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10/07 Verwaltungsgerichtshof;Norm
AVG §56;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Mizner und Senatspräsident Dr. Novak sowie die Hofräte Dr. Stöberl, Dr. Köhler und Dr. Schick als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Hofer, über die Beschwerde des Dr. FG in F, vertreten durch Dr. Josef Unterweger und Mag. Robert Bitsche, Rechtsanwälte in 1080 Wien, Buchfeldgasse 19a, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Steiermark vom 9. Juli 2003, Zl. FA10A - 31 Ga 26/2 - 03, betreffend Zurückweisung einer Berufung i. A. anmeldepflichtige Rodung nach § 17a Forstgesetz 1975, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 381,90 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit Schreiben vom 6. März 2003 erstattete der Beschwerdeführer bei der Bezirkshauptmannschaft Feldbach (BH) eine Anmeldung gemäß § 17a des Forstgesetzes 1975 (ForstG); in eventu stellte er einen Antrag auf Erteilung einer Rodungsbewilligung.
Zur Begründung seines Antrages führte der Beschwerdeführer aus, er sei Eigentümer des Waldgrundstückes Nr. 532/113 der KG M. Er habe auf diesem Grundstück eine Holzhütte samt solarbetriebener Stromversorgungsanlage - bestehend aus einem Mast mit Solarpaneel und Windrad - im Ausmaß von rund 10 m2 errichtet. Es handle sich dabei um eine homöopathisch-botanische Forschungsstelle, die der Beschwerdeführer in seiner Eigenschaft als praktischer Arzt betreibe. Da die Hütte medizinischen Forschungszwecken diene, bestehe ein besonderes öffentliches Interesse an der Verwendung der zur Rodung beantragten Fläche, welches das öffentliche Interesse an der Erhaltung dieser Fläche als Wald überwiege. Hinzu komme, dass es sich bei der gegenständlichen Fläche um eine dauernd unbestockte Grundfläche handle, die nicht unmittelbar der Bewirtschaftung des umliegenden Waldes diene.
Mit Datum vom 13. März 2003 richtete die BH folgendes Schreiben an den Beschwerdeführer:
"Untersagung nach § 17a Forstgesetz 1975
i. d.g.F.
Die Behörde teilt Ihnen mit, dass die im Betreff genannte angemeldeteRodungaus Rücksicht auf das öffentliche Interesse an der Walderhaltung untersagt wird."
Die dagegen erhobene Berufung des Beschwerdeführers wurde mit dem angefochtenen Bescheid als unzulässig zurückgewiesen. Nach der Begründung habe der Beschwerdeführer in seiner Berufung im Wesentlichen die Ansicht vertreten, dass dem Schreiben der BH Bescheidqualität zukomme, der Bescheid aber mit einer Reihe formeller und materieller Mängel behaftet sei.
Dem gegenüber vertrat die belangte Behörde die Auffassung, dass einer "Untersagung einer Anmeldung gemäß § 17a Forstgesetz" kein Bescheidcharakter zukomme. Nach einer Untersagung sei ein ordentliches Ermittlungsverfahren gemäß § 17 Abs. 3 ForstG durchzuführen.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften erhobene Beschwerde.
Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet, in der die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt wird.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
§ 17a ForstG in der im Beschwerdefall anzuwendenden Fassung
BGBl. I Nr. 59/2002 bestimmt:
"Anmeldepflichtige Rodung
§ 17a. (1) Einer Rodungsbewilligung bedarf es nicht, wenn
1. die Rodungsfläche ein Ausmaß von 1 000 m2 nicht übersteigt und
2. der Antragsberechtigte das Rodungsvorhaben unter Anschluss der in § 19 Abs. 2 genannten Unterlagen bei der Behörde anmeldet und
3. die Behörde dem Anmelder nicht innerhalb von sechs Wochen ab Einlangen der Anmeldung mitteilt, dass die Rodung aus Rücksicht auf das öffentliche Interesse an der Walderhaltung ohne Erteilung einer Rodungsbewilligung nach § 17 Abs. 3 nicht durchgeführt werden darf. § 91 Abs. 2 gilt sinngemäß.
(2) In das Flächenausmaß einer angemeldeten Rodung einzurechnen sind alle an die zur Rodung angemeldete Fläche unmittelbar angrenzenden und für den selben Zweck nach Abs. 1 durchgeführten Rodungen, sofern diese nicht länger als zehn Jahre zurückliegen.
(3) Die Gültigkeit der Anmeldung erlischt, wenn die angemeldete Rodung nicht innerhalb eines Jahres ab Einlangen der Anmeldung bei der Behörde durchgeführt wird."
Der mit "Rodung" überschriebene § 17 ForstG lautet auszugsweise:
"§ 17. (1) Die Verwendung von Waldboden zu anderen Zwecken als für solche der Waldkultur (Rodung) ist verboten.
(2) Unbeschadet der Bestimmungen des Abs. 1 kann die Behörde eine Bewilligung zur Rodung erteilen, wenn ein besonderes öffentliches Interesse an der Erhaltung dieser Fläche als Wald nicht entgegensteht.
(3) Kann eine Bewilligung nach Abs. 2 nicht erteilt werden, kann die Behörde eine Bewilligung zur Rodung dann erteilen, wenn ein öffentliches Interesse an einer anderen Verwendung der zur Rodung beantragten Fläche das öffentliche Interesse an der Erhaltung dieser Fläche als Wald überwiegt.
(4) ..."
In der Beschwerde wird - wie bereits im Verwaltungsverfahren -
die Auffassung vertreten, dass einer Untersagung nach § 17a ForstG Bescheidcharakter zukomme. Die Untersagung sei zwar nicht als Bescheid bezeichnet, dem Schreiben komme aber seinem Inhalt nach zweifellos Bescheidcharakter zu, da die "Untersagung der Anmeldung" eine Erledigung darstelle und rechtsgestaltende Wirkung habe. Erfolge eine fristgerechte Untersagung, so sei die angemeldete Rodung unzulässig. Werde im Anschluss an die Untersagung nicht von Amts wegen ein Bewilligungsverfahren nach § 17 ForstG durchgeführt, so müsse dieses vielmehr vom Anmelder gesondert beantragt werden. Dabei habe die Behörde nicht mehr nach § 17 Abs. 2 ForstG vorzugehen, sondern nur eine Interessenabwägung nach den Abs. 3 bis 5 durchzuführen. Die Erteilung einer Bewilligung nach § 17 Abs. 3 ForstG unterliege aber anderen Kriterien als nach Abs. 2. Während nach § 17 Abs. 2 ForstG die Behörde ein besonderes öffentliches Interesse an der Erhaltung einer bestimmten Fläche als Wald nachweisen müsse, setze eine Bewilligung nach Abs. 3 leg. cit. voraus, dass im Rodungsverfahren auch ein das öffentliche Interesse an der Erhaltung dieser Fläche als Wald überwiegendes öffentliches Interesse an einer anderen Verwendung der zur Rodung beantragten Fläche bestehe. Die Beurteilung der Untersagung nach § 17a ForstG als bloße behördliche Mitteilung, der keine Bescheidqualität zukommen solle, hätte daher auch zur Folge, dass "die im Anmeldeverfahren von der Behörde - ohne Einbeziehung des Anmelders - vorgenommene rechtliche Beurteilung, wonach der angemeldeten Rodung ein (besonderes) öffentliches Interesse entgegenstehe und eine Bewilligung nur noch nach § 17 Abs. 3 ForstG erteilt werden dürfe, einer nachprüfenden Kontrolle entzogen wäre."
Diesem Vorbringen kommt aus folgenden Erwägungen keine Berechtigung zu:
Bescheide im Sinne der §§ 56 ff AVG sind individuelle, hoheitliche Erledigungen der Verwaltungsbehörde, durch die in bestimmten Verwaltungssachen in einer förmlichen Weise über Rechtsverhältnisse materiell-rechtlicher oder formell-rechtlicher Art abgesprochen wird, sei es, dass Rechtsverhältnisse festgestellt, sei es, dass sie gestaltet werden. Enthält eine an eine bestimmte Person gerichtete Erledigung die Bezeichnung der Behörde, den Spruch und die Unterschrift oder auch die Beglaubigung, dann ist das Fehlen einer ausdrücklichen Bezeichnung als Bescheid für den Bescheidcharakter der Erledigung unerheblich. Auf die ausdrückliche Bezeichnung als Bescheid kann aber nur dann verzichtet werden, wenn sich aus dem Spruch eindeutig ergibt, dass die Behörde nicht nur einen individuellen Akt der Hoheitsverwaltung gesetzt hat, sondern auch, dass sie normativ, also entweder rechtsgestaltend oder rechtsfeststellend, eine Angelegenheit des Verwaltungsrechts entschieden hat. In jedem Fall, in dem der Inhalt einer Erledigung Zweifel über den Bescheidcharakter entstehen lässt, ist die ausdrückliche Bezeichnung als Bescheid für den Bescheidcharakter der Erledigung essenziell (vgl. z.B. den Beschluss vom 15. September 2003, Zl. 2002/10/0014, mwH). Die Rechtskraftfähigkeit der Erledigung ist kein neben der normativen Natur derselben selbstständig anzuführendes Merkmal eines Bescheides, weil die Rechtskraftfähigkeit nicht Ursache, sondern Folge der normativen Natur der Erledigung ist. Hinweise, Mitteilungen, die Wiedergabe einer Rechtsansicht, von Tatsachen, der Hinweis auf Vorgänge des Verfahrens, Rechtsbelehrungen und dergleichen können nicht als verbindliche Erledigung im Sinne des § 58 AVG gewertet werden (vgl. z.B. den Beschluss vom 11. Juni 2001, Zl. 2001/10/0084, mwH).
Im Beschwerdefall ist das auf seine Bescheidqualität zu prüfende Schreiben der Bezirkshauptmannschaft vom 13. März 2003 weder als Bescheid bezeichnet, noch weist es sonst den Aufbau eines Bescheides (Spruch, Begründung, Rechtsmittelbelehrung) auf. Inhaltlich handelt es sich nicht um eine Entscheidung, Verfügung oder Feststellung, sondern um die Mitteilung, dass eine (bewilligungslose) Rodung aus Rücksicht auf das öffentliche Interesse an der Walderhaltung ohne Erteilung einer Rodungsbewilligung nicht durchgeführt werden darf. Dieser Erledigung mangelt es daher an den Wesensmerkmalen eines Bescheides im Sinne der §§ 56 ff AVG.
Wie bereits oben ausgeführt kann zwar auch ein bloßes Schreiben einer Behörde Bescheidcharakter aufweisen, wenn darin ein normativer Abspruch über Rechte oder Rechtsverhältnisse des Adressaten enthalten ist. Bei der Beurteilung dieser Frage ist auch das von der Behörde (materiell) angewendete Gesetz insoweit als Deutungsschema für das konkrete Schriftstück maßgebend, als sich aus diesem ergibt, ob die Behörde von Rechtswegen verpflichtet war, einen Bescheid zu erlassen (vgl. etwa den Beschluss vom 18. Mai 2004, Zl. 2004/10/0060, mwH).
Die Bestimmung des § 17a ForstG wurde mit der Novelle BGBl. I Nr. 59/2002 geschaffen. Nach den Ausführungen der Regierungsvorlage zu dieser Novelle soll durch das Anmeldeverfahren für Rodungen im Ausmaß von höchstens 1.000 m2 im Sinne einer wesentlichen Verwaltungsvereinfachung und Kosteneinsparung im Vollzug der Rodungsbestimmungen ein dem "ordentlichen" Rodungsverfahren nach § 17 ForstG vorgelagertes Rechtsinstitut geschaffen werden (vgl. RV 970 BlgNR. XXI. GP, S. 32 ff). Liegen sämtliche Voraussetzungen des § 17a ForstG vor, ist ex lege eine Ausnahme vom Erfordernis einer Rodungsbewilligung statuiert. Einer Rodungsbewilligung bedarf es nicht, wenn die Behörde dem Anmelder nicht innerhalb von sechs Wochen ab Einlangen der Anmeldung mitteilt, dass die Rodung aus Rücksicht auf das öffentliche Interesse an der Walderhaltung ohne Erteilung einer Rodungsbewilligung nach § 17 Abs. 3 nicht durchgeführt werden darf. Damit wird aber nur eine den Gang des Verfahrens, nicht normative Willensentscheidung getroffen und der Anmelder auf das (ordentliche) Bewilligungsverfahren nach § 17 ForstG verwiesen.
Soweit der Beschwerdeführer für seinen Standpunkt den Verweis auf § 17 Abs. 3 ForstG in § 17a Abs. 1 Z. 3 ins Treffen führt, ist darauf zu verweisen, dass der Ausdruck "§ 17 Abs. 3" mit der Novelle BGBl. I Nr. 78/2003 durch den Ausdruck "§ 17" ersetzt worden ist. Nach dem Ausschussbericht zur Regierungsvorlage sollte damit das bei der Novellierung des Forstgesetzes BGBl. I Nr. 59/2002 unterlaufene "Redaktionsversehen" bereinigt werden (vgl. AB BlgNR 157, XXII. GP). Es ist daher möglich, dass keine besonderen öffentlichen Interessen gegen die Rodung sprechen, wohl aber im öffentlichen Interesse gewisse - nur mit Bescheid zu erteilende - Vorschreibungen nötig sind. Eine "Anmelderodung" nach § 17a scheidet in diesem Fall zwar aus, eine Rodungsbewilligung nach § 17 Abs. 2 ist jedoch möglich (vgl. dazu zB. Brawenz/Kind/Reindl, ForstG3, Anm. 2 ff zu § 17a.). Daraus folgt, dass die der Anmeldung zu Grunde gelegte gesetzliche Vorschrift die Behörde nicht zur Erlassung eines Bescheides ermächtigt, mit dem die Erteilung einer Rodungsbewilligung im Sinne des § 17 ForstG abgelehnt wird; auch dies weist in die Richtung einer Deutung der Erledigung als Mitteilung ohne normativen Charakter hinsichtlich der Erteilung einer Rodungsbewilligung im Sinne des § 17 ForstG.
Da der Mitteilung der BH vom 13. März 2003 somit keine Bescheidqualität zukam, handelte die belangte Behörde nicht rechtswidrig, wenn sie die dagegen erhobene Berufung des Beschwerdeführers mit dem angefochtenen Bescheid zurück gewiesen hat.
Die Beschwerde erweist sich daher als unbegründet, weshalb sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen war.
Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2003.
Wien, am 16. Oktober 2006
Schlagworte
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ECLI:AT:VWGH:2006:2003100226.X00Im RIS seit
11.12.2006