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L92057 Altenheime Pflegeheime Sozialhilfe Tirol;Norm
AVG §10;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Mizner und die Hofräte Dr. Stöberl, Dr. Köhler, Dr. Schick und Mag. Nussbaumer-Hinterauer als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Hofer, über die Beschwerde des Ing. Mag. HH in I, vertreten durch Mag. Peter Michael Draxl, Rechtsanwalt in 6176 Völs, Gießenweg 1, gegen den Bescheid der Tiroler Landesregierung vom 13. Jänner 2004, Zl. Va-456-7437/33, betreffend Sozialhilfe, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Land Tirol Aufwendungen in der Höhe von EUR 381,90 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit Bescheid der Bürgermeisterin der Stadt Innsbruck vom 17. September 2003 wurde dem Beschwerdeführer eine Reihe von Sozialhilfemaßnahmen gewährt, sein Ansuchen auf Ersatz der Fahrtkosten in die Schule und in die ehemalige Wohnung, der Kosten für 5 Schulhefte, der Kosten für eine Zeckenschutzimpfung für den mj. Jakob H. sowie auf Erstattung der für die mj. Lea A. und den mj. Peter H. geleisteten Unterhaltszahlungen jedoch ab- bzw. zurückgewiesen. Begründend wurde im Wesentlichen ausgeführt, den Anträgen des Beschwerdeführers auf Gewährung von Aushilfen zur Erfüllung seiner Unterhaltspflichten könne nicht entsprochen werden, zumal selbst eine Exekution der gegen ihn bestehenden Forderungen ihn nicht in eine Notlage im Sinn des Tiroler Sozialhilfegesetzes (TSHG) bringen könnte; die Leistungen aus der Sozialhilfe könnten nämlich weder gepfändet noch verpfändet werden. Die beantragte Übernahme der Kosten für die Zeckenschutzimpfung gehöre zur "vorbeugenden Gesundheitshilfe", die vom Land als Träger von Privatrechten gewährt werde und über die daher nicht mit Bescheid abgesprochen werden könne. Die beantragten Fahrtkosten bzw. die Kosten für Schulhefte seien schließlich durch den Richtsatz gedeckt und könnten daher nicht gesondert übernommen werden.
Die vom Beschwerdeführer gegen diesen Bescheid erhobene Berufung wurde in Ansehung der für den mj. Jakob H. gestellten Anträge als unzulässig zurück-, im Übrigen jedoch als unbegründet abgewiesen. Der in der Berufung gestellte Antrag des Beschwerdeführers auf Übernahme der Kosten für "den Ankauf der ständig angesprochenen, aber nie ausgewiesenen Gesetze, der dazugehörenden Verordnungen und Erlässe und einer vollständigen Sammlung des Verwaltungsgerichts bezüglich der Sozialgesetzgebung" wurde wegen Unzuständigkeit zurückgewiesen. Begründend wurde im Wesentlichen ausgeführt, im für die Entscheidung relevanten Zeitraum sei die Mutter des minderjährigen Jakob H., Sabine H., für diesen alleine obsorgeberechtigt gewesen. Obwohl ihr der für den minderjährigen Jakob H. eingebrachte Antrag und die Berufungsanträge zur Kenntnis gebracht worden seien, habe sie diese nicht (nachträglich) genehmigt; sie habe den Beschwerdeführer auch nicht zu einem Vertreter im Sinn des § 10 AVG bestellt. Dem Beschwerdeführer fehle daher die Legitimation, für den minderjährigen Jakob H. Anträge auf Sozialhilfeleistungen (Fahrtkostenersatz, Schulhefte) zu stellen. Auf das den minderjährigen Jakob H. betreffende Berufungsvorbringen sei somit nicht weiter einzugehen gewesen. Die vom Beschwerdeführer geforderte Anerkennung der von ihm geleisteten Unterhaltszahlungen sei nicht zu gewähren, weil selbst eine Exekution der gegen ihn bestehenden Forderungen ihn nicht in eine Notlage im Sinne des TSHG führen könnte, zumal Leistungen der Sozialhilfe weder gepfändet noch verpfändet werden dürften.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift, in der die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt wurde.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Der Beschwerdeführer bringt im Wesentlichen vor, der minderjährige Jakob H. lebe seit dem 26. April 2003 beim ihm, er habe daher für diesen auch zu sorgen. Dass er über den minderjährigen Jakob H. die "faktische Obsorge" innehabe und auch für dessen Aufwand alleine aufzukommen habe, sei unbestritten. Die Kindesmutter habe sich ab April 2003 nicht mehr um den mj. Jakob H. gekümmert, sodass dem Beschwerdeführer gar nichts anderes übrig geblieben sei, als um Sozialhilfe zur Führung eines menschenwürdigen Lebens für sich und seinen Sohn anzusuchen. Er sei für den mj. Jakob H. daher im Verfahren jedenfalls vertretungsbefugt gewesen. Betreffend die Ablehnung der belangten Behörde, die Unterhaltsleistungen des Beschwerdeführers als bedarfserhöhend anzuerkennen, werde übersehen, dass die Bezirksgerichte Innsbruck und Schwaz in ihren Beschlüssen betreffend die Festsetzung der Unterhaltsleistungen des Beschwerdeführers von der so genannten Anspannungstheorie ausgegangen seien. Demnach sei es völlig irrelevant, ob der Verpflichtete tatsächlich das entsprechende Einkommen erziele. Der Beschwerdeführer müsse vorrangig seine Unterhaltsverpflichtung erfüllen, widrigenfalls exekutive Schritte und strafrechtliche Sanktionen in Form von unbedingten Freiheitsstrafen erfolgten. Es brauche nicht näher darauf hingewiesen werden, dass auch im Strafrecht der Anspannungsgrundsatz grundsätzlich gelte. Der Verlust der Wohnung, die Gefährdung des Wohles des mj. Jakob H., eine Verminderung der Chancen des Beschwerdeführers am Arbeitsmarkt seien die weiteren schweren Folgen. Zweifellos stelle eine derartige Situation eine Notlage im Sinne des TSHG dar. Anstelle der Gewährung von Hilfe in dieser besonderen Lebenslage zur Überbrückung des außergewöhnlichen Umstandes werde der Beschwerdeführer jedoch genötigt, die aus dem Titel Lebensunterhalt erhaltenen Beträge für marginale Unterhaltsrückzahlungen zu verwenden, um den völligen "Existenzkollaps" zu verhindern. De facto werde dem Beschwerdeführer damit der jedermann gesetzlich zugebilligte Mindestunterhalt nicht gewährt. Die Verweigerung der Übernahme der Kosten für den Zeckenschutzimpfstoff sei weder in tatsächlicher noch in rechtlicher Hinsicht begründet worden. Diese Kosten müssten dem Beschwerdeführer unter dem Gesichtspunkt der Hilfe zur Sicherung des Lebensunterhaltes, die auch den Aufwand für Körper- und Gesundheitspflege umfasse, jedenfalls erstattet werden. Zu Recht sei jedoch der Antrag des Beschwerdeführers auf "Kostenübernahme für den Ankauf der ständig angesprochenen, aber nie ausgewiesenen Gesetze, der dazugehörigen Verordnungen und Erlässe in einer vollständigen Sammlung des Verwaltungsgerichts sowie der Sozialgesetzgebung" zurückgewiesen worden. Unter dem Gesichtspunkt einer Verletzung von Verfahrensvorschriften sei schließlich zu rügen, dass weder ein ausreichendes Ermittlungsverfahren durchgeführt, noch dem Beschwerdeführer Gelegenheit geboten worden sei, zu den Ermittlungsergebnissen Stellung zu nehmen.
Soweit die Frage der Berücksichtigung von Unterhaltsleistungen berührt wird, gleicht der vorliegende Beschwerdefall in allen für die Entscheidung maßgeblichen Umständen jenem, der bereits mit Erkenntnis vom heutigen Tage, Zl. 2003/10/0256, entschieden wurde. Auf die dort dargestellten Entscheidungsgründe wird gemäß § 43 Abs. 2 VwGG verwiesen.
In Ansehung der Zurückweisung der Berufung macht der Beschwerdeführer nicht etwa geltend, dass er die Berufung im eigenen Namen erhoben habe. Soweit die Berufung aber deswegen zurückgewiesen wurde, weil dem Beschwerdeführer die gesetzliche Vertretung des mj. Jakob H. nicht zukam (vgl. dazu das hg. Erkenntnis vom heutigen Tag, Zl. 2004/10/0148), liegt keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides vor.
Schließlich hat der Beschwerdeführer zwar eine Verletzung von Verfahrensvorschriften gerügt, es jedoch unterlassen, deren Relevanz im Sinne des § 42 Abs. 2 Z. 3 VwGG darzutun.
Die sich somit als unbegründet erweisende Beschwerde war gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.
Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 333/2003.
Wien, am 16. Oktober 2006
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2006:2004100149.X00Im RIS seit
07.12.2006