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L37159 Anliegerbeitrag Aufschließungsbeitrag InteressentenbeitragNorm
AVG §40 Abs1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident DDr. Jakusch und die Hofräte Dr. Kail, Dr. Pallitsch, Dr. Hinterwirth und Dr. Moritz als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Gubesch, über die Beschwerde der Theresia Todoran in Wien, vertreten durch Dr. Johann Etienne Korab, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Wollzeile 24, gegen den Bescheid der Bauoberbehörde für Wien vom 26. April 2005, Zl. BOB - 34/05, betreffend Einwendungen gegen ein Bauvorhaben (mitbeteiligte Partei: Mag. Martin Scheriau in 1010 Wien, Postgasse 11/12), zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Die Beschwerdeführerin hat der Bundeshauptstadt Wien Aufwendungen in der Höhe von EUR 381,90 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Der Mitbeteiligte ist Eigentümer des Grundstückes Nr. 1467/5, Schottenring 33, der Liegenschaft EZ 1105, Grundbuch 01004 Innere Stadt. Für dieses im gemischten Baugebiet liegende Grundstück ist Bauklasse V mit geschlossener Bauweise angeordnet; es liegt in einer Schutzzone und Wohnzone.
Die Beschwerdeführerin ist als Wohnungseigentümerin Miteigentümerin des nördlich an das Baugrundstück der mitbeteiligten Partei angrenzenden Grundstückes Nr. 1467/8, Maria-Theresienstraße 32 und 34, der Liegenschaft EZ 722, Grundbuch 01004 Innere Stadt.
Die mitbeteiligte Partei beantragte am 17. Juni 2004 die Erteilung der Baubewilligung für einen Dachgeschossausbau und eine Verlängerung der Aufzugsanlage im Haus Schottenring 33.
In der Verhandlungsschrift über die mündliche Verhandlung vom 13. September 2004 (der am 4. Oktober 2004 eine weitere Verhandlung folgte) wurden die baulichen Maßnahmen wie folgt beschrieben:
"Nach Abtragung des bestehenden Dachstuhles soll ein in zwei Ebenen ausgebautes Dachgeschoss errichtet und dort selbst fünf Wohnungen geschaffen werden. Im Kellergeschoss wird ein Lagerraum unterteilt in fünf Einlagerungsräume umgewidmet. Der im Hof bestehende freiwillige Stellplatz wird in einen Pflichtstellplatz umgewidmet."
Die Beschwerdeführerin sprach sich gegen die "Anhebung der Firsthöhe und gegen den Fluchtweg im Brandrettungsfall über fremde Wohnungen" aus.
Mit Bescheid des Magistrates der Stadt Wien, Magistratsabteilung 37 vom 24. Dezember 2004 wurde die beantragte Baubewilligung gemäß § 70 Bauordnung für Wien iVm § 68 Abs. 5 und Abs. 7 leg. cit. und in Anwendung des Wiener Garagengesetzes unter Bezugnahme auf die bekannt gegebenen Bebauungsbestimmungen bewilligt. Festgehalten wurde, dass die zwingende Vorschrift des § 36 Abs. 1 iVm § 36a Wiener Garagengesetz zur Schaffung von fünf Stellplätzen durch die Umwidmung des freiwilligen Stellplatzes im Hof in einen Pflichtstellplatz nur zum Teil entsprochen werde und die Anzahl der Pflichtstellplätze um vier Stellplätze hinter der gesetzlichen Stellplatzpflicht zurückbleibe. Die Einwendungen der Beschwerdeführerin wurden als nicht begründet abgewiesen, da der in der Bauklasse V zulässige Gebäudeumriss, welcher sich aus den Bestimmungen des § 81 Bauordnung für Wien ergebe, an keiner Stelle überschritten werde. Der Einwand gegen den Fluchtweg im Brandrettungsfall über fremde Wohnungen auf derselben Liegenschaft wurde als unzulässig zurückgewiesen.
In der dagegen erhobenen Berufung führte die Beschwerdeführerin aus, dass noch anlässlich der mündlichen Verhandlung am 4. Oktober 2004 eine vollständige Überarbeitung der Einreichpläne eingefordert worden sei. Den Parteien seien jedoch adaptierte Baupläne nicht zur Kenntnis gebracht worden. Trotz der erhobenen baurechtlich relevanten Einwendungen sei keine ergänzende Bauverhandlung durchgeführt worden. Die Behörde habe sich mit den Einwendungen hinsichtlich der erforderlichen Erhöhung der Kamine und über den Antrag auf eine vollständige Überarbeitung der Einreichpläne nicht auseinander gesetzt.
Über Aufforderung, die Behauptung bezüglich der Ungenauigkeit der Pläne zu konkretisieren, gab die Beschwerdeführerin eine Stellungnahme ab, in welcher sie ausführte, dass den Nachbarn die zur Verfolgung ihrer Recht erforderlichen Informationen vermittelt werden müssten. Anlässlich der mündlichen Verhandlung vom 13. September 2004 seien dem Planverfasser die Pläne gemäß § 13 Abs. 3 AVG zur Ergänzung und Richtigstellung hinsichtlich der vom Beschwerdeführervertreter bemängelten Ungenauigkeiten rückgemittelt und dem Bauwerber aufgetragen worden, die richtig gestellten Pläne neuerlich vorzulegen. Die offensichtlich vom Bauwerber vorgelegten geänderten bzw. adaptierten Pläne seien jedoch der Antragstellerin nicht zur Kenntnis gebracht worden. Erst auf Grund des eigenen Bemühens der Antragstellerin habe sie durch Akteneinsicht bei der Bauoberbehörde Kenntnis von den adaptierten Plänen erlangt. Obwohl es Aufgabe der Behörde sei, den wahren Sachverhalt festzustellen, sei auf zeichnerische Widersprüche auch in den adaptierten, zwischenzeitig von ihr ausgehobenen Einreichplänen hinzuweisen. Bei einer Differenz der zeichnerischen Darstellung von Abständen gegenüber den in den Plänen ausgewiesenen Koten komme es im Fall einer Bewilligung nur auf diese an. Unklarheiten der genehmigten Baupläne sowie zeichnerische Widersprüche in den Plänen fielen jedenfalls dem Bauwerber zur Last. Auch die bei der Bauoberbehörde ausgehobenen adaptierten Einreichpläne zeigten Rechen- bzw. Kotenfehler, insbesondere im Bereich der Dachdraufsicht Schnitt C-C. Für die Beschwerdeführerin sei nicht ersichtlich, ob der in der Bauklasse V zulässige Gebäudeumriss an keiner Stelle überschritten werde. Bezüglich des Stellplatzes im Hof sei darauf hinzuweisen, dass selbst bei einer vorhandenen Bewilligung für den freiwilligen Stellplatz auf Grund der geänderten Verhältnisse keine Umwidmung vorgenommen werden dürfe, weil die gesetzlichen Voraussetzungen hiefür nicht vorlägen. Eine solche zusätzliche Bewilligung könne nur entfallen, wenn für den nunmehrigen Pflichtstellplatz bereits eine behördliche Bewilligung vorläge.
Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid wurde die Berufung der Beschwerdeführerin als unbegründet abgewiesen.
Begründend führte die belangte Behörde aus, dass die Behauptung der Beschwerdeführerin, der Einreichplan enthalte im Bereich der Dachdraufsicht Schnitt C-C Rechen- bzw. Kotenfehler, in keiner Weise nachvollziehbar sei. Eine derartige unsubstanziierte Behauptung sei nicht geeignet, Mängel der planlichen Darstellungen aufzuzeigen, zumal der Plan von einem staatlich geprüften und beeideten Ziviltechniker verfasst und anschließend einer Überprüfung durch den Bausachverständigen der Magistratsabteilung 37 unterzogen worden sei. Die Beschwerdeführerin behaupte nicht, von einer entsprechend sachkundigen Person bei der Interpretation des Einreichplanes unterstützt worden zu sein. Tatsächlich sei dem Einreichplan in völlig eindeutiger Weise zu entnehmen, dass der zulässige Gebäudeumriss an keiner Stelle überschritten werde. Bei jenem Bauteil, der laut Schnitt C-C den zulässigen Gebäudeumriss überrage, handle es sich um eine Dachgaube, was insbesondere der Darstellung des Galeriegeschosses zu entnehmen sei. Die Überschreitung des Gebäudeumrisses durch eine einzelne Dachgaube sei gemäß § 81 Abs. 6 Bauordnung für Wien zulässig. Die an die Dachgaube angrenzende Dachfläche liege, wie Schnitt C-C zu entnehmen sei, innerhalb des zulässigen Dachumrisses. Hinsichtlich der Bekämpfung der Anhebung der Firsthöhe sei auszuführen, dass sich das Vorhaben innerhalb des in der Bauklasse V (zulässige Gebäudehöhe 26 m) zulässigen Gebäudeumrisses befinde. Der Einreichplan lasse bezüglich der Einhaltung der Gebäudehöhenbestimmungen keinen Zweifel offen. Durch die beantragte Ansteilung des Daches sei auch die Höherführung der Rauchfänge gesetzlich geboten gewesen, da Ausmündungen von Rauchfängen gemäß § 114 Abs. 4 Bauordnung für Wien von der Dachhaut desselben Gebäudes mindestens 1 m entfernt sein müssten. Diese Bestimmung werde, wie dem Einreichplan eindeutig zu entnehmen sei (Schnitt B-B), eingehalten. Da es sich bei Rauchfängen um keinen raumbildenden Gebäudeteil handle, dürften diese Bauteile den zulässigen Gebäudeumriss in untergeordnetem Ausmaß überschreiten. Die Einhaltung dieser Bestimmung sei ebenfalls dem Einreichplan zu entnehmen (Schnitt B-B und Schnitt C-C). Der Stellplatz sei mit Bescheid der Magistratsabteilung 36 vom 26. August 1964 genehmigt worden. Bei der so genannten "Umwidmung" des Stellplatzes in einen Pflichtstellplatz handle es sich nicht um einen baubehördlichen Bewilligungsakt, sondern es werde dieser Stellplatz bei der Prüfung, in welchem Ausmaß der mit dem Bauvorhaben verbundenen Stellplatzverpflichtung entsprochen werde, lediglich als Naturalleistung im Sinne des § 36 Abs. 1 Bauordnung für Wien anerkannt. Im Beschwerdefall sei keine baubehördliche Bewilligung eines Stellplatzes vorgenommen worden; es könnten durch diese rein rechnerische Maßnahme keine subjektivöffentlichen Nachbarrechte berührt sein. Das diesbezügliche Vorbringen der Beschwerdeführerin gehe ins Leere. Der Bescheid der Magistratsabteilung 36 vom 26. August 1964 sei der Beschwerdeführerin zur Kenntnis gebracht worden.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag, die Beschwerde kostenpflichtig abzuweisen.
Die Beschwerdeführerin replizierte.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Die Beschwerdeführerin behauptet, ihr seien die nach der mündlichen Verhandlung der Baubehörde erster Instanz vom 4. Oktober 2004 adaptierten Baupläne nicht zur Kenntnis gebracht worden.
Der Baubewilligungsbescheid des Magistrates der Stadt Wien, Magistratsabteilung 37, vom 24. Dezember 2004 bezieht sich auf den Einreichplan vom 18. Mai 2004, Plannummer 27704/E.01. Dem Vertreter der Beschwerdeführerin wurde von der belangten Behörde am 10. März 2005 Akteineinsicht gewährt und es wurden ihm über sein Verlangen Kopien der begehrten Aktenteile ausgehändigt. In ihrer schriftlichen Stellungnahme vom 23. März 2005 erstattete die Beschwerdeführerin ein Vorbringen, das von der belangten Behörde im angefochtenen Bescheid berücksichtigt worden ist.
Der Beschwerdeführerin wurde somit von der belangten Behörde die Möglichkeit geboten, im Berufungsverfahren ihren Standpunkt darzulegen. Der von der Beschwerdeführerin der Behörde erster Instanz zur Last gelegte Verfahrensfehler wurde von der belangte Behörde durch die Gewährung des Parteiengehörs im Berufungsverfahren saniert (vgl. das hg. Erkenntnis vom 25. März 2004, Zl. 2003/07/0062, u.a.).
Der Nachbar besitzt selbst dann, wenn er dem Baubewilligungsverfahren nicht beigezogen worden ist, keinen Rechtsanspruch auf (nachträgliche) Durchführung einer mündlichen Verhandlung in seiner Gegenwart (vgl. das hg. Erkenntnis vom 28. April 2006, Zl. 2005/05/0296). Die Beschwerdeführerin vermag in ihren Beschwerdeausführungen nicht darzulegen, inwiefern sie an der Geltendmachung der ihr durch § 134a Bauordnung für Wien gewährleisteten subjektiv-öffentlichen Nachbarrechte deshalb gehindert war, weil die belangte Behörde keine mündliche Berufungsverhandlung durchgeführt hat.
Insofern die Beschwerdeführerin bemängelt, dass auf Grund der erteilten Baubewilligung im Hof des "streitgegenständlichen" Hauses unzulässigerweise ein Kraftfahrzeugstellplatz angeordnet werden soll, ist darauf hinzuweisen, dass die Baubehörde keine Bewilligung gemäß § 3 Wiener Garagengesetz erteilt hat. Der Baubewilligungsbescheid enthält nur einen Ausspruch über die Umwidmung des früher bereits bewilligten Stellplatzes in einen Pflichtstellplatz und über den Umfang der Stellplatzverpflichtung gemäß § 36a Wiener Garagengesetz sowie die Feststellung der Nichterfüllung dieser Verpflichtung gemäß § 40 leg. cit.. Aus diesen Regelungen erwächst dem Nachbarn jedoch kein subjektivöffentliches Nachbarrecht (vgl. hiezu Geuder/Hauer, Wiener Bauvorschriften, 5. Auflage, E 1 zu § 36a Wiener Garagengesetz, Seite 1089).
Mit ihrem Hinweis, die belangte Behörde hätte sich mit der am 29. April 2005 bei ihr eingelangten, ergänzenden Stellungnahme der Beschwerdeführerin nicht mehr auseinander gesetzt, wird keine relevante Verletzung des Parteiengehörs aufgezeigt. Wie bereits dargelegt, wird im Baubewilligungsbescheid kein Stellplatz nach dem Wiener Garagengesetz bewilligt. Im Übrigen enthält diese Stellungnahme - wie auch das Beschwerdevorbringen - die nicht näher konkretisierte und nicht nachvollziehbare Behauptung, der Einreichplan beinhalte betreffend den Dachbodenausbau "weitere Ungenauigkeiten bzw. Unrichtigkeiten", "zumal die im Hof situierte Stiege im Einreichplan des gegenständlichen Baubewilligungsverfahrens nicht eingezeichnet ist". In welchem subjektiv-öffentlichen Nachbarrecht die Beschwerdeführerin dadurch verletzt sein soll, wird in der Beschwerde nicht ausgeführt.
Es fehlt auch an einem konkreten Vorbringen, warum die Beschwerdeführerin meint, durch die dem Baubewilligungsbescheid zugrundegelegten Planunterlagen nicht ausreichend jene Informationen erhalten zu haben, die sie zur Verfolgung ihrer Rechte vor den Verwaltungsbehörden und vor dem Verwaltungsgerichtshof benötigt hat (vgl. das hg. Erkenntnis vom 25. Februar 2005, Zl. 2003/05/0099).
In ihrer Replik zur Gegenschrift der belangten Behörde (ergänzende Stellungnahme vom 17. März 2006) rügt die Beschwerdeführerin einen Verstoß gegen das Stadtbild durch die erteilte Baubewilligung.
Den Nachbarn kommt gemäß § 134a BauO für Wien im Hinblick auf die architektonische Ausgestaltung und das örtliche Stadtbild jedoch kein Mitspracherecht zu (vgl. hiezu das hg. Erkenntnis vom 12. Oktober 2004, Zl. 2003/05/0019), weshalb schon aus diesem Grund auf dieses Vorbringen nicht näher einzugehen war.
Die aufgezeigten Rechtsverletzungen liegen somit nicht vor, weshalb die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen war.
Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 333/2003.
Wien, am 10. Oktober 2006
Schlagworte
Nachbarrecht Nachbar Anrainer Grundnachbar subjektiv-öffentliche Rechte, Vorschriften, die keine subjektiv-öffentliche Rechte begründen BauRallg5/1/9 Baurecht NachbarEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2006:2005050201.X00Im RIS seit
17.11.2006