TE Vwgh Erkenntnis 2006/10/11 2006/12/0090

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Veröffentlicht am 11.10.2006
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Index

10/07 Verwaltungsgerichtshof;
40/01 Verwaltungsverfahren;

Norm

AVG §58 Abs2;
AVG §59 Abs1;
VwGG §42 Abs2 Z1;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Höß und die Hofräte Dr. Zens, Dr. Thoma, Dr. Pfiel und Mag. Nussbaumer-Hinterauer als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Lamprecht, über die Beschwerde der N in L, vertreten durch Mag. Erwin H. Falkner, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Himmelpfortgasse 20, gegen den Bescheid der Oberösterreichischen Landesregierung vom 18. April 2006, Zl. GBM-105047/95-2006-Mg/Bs, die belangte Behörde vertreten durch Sattlegger, Dorninger, Steiner & Partner, Anwaltssocietät in 4020 Linz, Harrachstraße 6, betreffend Zurückweisung eines auf die bescheidförmige Bemessung der Vergütung für eine überlassene Naturalwohnung gerichteten Antrages, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Das Land Oberösterreich hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.171,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Die Beschwerdeführerin ist Witwe des 1984 verstorbenen oberösterreichischen Landesbeamten Dr. N.

Mit Eingabe vom 23. November 2004 stellte die Beschwerdeführerin u.a. einen Antrag

"... auf Erlassung eines Bescheides, mit dem die Benützungsvergütung bzw. das Entgelt für die Wohnung der Antragstellerin ... in 4020 Linz, ..., ab 1. Oktober 2004 geregelt wird."

In diesem Antrag behauptete die Beschwerdeführerin, bei der in Rede stehenden Wohnung handle es sich um eine Naturalwohnung. Die ihr für deren Benützung seitens eines als Verwalter der Liegenschaft auftretenden Unternehmens zur Vorschreibung gebrachte "Nettomiete" habe bis Ende September 2004 EUR 297,45, seit 1. Oktober 2004 jedoch EUR 497,-- betragen. Die Beschwerdeführerin vertrat die Auffassung, die Neubemessung einer bereits festgelegten Grundvergütung für eine Naturalwohnung sei grundsätzlich nur im Falle des Eintrittes einer wesentlichen Sachverhaltsänderung und nach Erlassung eines Bescheides zulässig. Die Beschwerdeführerin könne ihre Rechtsposition und den Inhalt der Vorschreibungen nur nach Erlassung eines Bescheides prüfen und erst nach dessen Vorliegen eine allenfalls rechtswidrige Vorgangsweise bekämpfen. Sie habe daher das Interesse an der Erlassung eines Bescheides.

Da in der Folge ein Bescheid der belangten Behörde nicht ergangen war, machte die Beschwerdeführerin mit ihrer mit 20. Dezember 2005 datierten, am 30. Dezember 2005 beim Verwaltungsgerichtshof eingelangten Säumnisbeschwerde die Verletzung der Entscheidungspflicht in Ansehung ihres vorzitierten Antrages vom 23. November 2004 geltend.

Der im Säumnisbeschwerdeverfahren an den Verwaltungsgerichtshof gestellte Hauptantrag lautete, dieser möge in der Sache selbst durch Erkenntnis entscheiden und "einen Bescheid erlassen", mit dem die Benützungsvergütung bzw. das Entgelt für die in Rede stehende Wohnung ab dem 1. Oktober 2004 geregelt werde.

Mit Verfügung des Verwaltungsgerichtshofes vom 5. Jänner 2006 wurde der belangten Behörde gemäß § 36 Abs. 2 VwGG aufgetragen, den versäumten Bescheid binnen drei Monaten zu erlassen und eine Abschrift desselben vorzulegen oder anzugeben, warum eine Verletzung der Entscheidungspflicht nicht vorliege.

Sodann erließ die belangte Behörde den nunmehr angefochtenen Bescheid vom 18. April 2006 und legte eine Abschrift desselben dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung vor. Im Vorspruch dieses Bescheides wird zunächst auf die Aufforderung des Verwaltungsgerichtshofes vom 5. Jänner 2006 Bezug genommen. Der Bescheidspruch lautet wie folgt:

"Dem Antrag der Beschwerdeführerin vom 20.12.2005, vertreten durch ..., auf Erlassung eines Bescheides betreffend die Naturalwohnung ..., 4020 Linz, wird nicht Folge gegeben."

In der Begründung heißt es:

"Das Land Oberösterreich stellt für seine Mitarbeiter Naturalwohnungen zur Verfügung, die auf Antrag eines Wohnungswerbers durch die Wohnungskommission zugewiesen werden, und zwar auf die Dauer des Beschäftigungsverhältnisses zum Land Oberösterreich. Die Mitarbeiter können sich um eine freie Naturalwohnung bewerben, unabhängig davon, ob sie Beamte, Vertragsbedienstete oder Privatangestellte des Landes Oberösterreich sind.

Vertragsbedienstete und Privatangestellte erhalten ein formloses Zuweisungsschreiben, in dem die Rechte und Pflichten (z.B. keine Begründung eines Bestandsverhältnisses, Entziehungsgründe, Benützungsvergütung nach der Oö. Dienst- und Naturalwohnungsverordnung in der jeweils geltenden Fassung, etc.) der Wohnungsnutzung angeführt sind. Beamte erhalten ein Schreiben mit identem Inhalt, jedoch in Bescheidform (§ 88 Oö. Landes-Beamtengesetz 1993).

Bei Hinterbliebenen von Beamten liegt es im Ermessen des Landes Oberösterreich, ob die Witwe in der Naturalwohnung mit den selben Rechten und Pflichten (inkl. Entgeltzahlungen) verbleiben darf. Einen Rechtsanspruch darauf hat sie nicht. Bei einem Verbleib spricht das Oö. Landes-Beamtengesetz von einer Gestattung (§ 88 (7) Oö. Landes-Beamtengesetz 1993).

Als im Herbst 1984 Herr Dr. N verstarb, wurde seiner Witwe, der Beschwerdeführerin, gestattet, die Wohnung im Hause ..., 4020 Linz, im Ausmaß von ca. 142 m2, weiter zu nutzen, wobei sich die Rechte und Pflichten (inkl. Entgeltmodalitäten) für die Gestattung des Weiterverbleibs in der Wohnung aus der Zuweisung an Herrn Dr. N ergaben bzw. für die Dauer des Verbleibs noch immer ergeben. Das heißt u.a., dass durch den Weiterverbleib der Beschwerdeführerin in der Naturalwohnung kein Bestandsrecht begründet wurde und die Vorschreibung des Benützungsentgelts nach der Oö. Dienst- und Naturalwohnungsverordnung in der jeweils geltenden Fassung erfolgt.

Da eine gesetzliche Voraussetzung für die Erlassung eines Zuweisungsbescheides jene ist, dass die betroffene Person Beamter des Landes Oberösterreich ist und das auf die Beschwerdeführerin nicht zutrifft, war spruchgemäß zu entscheiden."

Mit Beschluss des Verwaltungsgerichtshofes vom 26. April 2006, Zl. 2005/12/0276, wurde sodann das Verfahren über die von der Beschwerdeführerin erhobene Säumnisbeschwerde eingestellt. In der Begründung dieses Beschlusses ging der Verwaltungsgerichtshof davon aus, dass mit dem angefochtenen Bescheid ungeachtet des falsch zitierten Antragsdatums (der 20. Dezember 2005 sei das Datum der inhaltlichen Wiederholung des Antrages vom 23. November 2004 in der Säumnisbeschwerde) der der Säumnisbeschwerde zu Grunde liegende Antrag vom 23. November 2004 erledigt worden sei. Das Verfahren über die Säumnisbeschwerde sei daher gemäß § 36 Abs. 2 VwGG einzustellen gewesen.

Gegen den Bescheid vom 18. April 2006 richtet sich die vorliegende Beschwerde vor dem Verwaltungsgerichtshof. Die Beschwerdeführerin erachtet sich in ihrem Recht auf Sachentscheidung über ihren Antrag vom 23. November 2004, insbesondere in ihrem Recht auf bescheidförmige Bemessung der Benützungsvergütung ab dem 1. Oktober 2004 verletzt. Sie macht Rechtswidrigkeit des Inhaltes, hilfsweise Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften mit dem Antrag geltend, den angefochtenen Bescheid aus diesen Gründen aufzuheben.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift, in welcher sie die Abweisung der Beschwerde als unbegründet beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Zutreffend rügt die Beschwerdeführerin, dass der angefochtene Bescheid schon deshalb rechtswidrig ist, weil die belangte Behörde den Inhalt des Antrages, über den sie abgesprochen hat, verkannte:

Wie der Verwaltungsgerichtshof schon in seinem Beschluss vom 26. April 2006 ausführte, erfolgte die Bezugnahme auf einen Antrag der Beschwerdeführerin "vom 20.12.2005" im angefochtenen Bescheid offenbar irrtümlich. Der 20. Dezember 2005 ist das Datum der Säumnisbeschwerde, in welcher die Beschwerdeführerin den materiellen Inhalt ihres (dieser Beschwerde zu Grunde liegenden) Antrages vom 23. November 2004 nunmehr - als den begehrten Inhalt des verwaltungsgerichtlichen Erkenntnisses umschreibend - wiederholte.

Damit ergibt sich aber aus dem Spruch des angefochtenen Bescheides unzweifelhaft, dass damit der von der Beschwerdeführerin gestellte Antrag vom 23. November 2004 erledigt werden soll (dies folgt gleichfalls aus der im Vorspruch erfolgten Bezugnahme der belangten Behörde auf die Aufforderung des Verwaltungsgerichtshofes vom 5. Jänner 2006 zur Nachholung des versäumten Bescheides). Es ist daher davon auszugehen, dass die belangte Behörde durch den angefochtenen Bescheid den eben zitierten Antrag dahingehend erledigt hat, dass sie eine Sachentscheidung im Sinne einer bescheidförmigen Bemessung der Naturalwohnungsvergütung verweigerte.

Demgegenüber wird in der Begründung des angefochtenen Bescheides ausschließlich dargelegt, weshalb eine bescheidförmige Zuweisung der in Rede stehenden Wohnung als Naturalwohnung an die Beschwerdeführerin nach Auffassung der belangten Behörde zu unterbleiben hatte.

Damit hat die belangte Behörde aber - wie auch in der Gegenschrift angedeutet wird - den Inhalt des Antrages, über welchen sie spruchgemäß im Sinne einer Zurückweisung abgesprochen hat, verkannt. Diesfalls ist aber die auf eine gar nicht Gegenstand der Entscheidung gewesene Angelegenheit bezogene Begründung nicht geeignet, dessen Spruch zu tragen. Dies führt, gleich wie bei Widersprüchen zwischen Spruch und Begründung eines Bescheides (vgl. die bei Walter/Thienel, Die österreichischen Verwaltungsverfahrensgesetze I2, E 28 zu § 59 AVG, wiedergegebene Rechtsprechung) zu dessen Aufhebung wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit.

Wenn die belangte Behörde nunmehr in der Gegenschrift - ausgehend von im angefochtenen Bescheid nicht festgestellten Sachverhaltsannahmen zu den näheren Umständen der Überlassung der in Rede stehenden Wohnung an Dr. N bzw. an die Beschwerdeführerin -

darzulegen versucht, weshalb auch eine bescheidförmige Bemessung einer Naturalwohnungsvergütung für die in Rede stehende Wohnung vorliegendenfalls unzulässig sei, so ist sie darauf zu verweisen, dass Ausführungen in der Gegenschrift eine Bescheidbegründung nicht zu ersetzen vermögen (vgl. die bei Walter/Thienel, aaO., E 140 ff zu § 60 AVG, wiedergegebene Judikatur).

Die belangte Behörde wird daher im nächsten Rechtsgang auf Basis der gebotenen Sachverhaltsfeststellungen zu den Umständen der Begründung des Nutzungsverhältnisses gegenüber Dr. N bzw. der Beschwerdeführerin die Frage zu prüfen haben, ob die begehrte bescheidförmige Bemessung der Vergütung zulässig ist. Verneinendenfalls wird sie den darauf gerichteten Antrag der Beschwerdeführerin zurückzuweisen, bejahendenfalls wird sie eine Bemessung vorzunehmen haben.

Aus den dargelegten Erwägungen war der angefochtene Bescheid gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.

Für das fortgesetzte Verfahren wird allerdings im Hinblick auf die in der Gegenschrift enthaltene Behauptung, die Beschwerdeführerin, welche keine oberösterreichische Beamtin sei, sei im Verständnis der Stammfassung des § 23 Abs. 4 zweiter Satz des als oberösterreichisches Landesrecht in Geltung gestandenen Gehaltsüberleitungsgesetzes, BGBl. Nr. 22/1947, ohne Erlassung eines Bescheides im Genuss einer ihrem verstorbenen Ehegatten zur Verfügung gestellten Naturalwohnung belassen worden, auf das hg. Erkenntnis vom 19. Oktober 1966, VwSlg. Nr. 7018/A verwiesen, wonach durch einen solchen Vorgang kein dem öffentlichen Recht zugehöriger Rechtstitel auf Benützung einer solchen Wohnung erlangt wird.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2003, BGBl. II Nr. 333.

Wien, am 11. Oktober 2006

Schlagworte

Spruch und Begründung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2006:2006120090.X00

Im RIS seit

20.11.2006
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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