TE Vwgh Erkenntnis 2006/10/10 2004/03/0043

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Veröffentlicht am 10.10.2006
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Index

E3R E07204030;
10/07 Verwaltungsgerichtshof;
40/01 Verwaltungsverfahren;
50/03 Personenbeförderung Güterbeförderung;

Norm

31994R3298 idF 31996R1524 ÖkopunktesystemV Lkw Transit Österreich idF 32000R2012;
GütbefG 1995 §23 Abs1 Z6;
GütbefG 1995 §23 Abs4 idF 2002/I/032;
GütbefG 1995 §9 Abs3;
VStG §44a Z1;
VwGG §42 Abs2 Z1;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Sauberer und die Hofräte Dr. Berger und Dr. Lehofer als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Zeleny, über die Beschwerde des M M in T, vertreten durch Waltl & Partner, Rechtsanwälte in 5700 Zell am See, Seb. Hörlstraße 7, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates des Landes Salzburg vom 2. März 2004, Zl UVS-5/11544/11-2004, betreffend eine Übertretung des Güterbeförderungsgesetzes, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.171,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem in Instanzenzug ergangenen angefochtenen Bescheid wurde der Beschwerdeführer für schuldig erkannt, er habe es "als handelsrechtlicher Geschäftsführer der Firma M Transport GmbH mit Sitz in T, also als gemäß § 9 Abs 1 VStG zur Vertretung nach außen berufenes Organ dieser Firma zu verantworten", dass ein dem Kennzeichen nach bestimmter Lkw mit Anhänger "aus Deutschland kommend zum Grenzübergang Arnoldstein gelenkt wurde und damit in der Folge durch Österreich hindurch eine Transitfahrt durchgeführt wurde". Wie bei der Kontrolle durch ein Exekutivorgan am 9. Juni 2003 um 23.31 Uhr auf der A 10 am Parkplatz Rennweg festgestellt worden sei, "wurde weder ein ordnungsgemäß ausgefülltes Einheitsformular mit geklebten und entwerteten Ökopunkten noch eine österreichische Bestätigung der Entrichtung von Ökopunkten für die betreffende Fahrt mitgeführt worden, was notwendig gewesen wäre, da kein Umweltdatenträger verwendet wurde". Über den Beschwerdeführer wurde wegen Übertretung von "§§ 9 (3) iVm 23 (1) Z 6 GütbefG iVm Art 1 (1) lit. a VO (EG) 3298/94 idgF, Art 2 (1) VO (EG) 2012/2000" eine Geldstrafe in der Höhe von EUR 2.000,-- (570 Stunden Ersatzfreiheitsstrafe) verhängt.

Begründend führte die belangte Behörde aus, die Abfrage der Ökopunktekommunikation des gegenständlichen Ecotags habe ergeben, dass das Fahrzeug zum Tatzeitpunkt über 114 Ökopunkte verfügt habe, der Beschwerdeführer also nicht "gesperrt" gewesen sei. Das Ecotag habe nicht mehr ordnungsgemäß an der Windschutzscheibe befestigt werden können und sei vom Fahrer lose zwischen Armaturenbrett und Windschutzscheibe gelegt und mit einem Fahrtenbuch fixiert worden, um es am Verrutschen zu hindern; dies sei dem Beschwerdeführer nach seinen eigenen Angaben seit mehreren Wochen bekannt gewesen. Das Kontrollorgan habe festgestellt, dass zwischen dem Ecotaggerät und seinem Kontrollgerät eine Verbindung hergestellt worden sei. Bei der Einreise in Kiefersfelden aus Deutschland kommend Richtung Italien sei keine Kommunikation und somit auch keine Abbuchung von Ökopunkten erfolgt. Bei der Ausreise in Thörl-Maglern habe das Ecotaggerät einmal rot und einmal grün aufgeblinkt. Es sei am 14. Juni 2003 ausgetauscht worden. Von einer Benutzung des Umweltdatenträgers könne nur gesprochen werden, wenn das Gerät die in den Art 1 Abs 2 und 3 sowie in den Anhängen F und G der Verordnung (EG) Nr 3238/94 (gemeint: Nr 3298/94) idF der Verordnung (EG) Nr 1524/96 normierten Voraussetzungen erfülle. Dazu gehöre insbesondere auch die vorschriftsmäßige Montage an der Innenseite der Windschutzscheibe untrennbar mit dem Fahrzeug verbunden, soweit Letzteres mit vertretbarem technischen Aufwand realisierbar sei. Im Verfahren habe es keinen Anhaltspunkt dafür gegeben, dass die untrennbare Anbringung des auf Veranlassen des Beschwerdeführers zu einem früheren Zeitpunkt von der Windschutzscheibe gelösten Ecotaggerätes nur mit einem unvertretbaren technischen Aufwand realisierbar gewesen wäre. Schon aus diesem Grund sei der objektive Tatbestand erfüllt. Der Beschwerdeführer habe mangelndes Verschulden im Sinne des § 5 Abs 1 VStG nicht glaubhaft machen können.

Der Verwaltungsgerichtshof hat über die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde erwogen:

1. Gemäß § 9 Abs 3 Güterbeförderungsgesetz (GütbefG) hat jeder Unternehmer, der veranlasst, dass eine Fahrt durch Österreich durchgeführt wird, für die gemäß der Verordnung (EG) Nr 3298/94, zuletzt geändert durch die Verordnung (EG) Nr 2012/2000, (Ökopunkteverordnung) Ökopunkte zu entrichten sind, dem Fahrer vor Antritt der Fahrt die entsprechende Anzahl von Ökopunkten zu übergeben. Wird ein Umweltdatenträger benützt, hat sich der Unternehmer davon zu überzeugen, dass ausreichend Ökopunkte zur Verfügung stehen und dass der Umweltdatenträger einwandfrei funktioniert. Er hat weiters den Fahrer darüber zu belehren, welche Maßnahmen dieser zur Einhaltung der Ökopunkteverordnung zu treffen hat.

Gemäß § 23 Abs 1 Z 6 GütbefG begeht abgesehen von gemäß dem

V. Hauptstück der Gewerbeordnung 1994 zu ahndenden Verwaltungsübertretungen eine Verwaltungsübertretung, die mit einer Geldstrafe bis zu EUR 7267,-- zu ahnden ist, wer § 9 Abs 3 leg cit zuwiderhandelt. Gemäß § 23 Abs 4 leg cit (idF BGBl Nr 32/2002) hat die Geldstrafe bei Verwaltungsübertretungen gemäß § 23 Abs 1 Z 6 leg cit mindestens EUR 1453,-- zu betragen.

2. Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist der Vorschrift des § 44a Z 1 VStG, wonach der Spruch eines Straferkenntnisses bzw Strafbescheides die als erwiesen angenommene Tat zu enthalten hat, dann entsprochen, wenn im Spruch des Straferkenntnisses dem Beschuldigten die Tat in so konkretisierter Umschreibung vorgeworfen ist, dass er (im ordentlichen Verwaltungsstrafverfahren, gegebenenfalls auch in einem Wiederaufnahmeverfahren) in die Lage versetzt wird, auf den konkreten Tatvorwurf bezogene Beweise anzubieten, um eben diesen Tatvorwurf zu widerlegen, und der Spruch überdies geeignet ist, den Beschuldigten (Bestraften) rechtlich davor zu schützen, wegen desselben Verhaltens nochmals zur Verantwortung gezogen zu werden. Die Umschreibung von Tatbestandsmerkmalen lediglich in der Begründung des Bescheides reicht hiefür nicht aus (vgl zum Ganzen etwa die Erkenntnisse vom 8. September 2004, Zl 2003/03/0031, und vom 16. November 2004, Zl 2003/11/0016, sowie Hauer/Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens6, Anm 2 zu § 44a VStG mit weiteren Hinweisen).

Die Tatumschreibung im Spruch des angefochtenen Bescheides wird den Anforderungen des § 44a Z 1 VStG vor dem Hintergrund dieser Rechtsprechung nicht gerecht. Aus dem Spruch des Bescheides geht nicht einwandfrei hervor, welche Tathandlung dem Beschwerdeführer konkret vorgeworfen wird. Dem Beschwerdeführer wird im Spruch nur die Veranlassung der betreffenden Fahrt zur Last gelegt, nicht aber - wie es für die Verwirklichung des Tatbestandes des § 9 Abs 3 GütbefG erforderlich wäre -, dass er es unterlassen hätte, dem Fahrer vor Antritt der Fahrt die entsprechende Anzahl von Ökopunkten zu übergeben oder sich im Falle der Benützung eines Umweltdatenträgers davon zu überzeugen, dass ausreichend Ökopunkte zur Verfügung stehen und dass der Umweltdatenträger einwandfrei funktioniert.

Da der Spruch des angefochtenen Bescheides somit nicht alle wesentlichen Tastbestandsmerkmale der dem Beschwerdeführer zur Last gelegten Tat enthält und eine Umschreibung von Tatbestandsmerkmalen lediglich in der Begründung des Bescheides den Anforderungen des § 44a Z 1 VStG nicht genügt, hat die belangte Behörde den angefochtenen Bescheid mit Rechtswidrigkeit seines Inhaltes belastet. Er war daher gemäß § 42 Abs 2 Z 1 VwGG aufzuheben.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2003, BGBl II Nr 333.

Wien, am 10. Oktober 2006

Schlagworte

Besondere Rechtsgebiete Mängel im Spruch Fehlen von wesentlichen Tatbestandsmerkmalen

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2006:2004030043.X00

Im RIS seit

01.11.2006
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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