TE OGH 1998/11/24 1Ob291/98w

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Veröffentlicht am 24.11.1998
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Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Schlosser als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Schiemer, Dr. Gerstenecker, Dr. Rohrer und Dr. Zechner als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Dr. Alexander B*****, wider die beklagte Partei Christian M*****, wegen 1.892 S sA (hier: Verhängung einer Ordnungsstrafe) infolge Rekurses der klagenden Partei gegen Punkt 2.) des Beschlusses des Landesgerichts Wels als Rekursgericht vom 17. Dezember 1997, GZ 22 R 451/97y-64, womit über den Kläger eine Ordnungsstrafe von 5.000 S verhängt wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

Spruch

Dem Rekurs wird nicht Folge gegeben.

Text

Begründung:

Verwiesen wird auf die Vorentscheidung 1 Ob 235/97h-49, womit der erkennende Senat die Verhängung einer Ordnungsstrafe über eine Zeugin (die Lebensgefährtin des Klägers) durch das Rekursgericht wegen beleidigender Äußerungen des Erstrichters bestätigte.

Im Rechtsstreit wegen Zahlung von 1.892 S sA beantragte der Kläger mit Eingabe vom 13. November 1997 die Bewilligung der Verfahrenshilfe einschließlich der Beigebung eines Rechtsanwalts. Diese sei jedenfalls deshalb geboten, weil das Verhalten des Erstrichters einen objektiven Prozeßverlauf keinesfalls erwarten lasse und dessen bisherige Verfehlungen dermaßen gravierend seien, daß eine Einvernahme ohne anwaltlichen Beistand mit größten Nachteilen für den Kläger enden würde und daher denkunmöglich sei. Er habe leider aus dem bisherigen Prozeßverlauf erkennen müssen, daß „sachliche, korrekte wenn auch schwerwiegende Vorwürfe gegen B***** (Zuname des Erstrichters) mit ungerechtfertigter Ordnungsstrafe belegt werden“, und werde es dem beizugebenden Anwalt sodann obliegen, „die Verfehlungen von B***** so zu formulieren und zu verfolgen, daß er als Partei nicht mehr angegriffen werden kann.“ Der Kläger habe aus diesem Verfahren bereits lernen müssen, daß man „das Abgleiten des Richters ins Lügen nicht so nennen darf.“

Das Erstgericht wies den Verfahrenshilfeantrag des Klägers ab.

Das Rekursgericht gab dem Rekurs des Klägers nicht Folge (Punkt 1.) und verhängte über ihn eine Ordnungsstrafe von 5.000 S (Punkt 2.) wegen folgender im Rekurs enthaltener Äußerungen: „Es ist menschlich durchaus verständlich, daß B***** mit allen Mitteln versucht, seine Fehlleistungen und Verfehlungen in diesem Verfahren möglichst zu vertuschen. Die angefochtene Entscheidung belegt dieses eines Richters unwürdige Verhalten neuerlich eindrucksvoll. Ob B***** unwillig, unfähig oder durch die Verfahrensumstände schlicht überfordert ist, kann hier dahingestellt bleiben, wird aber jedenfalls aufgeklärt werden.“ Zu Punkt 2.) seiner Entscheidung vertrat die zweite Instanz im wesentlichen folgende Auffassung: Die vom Kläger im Rekurs geäußerte Kritik am Verhalten des Erstrichters, insbesondere im Zusammenhang mit der Begründung der Abweisung seines Verfahrenshilfeantrags, sei als in jeder Hinsicht sachlich unbegründet und stelle überdies wegen ihrer beleidigenden bzw ausfälligen Form eine Verletzung der dem Gericht schuldigen Achtung dar, indem der Kläger dem Erstrichter ohne jede sachliche Begründung Unwilligkeit bzw Unfähigkeit sowie die „Vertuschung“ von Fehlleistungen und Verfehlungen unterstelle. Zur Wahrung einer sachlichen und unpersönlichen Ausdrucksweise und einer notwendigen „Entschärfung“ des Verfahrens erscheine die Verhängung einer Ordnungsstrafe gemäß § 86 ZPO über den Kläger als notwendig. Angesichts der im § 220 Abs 1 ZPO normierten Obergrenze für Ordnungsstrafen von 20.000 S sei auch im Hinblick darauf, daß es sich dabei nicht um die ersten derartigen Ausfälle des Klägers im Verfahren handle, er vielmehr auch schon, ohne daß dies geahndet worden wäre, in seiner Eingabe vom 13. November 1997 wiederholt von „Verfehlungen von B*****“ gesprochen und diesen des „Abgleitens ins Lügen“ bezichtigt habe, auf Grund der groben und nicht zu rechtfertigenden Beleidigung des Erstrichters, welche das erträgliche Ausmaß bei weitem überschreite, die Verhängung einer doch empfindlichen Ordnungsstrafe von 5.000 S als tat- und schuldangemessen.Das Rekursgericht gab dem Rekurs des Klägers nicht Folge (Punkt 1.) und verhängte über ihn eine Ordnungsstrafe von 5.000 S (Punkt 2.) wegen folgender im Rekurs enthaltener Äußerungen: „Es ist menschlich durchaus verständlich, daß B***** mit allen Mitteln versucht, seine Fehlleistungen und Verfehlungen in diesem Verfahren möglichst zu vertuschen. Die angefochtene Entscheidung belegt dieses eines Richters unwürdige Verhalten neuerlich eindrucksvoll. Ob B***** unwillig, unfähig oder durch die Verfahrensumstände schlicht überfordert ist, kann hier dahingestellt bleiben, wird aber jedenfalls aufgeklärt werden.“ Zu Punkt 2.) seiner Entscheidung vertrat die zweite Instanz im wesentlichen folgende Auffassung: Die vom Kläger im Rekurs geäußerte Kritik am Verhalten des Erstrichters, insbesondere im Zusammenhang mit der Begründung der Abweisung seines Verfahrenshilfeantrags, sei als in jeder Hinsicht sachlich unbegründet und stelle überdies wegen ihrer beleidigenden bzw ausfälligen Form eine Verletzung der dem Gericht schuldigen Achtung dar, indem der Kläger dem Erstrichter ohne jede sachliche Begründung Unwilligkeit bzw Unfähigkeit sowie die „Vertuschung“ von Fehlleistungen und Verfehlungen unterstelle. Zur Wahrung einer sachlichen und unpersönlichen Ausdrucksweise und einer notwendigen „Entschärfung“ des Verfahrens erscheine die Verhängung einer Ordnungsstrafe gemäß Paragraph 86, ZPO über den Kläger als notwendig. Angesichts der im Paragraph 220, Absatz eins, ZPO normierten Obergrenze für Ordnungsstrafen von 20.000 S sei auch im Hinblick darauf, daß es sich dabei nicht um die ersten derartigen Ausfälle des Klägers im Verfahren handle, er vielmehr auch schon, ohne daß dies geahndet worden wäre, in seiner Eingabe vom 13. November 1997 wiederholt von „Verfehlungen von B*****“ gesprochen und diesen des „Abgleitens ins Lügen“ bezichtigt habe, auf Grund der groben und nicht zu rechtfertigenden Beleidigung des Erstrichters, welche das erträgliche Ausmaß bei weitem überschreite, die Verhängung einer doch empfindlichen Ordnungsstrafe von 5.000 S als tat- und schuldangemessen.

Rechtliche Beurteilung

Der rechtzeitig zu gerichtlichem Protokoll gegebene Rekurs des Klägers gegen Punkt 2.) des Beschlusses der zweiten Instanz ist, wie bereits in der Vorentscheidung dargestellt wurde, unabhängig vom Wert des Entscheidungsgegenstands der Rechtssache, in der der Beschluß erging, oder von der Höhe der Ordnungsstrafe oder vom Vorliegen einer erheblichen Rechtsfrage iSd § 528 Abs 1 ZPO zulässig. Er ist aber sachlich nicht berechtigt.Der rechtzeitig zu gerichtlichem Protokoll gegebene Rekurs des Klägers gegen Punkt 2.) des Beschlusses der zweiten Instanz ist, wie bereits in der Vorentscheidung dargestellt wurde, unabhängig vom Wert des Entscheidungsgegenstands der Rechtssache, in der der Beschluß erging, oder von der Höhe der Ordnungsstrafe oder vom Vorliegen einer erheblichen Rechtsfrage iSd Paragraph 528, Absatz eins, ZPO zulässig. Er ist aber sachlich nicht berechtigt.

Zum Regelungszweck des § 220 ZPO wurde bereits in der Vorentscheidung unter Hinweis auf die ständige Rechtsprechung ausführlich Stellung genommen. Darauf kann verwiesen werden. Die Argumente des Klägers sind ungeeignet, eine Bestrafung abzuwenden, ist doch eine Verletzung der dem Gericht schuldigen Achtung nicht nur dann mit einer Ordnungsstrafe zu belegen, wenn sie in der Absicht begangen wurde, das Gericht zu verunglimpfen, sondern bereits dann, wenn sie einem Mangel an Überlegung entsprang und nach objektiven Gesichtspunkten als solche zu beurteilen ist. Von diesen Grundsätzen ließ sich die zweite Instanz im vorliegenden Fall leiten. Unabhängig von der Richtigkeit der vom Kläger in seinem Rekurs gegen den Verhandlungsrichter erhobenen Vorwürfe wurde damit jedenfalls das Maß sachlich berechtigter Kritik eindeutig überschritten. Die Verhängung einer Ordnungsstrafe, gegen deren Höhe der Rechtsmittelwerber nichts vorträgt, kann daher nicht als fehlerhaft beurteilt werden.Zum Regelungszweck des Paragraph 220, ZPO wurde bereits in der Vorentscheidung unter Hinweis auf die ständige Rechtsprechung ausführlich Stellung genommen. Darauf kann verwiesen werden. Die Argumente des Klägers sind ungeeignet, eine Bestrafung abzuwenden, ist doch eine Verletzung der dem Gericht schuldigen Achtung nicht nur dann mit einer Ordnungsstrafe zu belegen, wenn sie in der Absicht begangen wurde, das Gericht zu verunglimpfen, sondern bereits dann, wenn sie einem Mangel an Überlegung entsprang und nach objektiven Gesichtspunkten als solche zu beurteilen ist. Von diesen Grundsätzen ließ sich die zweite Instanz im vorliegenden Fall leiten. Unabhängig von der Richtigkeit der vom Kläger in seinem Rekurs gegen den Verhandlungsrichter erhobenen Vorwürfe wurde damit jedenfalls das Maß sachlich berechtigter Kritik eindeutig überschritten. Die Verhängung einer Ordnungsstrafe, gegen deren Höhe der Rechtsmittelwerber nichts vorträgt, kann daher nicht als fehlerhaft beurteilt werden.

Dem Rekurs ist nicht Folge zu zu geben.

Textnummer

E52147

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1998:0010OB00291.98W.1124.000

Im RIS seit

24.12.1998

Zuletzt aktualisiert am

16.07.2012
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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