TE OGH 1998/12/3 2Ob209/98v

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Veröffentlicht am 03.12.1998
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Angst als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Niederreiter, Dr. Schinko, Dr. Tittel und Dr. Baumann als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Parteien. 1. Verlassenschaft nach Dr. Rodmar A*****, und 2. Dipl. Ing. Brigitte A*****, beide*****, vertreten durch Dr. Bernd Fritsch und andere Rechtsanwälte in Graz, wider die beklagten Parteien 1. Robert R*****, und 2. *****versicherungen, ***** beide vertreten durch Dr. Gert Ragossnig, Rechtsanwalt in Graz, wegen je S 135.000 sA, infolge Revision der beklagten Parteien gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Graz als Berufungsgericht vom 18. Juni 1998, GZ 4 R 105/98p-55, womit infolge Berufung der klagenden Parteien das Urteil des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Graz vom 27. Februar 1998, GZ 13 Cg 76/95z-10, abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluß

gefaßt:

Spruch

Die "außerordentliche" Revision und die "Ausführung der ordentlichen Revision" werden zurückgewiesen.

Die beklagten Parteien sind zur ungeteilten Hand schuldig, den klagenden Parteien je zur Hälfte die mit S 5.601,70 (darin enthalten Umsatzsteuer von S 933,62, keine Barauslagen) bestimmten Kosten der Revisionsbeantwortung binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Begründung:

Am 7. November 1993 ereignete sich im Freilandgebiet ein Verkehrsunfall, an dem der in der Folge verstorbene Dr. Rodmar A***** (im folgenden als Erstkläger bezeichnet), die Zweitklägerin und Christa E***** jeweils als Reiter eines Pferdes und der Erstbeklagte als Lenker und Halter eines bei der zweitbeklagten Partei haftpflichtversicherten Motorrades beteiligt waren.

Die vom Erstbeklagten benützte Bundesstraße verläuft im Freilandgebiet über mehrere 100 m gerade. Vom Osten mündet ein Feldweg ein. Nördlich des Feldweges wird die Bundesstraße von Laubbäumen eingesäumt, die zum Unfallszeitpunkt noch verfärbt belaubt waren. Der anstronomische Sonnenuntergang erfolgte um 16.35 Uhr. Es war ohne geschlossene Wolkendecke bewölkt, bei sonst klaren Sichtverhältnissen dämmrig.

Der Erstbeklagte näherte sich der späteren Unfallstelle von Norden mit eingeschaltetem Abblendlicht etwa in der Mitte seiner rechten Fahrbahnhälfte mit 85 km/h. Um diese Zeit, nämlich um 16.45 Uhr, bestand aus einer Position von rund 160 m vor der späteren Unfallstelle (rund 153 m nördlich der Einmündung des Feldweges) ohne Scheinwerferlicht noch Sicht auf den Einmündungstrichter im Bereich des östlichen Fahrbahnrandes. Dieser war um 16.50 Uhr nur mehr bei punktuell genauer Betrachtung erkennbar. Zu diesem Zeitpunkt bestand aber rund 100 m nördlich der späteren Unfallstelle noch relativ gute Sicht auf den östlichen Fahrbahnrand.

Obwohl der Erstbeklagte rund 160 m nördlich der späteren Unfallstelle herannahte, setzten sich der Erstkläger, die Zweitklägerin und Christa E***** mit ihren drei Pferden in Richtung Südwesten in Bewegung, um die Bundesstraße zu überqueren und danach an deren westlichen Rand Richtung Süden weiterzureiten; zuvor hatten sie nebeneinander im Einmündungsbereich des Feldweges am östlichen Fahrbahnrand der Bundesstraße angehalten. Die Reiter waren weder durch eine Lampe noch durch leuchtende Signalbänder gekennzeichnet. Sie ritten schräg Richtung Südwesten mit einer Geschwindigkeit von 8 bis 10 km/h und leicht versetzt zueinander. Christa E***** bildete die Spitze, die Zweitklägerin den Schluß. Der Erstbeklagte sah die drei Reiter erstmals in einer Position rund 52 m nördlich der späteren Unfallstelle bzw 45 m nördlich der Bezugslinie (eine Fahrbahnnormale über die Bundesstraße auf Höhe der südlichen Einmündungstrichterbegrenzung) und lenkte nach rechts aus. Zu diesem Zeitpunkt befand sich Christa E***** in der Mitte der Fahrbahn. Etwa 7 m südlich der Bezugslinie stieß der Erstbeklagte mit dem nach wie vor ungebremsten Motorrad gegen die rechte Flanke des von Christa E***** gerittenen Pferdes. Dieses kam dadurch zu Sturz und schlug mit der Hinterhand die Vorderhand des nachfolgenden Pferdes ab. Sowohl Christa E***** wie auch der Erstkläger stürzten zu Boden. Der Erstbeklagte stürzte mit dem Motorrad über die Böschung in den angrenzenden Acker.

Christa E***** hatte mit dem Pferd vom östlichen Fahrbahnrand zur Unfallstelle ca 17 m in ca 6,8 Sekunden zurückgelegt, die ersten 11 bis 12 m davon auf der östlichen Fahrbahnhälfte in ca 4,6 Sekunden, die restlichen 5 bis 6 m nach Passieren der Fahrbahnmitte in 2,2 Sekunden. Ca 3,7 Sekunden nach dem Start der Pferde - sie hatten bis dahin schon rund 9 m auf der Fahrbahn Richtung Südwesten zurückgelegt - fuhr der Erstbeklagte noch ca 61 m vor der späteren Unfallstelle und hätte noch die Möglichkeit zum Anhalten gehabt, dies bei einer Reaktionszeit von 0,8 Sekunden, einer Bremsschwellzeit von 0,2 Sekunden und einer Bremsverzögerung von 7 m/sec**2 in 4,3 Sekunden. Zu diesem Zeitpunkt waren für ihn die Pferde deutlich erkennbar. Bei dem ersten Erkennen der Pferde 52 m vor der späteren Unfallstelle hätte eine Vollbremsung die Geschwindigkeit des Motorrades auf knapp unter 40 km/h verringern können. Diesfalls wären die Unfallsfolgen geringer gewesen.

Hätte der Erstbeklagte beim Start der Pferde unverzüglich reagiert, so hätte er mit 2,5 m/sec**2 unfallvermeidend anhalten können. Unter diesen Voraussetzungen hätte auch Gaswegnehmen genügt, weil er dann links an den Pferden vorbei lenken hätte können. Sein späteres Eintreffen im Bereich der Unfallstelle hätte die Pferde bereits eine fahrbahnparallele Ganglinie am westlichen Fahrbahnrand der Bundesstraße erreichen lassen. Die im Eigentum der klagenden Parteien stehenden Pferde mußten eingeschläfert werden. Die klagenden Parteien erlitten dadurch und durch die Beschädigung der Sättel und des Zaumzeuges einen Schaden von S 270.000.

Der Erstbeklagte wurde beim Unfall schwer verletzt. Seine Verletzungen rechtfertigen ein Schmerzengeld von S 160.000, sein Fahrzeugschaden betrug S 20.800, sein Kleider- und Helmschaden S

10.500.

Mit der am 13. 2. 1995 eingebrachten Klage gegen die auch hier beklagten Parteien begehrte Christa E***** Schadenersatz in der Höhe von S 112.236. Mit dem vom Berufungsgericht bestätigten Urteil des Erstgerichtes wurden ihre Forderung mit S 23.767,50 und die aufrechnungsweise eingewendete Gegenforderung des Erstbeklagten mit zumindest in dieser Höhe als zu Recht bestehend erkannt und das Klagebegehren, ausgehend von einer Verschuldensteilung von 3 : 1 zu Lasten der dortigen Klägerin, abgewiesen.

Mit der vorliegenden Klage begehren die Kläger den Ersatz ihrer Schäden in der Höhe von S 270.000 sA.

Das Erstgericht stellte fest, daß ihre Forderung mit S 67.500 zu Recht besteht, die Gegenforderung der beklagten Parteien jedoch ebenfalls zumindest mit diesem Betrag, weshalb das Klagebegehren, die beklagten Parteien seien zur ungeteilten Hand schuldig, den Klägern den Betrag von S 270.000 samt Zinsen zu bezahlen, abgewiesen wurde.

In rechtlicher Hinsicht vertrat das Erstgericht die Ansicht, die klagenden Reiter hätten den Vorrang des Erstbeklagten verletzt. Demgegenüber sei dem Erstbeklagten eine Reaktionsverspätung anzulasten, was gegenüber der Vorrangverletzung und dem Verstoß der Reiter gegen § 79 Abs 3 StVO ein Mitverschulden im Ausmaß von 1 : 3 zu Lasten der Kläger rechtfertige.In rechtlicher Hinsicht vertrat das Erstgericht die Ansicht, die klagenden Reiter hätten den Vorrang des Erstbeklagten verletzt. Demgegenüber sei dem Erstbeklagten eine Reaktionsverspätung anzulasten, was gegenüber der Vorrangverletzung und dem Verstoß der Reiter gegen Paragraph 79, Absatz 3, StVO ein Mitverschulden im Ausmaß von 1 : 3 zu Lasten der Kläger rechtfertige.

Das von den Klägern angerufene Berufungsgericht änderte die Entscheidung dahin ab, daß es feststellte, die Klagsforderung bestehe mit S 135.000 zu Recht, die eingewendete Gegenforderung mit S 71.882,50; die beklagten Parteien wurden daher unter Abweisung des Mehrbegehrens für schuldig erkannt, den klagenden Parteien S 63.117,50 samt Zinsen zu bezahlen. Es sprach aus, die ordentliche Revision nach § 502 Abs 1 ZPO sei nicht zulässig.Das von den Klägern angerufene Berufungsgericht änderte die Entscheidung dahin ab, daß es feststellte, die Klagsforderung bestehe mit S 135.000 zu Recht, die eingewendete Gegenforderung mit S 71.882,50; die beklagten Parteien wurden daher unter Abweisung des Mehrbegehrens für schuldig erkannt, den klagenden Parteien S 63.117,50 samt Zinsen zu bezahlen. Es sprach aus, die ordentliche Revision nach Paragraph 502, Absatz eins, ZPO sei nicht zulässig.

Es führte aus, selbst eine Bremsverzögerung von nur 2,0 m/sec**2 sei nicht als bloß geringfügig anzusehen, weil der Erstbeklagte immerhin aus 85 km/h nahezu auf den Stillstand abbremsen hätte müssen, also nicht nur zu einer relativ geringfügigen Ermäßigung seiner Geschwindigkeit gezwungen gewesen wäre. Das Erstgericht sei zutreffend davon ausgegangen, daß die Reiter die sie gemäß § 19 Abs 3 und Abs 7 StVO gegenüber dem bevorrangten Erstbeklagten treffende Wartepflicht verletzten. Zu Recht habe das Erstgericht den Klägern auch einen Verstoß gegen § 79 Abs 3 StVO angelastet. Demnach müßten Reiter bei Benützung der Fahrbahn bei Dämmerung, Dunkelheit, starkem Nebel oder wenn es die Witterung sonst erfordere, durch hell leuchtende Laternen gekennzeichnet sein, wenn die sonstige Beleuchtung nicht ausreiche.Es führte aus, selbst eine Bremsverzögerung von nur 2,0 m/sec**2 sei nicht als bloß geringfügig anzusehen, weil der Erstbeklagte immerhin aus 85 km/h nahezu auf den Stillstand abbremsen hätte müssen, also nicht nur zu einer relativ geringfügigen Ermäßigung seiner Geschwindigkeit gezwungen gewesen wäre. Das Erstgericht sei zutreffend davon ausgegangen, daß die Reiter die sie gemäß Paragraph 19, Absatz 3 und Absatz 7, StVO gegenüber dem bevorrangten Erstbeklagten treffende Wartepflicht verletzten. Zu Recht habe das Erstgericht den Klägern auch einen Verstoß gegen Paragraph 79, Absatz 3, StVO angelastet. Demnach müßten Reiter bei Benützung der Fahrbahn bei Dämmerung, Dunkelheit, starkem Nebel oder wenn es die Witterung sonst erfordere, durch hell leuchtende Laternen gekennzeichnet sein, wenn die sonstige Beleuchtung nicht ausreiche.

Aus den Feststellungen des Erstgerichtes, wonach sich der Unfall um

16.45 Uhr ereignete, zu diesem Zeitpunkt aus Anfahrtsrichtung des Erstbeklagten aus einer Position 160 m nördlich der Unfallstelle Sicht auf den Einmündungsbereich des Feldweges bestand, der Erstbeklagte die Reiter erst 52 m nördlich der Unfallstelle wahrgenommen und eine Annäherungsgeschwindigkeit von 85 km/h eingehalten hat, ergebe sich eine Reaktionsverspätung des Erstbeklagten. Diese erreiche ein Ausmaß, das eine Verschuldensteilung 1 : 1 rechtfertige. Anders als im Vorprozeß zwischen Christa E***** und den beklagten Parteien, in dem nur eine Sichtstrecke für den Erstbeklagten von 100 m erwiesen wurde, stehe hier eine solche von 160 m fest. Wenngleich die nunmehrigen Kläger auf der Seite der dort klagenden Christa E***** als Nebenintervenienten beigetreten seien, bestehe keine Bindungswirkung. Das Urteil im Vorprozeß, dem der Nebenintervenient beigetreten sei, entfalte keine erweiterte Rechtskraft für und wider diesen. Anderes gelte nur für den einfachen Nebenintervenienten als Partei im nachfolgenden Regreßprozeß. Selbst bei Parteienidentität sei es mit dem Gedanken der "Rechtssicherheit" vereinbar, wenn eine für unrichtig erkannte Sachverhaltsgrundlage des Urteiles im Vorprozeß der Entscheidung im Folgeprozeß nicht mehr zugrunde gelegt werde.

Im Hinblick auf den dem Erstbeklagten anzulastenden groben Aufmerksamkeitsfehler (keine Geschwindigkeitsverminderung und keine Reaktion trotz Erkennbarkeit der Vorrangverletzung) erscheine eine Verschuldensteilung von 1 : 1 schuldangemessen.

Dagegen erhoben die beklagten Parteien die beim Erstgericht eingebrachte "außerordentliche Revision". Der dem Obersten Gerichtshof vorgelegte Akt wurde von diesem mit Beschluß vom 13. 8. 1998 dem Erstgericht zurückgestellt. Über dessen Verbesserungsauftrag beantragten die beklagten Parteien, das Berufungsgericht möge aussprechen, daß die ordentliche Revision nach § 502 Abs 1 ZPO zulässig sei. Mit diesem Antrag wurde eine "Ausführung der ordentlichen Revision" verbunden. Diese ist unzulässig, weil die beklagten Parteien ihre Rechtsmittelbefugnis bereits mit der "außerordentlichen Revision" (ON 56) verbraucht haben.Dagegen erhoben die beklagten Parteien die beim Erstgericht eingebrachte "außerordentliche Revision". Der dem Obersten Gerichtshof vorgelegte Akt wurde von diesem mit Beschluß vom 13. 8. 1998 dem Erstgericht zurückgestellt. Über dessen Verbesserungsauftrag beantragten die beklagten Parteien, das Berufungsgericht möge aussprechen, daß die ordentliche Revision nach Paragraph 502, Absatz eins, ZPO zulässig sei. Mit diesem Antrag wurde eine "Ausführung der ordentlichen Revision" verbunden. Diese ist unzulässig, weil die beklagten Parteien ihre Rechtsmittelbefugnis bereits mit der "außerordentlichen Revision" (ON 56) verbraucht haben.

Aufgrund des Antrages der beklagten Parteien änderte das Berufungsgericht den Ausspruch nach § 500 Abs 2 Z 3 ZPO dahin ab, daß die ordentliche Revision doch nach § 502 Abs 1 ZPO zulässig sei. Den Revisionsgegnern wurde mitgeteilt, daß ihnen die Beantwortung der Revision freistehe. Zur Begründung dieses Beschlusses führte das Berufungsgericht aus, es liege zu den Fragen der Bindungswirkung und der Entscheidungsharmonie unterschiedliche Rechtsprechung vor. Diesen Fragen komme aber über den Einzelfall hinaus Bedeutung zu.Aufgrund des Antrages der beklagten Parteien änderte das Berufungsgericht den Ausspruch nach Paragraph 500, Absatz 2, Ziffer 3, ZPO dahin ab, daß die ordentliche Revision doch nach Paragraph 502, Absatz eins, ZPO zulässig sei. Den Revisionsgegnern wurde mitgeteilt, daß ihnen die Beantwortung der Revision freistehe. Zur Begründung dieses Beschlusses führte das Berufungsgericht aus, es liege zu den Fragen der Bindungswirkung und der Entscheidungsharmonie unterschiedliche Rechtsprechung vor. Diesen Fragen komme aber über den Einzelfall hinaus Bedeutung zu.

Die klagenden Parteien haben in der ihnen freigestellten Revisionsbeantwortung beantragt, das Rechtsmittel der beklagten Parteien zurückzuweisen, in eventu, ihm keine Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision der beklagten Parteien ist wegen Fehlens einer erheblichen Rechtsfrage - der gegenteilige Ausspruch des Berufungsgerichtes ist nicht bindend (2 Ob 217/98w) - nicht zulässig.

Grundsätzlich erfassen nach ihren subjektiven Grenzen die Wirkungen der materiellen Rechtskraft nur die Parteien, deren Rechtsnachfolger und bestimmte andere Personen, auf die ein Gesetz die Entscheidungswirkungen erstreckt. Personen, die von der materiellen Rechtskraft einer Entscheidung nicht erfaßt werden, sind daher aus rein prozessualen Gründen nicht daran gehindert, in einem Folgeprozeß Behauptungen aufzustellen, die mit der Entscheidung des Vorverfahrens in Widerspruch stehen. Auch die aus der materiellen Rechtskraft abgeleitete Bindungswirkung hat ihren Geltungsgrund darin, daß Verfahrensbeteiligte vor der Entscheidung als Prozeßparteien ein rechtliches Gehör fanden und dadurch an der Stoffsammlung und Entscheidungsfindung mitwirkten. Da aber der einfache Nebenintervenient nicht Prozeßpartei ist, können sich die Wirkung der materiellen Rechtskraft seiner Entscheidung schon deshalb nicht auf diesen erstrecken. Die Wirkungen eines materiell rechtskräftigen zivilgerichtlichen Urteils erstrecken sich lediglich so weit auf den einfachen Nebenintervenienten und denjenigen, der sich am Verfahren trotz Streitverkündung nicht beteiligte, als diese Personen als Parteien eines als Regreßprozeß geführten Folgeprozesses keine rechtsvernichtenden oder rechtshemmenden Einreden erheben dürfen, die mit den notwendigen Elementen der Entscheidung des Vorprozesses in Widerspruch stehen (verstärkter Senat 1 Ob 2123/96d = SZ 70/60). Durch diese Entscheidung des verstärkten Senates ist die früher strittige Frage der Bindungswirkung bei Nebenintervention und Streitverkündung (s hiezu Klicka, Die Bindungswirkung bei Nebenintervention und Streitverkündung - Zur Einführung der §§ 68 und 74 dZPO in Österreich durch den OGH mittels des LGVÜ, JBl 1997, 611; Oberhammer, ecolex 1997, 422) gelöst worden, weshalb insoweit die Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO nicht gegeben sind.Grundsätzlich erfassen nach ihren subjektiven Grenzen die Wirkungen der materiellen Rechtskraft nur die Parteien, deren Rechtsnachfolger und bestimmte andere Personen, auf die ein Gesetz die Entscheidungswirkungen erstreckt. Personen, die von der materiellen Rechtskraft einer Entscheidung nicht erfaßt werden, sind daher aus rein prozessualen Gründen nicht daran gehindert, in einem Folgeprozeß Behauptungen aufzustellen, die mit der Entscheidung des Vorverfahrens in Widerspruch stehen. Auch die aus der materiellen Rechtskraft abgeleitete Bindungswirkung hat ihren Geltungsgrund darin, daß Verfahrensbeteiligte vor der Entscheidung als Prozeßparteien ein rechtliches Gehör fanden und dadurch an der Stoffsammlung und Entscheidungsfindung mitwirkten. Da aber der einfache Nebenintervenient nicht Prozeßpartei ist, können sich die Wirkung der materiellen Rechtskraft seiner Entscheidung schon deshalb nicht auf diesen erstrecken. Die Wirkungen eines materiell rechtskräftigen zivilgerichtlichen Urteils erstrecken sich lediglich so weit auf den einfachen Nebenintervenienten und denjenigen, der sich am Verfahren trotz Streitverkündung nicht beteiligte, als diese Personen als Parteien eines als Regreßprozeß geführten Folgeprozesses keine rechtsvernichtenden oder rechtshemmenden Einreden erheben dürfen, die mit den notwendigen Elementen der Entscheidung des Vorprozesses in Widerspruch stehen (verstärkter Senat 1 Ob 2123/96d = SZ 70/60). Durch diese Entscheidung des verstärkten Senates ist die früher strittige Frage der Bindungswirkung bei Nebenintervention und Streitverkündung (s hiezu Klicka, Die Bindungswirkung bei Nebenintervention und Streitverkündung - Zur Einführung der Paragraphen 68 und 74 dZPO in Österreich durch den OGH mittels des LGVÜ, JBl 1997, 611; Oberhammer, ecolex 1997, 422) gelöst worden, weshalb insoweit die Voraussetzungen des Paragraph 502, Absatz eins, ZPO nicht gegeben sind.

In der Revision der beklagten Parteien werden aber auch sonstige erhebliche Rechtsfragen nicht dargetan. Abgesehen von der Frage der Bindungswirkung wenden sich die beklagten Parteien gegen die vom Berufungsgericht vorgenommene Verschuldensteilung im Verhältnis 1 :

1. Sie vertreten dazu die Ansicht, den Feststellungen des Erstgerichtes sei nicht zu entnehmen, daß eine Sichtstrecke von 160 m für den Erstbeklagten bestand. Es habe der Unfallszeitpunkt nicht exakt ermittelt werden können, weshalb das Erstgericht auch ausgeführt habe, daß zu diesem Zeitpunkt noch Sicht über mehr als 100 m gegeben war. Wenn das Berufungsgericht dem Erstbeklagten vorwerfe, er habe die Geschwindigkeit nicht vermindert und keine Reaktion trotz Erkennbarkeit der Vorrangverletzung gesetzt, liege in Wahrheit lediglich eine Rechtswidrigkeit (nämlich die Reaktionsverspätung) vor. Demgegenüber habe die Reitergruppe eine Vorrangverletzung zu verantworten, sie habe gegen die Beleuchtungsvorschrift des § 79 Abs 3 StVO verstoßen und bestehe auch eine Haftung nach § 1320 ABGB.1. Sie vertreten dazu die Ansicht, den Feststellungen des Erstgerichtes sei nicht zu entnehmen, daß eine Sichtstrecke von 160 m für den Erstbeklagten bestand. Es habe der Unfallszeitpunkt nicht exakt ermittelt werden können, weshalb das Erstgericht auch ausgeführt habe, daß zu diesem Zeitpunkt noch Sicht über mehr als 100 m gegeben war. Wenn das Berufungsgericht dem Erstbeklagten vorwerfe, er habe die Geschwindigkeit nicht vermindert und keine Reaktion trotz Erkennbarkeit der Vorrangverletzung gesetzt, liege in Wahrheit lediglich eine Rechtswidrigkeit (nämlich die Reaktionsverspätung) vor. Demgegenüber habe die Reitergruppe eine Vorrangverletzung zu verantworten, sie habe gegen die Beleuchtungsvorschrift des Paragraph 79, Absatz 3, StVO verstoßen und bestehe auch eine Haftung nach Paragraph 1320, ABGB.

Hiezu wurde erwogen:

Grundsätzlich kommt Ermessensentscheidungen - wie über die Teilung oder Schwere des Verschuldens - keine über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung zu; eine erhebliche Rechtsfrage liegt nur dann vor, wenn das Berufungsgericht von einer in ständiger Rechtsprechung anerkannten Ermessensübung extrem abweicht (Kodek in Rechberger, ZPO Rz 3 zu § 502 mwN). Dies ist hier aber nicht der Fall. Aus den Feststellungen des Erstgerichtes ergibt sich nämlich, daß sich der Unfall um 16.45 Uhr ereignete und zu diesem Zeitpunkt aus einer Position von rund 160 m ohne Scheinwerferlicht noch Sicht auf den Einmündungstrichter des Feldweges im Bereich des östlichen Fahrbahnrandes bestand. In der Ansicht des Berufungsgerichtes, daß dem Erstbeklagten nicht nur eine Reaktionsverspätung anzulasten sei, sondern auch, daß er auf die ihm erkennenbare Vorrangverletzung überhaupt nicht reagierte, ist unter den dargestellten Umständen eine auffallende Fehlbeurteilung, die Voraussetzung für die Zulässigkeit der Revision wäre (RZ 1994/45 ua), nicht zu erblicken. Der Erstbeklagte hätte nämlich beim ersten Erkennen der Pferde durch eine Vollbremsung die Geschwindigkeit des Motorrades auf knapp unter 40 km/h verringern können, wodurch die Unfallsfolgen geringer gewesen wären.Grundsätzlich kommt Ermessensentscheidungen - wie über die Teilung oder Schwere des Verschuldens - keine über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung zu; eine erhebliche Rechtsfrage liegt nur dann vor, wenn das Berufungsgericht von einer in ständiger Rechtsprechung anerkannten Ermessensübung extrem abweicht (Kodek in Rechberger, ZPO Rz 3 zu Paragraph 502, mwN). Dies ist hier aber nicht der Fall. Aus den Feststellungen des Erstgerichtes ergibt sich nämlich, daß sich der Unfall um 16.45 Uhr ereignete und zu diesem Zeitpunkt aus einer Position von rund 160 m ohne Scheinwerferlicht noch Sicht auf den Einmündungstrichter des Feldweges im Bereich des östlichen Fahrbahnrandes bestand. In der Ansicht des Berufungsgerichtes, daß dem Erstbeklagten nicht nur eine Reaktionsverspätung anzulasten sei, sondern auch, daß er auf die ihm erkennenbare Vorrangverletzung überhaupt nicht reagierte, ist unter den dargestellten Umständen eine auffallende Fehlbeurteilung, die Voraussetzung für die Zulässigkeit der Revision wäre (RZ 1994/45 ua), nicht zu erblicken. Der Erstbeklagte hätte nämlich beim ersten Erkennen der Pferde durch eine Vollbremsung die Geschwindigkeit des Motorrades auf knapp unter 40 km/h verringern können, wodurch die Unfallsfolgen geringer gewesen wären.

Die in der Revision zitierten Entscheidungen, die von einer Verschuldensteilung von 3 : 1 zu Gunsten des Bevorrangten ausgehen, können zur Beurteilung des vorliegenden Rechtsstreites nicht herangezogen werden, weil in diesen Fällen dem Vorrangberechtigten (lediglich) ein Aufmerksamkeitsfehler anzulasten war. Vielmehr ist der hier zu beurteilende Sachverhalt jenem der schon vom Berufungsgericht zitierten Entscheidung ZVR 1979/3 vergleichbar, in der das Verschulden im Verhältnis 1 : 1 zwischen einem auf der Vorrangstraße fahrenden KFZ-Lenker, der trotz Wahrnehmung eines unter Mißachtung des Vorranges in diese einbiegenden Verkehrsteilnehmers nicht die Geschwindigkeit herabsetzte, und letzterem geteilt.

Die Entscheidung des Berufungsgerichtes weicht daher nicht von der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes ab, weshalb auch zur Frage der Verschuldensteilung die Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO nicht gegeben sind.Die Entscheidung des Berufungsgerichtes weicht daher nicht von der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes ab, weshalb auch zur Frage der Verschuldensteilung die Voraussetzungen des Paragraph 502, Absatz eins, ZPO nicht gegeben sind.

Die Entscheidung über die Kosten gründet sich auf die §§ 41, 50 ZPO.Die Entscheidung über die Kosten gründet sich auf die Paragraphen 41,, 50 ZPO.

Anmerkung

E52322 02AA2098

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1998:0020OB00209.98V.1203.000

Dokumentnummer

JJT_19981203_OGH0002_0020OB00209_98V0000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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