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10/07 Verwaltungsgerichtshof;Norm
AVG §56;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Mizner und die Hofräte Dr. Stöberl und Dr. Köhler als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Hofer, in der Beschwerdesache des Univ. Prof. Dr. MH in W, vertreten durch Dr. Hermann Heller, Rechtsanwalt in 1030 Wien, Marokkanergasse 21/11, gegen die Erledigung des Rektorates der Medizinischen Universität Wien vom 26. Jänner 2005, Zl. 82- lfd/Institutsordner, betreffend Abberufung von der Funktion als Leiter einer Organisationseinheit, den Beschluss gefasst:
Spruch
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat der Medizinischen Universität Wien Aufwendungen in der Höhe von EUR 381,90 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit Erledigung des Rektorates der Medizinischen Universität Wien vom 26. Jänner 2005 wurde der Beschwerdeführer von seiner Funktion als Leiter der Organisationseinheit "Departement für Gerichtliche Medizin" (§ 3 Abs. 1 Z. 8 des Organisationsplanes) abberufen. Begründend wurde im Wesentlichen ausgeführt, der Beschwerdeführer sei vom Rektorat der Medizinischen Universität Wien mit Schreiben vom 28. Juni 2004 zum Leiter des erwähnten Departements bestellt worden. Er habe die ihm als Leiter dieser Organisationseinheit obliegenden Aufgaben - wie näher dargelegt - jedoch nicht erfüllt. Auf Grund der von ihm zu vertretenden Handlungen bzw. Versäumnisse sei daher gemäß § 4 Abs. 5 des Organisationsplanes der Medizinischen Universität Wien vorzugehen und der Beschwerdeführer aus wichtigem Grund von der Funktion des Departementleiters abzuberufen gewesen.
Gegen diese vom Beschwerdeführer als Bescheid gewertete Erledigung richtet sich die vorliegende Beschwerde.
Das Rektorat der Medizinischen Universität Wien legte die Akten des Verfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift, in der die kostenpflichtige Zurück- bzw. Abweisung der Beschwerde beantragt wurde.
Gemäß Art. 131 Abs. 1 Z. 1 B-VG kann nach Erschöpfung des Instanzenzuges gegen den Bescheid einer Verwaltungsbehörde wegen Rechtswidrigkeit Beschwerde erheben, wer behauptet, durch den Bescheid in seinen Rechten verletzt zu sein.
Voraussetzung für die Zulässigkeit einer Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof ist demnach das Vorliegen eines (letztinstanzlichen) Bescheides einer Verwaltungsbehörde. Diese Voraussetzung ist im vorliegenden Fall nicht erfüllt.
Gemäß § 4 des Universitätsgesetzes 2002 (UG 2002) sind die Universitäten juristische Personen des öffentlichen Rechts.
Jede Universität erlässt gemäß § 19 Abs. 1 UG 2002 durch Verordnung (Satzung) die erforderlichen Ordnungsvorschriften im Rahmen der Gesetze und Verordnungen selbst. Die Satzung ist vom Senat auf Vorschlag des Rektorats mit einfacher Mehrheit zu beschließen.
Die obersten Organe der Universität sind gemäß § 20 Abs. 1 UG 2002 der Universitätsrat, das Rektorat, die Rektorin oder der Rektor und der Senat.
Das Rektorat hat gemäß § 20 Abs. 4 UG 2002 nach Stellungnahme des Senats einen Organisationsplan zu erstellen, der der Genehmigung des Universitätsrats bedarf. Bei der Errichtung von Organisationseinheiten (Departements, Fakultäten, Institute oder andere Organisationseinheiten) ist auf eine zweckmäßige Zusammenfassung nach den Gesichtspunkten von Forschung, Entwicklung und Erschließung der Künste, Lehre und Lernen sowie Verwaltung zu achten.
Zur Leiterin oder zum Leiter einer Organisationseinheit mit Forschungs- und Lehraufgaben oder Aufgaben der Entwicklung und Erschließung der Künste und der Lehre der Kunst ist gemäß § 20 Abs. 5 UG 2002 vom Rektorat auf Vorschlag der Universitätsprofessorinnen und Universitätsprofessoren der betreffenden Organisationseinheit eine Universitätsprofessorin oder ein Universitätsprofessor zu bestellen. Diese Leiterinnen und Leiter haben mit den der betreffenden Organisationseinheit zugeordneten Angehörigen der Universität Zielvereinbarungen über die Leistungen in Forschung oder Entwicklung und Erschließung der Künste sowie in der Lehre abzuschließen, die von diesen Angehörigen zu erbringen sind. Dabei ist auf die Freiheit der Wissenschaft und der Künste und auf einen entsprechenden Freiraum der einzelnen Wissenschafterinnen und Wissenschafter sowie Künstlerinnen und Künstler in der Forschung oder bei der Entwicklung und Erschließung der Künste sowie in der Lehre Bedacht zu nehmen. Nähere Bestimmungen sind in der Satzung festzulegen.
Gemäß § 22 Abs. 1 UG 2002 leitet das Rektorat die Universität und vertritt diese nach außen. Es hat alle Aufgaben wahrzunehmen, die durch dieses Bundesgesetz nicht einem anderen Organ zugewiesen sind. Zu seinen Aufgaben zählt u.a. die Bestellung der Leiterinnen und Leiter von Organisationseinheiten (§ 22 Abs. 1 Z. 5 UG 2002) sowie der Abschluss von Zielvereinbarungen mit den Leiterinnen und Leitern der Organisationseinheiten (§ 22 Abs. 1 Z. 6 UG 2002).
Gemäß § 4 Abs. 1 des Organisationsplans der Medizinischen Universität Wien ist zum Leiter einer Organisationseinheit im medizinisch-theoretischen Bereich der Medizinischen Universität Wien - eine solche Organisationseinheit stellt das "Departement für gerichtliche Medizin" gemäß § 3 Abs. 1 Z. 8 des Organisationsplans dar - vom Rektorat gemäß § 20 Abs. 5 UG 2002 auf Vorschlag der Universitätsprofessoren der Organisationseinheit ein Universitätsprofessor zu bestellen.
Der Leiter einer solchen Organisationseinheit kann gemäß § 4 Abs. 5 des Organisationsplans vom Rektorat aus wichtigem Grund aus seiner Funktion abberufen werden.
Nach den Bestimmungen des UG 2002 sind die Universitäten als juristische Personen des öffentlichen Rechts mit hoheitlichen Aufgaben und Befugnissen ausgestattet. "In den Universitäten und deren Organisationseinheiten sind" (so die Gesetzesmaterialien, RV 1134 BlgNR, 21 GP, S. 77), "wie bisher hoheitliche und privatwirtschaftliche Tätigkeiten untrennbar miteinander verbunden, wobei die hoheitlichen Aufgaben überwiegen".
Zu hoheitlichem Handeln sind die Universitäten (allerdings nur) insoweit befugt, als sie dazu gesetzlich ermächtigt sind. Entsprechende Ermächtigungen bestehen - neben jenen zur Erlassung von Verordnungen - in den "behördlichen Angelegenheiten", in denen die Universitätsorgane gemäß § 46 Abs. 1 UG 2002 das AVG anzuwenden und mit Bescheid zu entscheiden haben. Dies ist in Vollziehung der Studienvorschriften gemäß den §§ 51 ff UG 2002 (vgl. § 51 Abs. 1 UG 2002 sowie die Gesetzesmaterialien (RV, 1134 BlgNR, 21 GP, S. 89)) ebenso der Fall wie in den durch Bescheid zu erledigenden Habilitationsverfahren (vgl. § 103 Abs. 9 UG 2002) und Schiedsverfahren (vgl. § 43 Abs. 5 UG 2002). Nicht hingegen ist die Bestellung oder Abberufung des Leiters einer Organisationseinheit durch Bescheid vorgesehen. In diesen Fällen besteht keine Ermächtigung zu entsprechendem hoheitlichen Handeln; eine Bestellung oder Abberufung durch Bescheid kommt diesfalls nicht in Betracht.
Nun kommt in der nicht als Bescheid bezeichneten Erledigung des Rektorates vom 26. Jänner 2005 zwar der Wille zum Ausdruck, eine rechtsverbindliche Entscheidung betreffend die Abberufung des Beschwerdeführers von seiner Funktion als Leiter der Organisationseinheit "Departement für gerichtliche Medizin" zu treffen. Dieser Inhalt alleine führt jedoch dann nicht zwingend zur Deutung der Erledigung als Bescheid, wenn nach den jeweils als Beurteilungsmaßstab in Betracht kommenden Rechtsvorschriften diese Rechtsfolge durch einen Rechtsakt herbeizuführen ist, der nach der Rechtsordnung kein Bescheid ist (vgl. den hg. Beschluss vom 29. Juni 2006, Zl. 2006/10/0094, und die dort zitierte Vorjudikatur).
Vor dem dargestellten rechtlichen Hintergrund, nach dem die Bestellung und Abberufung der Leiter von Organisationseinheiten nicht durch Bescheid vorzunehmen ist, besteht kein Grund für die Annahme, das Rektorat der Medizinischen Universität Wien habe mit der angefochtenen Erledigung im Rahmen der Hoheitsverwaltung eine bescheidmäßige Entscheidung getroffen. Dass die Bestellung und Abberufung in der Satzung geregelt ist, bedeutet im Gegensatz zur Auffassung des Beschwerdeführers noch keine Ermächtigung des Rektorats, die entsprechende Rechtsfolge durch Hoheitsakt herbeizuführen. Die angefochtene Erledigung ist daher nicht als Bescheid zu qualifizieren, die dagegen an den Verwaltungsgerichtshof erhobene Beschwerde somit unzulässig: Sie war gemäß § 34 Abs. 1 und 3 VwGG in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.
Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 333/2003.
Wien, am 16. Oktober 2006
Schlagworte
Bescheidbegriff Mangelnder Bescheidcharakter Besondere Rechtsgebiete Dienstrecht Offenbare Unzuständigkeit des VwGH Mangelnder Bescheidcharakter Bescheidbegriff Allgemein Offenbare Unzuständigkeit des VwGH Mangelnder Bescheidcharakter Besondere Rechtsgebiete Dienstrecht Bescheidbegriff Mangelnder BescheidcharakterEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2006:2005100043.X00Im RIS seit
19.12.2006Zuletzt aktualisiert am
07.10.2008