfallen. Nach der Rechtsprechung seien Haftvorschüsse auch im Falle der Verhängung der Untersuchungshaft zu gewähren, obgleich ein Untersuchungshäftling gemäß § 186 Abs 5 StPO anders als ein Strafgefangener gemäß § 44 StVG keiner Arbeitspflicht unterliege. Es wäre ein Wertungswiderspruch, „den in Freiheit arbeitsunwilligen Unterhaltsschuldner anzuspannen, von dieser Möglichkeit aber bei einem Häftling abzusehen“.Das Rekursgericht bestätigte diese Entscheidung und sprach aus, daß der ordentliche Revisionsrekurs zulässig sei. Es erwog in rechtlicher Hinsicht, Unterhaltsvorschüsse gemäß Paragraph 4, Ziffer 3, UVG fänden ihre Rechtfertigung in den Arbeitsleistungen des Strafgefangenen während des Vollzugs der Freiheitsstrafe, die als Deckungfonds der gewährten Vorschüsse aufzufassen seien. Sei der Strafgefangene infolge seines Gesundheitszustandes nicht arbeitsfähig, bestehe kein derartiger Deckungsfonds. Jeder Unterhaltsvorschuß setze eine „aufrechte - und allenfalls anzuspannende - Fähigkeit des Unterhaltsschuldners voraus, für den gesetzlichen Unterhalt aufzukommen“. In Ermangelung eines solchen Leistungsvermögens - bei Vorschüssen gemäß Paragraph 4, Ziffer 3, UVG in Gestalt der minder entlohnten Arbeitsleistungen des Unterhaltsschuldners während des Strafvollzugs - fehle während der Dauer der Leistungsunfähigkeit eine Voraussetzung für die Vorschußgewährung. Hier sei der Unterhaltsschuldner dagegen - im Anstaltsbereich - nicht arbeitsunfähig, sondern bloß arbeitsunwillig. Der im Schrifttum vertretenen Ansicht, „einem Arbeitsunwilligen oder Arbeitsverweigerer seien keine Unterhaltsvorschüsse zu gewähren“, sei nicht zu folgen. Mangelnde Arbeitswilligkeit des Unterhaltsschuldners lasse vielmehr den Vorschußanspruch nicht entfallen. Nach der Rechtsprechung seien Haftvorschüsse auch im Falle der Verhängung der Untersuchungshaft zu gewähren, obgleich ein Untersuchungshäftling gemäß Paragraph 186, Absatz 5, StPO anders als ein Strafgefangener gemäß Paragraph 44, StVG keiner Arbeitspflicht unterliege. Es wäre ein Wertungswiderspruch, „den in Freiheit arbeitsunwilligen Unterhaltsschuldner anzuspannen, von dieser Möglichkeit aber bei einem Häftling abzusehen“.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs ist teilweise unzulässig und teilweise nicht berechtigt.

1. Der Rechtsmittelwerber bekämpfte die Entscheidung des Erstgerichts nur in dessen Ausspruch, daß „die gemäß § 4 Z 3 UVG ab 1. 7. 1996 gewährten Unterhaltsvorschüsse aufrecht bleiben“, und beantragte daher die Einstellung der gemäß § 4 Z 3 UVG gewährten Unterhaltsvorschüsse „für die Zeit ab 1. 7. 1996“. Der weitere Ausspruch, daß auch die vom 1. April 1994 bis zum 31. Oktober 1994 „gemäß § 4 Z 3 UVG gewährten Unterhaltsvorschüsse aufrecht bleiben“, erwuchs dagegen unangefochten in Rechtskraft.1. Der Rechtsmittelwerber bekämpfte die Entscheidung des Erstgerichts nur in dessen Ausspruch, daß „die gemäß Paragraph 4, Ziffer 3, UVG ab 1. 7. 1996 gewährten Unterhaltsvorschüsse aufrecht bleiben“, und beantragte daher die Einstellung der gemäß Paragraph 4, Ziffer 3, UVG gewährten Unterhaltsvorschüsse „für die Zeit ab 1. 7. 1996“. Der weitere Ausspruch, daß auch die vom 1. April 1994 bis zum 31. Oktober 1994 „gemäß Paragraph 4, Ziffer 3, UVG gewährten Unterhaltsvorschüsse aufrecht bleiben“, erwuchs dagegen unangefochten in Rechtskraft.

Mit seinem Revisionsrekurs bekämpft der Rechtsmittelwerber nunmehr auch die Rechtmäßigkeit der Unterhaltsvorschüsse vom 1. April 1994 bis zum 31. Oktober 1994 und will deren Einstellung auch für diesen Zeitraum erreichen. Insoweit ficht er die Rekursentscheidung also in einem Punkt an, der infolge Rechtskraft des erstgerichtlichen Beschlusses gar nicht Gegenstand des Verfahrens zweiter Instanz war. Jedes Rechtsmittel setzt aber die Existenz der bekämpften Entscheidung voraus. Gegen eine - im hier bedeutsamen Punkt - gar nicht gefällte Rekursentscheidung kann daher auch kein Rechtsmittel ergriffen werden, weshalb der Revisionsrekurs im erörterten Umfang als unzulässig zurückzuweisen ist.

2. Nach Ansicht des Rechtsmittelwerbers besteht kein Vorschußanspruch, weil der Unterhaltsschuldner - nach den Anforderungen auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt - arbeitsunfähig sei und der Minderjährigen somit infolge der Strafhaft des Vaters kein Unterhalt entgehe.

Gemäß § 4 Z 3 UVG sind Vorschüsse auch dann zu gewähren, wenn dem Unterhaltsschuldner aufgrund einer Anordnung in einem strafgerichtlichen Verfahren länger als einen Monat im Inland die Freiheit entzogen wird und er deshalb seine Unterhaltspflicht nicht erfüllen kann.Gemäß Paragraph 4, Ziffer 3, UVG sind Vorschüsse auch dann zu gewähren, wenn dem Unterhaltsschuldner aufgrund einer Anordnung in einem strafgerichtlichen Verfahren länger als einen Monat im Inland die Freiheit entzogen wird und er deshalb seine Unterhaltspflicht nicht erfüllen kann.

Solche Vorschüsse setzen nach Ansichten im Schrifttum eine gesetzliche Unterhaltspflicht aufgrund eines Leistungspotentials des Unterhaltsschuldners voraus (Knoll, Kommentar zum Unterhaltsvorschußgesetz Rz 24 zu § 4). Sei ein gemäß § 44 Abs 1 StVG arbeitspflichtiger Strafgefangener entweder nicht arbeitsfähig oder nicht arbeitswillig, so habe dessen minderjähriges Kind auch keinen Anspruch auf Vorschußgewährung (Knoll aaO Rz 24 und 27; Neumayr in Schwimann, ABGB2 Rz 52 zu § 4 UVG).Solche Vorschüsse setzen nach Ansichten im Schrifttum eine gesetzliche Unterhaltspflicht aufgrund eines Leistungspotentials des Unterhaltsschuldners voraus (Knoll, Kommentar zum Unterhaltsvorschußgesetz Rz 24 zu Paragraph 4,). Sei ein gemäß Paragraph 44, Absatz eins, StVG arbeitspflichtiger Strafgefangener entweder nicht arbeitsfähig oder nicht arbeitswillig, so habe dessen minderjähriges Kind auch keinen Anspruch auf Vorschußgewährung (Knoll aaO Rz 24 und 27; Neumayr in Schwimann, ABGB2 Rz 52 zu Paragraph 4, UVG).

Hier stellt sich die Frage nach der Berechtigung von Haftvorschüssen, wenn die individuelle Arbeitsfähigkeit des Unterhaltsschuldners zwar ausreicht, um seine Arbeitspflicht als Strafgefangener zu erfüllen, aber ungenügend ist, um den Anforderungen des allgemeinen Arbeitsmarkts zu genügen, sodaß er, wäre er in Freiheit, keine reale Arbeitsmöglichkeit vorfinden und deshalb auch nicht auf ein fiktives Einkommen als Grundlage für die Unterhaltsbemessung angespannt werden könnte.

Der erkennde Senat sprach in der Entscheidung 1 Ob 590/90 (= ÖA 1991, 114) aus, Unterhaltsvorschüsse gemäß § 4 Z 3 UVG seien durch die Arbeitsleistungen von Strafgefangenen während des Vollzugs ihrer Freiheitsstrafen gerechtfertigt. Diese Leistungen seien als Deckungsfonds für die vom Bund - im Rahmen seiner zivilrechtlichen Kompetenz nach Art 10 Abs 1 Z 6 B-VG - gewährten Vorschüsse anzusehen, „zumal dem Strafgefangenen ohnedies keine volle Vergütung seiner Arbeitsleistungen“ gebühre.Der erkennde Senat sprach in der Entscheidung 1 Ob 590/90 (= ÖA 1991, 114) aus, Unterhaltsvorschüsse gemäß Paragraph 4, Ziffer 3, UVG seien durch die Arbeitsleistungen von Strafgefangenen während des Vollzugs ihrer Freiheitsstrafen gerechtfertigt. Diese Leistungen seien als Deckungsfonds für die vom Bund - im Rahmen seiner zivilrechtlichen Kompetenz nach Artikel 10, Absatz eins, Ziffer 6, B-VG - gewährten Vorschüsse anzusehen, „zumal dem Strafgefangenen ohnedies keine volle Vergütung seiner Arbeitsleistungen“ gebühre.

Durch die Strafvollzugsnovelle 1993 BGBl 799 erfuhr die hier maßgebliche Rechtslage eine Änderung dahin, daß sich die Arbeitsvergütung eines Strafgefangenen gemäß § 52 Abs 1 StVG „an dem auf eine Arbeitsstunde entfallenden Bruttoarbeitsentgelt eines mindestens 18 Jahre alten, mit leichten Tätigkeiten beschäftigten Metallhilfsarbeiters ohne Zweckausbildung gemäß dem lohnrechtlichen Teil des Kollektivvertrages für die eisen- und metallerzeugende und -verarbeitende Industrie Österreichs zu orientieren“ hat. Sie beträgt in der niedrigsten Stufe 60 % des bezeichneten Bruttoarbeitsentgelts und in der höchsten Stufe das Eineinhalbfache der niedrigsten Stufe. Davon ist gemäß § 54 Abs 1 StVG der Vollzugskostenbeitrag des Strafgefangenen und der auf diesen entfallende Anteil am Arbeitslosenversicherungsbeitrag abzuziehen. Der Restbetrag ist dem Strafgefangenen je zur Hälfte als Hausgeld und als Rücklage gutzuschreiben. Gemäß § 32 Abs 2 StVG beträgt der Vollzugskostenbeitrag 75 % der Arbeitsvergütung des Strafgefangenen. Zur Höhe dieser Vergütung wird in den Gesetzesmaterialien (RV 946 BlgNR 18. GP, 19 f) ins Treffen geführt, „daß die Produktivität eines Vollzugsarbeitsplatzes in aller Regel nicht annähernd der eines Arbeitsplatzes in Freiheit entspricht“ und es dem Strafgefangenen in einem größeren Ausmaß als bisher ermöglicht werden soll, „Unterhaltszahlungen an Angehörige zu erbringen, Schadensgutmachung zu leisten und allfällige Schulden zu tilgen“.Durch die Strafvollzugsnovelle 1993 Bundesgesetzblatt 799 erfuhr die hier maßgebliche Rechtslage eine Änderung dahin, daß sich die Arbeitsvergütung eines Strafgefangenen gemäß Paragraph 52, Absatz eins, StVG „an dem auf eine Arbeitsstunde entfallenden Bruttoarbeitsentgelt eines mindestens 18 Jahre alten, mit leichten Tätigkeiten beschäftigten Metallhilfsarbeiters ohne Zweckausbildung gemäß dem lohnrechtlichen Teil des Kollektivvertrages für die eisen- und metallerzeugende und -verarbeitende Industrie Österreichs zu orientieren“ hat. Sie beträgt in der niedrigsten Stufe 60 % des bezeichneten Bruttoarbeitsentgelts und in der höchsten Stufe das Eineinhalbfache der niedrigsten Stufe. Davon ist gemäß Paragraph 54, Absatz eins, StVG der Vollzugskostenbeitrag des Strafgefangenen und der auf diesen entfallende Anteil am Arbeitslosenversicherungsbeitrag abzuziehen. Der Restbetrag ist dem Strafgefangenen je zur Hälfte als Hausgeld und als Rücklage gutzuschreiben. Gemäß Paragraph 32, Absatz 2, StVG beträgt der Vollzugskostenbeitrag 75 % der Arbeitsvergütung des Strafgefangenen. Zur Höhe dieser Vergütung wird in den Gesetzesmaterialien (RV 946 BlgNR 18. GP, 19 f) ins Treffen geführt, „daß die Produktivität eines Vollzugsarbeitsplatzes in aller Regel nicht annähernd der eines Arbeitsplatzes in Freiheit entspricht“ und es dem Strafgefangenen in einem größeren Ausmaß als bisher ermöglicht werden soll, „Unterhaltszahlungen an Angehörige zu erbringen, Schadensgutmachung zu leisten und allfällige Schulden zu tilgen“.

Obgleich die Entlohnung der Arbeitsleistungen von Strafgefangenen seit der Strafvollzugsnovelle 1993 höher ist, hat sich nichts daran geändert, daß die Unterhaltsbevorschussung durch den Bund gemäß § 4 Z 3 UVG weiterhin - zumindest teilweise - als Äquivalent der Arbeitspflicht des arbeitsfähigen Strafgefangenen gemäß § 44 Abs 1 StVG und als Ausgleich dafür anzusehen ist, daß der Strafgefangene als Unterhaltsschuldner seinem unterhaltsberechtigten minderjährigen Kind keinen Geldunterhalt leisten kann, weil er nur über einen geringen Teil seiner Arbeitsvergütung frei verfügen kann (zu letzterem Neumayr in Schwimann, ABGB2 Rz 51 zu § 4; in diesem Sinn auch Knoll, Die Sachwalterschaft des Jugendwohlfahrtsträgers aus der Perspektive des Unterhaltsvorschußgesetzes, RZ 1994, 202 [206 f]). Nicht wegzuleugnen ist ferner, daß ein Strafgefangener während der Verbüßung seiner Freiheitsstrafe im Regelfall einen sicheren und geschützten Arbeitsplatz hat bzw beanspruchen kann, der ihm ein an eine bestimmte kollektivvertragliche Entlohnung angenähertes Einkommen garantiert, selbst wenn seine persönliche Leistungsfähigkeit nicht ausreicht, um nach den Anforderungen auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt eine reale Beschäftigung in Freiheit zu finden, hat doch der Bund gemäß § 45 Abs 1 StVG dafür Vorsorge zu treffen, daß jeder Strafgefangene nützliche Arbeit verrichten kann. Der Bund verfügt überdies nach wie vor über einen Deckungsfonds für seine Vorschußleistungen, weil sein Anspruch auf Zahlung eines Vollzugskostenbeitrags nach der Strafvollzugsnovelle 1993 jetzt auch gegen Strafgefangene besteht, die eine zufriedenstellende Arbeitsleistung erbringen, wogegen ein solcher Beitrag aufgrund der alten Rechtslage entfiel (RV 946 BlgNR 18. GP, 19). War die Arbeitsleistung des Strafgefangenen früher minder entlohnt, so fließt jetzt über den Vollzugskostenbeitrag ein Großteil der Arbeitsvergütung des Strafgefangenen in die Bundeskasse zurück.Obgleich die Entlohnung der Arbeitsleistungen von Strafgefangenen seit der Strafvollzugsnovelle 1993 höher ist, hat sich nichts daran geändert, daß die Unterhaltsbevorschussung durch den Bund gemäß Paragraph 4, Ziffer 3, UVG weiterhin - zumindest teilweise - als Äquivalent der Arbeitspflicht des arbeitsfähigen Strafgefangenen gemäß Paragraph 44, Absatz eins, StVG und als Ausgleich dafür anzusehen ist, daß der Strafgefangene als Unterhaltsschuldner seinem unterhaltsberechtigten minderjährigen Kind keinen Geldunterhalt leisten kann, weil er nur über einen geringen Teil seiner Arbeitsvergütung frei verfügen kann (zu letzterem Neumayr in Schwimann, ABGB2 Rz 51 zu Paragraph 4 ;, in diesem Sinn auch Knoll, Die Sachwalterschaft des Jugendwohlfahrtsträgers aus der Perspektive des Unterhaltsvorschußgesetzes, RZ 1994, 202 [206 f]). Nicht wegzuleugnen ist ferner, daß ein Strafgefangener während der Verbüßung seiner Freiheitsstrafe im Regelfall einen sicheren und geschützten Arbeitsplatz hat bzw beanspruchen kann, der ihm ein an eine bestimmte kollektivvertragliche Entlohnung angenähertes Einkommen garantiert, selbst wenn seine persönliche Leistungsfähigkeit nicht ausreicht, um nach den Anforderungen auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt eine reale Beschäftigung in Freiheit zu finden, hat doch der Bund gemäß Paragraph 45, Absatz eins, StVG dafür Vorsorge zu treffen, daß jeder Strafgefangene nützliche Arbeit verrichten kann. Der Bund verfügt überdies nach wie vor über einen Deckungsfonds für seine Vorschußleistungen, weil sein Anspruch auf Zahlung eines Vollzugskostenbeitrags nach der Strafvollzugsnovelle 1993 jetzt auch gegen Strafgefangene besteht, die eine zufriedenstellende Arbeitsleistung erbringen, wogegen ein solcher Beitrag aufgrund der alten Rechtslage entfiel (RV 946 BlgNR 18. GP, 19). War die Arbeitsleistung des Strafgefangenen früher minder entlohnt, so fließt jetzt über den Vollzugskostenbeitrag ein Großteil der Arbeitsvergütung des Strafgefangenen in die Bundeskasse zurück.

Daraus folgt aber, daß jedenfalls Strafgefangene, die aufgrund einer zufriedenstellenden Arbeitsleistung zu entlohnen sind, ihre Unterhaltspflicht im Sinne des § 4 Z 3 UVG nur wegen der im Strafvollzugsgesetz angeordneten Verwendung ihres Einkommens nicht erfüllen können und die Bevorschussung insofern nicht davon abhängt, ob der Unterhaltsschuldner aufgrund seiner persönlichen Leistungsfähigkeit auch in Freiheit eine reale und zumutbare Arbeitsmöglichkeit hätte. Die Anspruchsvoraussetzungen des erörterten Vorschußgrundes sind vielmehr von jenen anderer Vorschußgründe abzukoppeln und nur an die als Spezifikum der Haft des Unterhaltsschuldners geschaffene Sachlage anzuknüpfen. Deshalb sind für die persönliche Leistungsfähigkeit des Strafgefangenen nur jene Anforderungen ausschlaggebend, die sich aus dessen Haftsituation ergeben und nicht auch solche, die auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt zu erfüllen wären.Daraus folgt aber, daß jedenfalls Strafgefangene, die aufgrund einer zufriedenstellenden Arbeitsleistung zu entlohnen sind, ihre Unterhaltspflicht im Sinne des Paragraph 4, Ziffer 3, UVG nur wegen der im Strafvollzugsgesetz angeordneten Verwendung ihres Einkommens nicht erfüllen können und die Bevorschussung insofern nicht davon abhängt, ob der Unterhaltsschuldner aufgrund seiner persönlichen Leistungsfähigkeit auch in Freiheit eine reale und zumutbare Arbeitsmöglichkeit hätte. Die Anspruchsvoraussetzungen des erörterten Vorschußgrundes sind vielmehr von jenen anderer Vorschußgründe abzukoppeln und nur an die als Spezifikum der Haft des Unterhaltsschuldners geschaffene Sachlage anzuknüpfen. Deshalb sind für die persönliche Leistungsfähigkeit des Strafgefangenen nur jene Anforderungen ausschlaggebend, die sich aus dessen Haftsituation ergeben und nicht auch solche, die auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt zu erfüllen wären.

Es besteht kein Zweifel, daß ein arbeitsfähiger, jedoch arbeitsunwilliger Strafgefangener als Unterhaltsschuldner, wäre er in der Lage, sich als Arbeitssuchender am allgemeinen Arbeitsmarkt zu beteiligen, im Rahmen seiner individuellen Leistungsfähigkeit auf dasjenige Einkommen als Unterhaltsbemessungsgrundlage anzuspannen wäre, das er nach verfügbaren realen Erwerbsmöglichkeiten erzielen könnte (Schwimann, Unterhaltsrecht 53 ff; Purtscheller/Salzmann, Unterhaltsbemessung Rz 245 ff je mN aus der Rsp). Dieser Grundsatz läßt sich allerdings nicht auf einen Unterhaltsschuldner übertragen, der als Strafgefangener arbeitsunwillig ist, weil ein solcher Unterhaltsschuldner seine Unterhaltspflicht selbst im Falle der Anspannung auf eine zufriedenstellende Arbeitsleistung nicht erfüllen könnte und - entsprechend den einleitenden Ausführungen - nach einer Rechtfertigung für die Bevorschussung durch den Bund zu fragen ist. Diese ist darin zu erblicken, daß dem Gesetzgeber nicht zusinnbar ist, er habe eine Bevorschussung gemäß § 4 Z 3 UVG trotz der auf der gesetzlichen Arbeitspflicht eines Strafgefangenen fußenden Anspruchsbegründung zusätzlich noch von dessen jeweiligen Arbeitswilligkeit abhängig machen wollen, dient doch der Unterhaltsvorschuß der Sicherung der materiellen Lebensgrundlagen des Unterhaltsberechtigten, die durch ein willkürliches Verhalten des Strafgefangenen nicht gefährdet werden darf. Ein Strafgefangener kann daher seinem unterhaltsberechtigten minderjährigen Kind nicht einfach durch bloße Arbeitsunwilligkeit während der Strafhaft die Grundlage für die Gewährung von Haftvorschüssen entziehen. Demgemäß schließt die Arbeitsunwilligkeit eines - wenngleich nur nach Strafvollzugskriterien - arbeitsfähigen unterhaltspflichtigen Strafgefangenen die Zuerkennung und Aufrechterhaltung von Unterhaltsvorschüssen gemäß § 4 Z 3 UVG niemals aus.Es besteht kein Zweifel, daß ein arbeitsfähiger, jedoch arbeitsunwilliger Strafgefangener als Unterhaltsschuldner, wäre er in der Lage, sich als Arbeitssuchender am allgemeinen Arbeitsmarkt zu beteiligen, im Rahmen seiner individuellen Leistungsfähigkeit auf dasjenige Einkommen als Unterhaltsbemessungsgrundlage anzuspannen wäre, das er nach verfügbaren realen Erwerbsmöglichkeiten erzielen könnte (Schwimann, Unterhaltsrecht 53 ff; Purtscheller/Salzmann, Unterhaltsbemessung Rz 245 ff je mN aus der Rsp). Dieser Grundsatz läßt sich allerdings nicht auf einen Unterhaltsschuldner übertragen, der als Strafgefangener arbeitsunwillig ist, weil ein solcher Unterhaltsschuldner seine Unterhaltspflicht selbst im Falle der Anspannung auf eine zufriedenstellende Arbeitsleistung nicht erfüllen könnte und - entsprechend den einleitenden Ausführungen - nach einer Rechtfertigung für die Bevorschussung durch den Bund zu fragen ist. Diese ist darin zu erblicken, daß dem Gesetzgeber nicht zusinnbar ist, er habe eine Bevorschussung gemäß Paragraph 4, Ziffer 3, UVG trotz der auf der gesetzlichen Arbeitspflicht eines Strafgefangenen fußenden Anspruchsbegründung zusätzlich noch von dessen jeweiligen Arbeitswilligkeit abhängig machen wollen, dient doch der Unterhaltsvorschuß der Sicherung der materiellen Lebensgrundlagen des Unterhaltsberechtigten, die durch ein willkürliches Verhalten des Strafgefangenen nicht gefährdet werden darf. Ein Strafgefangener kann daher seinem unterhaltsberechtigten minderjährigen Kind nicht einfach durch bloße Arbeitsunwilligkeit während der Strafhaft die Grundlage für die Gewährung von Haftvorschüssen entziehen. Demgemäß schließt die Arbeitsunwilligkeit eines - wenngleich nur nach Strafvollzugskriterien - arbeitsfähigen unterhaltspflichtigen Strafgefangenen die Zuerkennung und Aufrechterhaltung von Unterhaltsvorschüssen gemäß Paragraph 4, Ziffer 3, UVG niemals aus.

Dem Revisionsrekurs ist somit ein Erfolg zu versagen.

Textnummer

E51908

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1998:0010OB00241.98T.1027.000

Im RIS seit

26.11.1998

Zuletzt aktualisiert am

06.07.2012
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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