Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Bauer als Vorsitzenden, die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Ehmayr und Hon. Prof. Dr. Danzl als weitere Richter sowie die fachkundigen Laienrichter Mag. Dr. Jörg Krainhöfner (aus dem Kreis der Arbeitgeber) und Helmut Stöcklmayer (aus dem Kreis der Arbeitnehmer) in der Sozialrechtssache der klagenden Partei Renate P*****, vertreten durch Dr. Wolfgang Kainz, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagte Partei Versicherungsanstalt öffentlich Bediensteter, 1081 Wien, Josefstädterstraße 80, vertreten durch Dr. Hans Houska, Rechtsanwalt in Wien, wegen Kostenerstattung, infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgerichtes in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 25. März 1998, GZ 7 Rs 62/98h-13, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Arbeits- und Sozialgerichtes Wien vom 19. November 1997, GZ 15 Cgs 187/97t-7, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:
Spruch
Der Revision wird nicht Folge gegeben.
Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei zu Handen ihres Vertreters binnen 14 Tagen die mit S 2.435,52 (hierin enthalten S 405,92 Umsatzsteuer) bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens zu ersetzen.
Text
Entscheidungsgründe:
Bei der am 24. 9. 1958 geborenen Klägerin besteht Sterilität aufgrund fehlender Eileiter, welche 1990 links und 1993 rechts jeweils aufgrund von Eileiterschwangerschaften entfernt wurden. Die Klägerin hat daher keine Möglichkeit, auf natürlichem Wege schwanger zu werden. Eine extrakorporale Befruchtung ist für sie die einzige Möglichkeit zur Erzielung einer Schwangerschaft. Im Juni 1996 und im August 1996 ließ sie daher In-Vitro Fertilisationen durchführen, wobei bereits der zweite Versuch zur ersehnten Schwangerschaft und Geburt eines gesunden Knaben führte. Bei der Klägerin lagen überdies aufgrund ihrer Sterilität psychische Störungen vor.
Mit Bescheid vom 22. 7. 1997 lehnte die beklagte Partei den Antrag der Klägerin vom 3. 7. 1997 auf Erstattung von Wahlarztkosten im Zusammenhang mit den bei ihr durchgeführten In-Vitro Fertilisationsbehandlungen in Höhe von S 36.000 (für jene vom 20. 6. 1996) und S 18.000 (für jene vom 16. 8. 1996) ab.
Mit ihrer gegen diesen Bescheid gerichteten Klage stellte die Klägerin das Begehren, die beklagte Partei zum Ersatz dieser Kosten, jeweils unter Abzug des gesetzlichen Behandlungskostenbeitrages, zu verpflichten.
Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab. Es beurteilte den eingangs zusammengefaßt wiedergegebenen Sachverhalt rechtlich dahin, daß der Umstand der Kinderlosigkeit auch dann nicht als Krankheit (im Sinne der maßgeblichen Bestimmungen des B-KUVG) qualifiziert werden könne, wenn sie ungewollt sei. Bezüglich der mit dem Nichtverarbeitenkönnen verbundenen psychischen Probleme bei der Klägerin lägen die von der Versichertengemeinschaft abzudeckenden Leistungen aus der Krankenversicherung nicht in der Herbeiführung einer Schwangerschaft mittels In-Vitro Fertilisation, sondern in einer geeigneten psychotherapeutischen Behandlung.
Das Berufungsgericht gab der von der Klägerin erhobenen Berufung nicht Folge. Es schloß sich der rechtlichen Beurteilung des Erstgerichtes an. Der Umstand, daß eine Sterilisation dann von der Leistungspflicht der gesetzlichen Krankenversicherung umfaßt sei, wenn sie im Einzelfall erforderlich sei, um die mit einer Schwangerschaft verbundene Gefahr eines schweren gesundheitlichen Nachteiles abzuwenden, könne nicht zum Umkehrschluß führen, daß die Herbeiführung einer Schwangerschaft zur Abwendung von drohenden psychischen Störungen auch dieser Leistungspflicht unterliege. Da bei der Klägerin - abgesehen von ihren Problemen der psychischen Verarbeitung - Schmerzen oder Beschwerden nicht vorgelegen seien, fehlten auch die Voraussetzungen für eine notwendige Behandlung im Sinne des § 62 Abs 2 B-KUVG. Durch die vorgenommene In-Vitro Fertilisation sei nicht eine Krankheit im Sinne eines regelwidrigen körperlichen oder geistigen Zustandes, sondern lediglich deren nicht mehr dem gesundheitlichen (und damit auch sozialversicherungsrechtlich abzudeckenden) Bereich zuzuordnende Folge beseitigt worden.Das Berufungsgericht gab der von der Klägerin erhobenen Berufung nicht Folge. Es schloß sich der rechtlichen Beurteilung des Erstgerichtes an. Der Umstand, daß eine Sterilisation dann von der Leistungspflicht der gesetzlichen Krankenversicherung umfaßt sei, wenn sie im Einzelfall erforderlich sei, um die mit einer Schwangerschaft verbundene Gefahr eines schweren gesundheitlichen Nachteiles abzuwenden, könne nicht zum Umkehrschluß führen, daß die Herbeiführung einer Schwangerschaft zur Abwendung von drohenden psychischen Störungen auch dieser Leistungspflicht unterliege. Da bei der Klägerin - abgesehen von ihren Problemen der psychischen Verarbeitung - Schmerzen oder Beschwerden nicht vorgelegen seien, fehlten auch die Voraussetzungen für eine notwendige Behandlung im Sinne des Paragraph 62, Absatz 2, B-KUVG. Durch die vorgenommene In-Vitro Fertilisation sei nicht eine Krankheit im Sinne eines regelwidrigen körperlichen oder geistigen Zustandes, sondern lediglich deren nicht mehr dem gesundheitlichen (und damit auch sozialversicherungsrechtlich abzudeckenden) Bereich zuzuordnende Folge beseitigt worden.
Darüber hinaus sprach das Berufungsgericht aus, daß die ordentliche Revision zulässig sei, weil die Entscheidung von der Lösung einer Rechtsfrage abhänge, der zur Wahrung der Rechtseinheit, Rechtssicherheit und Rechtsentwicklung erhebliche Bedeutung zukomme, weil eine Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes zu den angeschnittenen Rechtsfragen fehle.
Gegen dieses Urteil richtet sich die auf den Revisionsgrund der unrichtigen rechtlichen Beurteilung gestützte Revision der Klägerin mit dem Antrag, die bekämpfte Entscheidung im Sinne einer Klagestattgebung abzuändern; hilfsweise wird auch ein Aufhebungsantrag gestellt.
Die beklagte Partei hat eine Revisionsbeantwortung erstattet.
Rechtliche Beurteilung
Die Revision ist zulässig, obwohl der Oberste Gerichtshof zu den verfahrensgegenständlich zu beantworteten Rechtsfragen - nämlich Kostentragung des gesetzlichen Krankenversicherungsträgers für In-Vitro Fertilisationen bei einer sterilen Frau einerseits und Finanzierung der Behandlung von Depressionen durch eine künstliche Befruchtung andererseits - Stellung genommen hat. Beide Entscheidungen (10 ObS 115/98d bzw 10 ObS 193/98z) ergingen allerdings erst nach der hier zur Prüfung anstehenden Entscheidung des Berufungsgerichtes, nämlich am 23. 6. 1998 bzw 24. 11. 1998.
Dem Rechtsmittel kommt jedoch keine Berechtigung zu.
Wie ausgeführt, hat der Oberste Gerichtshof zu den relevanten Fragestellungen in den beiden zitierten Entscheidungen ausführlich Stellung genommen und diese - in beiden Fällen klageabweisend - entschieden. Die rechtliche Beurteilung des Berufungsgerichtes steht mit diesen Entscheidungen im Einklang. Es kann daher gemäß § 510 Abs 3 zweiter Satz ZPO genügen, auf diese beiden Judikate des Obersten Gerichtshofes bloß zusammenfassend einzugehen.Wie ausgeführt, hat der Oberste Gerichtshof zu den relevanten Fragestellungen in den beiden zitierten Entscheidungen ausführlich Stellung genommen und diese - in beiden Fällen klageabweisend - entschieden. Die rechtliche Beurteilung des Berufungsgerichtes steht mit diesen Entscheidungen im Einklang. Es kann daher gemäß Paragraph 510, Absatz 3, zweiter Satz ZPO genügen, auf diese beiden Judikate des Obersten Gerichtshofes bloß zusammenfassend einzugehen.
In der Entscheidung 10 ObS 115/98d vom 23. 6. 1998 (= ARD 4962/23/98
= ZAS B 1998, 44 = RS0107511, 0110228) wurde zunächst ausgesprochen,
daß eine künstliche Insemination keine von der Krankenversicherung zur Behandlung von Depressionen zur Verfügung gestellte Krankenbehandlung darstellt, weil es sich hiebei nicht um eine unmittelbare Behandlung der psychischen Störung, sondern vielmehr um eine Maßnahme handelt, bei der ein ganz anderer Erfolg, nämlich die Erfüllung eines bisher versagten Kinderwunsches, im Vordergrund steht. An diesem Ergebnis hält der Senat fest. Soweit das Bundesministerium für Arbeit und Soziales nach dieser Entscheidung zu GZ Zl 10.001/343-4/98 (= ARD 4962/24/98) unter Hinweis auf familienpolitische Implikationen seine Meinung kundtat, daß eine Kostenübernahme für Maßnahmen zur künstlichen Befruchtung in Ausnahmefällen dann erfolgen könne, "wenn zB die Tatsache, keine Kinder auf 'natürlichem Weg' bekommen zu können, zu einem psychischen Leiden führt, das seinerseits die Krankenbehandlung erforderlich macht", wobei freilich solche Leistungen "als familienpolitische (Förder-)Maßnahme allenfalls aus den Mitteln des BMUJF sicherzustellen wären", handelt es sich nicht - wie Gruber in seiner Anmerkung ZASB 1998, 45 ausführt - um einen "Erlaß" (der im übrigen die Gerichte ohnedies nicht binden könnte), sondern um eine (in ARD 4962/24/98 auch nur auszugsweise veröffentlichte) Beantwortung einer parlamentarischen Anfrage der Abgeordneten zum Nationalrat, Haindlmayr ua), worin im übrigen ebenfalls zum Ausdruck gebracht wird (insbesondere Antwort zur Frage 6), daß ein solcher Kostenübernahmeanspruch derzeit nach geltendem Recht nicht abgeleitet werden könne. Den Gerichten steht es jedoch nicht zu, gleichsam an die Stelle des Gesetzgebers zu treten und einen Regelungsinhalt (rechtsfortbildend) zu schaffen, dessen Herbeiführung ausschließlich diesem obläge (10 ObS 92/97w).
In der Entscheidung 10 ObS 193/98z vom 24. 11. 1998 hat der Oberste Gerichtshof im Falle einer wie hier an Sterilität (Unfruchtbarkeit) leidenden Klägerin, welche zwecks Erfüllung ihres Kinderwunsches zwei In-Vitro-Fertilisationen durchführen ließ und danach deren Ersatz von der beklagten Gebietskrankenkasse begehrte, mit ausführlicher (und auch zur in der Literatur überwiegend gegenteilig vertretenen Auffassung Stellung nehmender) Begründung erkannt, daß eine solche In-Vitro Fertilisation nicht als Krankenbehandlung im Sinne des § 133 ASVG (hier: nach dem wortgleichen § 62 B-KUVG) anzusehen sei und die mit dieser Behandlung allein bezweckte Erfüllung des Kinderwunsches nicht der Risikosphäre der sozialen Krankenversicherung zugerechnet werden könne, und führte im übrigen - da die Entscheidung noch unveröffentlicht ist, soll die Begründung insoweit im folgenden zur Gänze wiedergegeben werden - wörtlich aus:In der Entscheidung 10 ObS 193/98z vom 24. 11. 1998 hat der Oberste Gerichtshof im Falle einer wie hier an Sterilität (Unfruchtbarkeit) leidenden Klägerin, welche zwecks Erfüllung ihres Kinderwunsches zwei In-Vitro-Fertilisationen durchführen ließ und danach deren Ersatz von der beklagten Gebietskrankenkasse begehrte, mit ausführlicher (und auch zur in der Literatur überwiegend gegenteilig vertretenen Auffassung Stellung nehmender) Begründung erkannt, daß eine solche In-Vitro Fertilisation nicht als Krankenbehandlung im Sinne des Paragraph 133, ASVG (hier: nach dem wortgleichen Paragraph 62, B-KUVG) anzusehen sei und die mit dieser Behandlung allein bezweckte Erfüllung des Kinderwunsches nicht der Risikosphäre der sozialen Krankenversicherung zugerechnet werden könne, und führte im übrigen - da die Entscheidung noch unveröffentlicht ist, soll die Begründung insoweit im folgenden zur Gänze wiedergegeben werden - wörtlich aus:
"Der Oberste Gerichtshof sieht sich ungeachtet aller in der Lehre vorgetragenen Argumente nicht veranlaßt, von der...ständigen Rechtsprechung des Oberlandesgerichtes Wien [als bis zur Einführung
des ASGG sozialversicherungsrechtliches Höchstgericht] SSV 24/53 =
JBl 1985, 182 (Holzer); SSV 25/50 = SVSlg 28.934; SVSlg 31.133]
abzugehen, wonach die Vornahme einer extrakorporalen Fertilisation zur Herbeiführung einer Schwangerschaft bei einer sterilen Frau keine Krankenbehandlung im Sinne des § 133 ASVG [hier: § 62 B-KUVG] darstellt. Damit soll keinesfalls gesagt sein, daß die Sterilität nicht als Krankheit im Sinne der sozialen Krankenversicherung anzusehen wäre. § 120 Abs 1 Z 1 ASVG [hier: § 53 Abs 1 Z 1 B-KUVG] definiert den Versicherungsfall der Krankheit als regelwidrigen Körper- oder Geisteszustand, der eine Krankenbehandlung notwendig macht, durch die wiederum nach § 133 Abs 2 ASVG [hier: § 62 Abs 2 B-KUVG] die Gesundheit, die Arbeitsfähigkeit und die Fähigkeit, für die lebenswichtigen persönlichen Bedürfnisse zu sorgen, nach Möglichkeit wiederhergestellt, gefestigt oder gebessert werden sollen. Der medizinische Krankheitsbegriff deckt sich demnach nicht mit dem Begriff der Krankheit im Sozialversicherungsrecht: Hier wird ein Leiden nur bei Behandlungsbedürftigkeit als Krankheit anerkannt. Die WHO faßt den Begriff Gesundheit noch weiter, doch ist die dort genannte soziale Komponente für den sozialrechtlichen Krankheitsbegriff unmaßgeblich (so auch Binder in Tomandl, SV-System, 7. ErgLfg 199 mwN bei FN 2). Die gesetzliche Krankenversicherung ist nicht dazu berufen, soziales Wohlbefinden zu finanzieren. Daß ungewollte Kinderlosigkeit für sich keine Krankheit im Sinne des ASVG darstellt, ist im wesentlichen unbestritten, weil es sich dabei zunächst bloß um eine soziale Erscheinung handelt, die nicht zwangsläufig auf eine Störung körperlicher Funktionen zurückgehen muß: Auch der völlig gesunde Mensch, der keinen zur Fortpflanzung bereiten Partner findet, kann ungewollt kinderlos sein. Daß man in solchen Fällen schon von vornherein nicht von Krankheit sprechen darf, liegt auf der Hand (zutreffend Bernat, VersRdSch 1987, 345; vgl auch Bonelli, Medizinethische Fragen zur In-Vitro-Fertilisation, in Bydlinski/Mayer-Maly, Fortpflanzungsmedizin und Lebensschutz [1993], 24). Die Frage, ob dieser Zustand als Krankheit zu verstehen ist, stellt sich erst dann, wenn die Kinderlosigkeit auf die Sterilität der Frau oder die Unfruchtbarkeit des Mannes zurückgeht.abzugehen, wonach die Vornahme einer extrakorporalen Fertilisation zur Herbeiführung einer Schwangerschaft bei einer sterilen Frau keine Krankenbehandlung im Sinne des Paragraph 133, ASVG [hier: Paragraph 62, B-KUVG] darstellt. Damit soll keinesfalls gesagt sein, daß die Sterilität nicht als Krankheit im Sinne der sozialen Krankenversicherung anzusehen wäre. Paragraph 120, Absatz eins, Ziffer eins, ASVG [hier: Paragraph 53, Absatz eins, Ziffer eins, B-KUVG] definiert den Versicherungsfall der Krankheit als regelwidrigen Körper- oder Geisteszustand, der eine Krankenbehandlung notwendig macht, durch die wiederum nach Paragraph 133, Absatz 2, ASVG [hier: Paragraph 62, Absatz 2, B-KUVG] die Gesundheit, die Arbeitsfähigkeit und die Fähigkeit, für die lebenswichtigen persönlichen Bedürfnisse zu sorgen, nach Möglichkeit wiederhergestellt, gefestigt oder gebessert werden sollen. Der medizinische Krankheitsbegriff deckt sich demnach nicht mit dem Begriff der Krankheit im Sozialversicherungsrecht: Hier wird ein Leiden nur bei Behandlungsbedürftigkeit als Krankheit anerkannt. Die WHO faßt den Begriff Gesundheit noch weiter, doch ist die dort genannte soziale Komponente für den sozialrechtlichen Krankheitsbegriff unmaßgeblich (so auch Binder in Tomandl, SV-System, 7. ErgLfg 199 mwN bei FN 2). Die gesetzliche Krankenversicherung ist nicht dazu berufen, soziales Wohlbefinden zu finanzieren. Daß ungewollte Kinderlosigkeit für sich keine Krankheit im Sinne des ASVG darstellt, ist im wesentlichen unbestritten, weil es sich dabei zunächst bloß um eine soziale Erscheinung handelt, die nicht zwangsläufig auf eine Störung körperlicher Funktionen zurückgehen muß: Auch der völlig gesunde Mensch, der keinen zur Fortpflanzung bereiten Partner findet, kann ungewollt kinderlos sein. Daß man in solchen Fällen schon von vornherein nicht von Krankheit sprechen darf, liegt auf der Hand (zutreffend Bernat, VersRdSch 1987, 345; vergleiche auch Bonelli, Medizinethische Fragen zur In-Vitro-Fertilisation, in Bydlinski/Mayer-Maly, Fortpflanzungsmedizin und Lebensschutz [1993], 24). Die Frage, ob dieser Zustand als Krankheit zu verstehen ist, stellt sich erst dann, wenn die Kinderlosigkeit auf die Sterilität der Frau oder die Unfruchtbarkeit des Mannes zurückgeht.
Der Oberste Gerichtshof zweifelt nicht daran, daß die Unfruchtbarkeit einer Frau und die Zeugungsunfähigkeit eines Mannes sehr wohl als regelwidriger Körperzustand einer Krankenbehandlung bedarf und demnach als Krankheit im Sinne des ASVG [hier: des B-KUVG] betrachtet werden können. Insbesondere für Ehepartner, die sich in Ausübung ihres Selbstbestimmungsrechtes gemeinsam für ein eigenes Kind entscheiden, ist die Fortpflanzungsfähigkeit eine biologisch notwendige Körperfunktion (so BGH 12. 11. 1997, MDR 1998, 285). Wenngleich also der unerfüllte Kinderwunsch als solcher keine Krankheit ist, muß die Behandlung mit dem Zweck der Behebung des medizinischen Konzeptionshindernisses grundsätzlich als Krankenbehandlung im Sinne der Sozialgesetze betrachtet werden, was freilich voraussetzt, daß es mit begründeter Aussicht auf Erfolg im Sinne einer Wiederherstellung der Konzeptions- bzw Zeugungsfähigkeit behandelbar ist (so auch Kletter, Wunschkind auf Krankenschein? SozSi 1996, 325 ff, 342).
Der regelwidrige Körperzustand einer sterilen Frau besteht aber nun nicht im Fehlen einer Schwangerschaft, sondern in der Unfähigkeit zur Empfängnis; dieser Zustand wird durch die In-Vitro Fertilisation nicht beeinflußt. Das Ziel der In-Vitro Fertilisation ist nicht die Beseitigung der Konzeptionshindernisse, sondern die Geburt eines Kindes, die Erfüllung eines unerfüllten individuellen Wunsches. Ob insoweit ein Gebrechen, also ein nicht mehr beeinflußbarer Körperzustand oder der Ausfall einer Körperfunktion vorliegt, braucht dabei nicht erörtert zu werden, weil nicht abschließend beurteilt werden kann, ob es nicht doch derzeit oder in Zukunft medizinische Möglichkeiten geben kann, die Konzeptionshindernisse im jeweiligen Einzelfall zu beseitigen. Im vorliegenden Fall ist nur zu beurteilen, ob die In-Vitro Fertilisation Krankenbehandlung im Sinne des § 133 Abs 2 ASVG [hier: § 62 Abs 2 B-KUVG] darstellt. Dem wiederholt vorgetragenen Einwand, daß auch beispielsweise die Behandlung eines Zuckerkranken mit Insulin oder eine Dialysebehandlung bei Niereninsuffizienz, also die Behandlung von körperlichen Dauerschäden sehr wohl als Krankenbehandlung im Sinne des ASVG anerkannt würde, ist entgegenzuhalten, daß sich in diesen Fällen der Gesundheitszustand des Patienten ohne die jeweilige Krankenbehandlung erheblich verschlechtern würde, sodaß sie zur Festigung der Gesundheit unumgänglich ist. Demgegenüber würde sich der Gesundheitszustand der Betroffenen auch ohne die außerkörperliche Befruchtung nicht verschlechtern. Diese Erwägungen betreffen im übrigen auch Heilmittel, die nach § 136 Abs 1 ASVG [§ 64 B-KUVG] die notwendigen Arzneien und die sonstigen Mittel umfassen, die zur Beseitigung oder Linderung der Krankheit oder zur Sicherung des Heilerfolges dienen. Nicht zielführend ist der Vergleich mit den in § 137 ASVG [§ 65 B-KUVG] genannten Heilbehelfen, wobei allerdings auch evident ist, daß sich der Gesundheitszustand eines Versicherten ohne Brillen, orthopädische Schuheinlagen oder Bruchbänder verschlechtern würde. Daß die In-Vitro Fertilisation im Zusammenhang mit bestehenden oder drohenden psychischen Veränderungen keine Krankenbehandlung im Sinne des § 133 Abs 2 ASVG darstellt, hat der Oberste Gerichtshof bereits in der Entscheidung 10 ObS 115/98d (vgl ARD 4962/23/98) ausgesprochen.Der regelwidrige Körperzustand einer sterilen Frau besteht aber nun nicht im Fehlen einer Schwangerschaft, sondern in der Unfähigkeit zur Empfängnis; dieser Zustand wird durch die In-Vitro Fertilisation nicht beeinflußt. Das Ziel der In-Vitro Fertilisation ist nicht die Beseitigung der Konzeptionshindernisse, sondern die Geburt eines Kindes, die Erfüllung eines unerfüllten individuellen Wunsches. Ob insoweit ein Gebrechen, also ein nicht mehr beeinflußbarer Körperzustand oder der Ausfall einer Körperfunktion vorliegt, braucht dabei nicht erörtert zu werden, weil nicht abschließend beurteilt werden kann, ob es nicht doch derzeit oder in Zukunft medizinische Möglichkeiten geben kann, die Konzeptionshindernisse im jeweiligen Einzelfall zu beseitigen. Im vorliegenden Fall ist nur zu beurteilen, ob die In-Vitro Fertilisation Krankenbehandlung im Sinne des Paragraph 133, Absatz 2, ASVG [hier: Paragraph 62, Absatz 2, B-KUVG] darstellt. Dem wiederholt vorgetragenen Einwand, daß auch beispielsweise die Behandlung eines Zuckerkranken mit Insulin oder eine Dialysebehandlung bei Niereninsuffizienz, also die Behandlung von körperlichen Dauerschäden sehr wohl als Krankenbehandlung im Sinne des ASVG anerkannt würde, ist entgegenzuhalten, daß sich in diesen Fällen der Gesundheitszustand des Patienten ohne die jeweilige Krankenbehandlung erheblich verschlechtern würde, sodaß sie zur Festigung der Gesundheit unumgänglich ist. Demgegenüber würde sich der Gesundheitszustand der Betroffenen auch ohne die außerkörperliche Befruchtung nicht verschlechtern. Diese Erwägungen betreffen im übrigen auch Heilmittel, die nach Paragraph 136, Absatz eins, ASVG [§ 64 B-KUVG] die notwendigen Arzneien und die sonstigen Mittel umfassen, die zur Beseitigung oder Linderung der Krankheit oder zur Sicherung des Heilerfolges dienen. Nicht zielführend ist der Vergleich mit den in Paragraph 137, ASVG [§ 65 B-KUVG] genannten Heilbehelfen, wobei allerdings auch evident ist, daß sich der Gesundheitszustand eines Versicherten ohne Brillen, orthopädische Schuheinlagen oder Bruchbänder verschlechtern würde. Daß die In-Vitro Fertilisation im Zusammenhang mit bestehenden oder drohenden psychischen Veränderungen keine Krankenbehandlung im Sinne des Paragraph 133, Absatz 2, ASVG darstellt, hat der Oberste Gerichtshof bereits in der Entscheidung 10 ObS 115/98d vergleiche ARD 4962/23/98) ausgesprochen.
Anders als in der Bundesrepublik Deutschland, wo seit dem 1. 1. 1989 nach § 27a Abs 2 SGB V Inseminationen unter den dort taxativ aufgezählten Voraussetzungen ausdrücklich als Leistungen der Krankenbehandlung gelten und damit in den Katalog der ersatzfähigen Leistungen aufgenommen sind, fehlt eine derzeitige Rechtsvorschrift im österreichischen Sozialversicherungsrecht; eine solche wurde insbesondere auch nicht im Zusammenhang mit dem am 1. 7. 1992 in Kraft getretenen Fortpflanzungsmedizingesetz (FMedG) BGBl 1992/275 geschaffen. Leistungen zur Herstellung der Zeugungs- oder Empfängnisfähigkeit gehörten in Deutschland bereits vorher zur Krankenbehandlung (§ 27 Abs 1 Satz 4 SBG V), hingegen bestimmte Satz 5 idF vor dem KOV-Anpassungsgesetz vom 26. 6. 1990, entgegen früher vertretenen Meinungen, daß Maßnahmen der künstlichen Befruchtung nicht zur Krankenbehandlung gehörten. An dessen Stelle trat der neue - subsidiäre - § 27a (vgl dazu Höfler im Kasseler Kommentar Rz 6, 45, 47 und 67 und Rz 1, 2 und 19 zu § 27a SGB V). Auch die deutsche Rechtslage zeigt, daß Inseminationen nicht immer als Leistungen der Krankenbehandlung angesehen wurden, sondern vom Gesetzgeber diesen Leistungen gleichgestellt werden sollten (Argument "Die Leistungen der Krankenbehandlung umfassen auch ...."). Eine Übernahme der Rechtslage der Bundesrepublik Deutschland zur In-Vitro Fertilisation auf österreichische Verhältnisse würde aber auch (worauf Kletter aaO 343 zutreffend hingewiesen hat) den Unterschieden der Systeme nicht gerecht. Verfehlt ist im übrigen der Hinweis auf die Judikatur des deutschen Bundesgerichtshofs zur Erstattungsfähigkeit der Kosten einer homologen In-Vitro Fertilisation in der privaten Krankenversicherung (Bernat, RdM 1997, 158), weil der privaten Krankenversicherung nicht nur andere Rechtsnormen mit andern Zielen, sondern auch andere Finanzierungen zugrundeliegen. Die in der Entscheidung 10 ObS 2371/96s obiter gemachten Andeutungen, die bei Kinderlosigkeit vorhandenen Funktionsstörungen der davon selbst betroffenen Personen könnten unter Umständen als Krankheit anerkannt werden, stehen der hier vertretenen Auffassung nicht entgegen. Selbst wenn man zutreffend den Zustand der Klägerin als regelwidrigen Körperzustand, der eine Krankenbehandlung erfordert, ansieht, folgt daraus nicht, die In-Vitro Fertilisation als notwendige und zweckmäßige Behandlung dieser Krankheit anzuerkennen. Wie schon das Erstgericht [in der Sozialrechtssache zu 10 ObS 193/98z] ausgeführt hat, könnte es als ein soziales Anliegen betrachtet werden, gesetzliche Maßnahmen vorzusehen, um die Kosten der In-Vitro Fertilisation zur Erfüllung des Kinderwunsches nicht zur Gänze den Eltern aufzuerlegen. Dies würde aber - ähnlich wie in der Bundesrepublik Deutschland (§ 27a SGB V) - eine klare Entscheidung des Gesetzgebers voraussetzen, die jedoch ungeachtet der seit vielen Jahren unverändert gebliebenen ablehnenden Judikatur zur Frage der Kostentragung künstlicher Befruchtungen bisher nicht getroffen wurde, insbesondere auch nicht bei der Erlassung des FMedG (BGBl 1992/275)."Anders als in der Bundesrepublik Deutschland, wo seit dem 1. 1. 1989 nach Paragraph 27 a, Absatz 2, SGB römisch fünf Inseminationen unter den dort taxativ aufgezählten Voraussetzungen ausdrücklich als Leistungen der Krankenbehandlung gelten und damit in den Katalog der ersatzfähigen Leistungen aufgenommen sind, fehlt eine derzeitige Rechtsvorschrift im österreichischen Sozialversicherungsrecht; eine solche wurde insbesondere auch nicht im Zusammenhang mit dem am 1. 7. 1992 in Kraft getretenen Fortpflanzungsmedizingesetz (FMedG) BGBl 1992/275 geschaffen. Leistungen zur Herstellung der Zeugungs- oder Empfängnisfähigkeit gehörten in Deutschland bereits vorher zur Krankenbehandlung (Paragraph 27, Absatz eins, Satz 4 SBG römisch fünf), hingegen bestimmte Satz 5 in der Fassung vor dem KOV-Anpassungsgesetz vom 26. 6. 1990, entgegen früher vertretenen Meinungen, daß Maßnahmen der künstlichen Befruchtung nicht zur Krankenbehandlung gehörten. An dessen Stelle trat der neue - subsidiäre - Paragraph 27 a, vergleiche dazu Höfler im Kasseler Kommentar Rz 6, 45, 47 und 67 und Rz 1, 2 und 19 zu Paragraph 27 a, SGB römisch fünf). Auch die deutsche Rechtslage zeigt, daß Inseminationen nicht immer als Leistungen der Krankenbehandlung angesehen wurden, sondern vom Gesetzgeber diesen Leistungen gleichgestellt werden sollten (Argument "Die Leistungen der Krankenbehandlung umfassen auch ...."). Eine Übernahme der Rechtslage der Bundesrepublik Deutschland zur In-Vitro Fertilisation auf österreichische Verhältnisse würde aber auch (worauf Kletter aaO 343 zutreffend hingewiesen hat) den Unterschieden der Systeme nicht gerecht. Verfehlt ist im übrigen der Hinweis auf die Judikatur des deutschen Bundesgerichtshofs zur Erstattungsfähigkeit der Kosten einer homologen In-Vitro Fertilisation in der privaten Krankenversicherung (Bernat, RdM 1997, 158), weil der privaten Krankenversicherung nicht nur andere Rechtsnormen mit andern Zielen, sondern auch andere Finanzierungen zugrundeliegen. Die in der Entscheidung 10 ObS 2371/96s obiter gemachten Andeutungen, die bei Kinderlosigkeit vorhandenen Funktionsstörungen der davon selbst betroffenen Personen könnten unter Umständen als Krankheit anerkannt werden, stehen der hier vertretenen Auffassung nicht entgegen. Selbst wenn man zutreffend den Zustand der Klägerin als regelwidrigen Körperzustand, der eine Krankenbehandlung erfordert, ansieht, folgt daraus nicht, die In-Vitro Fertilisation als notwendige und zweckmäßige Behandlung dieser Krankheit anzuerkennen. Wie schon das Erstgericht [in der Sozialrechtssache zu 10 ObS 193/98z] ausgeführt hat, könnte es als ein soziales Anliegen betrachtet werden, gesetzliche Maßnahmen vorzusehen, um die Kosten der In-Vitro Fertilisation zur Erfüllung des Kinderwunsches nicht zur Gänze den Eltern aufzuerlegen. Dies würde aber - ähnlich wie in der Bundesrepublik Deutschland (Paragraph 27 a, SGB römisch fünf) - eine klare Entscheidung des Gesetzgebers voraussetzen, die jedoch ungeachtet der seit vielen Jahren unverändert gebliebenen ablehnenden Judikatur zur Frage der Kostentragung künstlicher Befruchtungen bisher nicht getroffen wurde, insbesondere auch nicht bei der Erlassung des FMedG (BGBl 1992/275)."
Diese Ausführungen treffen auch auf den vorliegenden Fall vollinhaltlich zu. Der Senat hält an dieser Rechtsprechung fest.
Damit ist aber die Klageabweisung durch die Vorinstanzen zu Recht erfolgt. Der hiegegen ankämpfenden Revision war damit ein Erfolg zu versagen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 77 Abs 1 Z 2 lit b ASGG. Es entspricht der Billigkeit, der unterlegenen Klägerin die Hälfte ihrer Kosten des Revisionsverfahrens zuzusprechen (so auch 10 ObS 193/98z), weil zum Zeitpunkt der Erhebung des Rechtsmittels die beiden wiedergegebenen und auch für die gegenständliche Sozialrechtssache maßgeblichen Judikate 10 ObS 115/98d und 10 ObS 193/98z noch nicht vorlagen und damit (bezogen auf den damaligen Zeitpunkt) die Ergreifung des Rechtsmittels der Lösung einer Rechtsfrage im Sinne des § 46 Abs 1 ASGG dienen sollte.Die Kostenentscheidung beruht auf Paragraph 77, Absatz eins, Ziffer 2, Litera b, ASGG. Es entspricht der Billigkeit, der unterlegenen Klägerin die Hälfte ihrer Kosten des Revisionsverfahrens zuzusprechen (so auch 10 ObS 193/98z), weil zum Zeitpunkt der Erhebung des Rechtsmittels die beiden wiedergegebenen und auch für die gegenständliche Sozialrechtssache maßgeblichen Judikate 10 ObS 115/98d und 10 ObS 193/98z noch nicht vorlagen und damit (bezogen auf den damaligen Zeitpunkt) die Ergreifung des Rechtsmittels der Lösung einer Rechtsfrage im Sinne des Paragraph 46, Absatz eins, ASGG dienen sollte.
Anmerkung
E52382 10C02478European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:1998:010OBS00247.98S.1215.000Dokumentnummer
JJT_19981215_OGH0002_010OBS00247_98S0000_000