TE OGH 1999/1/19 1Ob338/98g

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 19.01.1999
beobachten
merken

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Schlosser als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Schiemer, Dr. Gerstenecker, Dr. Rohrer und Dr. Zechner als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Christian S*****, vertreten durch Dr. Matthias Bacher, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagte Partei Pfarre U*****, vertreten durch Dr. Erich Ehn, Rechtsanwalt in Wien, wegen 263.479,60 S sA und Feststellung (Streitwert 50.000 S) infolge außerordentlicher Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht vom 25. Mai 1998, GZ 14 R 11/98k-16, folgenden

Beschluß

gefaßt:

Spruch

Die außerordentliche Revision der klagenden Partei wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.Die außerordentliche Revision der klagenden Partei wird gemäß Paragraph 508 a, Absatz 2, ZPO mangels der Voraussetzungen des Paragraph 502, Absatz eins, ZPO zurückgewiesen.

Text

Begründung:

Der 44jährige Kläger besuchte am 3. Dezember 1995 den von der beklagten Pfarre in einem Kellerviertel („Loamgrui“) - durch Vermietung der Preßhäuser und Weinkeller an Aussteller zum Betrieb von Ständen aller Art - veranstalteten und behördlich ohne Auflagen in Ansehung der Wegesicherung genehmigten Adventmarkt, kam beim Verlassen eines innerhalb des feuchten und lehmigen Veranstaltungsgebiets liegenden, leicht erhöht stehenden und über eine Böschung, in die vier Holzstufen ohne Handlauf eingebettet sind, zu erreichenden Preßhauses - in dem durch ehrenamtliche Mitarbeiter der beklagten Partei Bastelsachen und Keramik verkauft wurden - in der Dämmerung zu Sturz und erlitt dabei schwere Verletzungen. Es herrschte weder Eis- noch Schneeglätte, die Stufen waren aber naß und glitschig.

Die Vorinstanzen wiesen das Schadenersatzklagebegehren (Schmerzengeld, Verdienstentgang und Feststellung) mangels Verletzung der die beklagte Partei als Veranstalterin treffenden Verkehrssicherungspflicht ab, liege doch das Veranstaltungsgebiet außerhalb eines Ortsgebiets in einem „bäuerlichen Arbeitsgebiet“. Nur ungewöhnlichen und an dieser Stelle nicht zu vermutenden Gefahren wäre durch Sicherungsmaßnahmen zu begegnen gewesen.

Rechtliche Beurteilung

Die angefochtene Entscheidung hält sich im Rahmen der von der Lehre gebilligten stRspr des Obersten Gerichtshofs, daß die Anforderungen an die Verkehrssicherungspflicht nicht überspannt werden dürfen, soll sie keine in Wahrheit vom Verschulden unabhängige Haftung des Sicherungspflichtigen zur Folge haben (ZVR 1989/28; RZ 1992/77; zuletzt 4 Ob 124/98h); sie findet ihre Grenze daher immer in der Zumutbarkeit möglicher Maßnahmen der Gefahrenabwehr (zuletzt 4 Ob 124/98h; 2 Ob 128/98d, RIS-Justiz RS0023397; Harrer in Schwimann2 § 1295 ABGB Rz 44, 55 mwN). Umfang und Intensität von Verkehrssicherungspflichten richten sich dabei vor allem danach, in welchem Maß die Verkehrsteilnehmer selbst vorhandene Gefahren erkennen und ihnen begegnen können (MietSlg 35.254; ZVR 1997/128 ua; zuletzt 4 Ob 124/98h; RIS-Justiz RS0023726). Der konkrete Inhalt einer Verkehrssicherungspflicht kann immer nur von Fall zu Fall bestimmt werden; entscheidend ist vor allem, welche Maßnahmen zur Vermeidung einer Gefahr möglich und zumutbar sind (RZ 1982/50; 2 Ob 129/98d; RIS-Justiz RS0110202). Die Lösung der Frage, ob im konkreten Fall die beklagte Partei alles ihr Zumutbare zur Verhütung der Gefahren der vorliegenden Art getan hat, bildet wegen der über den Anlaßfall nicht hinausgehenden Bedeutung keine erhebliche Rechtsfrage iSd § 502 Abs 1 ZPO (2 Ob 129/98d mwN; vgl auch Harrer aaO Rz 44 mwN), schließt doch die Kasuistik des Einzelfalls in der Regel eine beispielgebende Entscheidung aus. In der Auffassung der zweiten Instanz, im konkreten Fall stellten die Holzstiegen zum Eingang des (als Verkaufslokal genützten) Preßhauses in einem Kellergebiet („Lehmgrube“) keine solche Gefahrenquelle dar, die Sicherungsmaßnahmen wie einen Handlauf erfordert hätten, liegt auch unter Berücksichtigung des Umstands, daß erst durch den von der beklagten Partei veranstalteten Adventmarkt zahlreiche Interessierte zum Besuch des Kellergebiets veranlaßt wurden und sich dadurch die Anforderungen an die Verkehrssicherungspflicht verschärft haben mögen, keine auffallende, im Interesse der Rechtssicherheit jedenfalls wahrzunehmende Verkennung der Rechtslage.Die angefochtene Entscheidung hält sich im Rahmen der von der Lehre gebilligten stRspr des Obersten Gerichtshofs, daß die Anforderungen an die Verkehrssicherungspflicht nicht überspannt werden dürfen, soll sie keine in Wahrheit vom Verschulden unabhängige Haftung des Sicherungspflichtigen zur Folge haben (ZVR 1989/28; RZ 1992/77; zuletzt 4 Ob 124/98h); sie findet ihre Grenze daher immer in der Zumutbarkeit möglicher Maßnahmen der Gefahrenabwehr (zuletzt 4 Ob 124/98h; 2 Ob 128/98d, RIS-Justiz RS0023397; Harrer in Schwimann2 Paragraph 1295, ABGB Rz 44, 55 mwN). Umfang und Intensität von Verkehrssicherungspflichten richten sich dabei vor allem danach, in welchem Maß die Verkehrsteilnehmer selbst vorhandene Gefahren erkennen und ihnen begegnen können (MietSlg 35.254; ZVR 1997/128 ua; zuletzt 4 Ob 124/98h; RIS-Justiz RS0023726). Der konkrete Inhalt einer Verkehrssicherungspflicht kann immer nur von Fall zu Fall bestimmt werden; entscheidend ist vor allem, welche Maßnahmen zur Vermeidung einer Gefahr möglich und zumutbar sind (RZ 1982/50; 2 Ob 129/98d; RIS-Justiz RS0110202). Die Lösung der Frage, ob im konkreten Fall die beklagte Partei alles ihr Zumutbare zur Verhütung der Gefahren der vorliegenden Art getan hat, bildet wegen der über den Anlaßfall nicht hinausgehenden Bedeutung keine erhebliche Rechtsfrage iSd Paragraph 502, Absatz eins, ZPO (2 Ob 129/98d mwN; vergleiche auch Harrer aaO Rz 44 mwN), schließt doch die Kasuistik des Einzelfalls in der Regel eine beispielgebende Entscheidung aus. In der Auffassung der zweiten Instanz, im konkreten Fall stellten die Holzstiegen zum Eingang des (als Verkaufslokal genützten) Preßhauses in einem Kellergebiet („Lehmgrube“) keine solche Gefahrenquelle dar, die Sicherungsmaßnahmen wie einen Handlauf erfordert hätten, liegt auch unter Berücksichtigung des Umstands, daß erst durch den von der beklagten Partei veranstalteten Adventmarkt zahlreiche Interessierte zum Besuch des Kellergebiets veranlaßt wurden und sich dadurch die Anforderungen an die Verkehrssicherungspflicht verschärft haben mögen, keine auffallende, im Interesse der Rechtssicherheit jedenfalls wahrzunehmende Verkennung der Rechtslage.

Textnummer

E52646

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1999:0010OB00338.98G.0119.000

Im RIS seit

18.02.1999

Zuletzt aktualisiert am

17.07.2012
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten