Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Petrag als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Langer, Dr. Rohrer, Dr. Adamovic und Dr. Spenling als weitere Richter im Konkurs- und Schuldenregulierungsverfahren des Antragstellers Marjan T*****, vertreten durch Mag. Oliver Lorber, Rechtsanwalt in Klagenfurt, infolge Revisionsrekurses des Antragstellers gegen den Beschluß des Landesgerichtes Klagenfurt als Rekursgericht vom 3. Juni 1998, GZ 1 R 153/98i-16, mit dem der Beschluß des Bezirksgerichtes Klagenfurt vom 27. April 1998, GZ 9 S 16/98m-11, aufgehoben und die Konkurssache zur Verfahrensergänzung an das Erstgericht zurückverwiesen wurde, den
Beschluß
gefaßt:
Spruch
Dem Revisionsrekurs wird Folge gegeben.
Die Beschlüsse der Vorinstanzen werden ersatzlos aufgehoben. Dem Erstgericht wird die Durchführung des gesetzlichen Verfahrens aufgetragen.
Text
Begründung:
Der Antragsteller ist alleiniger Gesellschafter der G***** Gesellschaft mbH in Liquidation; er war deren Geschäftsführer und ist nunmehr deren Liquidator. Ein Konkursantrag gegen diese Gesellschaft wurde mit Beschluß vom 19. 9. 1997 mangels kostendeckenden Vermögens abgewiesen. Zufolge Rechtskraft dieser Entscheidung ist die Gesellschaft gemäß § 1 AmtsLG aufgelöst.Der Antragsteller ist alleiniger Gesellschafter der G***** Gesellschaft mbH in Liquidation; er war deren Geschäftsführer und ist nunmehr deren Liquidator. Ein Konkursantrag gegen diese Gesellschaft wurde mit Beschluß vom 19. 9. 1997 mangels kostendeckenden Vermögens abgewiesen. Zufolge Rechtskraft dieser Entscheidung ist die Gesellschaft gemäß Paragraph eins, AmtsLG aufgelöst.
Am 6. 4. 1998 stellte der Antragsteller beim Bezirksgericht den Antrag auf Eröffnung des Schuldenregulierungsverfahrens, den er damit begründete, daß er seit 17. 3. 1998 als Montagetischler unselbständig erwerbstätig sei. Aus seiner (früheren) selbständigen Tätigkeit bei der G***** Gesellschaft mbH, hinsichtlich der ein Konkursantrag mangels kostendeckenden Vermögens abgewiesen worden sei, und die keinerlei Geschäftstätigkeit mehr entfalte, habe er noch Verbindlichkeiten von rund S 1,300.000,--, welche er aus seinem Einkommen als Arbeitnehmer nicht zur Gänze zurückzahlen könne. Seinen Schuldenberg könne er nur im Wege eines Privatkonkurses mittels eines Zahlungsplanes abbauen.
Mit Beschluß vom 8. 4. 1998 eröffnete das Erstgericht über das Vermögen des Antragstellers das Schuldenregulierungsverfahren und beließ dem Schuldner die Eigenverwaltung. Kurz darauf erklärte sich das Erstgericht aber mit Beschluß vom 27. 4. 1998 als in der Konkurssache unzuständig und überwies das Konkursverfahren an das zuständige Landesgericht. Es begründete diese Entscheidung damit, daß der Schuldner ein Unternehmen, nämlich die genannte GmbH in Liquidation betreibe, weshalb zur Durchführung des Konkursverfahrens das Landesgericht gemäß § 83 KO zuständig sei.Mit Beschluß vom 8. 4. 1998 eröffnete das Erstgericht über das Vermögen des Antragstellers das Schuldenregulierungsverfahren und beließ dem Schuldner die Eigenverwaltung. Kurz darauf erklärte sich das Erstgericht aber mit Beschluß vom 27. 4. 1998 als in der Konkurssache unzuständig und überwies das Konkursverfahren an das zuständige Landesgericht. Es begründete diese Entscheidung damit, daß der Schuldner ein Unternehmen, nämlich die genannte GmbH in Liquidation betreibe, weshalb zur Durchführung des Konkursverfahrens das Landesgericht gemäß Paragraph 83, KO zuständig sei.
Gegen diese Unzuständigkeitsentscheidung richtete sich der Rekurs des Antragstellers mit dem Antrag, die bekämpfte Entscheidung "als unrichtig aufzuheben und dahingehend abzuändern, daß das Erstgericht für zuständig erklärt werde"; hilfsweise stellte er einen Aufhebungsantrag.
Das Rekursgericht gab dem Eventualantrag Folge, hob dem erstgerichtlichen Beschluß auf und verwies die Konkurssache zur Ergänzung des Verfahrens und allfälligen neuerlichen Zuständigkeitsentscheidung an das Erstgericht zurück, sprach aus, daß der Wert des Entscheidungsgegenstandes insgesamt S 52.000,-- übersteige und der Rekurs an den Obersten Gerichtshof gemäß §§ 527 Abs 2, 528 Abs 1 ZPO iVm § 171 KO zulässig sei, weil die zweitinstanzliche Judikatur zur Zuständigkeitsfrage im Zusammenhang mit dem Konkurs des Alleingesellschafter-Geschäftsführers einer GmbH nicht einhellig sei, eine Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes hiezu aber fehle. Hinsichtlich der Auslegung des Zuständigkeitstatbestandes des § 182 KO idF KO-Nov 1993, BGBl 974/1993, schloß es sich der Ansicht Kossaks (in RZ 1995, 2 ff und 26 ff sowie in ZIK 1995, 85 f) an, wonach der Gesellschafter-Geschäftsführer einer GmbH deren Unternehmen betreibe, woraus folge, daß für den persönlichen Konkurs des Gesellschafter-Geschäftsführers das Landesgericht zuständig sei. Wesentlich und genau zu prüfen sei, ob der Alleingesellschafter-Geschäftsführer das Unternehmen zum Zeitpunkt der Antragstellung noch betreibe; alle Handlungen im Zug der Liquidation des Unternehmens gehörten noch zum "Betreiben" desselben. Der Antragsteller habe behauptet, daß die GmbH keine Geschäftstätigkeit mehr ausübe; das Erstgericht habe diese Behauptung aber nicht geprüft, sondern sich für die Annahme weiterer unternehmerischer Tätigkeit des Antragstellers mit dem Umstand begnügt, daß dieser im Firmenbuch als Liquidator der erwähnten, zwar aufgelösten aber noch nicht gelöschten GmbH aufscheine.Das Rekursgericht gab dem Eventualantrag Folge, hob dem erstgerichtlichen Beschluß auf und verwies die Konkurssache zur Ergänzung des Verfahrens und allfälligen neuerlichen Zuständigkeitsentscheidung an das Erstgericht zurück, sprach aus, daß der Wert des Entscheidungsgegenstandes insgesamt S 52.000,-- übersteige und der Rekurs an den Obersten Gerichtshof gemäß Paragraphen 527, Absatz 2,, 528 Absatz eins, ZPO in Verbindung mit Paragraph 171, KO zulässig sei, weil die zweitinstanzliche Judikatur zur Zuständigkeitsfrage im Zusammenhang mit dem Konkurs des Alleingesellschafter-Geschäftsführers einer GmbH nicht einhellig sei, eine Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes hiezu aber fehle. Hinsichtlich der Auslegung des Zuständigkeitstatbestandes des Paragraph 182, KO in der Fassung KO-Nov 1993, Bundesgesetzblatt 974 aus 1993,, schloß es sich der Ansicht Kossaks (in RZ 1995, 2 ff und 26 ff sowie in ZIK 1995, 85 f) an, wonach der Gesellschafter-Geschäftsführer einer GmbH deren Unternehmen betreibe, woraus folge, daß für den persönlichen Konkurs des Gesellschafter-Geschäftsführers das Landesgericht zuständig sei. Wesentlich und genau zu prüfen sei, ob der Alleingesellschafter-Geschäftsführer das Unternehmen zum Zeitpunkt der Antragstellung noch betreibe; alle Handlungen im Zug der Liquidation des Unternehmens gehörten noch zum "Betreiben" desselben. Der Antragsteller habe behauptet, daß die GmbH keine Geschäftstätigkeit mehr ausübe; das Erstgericht habe diese Behauptung aber nicht geprüft, sondern sich für die Annahme weiterer unternehmerischer Tätigkeit des Antragstellers mit dem Umstand begnügt, daß dieser im Firmenbuch als Liquidator der erwähnten, zwar aufgelösten aber noch nicht gelöschten GmbH aufscheine.
Gegen diesen Aufhebungs- und Rückverweisungsbeschluß richtet sich der Revisionsrekurs des Antragstellers wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung mit dem Antrag, die Beschlüsse der Vorinstanzen ersatzlos zu beheben. Er betreibe kein Unternehmen, weil er nur als Organ der GmbH tätig geworden sei; diese Organtätigkeit begründe aber keine Unternehmereigenschaft, weshalb für das vorliegende Konkurs- und Schuldenregulierungsverfahren das Bezirksgericht zuständig sei.
Rechtliche Beurteilung
Der Rekurs ist zulässig und berechtigt.
Es trifft zu, daß zum Zeitpunkt der Beschlußfassung zweiter Instanz oberstgerichtliche Judikatur zu der von den zweitinstanzlichen Gerichten unterschiedlich gelösten Zuständigkeitsfrage fehlte. Zwischenzeitig hat sich der Oberste Gerichtshof aber in der Entscheidung vom 24. 8. 1998, 8 Ob 90/98p, mit dieser Rechtsfrage befaßt und sie im Sinn des Antragstellers gelöst.
Zusammengefaßt ist aus dieser Entscheidung hervorzuheben, daß der Oberste Gerichtshof die Meinung Kossaks (aaO), das Schuldenregulierungsverfahren sei grundsätzlich jedem Geschäftsführer einer GmbH zu versagen, weil er diese, für die er als vertretungsbefugtes Organ bestellt worden sei, im Sinn des § 1 HGB und damit auch im Sinn des § 182 KO betreibe, und zwar auch dann, wenn er formell keine Gesellschaftsanteile habe oder nur Minderheitsgesellschafter sei, abgelehnt. Dem Hinweis Kossaks, daß auf den aus § 1 Abs 6 Z 3 IESG entlehnten Begriff des maßgebenden Einflusses auf die Geschäftsführung des Unternehmens abzustellen sei, ist entgegenzuhalten, daß die zitierte Bestimmung des IESG aus der Motivation heraus geschaffen wurde, diejenigen Personen, denen durch ihre Funktion im Unternehmen des Arbeitgebers eine arbeitgeberähnliche Position zukommt, von der Gewährung von Insolvenz-Ausfallgeld auszunehmen. Demgegenüber trifft die Konkursordnung Unterscheidungen zwischen Unternehmern und Nichtunternehmern nur dann, wenn dies aufgrund der besonderen Situation geboten erscheint. Für das Konkursverfahren von Personen, die kein Unternehmen betreiben, sollen die Bezirksgerichte zuständig sein. Damit hat der Gesetzgeber zweifelsohne auf die Bestimmung des § 1 HGB Bezug genommen. Allerdings ergibt sich aus § 1 HGB kein Anhaltspunkt für die Annahme, daß Geschäftsführer einer GmbH, selbst dann, wenn sie Gesellschafter sind und über einen Mehrheitsanteil verfügen, als Unternehmer zu werten wären. Vielmehr betreiben gerade Gesellschafter einer GmbH oder Organmitglieder juristischer Personen nach LuRsp kein Handelsgewerbe und sind daher auch keine Kaufleute (Straube in Straube HGB2 § 1 Rz 29 mwH). Wenn ein Unternehmen auch mittelbar, dh im Wege einer Gesellschaftsbeteiligung "betrieben" werden kann, gilt dies jedoch nur bei Personengesellschaften. Bei Kapitalgesellschaften tritt der Umstand dazwischen, daß sie selbst Träger von Rechten und Pflichten sind und für die Verbindlichkeiten das Gesellschaftsvermögen haftet. Daraus ergibt sich, daß die GmbH ihr Unternehmen selbst und nicht durch ihre Organe betreibt. Es ist daher Mohr (Privatkonkurs 8 f) zuzustimmen, daß der Betrieb eines Unternehmens jedenfalls dann nicht gegeben ist, wenn der Schuldner bloß das vertretungsbefugte Organ einer Kapitalgesellschaft ist. Gleiches gilt zweifelsohne zumindest auch dann, wenn der Schuldner einen Anteil an der Kapitalgesellschaft hält (näheres siehe die genannte Vorentscheidung).Zusammengefaßt ist aus dieser Entscheidung hervorzuheben, daß der Oberste Gerichtshof die Meinung Kossaks (aaO), das Schuldenregulierungsverfahren sei grundsätzlich jedem Geschäftsführer einer GmbH zu versagen, weil er diese, für die er als vertretungsbefugtes Organ bestellt worden sei, im Sinn des Paragraph eins, HGB und damit auch im Sinn des Paragraph 182, KO betreibe, und zwar auch dann, wenn er formell keine Gesellschaftsanteile habe oder nur Minderheitsgesellschafter sei, abgelehnt. Dem Hinweis Kossaks, daß auf den aus Paragraph eins, Absatz 6, Ziffer 3, IESG entlehnten Begriff des maßgebenden Einflusses auf die Geschäftsführung des Unternehmens abzustellen sei, ist entgegenzuhalten, daß die zitierte Bestimmung des IESG aus der Motivation heraus geschaffen wurde, diejenigen Personen, denen durch ihre Funktion im Unternehmen des Arbeitgebers eine arbeitgeberähnliche Position zukommt, von der Gewährung von Insolvenz-Ausfallgeld auszunehmen. Demgegenüber trifft die Konkursordnung Unterscheidungen zwischen Unternehmern und Nichtunternehmern nur dann, wenn dies aufgrund der besonderen Situation geboten erscheint. Für das Konkursverfahren von Personen, die kein Unternehmen betreiben, sollen die Bezirksgerichte zuständig sein. Damit hat der Gesetzgeber zweifelsohne auf die Bestimmung des Paragraph eins, HGB Bezug genommen. Allerdings ergibt sich aus Paragraph eins, HGB kein Anhaltspunkt für die Annahme, daß Geschäftsführer einer GmbH, selbst dann, wenn sie Gesellschafter sind und über einen Mehrheitsanteil verfügen, als Unternehmer zu werten wären. Vielmehr betreiben gerade Gesellschafter einer GmbH oder Organmitglieder juristischer Personen nach LuRsp kein Handelsgewerbe und sind daher auch keine Kaufleute (Straube in Straube HGB2 Paragraph eins, Rz 29 mwH). Wenn ein Unternehmen auch mittelbar, dh im Wege einer Gesellschaftsbeteiligung "betrieben" werden kann, gilt dies jedoch nur bei Personengesellschaften. Bei Kapitalgesellschaften tritt der Umstand dazwischen, daß sie selbst Träger von Rechten und Pflichten sind und für die Verbindlichkeiten das Gesellschaftsvermögen haftet. Daraus ergibt sich, daß die GmbH ihr Unternehmen selbst und nicht durch ihre Organe betreibt. Es ist daher Mohr (Privatkonkurs 8 f) zuzustimmen, daß der Betrieb eines Unternehmens jedenfalls dann nicht gegeben ist, wenn der Schuldner bloß das vertretungsbefugte Organ einer Kapitalgesellschaft ist. Gleiches gilt zweifelsohne zumindest auch dann, wenn der Schuldner einen Anteil an der Kapitalgesellschaft hält (näheres siehe die genannte Vorentscheidung).
Der erkennende Senat hält diese Rechtsansicht vollinhaltlich aufrecht. Hinzuzufügen ist lediglich, daß für den Antragsteller auch dann das Bezirksgericht zuständig ist, wenn dieser nicht wie in dem der zitierten Vorentscheidung zugrundeliegenden Fall Geschäftsführer und Minderheitsgesellschafter (er hielt dort eine 25 %ige Beteiligung) ist, sondern auch dann, wenn er Geschäftsführer und Mehrheits- oder Alleingesellschafter der GmbH ist, weil die in der Vorentscheidung genannten Gründe auch in diesem Fall uneingeschränkt gelten. Auch der Alleingesellschafter und Geschäftsführer einer GmbH betreibt nicht selbst das Unternehmen der Kapitalgesellschaft; vielmehr ist diese auch in einem solchen Fall als selbständige Trägerin von Rechten und Pflichten zwischengeschaltet. Anhaltspunkte dafür, daß die GmbH ausnahmsweise nur als Treuhänderin des Antragstellers zwischengeschaltet worden wäre und der Antragsteller das Unternehmen in Wahrheit selbst betreibt, liegen nicht vor. Daher kommt es auch nicht darauf an, ob die GmbH noch Geschäfte betreibt, was bei einer in Liquidation befindlichen GmbH jedenfalls hinsichtlich Abwicklungsgeschäften denkbar ist, weil selbstverständlich auch die Tätigkeit als Liquidator einer GmbH nicht dazu führt, daß der Antragsteller selbst das Unternehmen betreibt.
Die Sache ist daher im Sinn der Bejahung der Zuständigkeit des Bezirksgerichts zur Durchführung des Konkurs- und Schuldenregulierungsverfahrens spruchreif. Die angefochtene Entscheidung ist daher dahingehend abzuändern, daß die Beschlüsse der Vorinstanzen aufgehoben werden und dem Erstgericht die Durchführung des gesetzlichen Verfahrens aufgetragen wird.
Anmerkung
E51822 08A02028European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:1998:0080OB00202.98H.1029.000Dokumentnummer
JJT_19981029_OGH0002_0080OB00202_98H0000_000