Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Petrag als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Langer und Dr. Adamovic sowie die fachkundigen Laienrichter Dipl. Ing. Walter Holzer und Sekr. Josef Redl als weitere Richter in der Arbeitsrechtssache der klagenden Partei Pepo V*****, Kellner, ***** vertreten durch Dr. Walter Silbermayr, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagte Partei I*****, vertreten durch Dr. Haimo Sunder-Plassmann, Rechtsanwalt in Wien, wegen S 660.782,54 brutto abzüglich S 102.400,-- netto (Revisionsinteresse S 319.140,07 sA), infolge Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 19. August 1998, GZ 7 Ra 207/98g- 41, womit infolge Berufung der beklagten Partei das Urteil des Arbeits- und Sozialgerichtes Wien vom 2. Oktober 1997, GZ 13 Cga 277/95i-27, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:
Spruch
Der Revision wird nicht Folge gegeben.
Die beklagte Partei ist schuldig, dem Kläger die mit S 14.490,-- bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (darin S 2.415,-- USt) binnen 14 Tagen zu ersetzen.
Text
Entscheidungsgründe:
Der bei der beklagten Partei als Kellner vom 23. 12. 1993 bis 17. 6. 1995 beschäftige Kläger machte restliches Entgelt, insbesondere für zahlreiche Überstunden, Sonderzahlungen und Urlaubsentschädigung (auch Kündigungsentschädigung) geltend. Die in erster Instanz in keiner Lage des Verfahrens qualifiziert vertreten gewesene beklagte Partei bestritt das Klagsvorbringen und beantragte die Abweisung des Klagebegehrens.
In der Verhandlung vom 12. 4. 1996 (ON 11) gab der Geschäftsführer der beklagten Partei - nach Vortrag der Klage durch den qualifiziert vertretenen Kläger - über Erörterung durch den Vorsitzenden zunächst zum Antrag auf Wiedereinsetzung gegen die Versäumung der Tagsatzung vom 2. Februar 1996 an, daß er seinen Rechtsbehelf dahin verbessere, daß er es auch als Widerspruch gegen das Versäumungsurteil bezeichne. Nach Aufhebung des Versäumungsurteiles wurde "mit dem Geschäftsführer ein Bestreitungsvorbringen" erörtert. Danach bestritt die beklagte Partei das Klagebegehren der Höhe nach, teilweise auch dem Grunde nach, insbesondere die Arbeitszeit (die vom Kläger behaupteten zahlreichen Überstunden) und die Beendigungsart. Im weiteren stellte der Geschäftsführer der beklagten Partei Beweisanträge und wurde ihm die Bekanntgabe allfälliger Zeugen sowie deren Anschrift mit Schriftsatz binnen vier Wochen aufgetragen. Dieser Schriftsatz wurde am 7. 5. 1996 beim Erstgericht überreicht. Nach weiterer Erörterung hat der Geschäftsführer der beklagten Partei informativ angegeben, daß im Betrieb keine Arbeitszeit- und Urlaubsaufzeichnungen geführt worden seien; es bestünden jedoch "Inventurlisten", aus denen sich entnehmen ließe, wer wann Dienst versehen habe. Bei der letzten Verhandlung vor dem Erstgericht vom 2. 10. 1997, deren Termin dem Geschäftsführer der beklagten Partei bekannt gegeben worden war, ist dieser - ohne Angabe von Entschuldigungsgründen - nicht erschienen.
Das Erstgericht gab dem Klagebegehren - abgesehen von der Abweisung eines geringfügigen Teilbetrages von S 14.262,37 brutto sA - statt. Es ging dabei unter anderem von der Feststellung aus, der Kläger habe während seines Beschäftigungsverhältnisses durchschnittlich 44 bzw 50 Überstunden wöchentlich geleistet. Auf sein Entgelt habe der Kläger nur Abschlagszahlungen erhalten.
Das Berufungsgericht gab der Berufung der beklagten Partei gegen den S 213.860,10 brutto abzüglich S 102.400,-- netto übersteigenden Zuspruch nicht Folge. In der Berufung wurde insbesondere die Unterlassung der Vernehmung eines von der beklagten Partei beantragten Zeugen (Dani Z*****) gerügt und weitere Vernehmungen beantragt. Das Berufungsgericht verneinte die gerügten Mängel des Verfahrens erster Instanz und hielt der Zulässigkeit von Neuerungen gemäß § 63 ASGG entgegen, daß die Beweisanträge der beklagten Partei offensichtlich in Verschleppungsabsicht erfolgt seien. Nach ausführlicher Behandlung der Beweisrüge übernahm es die Feststellungen des Erstgerichtes als Ergebnis eines mängelfreien Verfahrens und einer unbedenklichen Beweiswürdigung.Das Berufungsgericht gab der Berufung der beklagten Partei gegen den S 213.860,10 brutto abzüglich S 102.400,-- netto übersteigenden Zuspruch nicht Folge. In der Berufung wurde insbesondere die Unterlassung der Vernehmung eines von der beklagten Partei beantragten Zeugen (Dani Z*****) gerügt und weitere Vernehmungen beantragt. Das Berufungsgericht verneinte die gerügten Mängel des Verfahrens erster Instanz und hielt der Zulässigkeit von Neuerungen gemäß Paragraph 63, ASGG entgegen, daß die Beweisanträge der beklagten Partei offensichtlich in Verschleppungsabsicht erfolgt seien. Nach ausführlicher Behandlung der Beweisrüge übernahm es die Feststellungen des Erstgerichtes als Ergebnis eines mängelfreien Verfahrens und einer unbedenklichen Beweiswürdigung.
Gegen dieses Urteil richtet sich die Revision der beklagten Partei aus den Gründen der Mangelhaftigkeit des Berufungsverfahrens und der unrichtigen rechtlichen Beurteilung mit dem Antrag, es im klagsabweisenden Sinne abzuändern; hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.
Der Kläger beantragt, der Revision nicht Folge zu geben.
Rechtliche Beurteilung
Die Revision, die gemäß § 46 Abs 3 Z 1 ASGG auch bei Fehlen einer erheblichen Rechtsfrage zulässig ist, ist nicht berechtigt.Die Revision, die gemäß Paragraph 46, Absatz 3, Ziffer eins, ASGG auch bei Fehlen einer erheblichen Rechtsfrage zulässig ist, ist nicht berechtigt.
Die als Mangel des Berufungsverfahrens gerügte unzureichende richterliche Anleitung und Belehrung des unvertretenen Geschäftsführers der beklagten Partei im Sinne des § 39 Abs 2 Z 1 ASGG liegt nicht vor. Abgesehen davon, daß ein vom Berufungsgericht verneinter Mangel des Verfahrens erster Instanz nicht erneut im Revisionsverfahren geltend gemacht werden kann (SZ 66/95 mwN), hat das Erstgericht seiner Anleitungspflicht Genüge getan, wie aus der ausführlichen Darstellung des Verfahrens erster Instanz hervorgeht. Der von der beklagten Partei beantragte, aber nicht vernommene Zeuge ist wegen einer fiebrigen Erkrankung nicht erschienen; die neuerliche Ladung dieses Zeugen scheiterte daran, daß seine neue Anschrift von der beklagten Partei nicht bekannt gegeben worden war.Die als Mangel des Berufungsverfahrens gerügte unzureichende richterliche Anleitung und Belehrung des unvertretenen Geschäftsführers der beklagten Partei im Sinne des Paragraph 39, Absatz 2, Ziffer eins, ASGG liegt nicht vor. Abgesehen davon, daß ein vom Berufungsgericht verneinter Mangel des Verfahrens erster Instanz nicht erneut im Revisionsverfahren geltend gemacht werden kann (SZ 66/95 mwN), hat das Erstgericht seiner Anleitungspflicht Genüge getan, wie aus der ausführlichen Darstellung des Verfahrens erster Instanz hervorgeht. Der von der beklagten Partei beantragte, aber nicht vernommene Zeuge ist wegen einer fiebrigen Erkrankung nicht erschienen; die neuerliche Ladung dieses Zeugen scheiterte daran, daß seine neue Anschrift von der beklagten Partei nicht bekannt gegeben worden war.
Auch für das Berufungsverfahren wird die Zulässigkeit eines neuen Tatsachenvorbringens und neuer Beweisanträge durch § 179 Abs 1 zweiter Satz ZPO beschränkt (Kuderna, ASGG2, 420 mwN; Arb 6659 zu § 25 ArbGG). Die Beweisschwierigkeiten der beklagten Partei hat sie sich selbst zuzuschreiben, wenn die gebotenen Aufzeichnungen über die Arbeitszeit (§ 26 Abs 1 AZG) und den Urlaubsverbrauch (§ 8 UrlG) von ihr unterlassen worden sind, wie dies der Geschäftsführer der beklagten Partei bei seiner informativen Befragung selbst angegeben hat. Diese informative Befragung zeigt, daß inhaltlich die Anleitungs- und Belehrungspflicht gemäß § 39 Abs 2 Z 1 ASGG beachtet wurde, denn gerade diese Beweise kommen typischer Weise in Betracht, wenn der beklagte Arbeitgeber den Behauptungen des Arbeitnehmers über Arbeitszeit und Urlaubsverbrauch entgegentreten will. Wäre die beklagte Partei auch in erster Instanz qualifiziert vertreten gewesen, hätten - abgesehen von den wegen Verschleppungsabsicht als unstatthaft erklärten Beweisanträgen im Berufungsverfahren - keine weiteren tauglichen Beweisanträge von der beklagten Partei gestellt werden können. Auch mit der Beweisrüge hat sich das Berufungsgericht auseinandergesetzt und dargelegt, wieso es der Aussage des Klägers folgte, der eine lückenlose inhaltlich überzeugende Darstellung seiner gesamten Arbeitsleistung während der Beschäftigung bei der beklagten Partei gegeben habe. Es ist daher nicht nur das Verfahren erster Instanz frei von Mängeln geblieben, sondern auch das Berufungsverfahren.Auch für das Berufungsverfahren wird die Zulässigkeit eines neuen Tatsachenvorbringens und neuer Beweisanträge durch Paragraph 179, Absatz eins, zweiter Satz ZPO beschränkt (Kuderna, ASGG2, 420 mwN; Arb 6659 zu Paragraph 25, ArbGG). Die Beweisschwierigkeiten der beklagten Partei hat sie sich selbst zuzuschreiben, wenn die gebotenen Aufzeichnungen über die Arbeitszeit (Paragraph 26, Absatz eins, AZG) und den Urlaubsverbrauch (Paragraph 8, UrlG) von ihr unterlassen worden sind, wie dies der Geschäftsführer der beklagten Partei bei seiner informativen Befragung selbst angegeben hat. Diese informative Befragung zeigt, daß inhaltlich die Anleitungs- und Belehrungspflicht gemäß Paragraph 39, Absatz 2, Ziffer eins, ASGG beachtet wurde, denn gerade diese Beweise kommen typischer Weise in Betracht, wenn der beklagte Arbeitgeber den Behauptungen des Arbeitnehmers über Arbeitszeit und Urlaubsverbrauch entgegentreten will. Wäre die beklagte Partei auch in erster Instanz qualifiziert vertreten gewesen, hätten - abgesehen von den wegen Verschleppungsabsicht als unstatthaft erklärten Beweisanträgen im Berufungsverfahren - keine weiteren tauglichen Beweisanträge von der beklagten Partei gestellt werden können. Auch mit der Beweisrüge hat sich das Berufungsgericht auseinandergesetzt und dargelegt, wieso es der Aussage des Klägers folgte, der eine lückenlose inhaltlich überzeugende Darstellung seiner gesamten Arbeitsleistung während der Beschäftigung bei der beklagten Partei gegeben habe. Es ist daher nicht nur das Verfahren erster Instanz frei von Mängeln geblieben, sondern auch das Berufungsverfahren.
Der Revisionsgrund der unrichtigen rechtlichen Beurteilung wird zwar neben dem der Mangelhaftigkeit angeführt, aber nicht ausgeführt. Da schon in der Berufung dieser Rechtsmittelgrund nicht gesetzmäßig ausgeführt wurde, in dem nicht von den Feststellungen, sondern von einem Wunschsachverhalt ausgegangen wurde, könnten auch diesbezügliche Ausführungen in der Revision nicht nachgeholt werden (Kodek-Rechberger ZPO Rz 5 zu § 503; SSV-NF 1/28; 8 ObA 109/97f; 8 ObA 285/95).Der Revisionsgrund der unrichtigen rechtlichen Beurteilung wird zwar neben dem der Mangelhaftigkeit angeführt, aber nicht ausgeführt. Da schon in der Berufung dieser Rechtsmittelgrund nicht gesetzmäßig ausgeführt wurde, in dem nicht von den Feststellungen, sondern von einem Wunschsachverhalt ausgegangen wurde, könnten auch diesbezügliche Ausführungen in der Revision nicht nachgeholt werden (Kodek-Rechberger ZPO Rz 5 zu Paragraph 503 ;, SSV-NF 1/28; 8 ObA 109/97f; 8 ObA 285/95).
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 41, 50 ZPO.Die Kostenentscheidung gründet sich auf die Paragraphen 41,, 50 ZPO.
Anmerkung
E52233 08B02968European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:1998:008OBA00296.98G.1126.000Dokumentnummer
JJT_19981126_OGH0002_008OBA00296_98G0000_000