TE Vwgh Beschluss 2006/10/16 2006/10/0168

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Veröffentlicht am 16.10.2006
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Index

10/07 Verwaltungsgerichtshof;
40/01 Verwaltungsverfahren;

Norm

AVG §71 Abs1 Z1;
VwGG §34 Abs2;
VwGG §46 Abs1;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Mizner und die Hofräte Dr. Stöberl und Dr. Schick als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Hofer, über den Antrag der CB in G, vertreten durch Dr. Alexander Haas, Rechtsanwalt in 8054 Seiersberg, Haushamerstraße 1, auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Frist zur Behebung von Mängeln der Beschwerde gegen den Bescheid der beim Bundesministerium für soziale Sicherheit, Generationen und Konsumentenschutz eingerichteten Bundesberufungskommission für Sozialentschädigungs- und Behindertenangelegenheiten vom 18. Oktober 2005, Zl. 41.550/219-9/05, betreffend Zusatzeintragung in den Behindertenpass, den Beschluss gefasst:

Spruch

Der Antrag wird abgewiesen.

Begründung

1.1. Gegen den Bescheid der beim Bundesministerium für soziale Sicherheit, Generationen und Konsumentenschutz eingerichteten Bundesberufungskommission für Sozialentschädigungs- und Behindertenangelegenheiten vom 18. Oktober 2005, Zl. 41.550/219-9/05, betreffend Zusatzeintragung in den Behindertenpass, erhob die Beschwerdeführerin die zur hg. Zl. 2006/10/0072 protokollierte Beschwerde gemäß Art. 131 B-VG vor dem Verwaltungsgerichtshof.

Mit hg. Verfügung vom 2. Mai 2006, Zl. 2006/10/0072-2, wurde der Beschwerdeführerin zu Handen ihres Rechtsvertreters der Beschwerdeschriftsatz gemäß § 34 Abs. 2 VwGG zur Behebung folgenden Mangels zurückgestellt:

"Es ist eine weitere Ausfertigung der Beschwerde für die Bundesministerin für soziale Sicherheit, Generationen und Konsumentenschutz beizubringen (§§ 24 Abs. 1 und 29 VwGG).

Zur Behebung dieses Mangels wird eine Frist von drei Wochen vom Tage der Zustellung dieses Auftrages an gerechnet, bestimmt.

Die zurückgestellte Beschwerde (einschließlich der angeschlossen gewesenen, gesetzlich vorgeschriebenen Beilagen) ist auch dann wieder vorzulegen, wenn zur Ergänzung ein neuer Schriftsatz eingebracht wird.

Die Versäumung der Frist gilt als Zurückziehung der Beschwerde."

Die Zustellung dieser Verfügung, der die ursprünglichen Beschwerdeausfertigungen angeschlossen waren, erfolgte am 10. Mai 2006.

Da innerhalb der gesetzten dreiwöchigen Frist eine Beschwerdeergänzung beim Verwaltungsgerichtshof nicht einlangte, wurde das Beschwerdeverfahren mit hg. Beschluss vom 29. Juni 2006, Zl. 2006/10/0072-5, gemäß §§ 34 Abs. 2 und 33 Abs. 1 VwGG eingestellt.

Die Zustellung des Zurückweisungsbeschlusses erfolgte am 25. Juli 2006. 1.2. Mit Schriftsatz ihres Rechtsvertreters vom 4. August 2006, zur Post gegeben am 8. August 2006, stellte die Beschwerdeführerin den Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Frist zur Beschwerdeergänzung.

Als Grund für die begehrte Wiedereinsetzung wurde vorgebracht, dem Rechtsvertreter der Beschwerdeführerin sei mit 10. Mai 2006 die entsprechende Verfügung des Verwaltungsgerichtshofes auf Beifügung einer weiteren Ausfertigung der Beschwerde zugemittelt worden. Da es sich diesbezüglich um keinen wesentlichen Aufwand gehandelt habe, habe der Rechtsvertreter "diese entsprechende Wiedervorlage umgehend diktiert und auch unterfertigt". Die "entsprechende Wiedervorlage" hätte lediglich noch an den Verwaltungsgerichtshof abgeschickt werden müssen, das Abschicken sei aber - offensichtlich auf Grund eines Versäumnisses des Sekretariats - unterblieben. "Die entsprechende Frist als Wiedervorlage" habe seitens des Rechtsvertreters berechtigterweise als erledigt angesehen werden können, da nicht davon ausgegangen habe werden müssen bzw. dürfen, dass "die bereits für den Versand unterfertigte Wiedervorlage irrtümlich seitens des Sekretariates nicht abgefertigt" werde. Auf Grund entsprechender, jahrelanger Handhabung durch den Rechtsvertreter habe dieser darauf vertrauen können, "dass das von ihm unterfertigte Schriftstück auch ordnungsgemäß abgeschickt" werde. Ein derartiges Versehen, dass nämlich "ein Schriftstück nicht abgeschickt" werde oder auf dem Weg zum Postamt in Verlust gerate, sei noch nie vorgekommen. Nachdem ein weiteres Einschreiten hinsichtlich des Aktes der Beschwerdeführerin bis zum Erhalt des Einstellungsbeschlusses mit 25. Juli 2006 nicht erforderlich gewesen sei, sei "die im Akt verbliebene Wiedervorlage" bis zum Erhalt dieses Beschlusses auch nicht aufgefallen, sodass der Rechtsvertreter bzw. die Beschwerdeführerin erst mit Einlangen des Einstellungsbeschlusses von der versäumten Frist Kenntnis erlangt hätten. Zum Nachweis für diesen Sachverhalt würden die "seinerzeit im Akt verbliebene Wiedervorlage" sowie zwei eidesstättige Erklärungen im Original beigelegt.

In einer eidesstättigen Erklärung des Rechtsvertreters erklärte dieser, dass er von dem Umstand, nämlich dass die von ihm "unterfertigte Wiedervorlage seinerzeit nicht fristgerecht abgeschickt" worden sei, erst am 25. Juli 2006 Kenntnis erlangt habe. Die im Original vom Verwaltungsgerichtshof mit Verfügung vom 2. Mai 2006 rückübermittelten Unterlagen sowie die vom Rechtsvertreter "unterfertigte Wiedervorlage" hätten sich zu diesem Zeitpunkt im entsprechenden Handakt der Beschwerdeführerin gefunden.

In einer eidesstättigen Erklärung der Sekretärin des Rechtsvertreters erklärte diese, der Rechtsvertreter habe den "entsprechenden Antrag auf Wiedervorlage" umgehend diktiert und ihr "die unterfertigte Wiedervorlage übergeben". Die entsprechende Frist sei von der Sekretärin als erledigt vermerkt und "die Wiedervorlage" zum Postversand vorgesehen worden. Auf Grund eines für sie nicht mehr erklärlichen Versehens müsse sie es entweder verabsäumt haben, "das Schriftstück" dann tatsächlich abzusenden oder der Akt sei irrtümlich mit einem anderen Akt eingelegt worden. Jedenfalls sei es verabsäumt worden, "die Wiedervorlage tatsächlich abzusenden". Vor Einlangen des Beschlusses mit 25. Juli 2006 sei ihr "die im Akt verbliebene Wiedervorlage" nicht aufgefallen. Ein derartiges Versäumnis sei ihr in all den Jahren noch nicht unterlaufen.

Dem Wiedereinsetzungsantrag beigeschlossen waren weiters ein als "Wiedervorlage" bezeichneter, mit "11.5.2006" datierter Schriftsatz des Rechtsvertreters, die vom Verwaltungsgerichtshof seinem Mängelbehebungsauftrag angeschlossenen ursprünglichen Beschwerdeausfertigungen sowie die verlangte dritte Beschwerdeausfertigung.

2. Der Verwaltungsgerichtshof vermag in dem oben wiedergegebenen Vorbringen kein die Voraussetzungen für die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gemäß § 46 Abs. 1 VwGG begründendes Vorbringen zu sehen:

2.1. Eingangs ist festzuhalten, dass nach ständiger Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes das Verschulden des Vertreters der Partei an der Fristversäumung dem Verschulden der Partei selbst gleichzuhalten ist, während jene seines Kanzleibediensteten eines bevollmächtigten Rechtsanwaltes dem Rechtsanwalt (und damit der Partei) nur dann als Verschulden anzurechnen ist, wenn diese die ihm zumutbare und nach der Sachlage gebotene Überwachungspflicht jenen Bediensteten gegenüber unterlassen hat (vgl. z.B. den hg. Beschluss vom 9. Juni 1995, Zl. 94/02/0498, m.w.N.). Die anwaltliche Sorgfaltspflicht umfasst im Falle eines Mängelbehebungsauftrages auch die geeignete Überwachung der Vorbereitung der Postsendung zur Abgabe und die Überprüfung der Vollständigkeit der an den Verwaltungsgerichtshof in Befolgung des Mängelbehebungsauftrages zu übermittelnden Aktenstücke (vgl. den bereits erwähnten hg. Beschluss vom 9. Juni 1995).

2.2. Im vorliegenden Fall hätte die Befolgung des Mängelbehebungsauftrages des Verwaltungsgerichtshofes erfordert, dem Verwaltungsgerichtshof innerhalb der festgesetzten Frist sowohl die verlangte dritte Ausfertigung der Beschwerde als auch die vom Verwaltungsgerichtshof seinem Mängelbehebungsauftrag angeschlossene Originalbeschwerde sowie die zweite Ausfertigung zu übermitteln (vgl. den hg. Beschluss vom 18. März 2005, Zl. 2005/02/0041). Die Abfassung eines Schriftsatzes, der die Wiedervorlage der genannten Beilagen begleitete, war zwar zulässig, nicht jedoch erforderlich.

2.3. Im Wiedereinsetzungsvorbringen ist - wie oben dargestellt - mehrfach davon die Rede, dass der Rechtsvertreter der Beschwerdeführerin einen von ihm als "Wiedervorlage" bezeichneten Schriftsatz "umgehend diktiert und auch unterfertigt" habe. Diese entsprechende Wiedervorlage hätte lediglich noch an den Verwaltungsgerichtshof abgeschickt werden müssen, das Abschicken sei jedoch infolge eines Versehens seiner Sekretärin unterblieben.

Damit fehlt es aber bereits an einem im Hinblick auf die vorherigen Ausführungen erforderlichen substanziierten Vorbringen, wonach der Rechtsvertreter der Beschwerdeführerin die Vollständigkeit der dem von ihm diktierten Schriftstück beizulegenden Urkunden, nämlich die vom Verwaltungsgerichtshof zurückgestellten Beschwerdeausfertigungen sowie die verlangte dritte Ausfertigung, kontrolliert und sich bei der Unterfertigung des Schriftsatzes von der ordnungsgemäßen (vollständigen) Erfüllung des Mängelbehebungsauftrages vergewissert hätte (vgl. den hg. Beschluss vom 1. Februar 1995, Zl. 95/18/1127). Das Wiedereinsetzungsvorbringen ist daher nicht geeignet aufzuzeigen, dass dem Vertreter der Beschwerdeführerin ein den minderen Grad des Versehens nicht übersteigendes Verschulden unterlaufen wäre.

2.4. Der Antrag auf Bewilligung der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand war somit gemäß § 46 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Wien, am 16. Oktober 2006

Schlagworte

Mängelbehebung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2006:2006100168.X00

Im RIS seit

28.12.2006
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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