Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Angst als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Niederreiter, Dr. Schinko, Dr. Tittel und Dr. Baumann als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Gertraud Z*****, vertreten durch Dr. Josef Olischar, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagte Partei Ingrid S*****, vertreten durch Dr. Michael Kreuz, Rechtsanwalt in Wien, wegen Herausgabe (Streitwert S 28.000,--), infolge Rekurses der klagenden Partei gegen den Beschluß des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien als Berufungsgericht vom 9. Juli 1998, GZ 34 R 151/98b-22, womit die Berufung der klagenden Partei gegen das Urteil des Bezirksgerichtes Döbling vom 10. September 1997, GZ 17 C 687/97t-13, zurückgewiesen wurde, folgenden
Beschluß
gefaßt:
Spruch
Dem Rekurs wird nicht Folge gegeben.
Die klagende Partei hat die Rekurskosten selbst zu tragen.
Text
Begründung:
Mit Beschluß vom 30. 10. 1996 wurde der Klägerin Verfahrenshilfe im Umfang des § 64 Z 1 lit a ZPO gewährt. Mit Urteil vom 10. 9. 1997 wies das Erstgericht das Klagebegehren auf Herausgabe verschiedener Schmuckstücke ab. Das Urteil wurde der Klägerin am 10. 10. 1997 zugestellt. Am 31. 10. 1997 beantragte sie mittels ZPF 1 die Erweiterung der Verfahrenshilfe durch Beigebung eines Rechtsanwalts zur Erhebung der Berufung. Das Erstgericht forderte die Klägerin hierauf mit Beschluß vom 4. 11. 1997 zur Verbesserung des Schriftsatzes durch Vorlage von Belegen binnen acht Tagen auf. Dieser Beschluß wurde der Klägerin am 7. 11. 1997 zugestellt. Die achttägige Frist verstrich ungenützt. Das Erstgericht wies daher mit Beschluß vom 10. 12. 1997 den Antrag vom 31. 10. 1997 auf Beigebung eines Rechtsanwalts zur Erhebung der Berufung ab. Dieser Beschluß wurde der Klägerin am 20. 12. 1997 zugestellt; er ist in Rechtskraft erwachsen. Mit Schreiben vom 19. 1. 1998 (Postaufgabe 20. 1. 1998) legte die Klägerin Urkunden zum Antrag auf Bewilligung der Verfahrenshilfe vor, worauf das Erstgericht mit Beschluß vom 29. 1. 1998 die Verfahrenshilfe im vollen Umfang gemäß § 64 Abs 1 Z 1 bis 3 ZPO, somit einschließlich der Beigebung eines Rechtsanwalts zur Erhebung der Berufung, bewilligte. Der Bescheid der Rechtsanwaltskammer über die Bestellung eines Rechtsanwalts zum Verfahrenshelfer wurde diesem am 27. 2. 1998 zugestellt; die von ihm erhobene Berufung wurde am 24. 3. 1998 zur Post gegeben.Mit Beschluß vom 30. 10. 1996 wurde der Klägerin Verfahrenshilfe im Umfang des Paragraph 64, Ziffer eins, Litera a, ZPO gewährt. Mit Urteil vom 10. 9. 1997 wies das Erstgericht das Klagebegehren auf Herausgabe verschiedener Schmuckstücke ab. Das Urteil wurde der Klägerin am 10. 10. 1997 zugestellt. Am 31. 10. 1997 beantragte sie mittels ZPF 1 die Erweiterung der Verfahrenshilfe durch Beigebung eines Rechtsanwalts zur Erhebung der Berufung. Das Erstgericht forderte die Klägerin hierauf mit Beschluß vom 4. 11. 1997 zur Verbesserung des Schriftsatzes durch Vorlage von Belegen binnen acht Tagen auf. Dieser Beschluß wurde der Klägerin am 7. 11. 1997 zugestellt. Die achttägige Frist verstrich ungenützt. Das Erstgericht wies daher mit Beschluß vom 10. 12. 1997 den Antrag vom 31. 10. 1997 auf Beigebung eines Rechtsanwalts zur Erhebung der Berufung ab. Dieser Beschluß wurde der Klägerin am 20. 12. 1997 zugestellt; er ist in Rechtskraft erwachsen. Mit Schreiben vom 19. 1. 1998 (Postaufgabe 20. 1. 1998) legte die Klägerin Urkunden zum Antrag auf Bewilligung der Verfahrenshilfe vor, worauf das Erstgericht mit Beschluß vom 29. 1. 1998 die Verfahrenshilfe im vollen Umfang gemäß Paragraph 64, Absatz eins, Ziffer eins bis 3 ZPO, somit einschließlich der Beigebung eines Rechtsanwalts zur Erhebung der Berufung, bewilligte. Der Bescheid der Rechtsanwaltskammer über die Bestellung eines Rechtsanwalts zum Verfahrenshelfer wurde diesem am 27. 2. 1998 zugestellt; die von ihm erhobene Berufung wurde am 24. 3. 1998 zur Post gegeben.
Das Berufungsgericht wies die Berufung zurück und führte hiezu folgendes aus:
Gemäß § 464 Abs 1 ZPO betrage die Berufungsfrist vier Wochen und könne nicht verlängert werden. Habe aber eine die Verfahrenshilfe genießende Partei innerhalb dieser Frist die Beigebung eines Rechtsanwalts beantragt, so beginne für sie in einem Fall wie dem vorliegenden, in welchem der Antrag auf Beigebung eines Rechtsanwalts abgewiesen worden sei, die Berufungsfrist mit dem Eintritt der Rechtskraft des abweisenden Beschlusses. Im vorliegenden Fall sei der abweisende Beschluß der Klägerin am 20. 12. 1997 zugestellt und wegen der Gerichtsferien am 19. 1. 1998 rechtskräftig geworden. Die vierwöchige Berufungsfrist habe daher am 16. 2. 1998 geendet. Selbst für den Fall, daß man die Eingabe vom 19. 1. 1998 als neuerlichen Antrag auf Verfahrenshilfe wertete, wäre für die Berufungswerberin daraus nichts zu gewinnen. Gemäß § 464 Abs 3 letzter Satz iVm § 73 Abs 3 ZPO bleibe nämlich der weitere Ablauf der schon einmal durch einen Verfahrenshilfeantrag unterbrochenen Berufungsfrist unberührt, wenn nach dem Eintritt der Rechtskraft des Beschlusses, mit dem die Beigebung eines Rechtsanwaltes versagt worden sei, von derselben Partei neuerlich ein Antrag gestellt werde, ihr einen Rechtsanwalt kostenlos beizugeben. Daß das Erstgericht mit Beschluß vom 29. 1. 1998 die Beigabe eines Verfahrenshelfers bewilligt habe, habe die bereits abgelaufene Berufungsfrist nicht verlängern können. Die am 24. 3. 1998 zur Post gegebene Berufung sei daher als verspätet zurückzuweisen gewesen.Gemäß Paragraph 464, Absatz eins, ZPO betrage die Berufungsfrist vier Wochen und könne nicht verlängert werden. Habe aber eine die Verfahrenshilfe genießende Partei innerhalb dieser Frist die Beigebung eines Rechtsanwalts beantragt, so beginne für sie in einem Fall wie dem vorliegenden, in welchem der Antrag auf Beigebung eines Rechtsanwalts abgewiesen worden sei, die Berufungsfrist mit dem Eintritt der Rechtskraft des abweisenden Beschlusses. Im vorliegenden Fall sei der abweisende Beschluß der Klägerin am 20. 12. 1997 zugestellt und wegen der Gerichtsferien am 19. 1. 1998 rechtskräftig geworden. Die vierwöchige Berufungsfrist habe daher am 16. 2. 1998 geendet. Selbst für den Fall, daß man die Eingabe vom 19. 1. 1998 als neuerlichen Antrag auf Verfahrenshilfe wertete, wäre für die Berufungswerberin daraus nichts zu gewinnen. Gemäß Paragraph 464, Absatz 3, letzter Satz in Verbindung mit Paragraph 73, Absatz 3, ZPO bleibe nämlich der weitere Ablauf der schon einmal durch einen Verfahrenshilfeantrag unterbrochenen Berufungsfrist unberührt, wenn nach dem Eintritt der Rechtskraft des Beschlusses, mit dem die Beigebung eines Rechtsanwaltes versagt worden sei, von derselben Partei neuerlich ein Antrag gestellt werde, ihr einen Rechtsanwalt kostenlos beizugeben. Daß das Erstgericht mit Beschluß vom 29. 1. 1998 die Beigabe eines Verfahrenshelfers bewilligt habe, habe die bereits abgelaufene Berufungsfrist nicht verlängern können. Die am 24. 3. 1998 zur Post gegebene Berufung sei daher als verspätet zurückzuweisen gewesen.
Gegen diesen Beschluß des Berufungsgerichts richtet sich der Rekurs der Klägerin wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung mit dem Antrag, die angefochtene Entscheidung aufzuheben und dem Berufungsgericht die Entscheidung in der Sache aufzutragen.
Der Rekurs ist (jedenfalls) zulässig (§ 519 Abs 1 Z 1 ZPO), er ist aber nicht berechtigt.Der Rekurs ist (jedenfalls) zulässig (Paragraph 519, Absatz eins, Ziffer eins, ZPO), er ist aber nicht berechtigt.
Die Rechtsmittelwerberin macht im wesentlichen geltend, § 73 Abs 3 ZPO sei gemäß Art XXXII Z 9 WGN 1997 nicht anwendbar, weil der (einzige) Antrag auf Bewilligung der Verfahrenshilfe am 31. 10. 1997 (und somit nicht nach dem 31. 12. 1997) gestellt worden sei; ein weiterer Antrag liege nicht vor; mit Schreiben vom 19. 1. 1998 habe die Klägerin lediglich Urkunden zum bereits gestellten Verfahrenshilfeantrag vorgelegt. Die Rechtsansicht des Berufungsgerichts würde bedeuten, daß die Berufungsfrist im Zeitpunkt der Zustellung des Bescheides an den Verfahrenshelfer schon abgelaufen gewesen wäre. Diese Auslegung verstoße gegen § 6 MRK. Es werde daher angeregt, § 73 Abs 3 ZPO beim Verfassungsgerichtshof anzufechten.Die Rechtsmittelwerberin macht im wesentlichen geltend, Paragraph 73, Absatz 3, ZPO sei gemäß Art römisch XXXII Ziffer 9, WGN 1997 nicht anwendbar, weil der (einzige) Antrag auf Bewilligung der Verfahrenshilfe am 31. 10. 1997 (und somit nicht nach dem 31. 12. 1997) gestellt worden sei; ein weiterer Antrag liege nicht vor; mit Schreiben vom 19. 1. 1998 habe die Klägerin lediglich Urkunden zum bereits gestellten Verfahrenshilfeantrag vorgelegt. Die Rechtsansicht des Berufungsgerichts würde bedeuten, daß die Berufungsfrist im Zeitpunkt der Zustellung des Bescheides an den Verfahrenshelfer schon abgelaufen gewesen wäre. Diese Auslegung verstoße gegen Paragraph 6, MRK. Es werde daher angeregt, Paragraph 73, Absatz 3, ZPO beim Verfassungsgerichtshof anzufechten.
Rechtliche Beurteilung
Hiezu wurde erwogen:
Folgt man der Rechtsmittelwerberin dahin, daß sie nur am 31. 10. 1997 einen Verfahrenshilfeantrag gestellt hat, während es sich bei der Urkundenvorlage vom 19. 1. 1998 (Postaufgabe 20. 1. 1998) um keinen weiteren Antrag handle, so ist von vornherein nicht nachvollziehbar, warum nach rechtskräftiger Abweisung eines Verfahrenshilfeantrages sich ohne Stellung eines weiteren Antrags am neuerlichen Lauf der Berufungsfrist (§ 464 Abs 3 ZPO) etwas ändern sollte.Folgt man der Rechtsmittelwerberin dahin, daß sie nur am 31. 10. 1997 einen Verfahrenshilfeantrag gestellt hat, während es sich bei der Urkundenvorlage vom 19. 1. 1998 (Postaufgabe 20. 1. 1998) um keinen weiteren Antrag handle, so ist von vornherein nicht nachvollziehbar, warum nach rechtskräftiger Abweisung eines Verfahrenshilfeantrages sich ohne Stellung eines weiteren Antrags am neuerlichen Lauf der Berufungsfrist (Paragraph 464, Absatz 3, ZPO) etwas ändern sollte.
Verstünde man hingegen diese am 20. 1. 1998 zur Post gegebene Eingabe als neuerlichen Verfahrenshilfeantrag, so könnte dieser im Hinblick auf die durch die WGN 1997 angefügte Bestimmung des § 73 Abs 3 ZPO, die gemäß § 464 Abs 3 letzter Satz ZPO anzuwenden wäre, keine Verlängerung der Berufungsfrist bewirken. Diese Bestimmung fände Anwendung, weil der (als solcher verstandene) Antrag nach dem 31. 12. 1997 gestellt wurde (Art XXXII Z 9 WGN 1997). Mit ihr wurde ohnehin bloß die bereits vorhandene Rechtsprechung (RZ 1987/9) zur Klarstellung der Rechtslage festgeschrieben (vgl die Erläuterungen zur RV 898 BlgNR 20. GP 40). Nach dieser Rechtsprechung bezieht sich § 464 Abs 3 ZPO nur auf den Fall, daß eine Partei während der ihr offenstehenden ursprünglichen Rechtsmittelfrist die im § 64 Abs 1 Z 3 ZPO normierte Begünstigung in Anspruch nimmt. Daß einem zweiten Verfahrenshilfeantrag - versehentlich (vgl AS 91 unten) - stattgegeben wird, kann nicht dazu führen, daß die - hier nach einmaliger Unterbrechung bereits wieder neu laufende - Berufungsfrist erst mit der Zustellung des Bescheides an den aufgrund des zweiten Antrages bestellten Rechtsanwalts zu laufen beginnen würde (vgl auch hiezu RZ 1987/9).Verstünde man hingegen diese am 20. 1. 1998 zur Post gegebene Eingabe als neuerlichen Verfahrenshilfeantrag, so könnte dieser im Hinblick auf die durch die WGN 1997 angefügte Bestimmung des Paragraph 73, Absatz 3, ZPO, die gemäß Paragraph 464, Absatz 3, letzter Satz ZPO anzuwenden wäre, keine Verlängerung der Berufungsfrist bewirken. Diese Bestimmung fände Anwendung, weil der (als solcher verstandene) Antrag nach dem 31. 12. 1997 gestellt wurde (Art römisch XXXII Ziffer 9, WGN 1997). Mit ihr wurde ohnehin bloß die bereits vorhandene Rechtsprechung (RZ 1987/9) zur Klarstellung der Rechtslage festgeschrieben vergleiche die Erläuterungen zur RV 898 BlgNR 20. GP 40). Nach dieser Rechtsprechung bezieht sich Paragraph 464, Absatz 3, ZPO nur auf den Fall, daß eine Partei während der ihr offenstehenden ursprünglichen Rechtsmittelfrist die im Paragraph 64, Absatz eins, Ziffer 3, ZPO normierte Begünstigung in Anspruch nimmt. Daß einem zweiten Verfahrenshilfeantrag - versehentlich vergleiche AS 91 unten) - stattgegeben wird, kann nicht dazu führen, daß die - hier nach einmaliger Unterbrechung bereits wieder neu laufende - Berufungsfrist erst mit der Zustellung des Bescheides an den aufgrund des zweiten Antrages bestellten Rechtsanwalts zu laufen beginnen würde vergleiche auch hiezu RZ 1987/9).
Die verfassungsrechtlichen Bedenken der Rechtsmittelwerberin gegen § 73 Abs 3 ZPO teilt der erkennende Senat nicht. Er hält es für nicht grundrechtswidrig, Versuche von Parteien, Verfahrensverzögerungen dadurch herbeizuführen, daß sie nach der rechtskräftigen Abweisung ihres Verfahrenshilfeantrages einen solchen gleich neuerlich stellen, wodurch die Rechtsmittelfrist wiederum unterbrochen werden soll (vgl die zitierten Gesetzesmaterialien), zu unterbinden.Die verfassungsrechtlichen Bedenken der Rechtsmittelwerberin gegen Paragraph 73, Absatz 3, ZPO teilt der erkennende Senat nicht. Er hält es für nicht grundrechtswidrig, Versuche von Parteien, Verfahrensverzögerungen dadurch herbeizuführen, daß sie nach der rechtskräftigen Abweisung ihres Verfahrenshilfeantrages einen solchen gleich neuerlich stellen, wodurch die Rechtsmittelfrist wiederum unterbrochen werden soll vergleiche die zitierten Gesetzesmaterialien), zu unterbinden.
Dem Rekurs war somit ein Erfolg zu versagen.
Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 40, 50 ZPO.Die Kostenentscheidung beruht auf den Paragraphen 40,, 50 ZPO.
Anmerkung
E52060 02A02958European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:1998:0020OB00295.98S.1112.000Dokumentnummer
JJT_19981112_OGH0002_0020OB00295_98S0000_000